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Es ist falsch, die Untersuchung des Antisemitismus wegen seiner Extravaganz zu vernachlässigen – er ist höchst bedeutungsvoll, wie übertrieben auch immer – Charakter des Antisemiten – kennt nicht ein zu lösendes jüdisches Problem, nur einen hassenswerten Juden – dieser Haß sein ganzes Motiv – seine Selbstwidersprüche – sein Wahn – seine Stärke – die Presse boykottiert im ganzen noch die antisemitische Bewegung – aber diese wächst erstaunlich – ihre große Stärke in Belegen – ihr starkes Aufhäufen von Beweisen – die Wirkung, wenn diese veröffentlicht werden.
Die Juden begegnen dem Antisemitismus nur mit Spott – diese Waffe ungenügend und wird versagen – ihre Feinde dagegen sammeln Tatsachen – diese eine viel stärkere Waffe, solange die falsche jüdische Politik der Verheimlichung aufrechterhalten wird.
Gefahr für die Juden aus der antisemitischen Bewegung – 1) wegen deren Heftigkeit – 2) wegen ihrer gewaltigen Anhäufung von Beweismitteln, die nicht dauernd unterdrückt werden können – 3) das wichtigste: weil sie verbunden ist mit einem jetzt weit verbreiteten und maßvolleren, aber sehr feindseligen Gefühl, dem sie als Sturmtrupp dient.
Um irgendein Problem zu verstehen, muß man nicht nur seine realen Faktoren studieren, so wie sie einem vernünftigen Menschen erscheinen, der die ganze Sache unbewegt anschaut; man muß auch die Irrsinnigkeiten und Verdrehungen verstehen, die das Problem hervorgerufen hat, denn sie illustrieren dessen Charakter und Kraft in einziger Weise.
Es genügt nicht, bei einer zu lösenden Schwierigkeit nur das Tatsächliche zu beachten, es ist notwendig, auch das Eingebildete zu beachten; weil die Legende oder Illusion ein direktes Produkt der Wahrheit ist und zeigt, wie die Wahrheit auf andere Geister gewirkt hat.
So bringt eine Karikatur etwas an den Tag, was, uns unbewußt und doch bekannt, in einer Person steckt, betont es, und, wiewohl falsch in ihrer Übertreibung, läßt sie es uns in Zukunft doch nie mehr vergessen. So ist jedes Extrem, wie falsch auch immer durch den Mangel an jeder Proportion, für ein Urteil von höchstem Werte.
Bei einem praktischen politischen Problem gibt es noch einen anderen höchst gewichtigen Grund, extreme und verzerrte Meinungen zu untersuchen, nämlich weil wir es in der Politik nicht bloß mit den realen Dingen zu tun haben, sondern mit der Neigung oder Abneigung lebendiger Menschen für oder gegen diese Dinge: mit ihrer übertriebenen oder schlecht informierten Vorliebe oder Abkehr. Alle Staatskunst beruht darauf, daß man Verständnis hat für Enthusiasmus und Gleichgültigkeit.
Nun gibt es bei diesem großen politischen Problem, das die jüdische Nation in unserer Mitte stellt, zwei Extreme. Eines haben wir schon studiert: es ist die extreme Torheit und Unehrlichkeit, vorzugeben, daß das Problem gar nicht existiere.
Dieses Extrem war eine nahezu universelle Torheit in der unmittelbaren Vergangenheit speziell in diesem Lande. Es wird jetzt aufgegeben von allen aus unserer Generation, außer ein paar Leuten, die zu den Offiziellen gehören, aber auch diese werden nicht lange mehr eine abgetane und bereits lächerlich gewordene Haltung einnehmen.
Nun bleibt das andere Extrem zu studieren. Es ist in unserer Gesellschaft noch ganz frisch, wiewohl es in den letzten Jahren sehr große Kraft gewonnen hat und in beunruhigender Weise wächst. Es ist das Extrem des Hasses. Es ist das Extrem derer, die überhaupt nur ein Motiv in ihrem Verhalten gegen die jüdische Nation kennen, und dieses Motiv ist der bare Wunsch, sie auszuscheiden. Es impliziert, daß kein Friede möglich ist zwischen den beiden Rassen; keine durch Vernunft erlangte politische Lösung. Es ruht auf nichts als Feindschaft. Es ist bereits recht stark, und seine Anhänger glauben sich am Vorabend einer Art von blindem Triumph.
Jeder, der den Wunsch hat, mit dieser ernsten politischen Sache praktisch sich zu beschäftigen, das heißt eine dauernde Politik aufzustellen, wird viel mehr an diesem hier untersuchten Extrem interessiert sein, als an dem anderen, das das Problem überhaupt völlig ignoriert. Denn dieses neue Extrem aktiven Hasses steht in Blüte; jenes andere ältere funktioniert schon nicht mehr.
Die nahe Zukunft wird es in praktischer Politik nicht bloß mit dem Problem zu tun haben, das uns die Juden als eine fremde Macht innerhalb des Staates darbieten, sondern (was sich wahrscheinlich noch als viel schwieriger erweisen wird) mit dem Hasser des Juden, der für sich Macht beansprucht und sie rapid erringt. Der Typus ist so alt wie das Problem; er ist zweitausend Jahre alt. Aber er nimmt zu und ab. Sein moderner Name »Antisemit« ist seiner Ableitung nach so lächerlich, wie seiner Form nach albern. Er ist zum Teil deutsch-akademischen Ursprungs und zum Teil ein Zeitungsname, vulgär, wie man es nach einem solchen Ursprung erwarten muß, und ebenso schief und pedantisch, wie man es erwarten muß, aber die erbitterte Gesinnung, für die er die Etikette ist, ist höchst real.
Ich sage, das Wort »Antisemit« ist vulgär und pedantisch, und ich glaube, das wird allgemein zugegeben werden. Es ist auch widersinnig. Die Gegnerschaft gegen die Juden hat nichts zu tun mit irgendeiner supponierten »semitischen« Rasse – die wahrscheinlich so wenig existiert wie viele andere moderne hypothetische Abstraktionen, und die jedenfalls mit dieser Sache nichts zu tun hat. Der Antisemit ist nicht ein Mann, der die modernen Araber haßt oder die alten Karthager. Er ist ein Mann, der die Juden haßt.
Wir müssen jedoch das Wort hinnehmen, weil es gebräuchlich ist, und zu wichtigerem übergehen, nämlich herauszufinden, was jene, auf die das Wort angewendet wird, für Motive haben, was das Resultat ihrer Tätigkeit sein würde, wenn (oder sobald) sie die Freiheit des Handelns hätten; und, das Allerwichtigste, für was sie ein Anzeichen sind.
Der Antisemit hat zwei Hauptcharakteristika. An erster Stelle: er haßt die Juden an sich. Sein Motiv ist nicht, daß die Juden in unserer Gesellschaft da sind. Sein Motiv ist nicht der Haß auf die Heimlichkeit, Unehrlichkeit, Heuchelei, Korruption und alle anderen dazugehörigen Übel jener falschen Stellung. Diese Dinge irritieren ihn freilich, aber sie sind nicht sein Leitmotiv. Dieses ist vielmehr ein Haß auf das jüdische Volk. Er ist ganz und gar Reaktion gegen dieses Fremde, das, wie er gewahr wird, soviel Macht in seiner Gemeinschaft errungen hat. Die Art, in der es diese Macht ausgeübt hat, erbittert ihn besonders. Aber er wird ein Hasser der jüdischen Nation bleiben auch dann, wenn sie verachtet, ohne Bedeutung und ohne Beachtung sind, und er wird ein Hasser ihrer bleiben auch dann, wenn nichts Derartiges mehr wie Heimlichkeit, Unehrlichkeit und finanzielle Korruption mit ihrer Stellung verbunden ist. Der Typus wächst rapide, wann die Juden Macht haben: er wird nahezu universell, wann sie beginnen, diese Macht zu mißbrauchen. Er schwindet im Maße wie diese Macht abnimmt. Aber er ist immer derselbe und ist ein Index der Gefahr.
Der Antisemit ist ein Mensch, der die Juden los sein will. Er hat dafür einen brennenden Instinkt. Er verabscheut den Juden als Juden, und würde ihn verabscheuen, wo immer er ihn träfe. Die Beweise für einen solchen Geisteszustand sind uns allen vertraut. Der Antisemit bewundert z. B. ein Kunstwerk; erfährt er, daß es von einem Juden ist, findet er es ungenießbar, wiewohl das Werk genau dasselbe bleibt. Der Antisemit wird die Tat irgendeines einzelnen Juden zusammenwerfen mit seinem allgemeinen Odium für die Rasse. Er wird schwer zugeben, daß seine Gegner Talente haben, oder wenn er es zugibt, wird er in deren Äußerung immer etwas Verschrobenes und Unschmackhaftes entdecken.
Wird eine Anklage gegen einen Juden erhoben, kann er so wenig die Haltung des Unparteiischen einnehmen, wie es jener andere Extremist konnte, der Humbugmacher, der leugnet, daß es überhaupt ein jüdisches Problem gibt. Genau wie dieser andere, der jetzt aus unserem Leben scheidet, nicht zugeben wollte, auch vor den einleuchtendsten Beweisen nicht, daß ein Jude schuldig ist, und ganz besonders unfähig war, einzuräumen, daß ein reicher Jude schuldig sein kann, genau wie er die Juden insgesamt als sündefrei proklamierte, so geht der Antisemit an jeden Juden mit der Voreingenommenheit heran, daß er wahrscheinlich schuldig sei, so übertreibt er dieses Vorurteil, sobald er es mit einem reichen Juden zu tun hat, und so betrachtet er die ganze jüdische Nation in Bausch und Bogen als wahrscheinlich immer schuldig so ungefähr eines jeden Vergehens, das überhaupt gegen sie vorgebracht werden kann.
Der Gegensatz zeigte sich deutlich in der Dreyfusaffäre, als der alte Extremistentypus noch stark war. Er wollte nicht auf die Beweise gegen Dreyfus sehen, er wollte, wenn es nur irgend anging, dessen Rasse überhaupt nicht erwähnen. Alles, was er wußte, war, daß Dreyfus nach der Natur der Sachlage unschuldig sei und sein müsse, und daß alle die verschiedenen Männer, die gegen ihn zeugten, einfach böse Verschwörer seien. Der neue extremistische Typus, damals erst im Entstehen begriffen und noch nicht Herr, wollte nicht hören auf den starken Beweis zu Dreyfus' Gunsten, weigerte sich, den Fall zu untersuchen, nachdem der Hauptzeuge der Fälschung schuldig befunden worden war, setzte es sich in den Kopf, daß Dreyfus einfach notwendig schuldig sein müsse, und war überzeugt, daß all dessen Verteidiger Betrogene oder Lumpen seien.
Die bloße Tatsache, daß die Juden existieren, und erst, daß sie Macht haben, vergiftet einem solchen Menschen das Leben. Ihn führt sein einseitiger Enthusiasmus in die lächerlichsten Irrtümer. In diesem Lande sieht er hinter jedem Namen deutschen Ursprungs sofort einen Juden. Jede Finanzoperation, besonders wenn sie von zweifelhafter Moral ist, muß sicherlich einen Juden zum Hintermann haben; wo immer eine Anzahl von Teilhabern, jüdische und nichtjüdische, an einem schlechten Werke beteiligt sind (wie z. B. an einem unserer zahllosen parlamentarischen Skandale), da ist für diese Art von Mensch immer ein Jude die Hauptursache und der böse Genius des Ganzen.
Wie jede andere Manie, so verdunkelt auch diese das Sehfeld ihres Opfers. Seine Vorurteile verlieren bald überhaupt jedes Maß. Er sieht den Juden überall und immer und nimmt vertrauensselig Behauptungen hin, die er selber als widerspruchsvoll erkennen würde, wenn er nur einen Augenblick lang über die Sache ruhig nachdenken könnte.
So habe ich in den letzten paar Jahren die folgenden sonderbaren, aus derselben Quelle stammenden Behauptungen von allen Seiten sagen hören, wiewohl offensichtlich die eine mit der anderen unvereinbar ist: daß der moderne Skeptizismus in seinem Ursprunge jüdisch sei; daß der moderne Aberglaube, unsere moderne Nekromantik, aus der Kristallkugel sehen, und alles andere jüdischen Ursprungs seien; daß die Übel der Demokratie in ihrem Ursprung alle jüdisch seien; daß das Übel tyrannischer Regierung, in Preußen z. B., jüdischen Ursprungs war; daß die heidnischen Perversionen schlechter, moderner Kunst in ihrem Ursprunge jüdisch seien; daß an der Kindlichkeit übler Kirchenausstattungen jüdische Händler schuld seien; daß der Große Krieg das Werk jüdischer Rüstungsfirmen war; daß die antipatriotischen Aufrufe, die die alliierten Armeen schwächten, aus jüdischen Quellen kamen – [so fort]. Es ist freilich wahr, daß bei allen diesen verschiedenen und einander widersprechenden Dingen eine jüdische Note ist dort, wo ein Jude dabei beteiligt ist, genau wie da eine schottische oder französische oder englische Note zu finden ist, wenn ein Schotte oder Franzose oder Engländer beteiligt ist. Aber die ganze Zeche einfach dem Juden ankreiden und ihn zum bewußten Urheber all dessen machen, ist eine contradictio in adjectis.
Der Antisemit ist ein Mensch so vergafft in seinen Gegenstand, daß er schließlich an allem anderen das Interesse verliert, es sei denn, er kann es in irgendeine Beziehung bringen zu seinem Wahn; denn ein Wahn ist es.
In gewissem Sinne natürlich ist dieser Geisteszustand ein Kompliment für die jüdische Nation. Ist eine solche Beschäftigung mit ihnen auch nicht freundschaftlich, so ist sie wenigstens eine intensive, und die sie angeht, können sie wohl als Beweis für ihre Bedeutung in der Welt ansehen. Aber dieser Aspekt des Phänomens ist keineswegs tröstlich für die Zukunft beider – des Juden, der nun nervös auf den Angriff wartet, und unser, die Vorkehrungen zu treffen und solchen Angriff zu verhüten wünschen.
Der Antisemit ist sehr viel zahlreicher und sehr viel mächtiger, als man nach der Tagespresse erwarten möchte; denn die Presse steht noch, zum größten Teile, unter der Konvention, das jüdische Problem zu ignorieren, und unter der Angst vor den finanziellen Folgen, die eine Diskussion desselben haben könnte. Von seiner umfassenden Tätigkeit ist in den großen Zeitungen noch nichts zu lesen; aber in der Unterhaltung und in der Praxis des täglichen Lebens hören wir überall davon.
Und hier möchte ich eine Bemerkung einschalten über eine moderne Eigentümlichkeit aller politischen Probleme, und darum auch dieses jüdischen. Die großen Bewegungen unserer Zeit haben niemals ihren Ursprung in der Presse der großen Städte gehabt. Sie entstehen und sammeln ihre Energien in politischen Cliquen, in Volksversammlungen, in herumgesprochenen Gerüchten lange, ehe sie in jenem Hauptinstrument zur Verbreitung von Neuigkeiten erscheinen. Und zwar deshalb, weil die Presse unserer großen Städte unter der Kontrolle von nur ein paar Männern steht, deren Zweck nicht die Diskussion öffentlicher Angelegenheiten ist, noch weniger, ihren Mitbürgern vollständige Informationen zu geben, sondern nur, große Privatvermögen aufzuhäufen. Alle diese Männer sind in der Regel keine gebildeten Leute, noch auch besonders bekümmert um die Geschicke des Staates, noch imstande, aus der Vergangenheit die mögliche Zukunft zu erkennen; sie werden niemals eine große Bewegung aufgreifen, bis sie ihnen aufgezwungen wird. Im Gegenteil, sie werden alle ihre Mühe verschwenden auf falsche Aufregung über bedeutungslose Dinge, wo sie sich sicher fühlen, und sogar auf den Gebrauch ihrer Organe zur Veröffentlichung ihres eigenen bedeutungslosen Privatlebens. In alledem unterscheidet sich die moderne Presse unserer großen Städte recht sehr von der Presse noch vor einem Menschenalter. Sie gehörte nicht immer gebildeten Leuten, aber sie wurde geleitet von hochgebildeten Männern, denen freie Hand gegeben wurde. Sie beschäftigte sich deshalb mit Problemen von realer Bedeutung, und die Debatten wurden beiderseits über reale Meinungsverschiedenheiten geführt. Unsere moderne Presse tut nichts von alledem; aber ebendeshalb, weil sie so widerwillig eine reale Erregung äußert, läßt sie sie, wenn sie ihr aufgezwungen wird, in vollen Strömen zum Ausbruch kommen. Wenn eine Sache im Wachsen ist, will sie die Wahrheit noch nicht sagen, wenn sie ihren Gipfel erreicht hat aber, will sie sich keine Beschränkung mehr auferlegen. Im Gegenteil, ist der Stoff ein aufreizender, wird sie ihn (wenn sie sich einmal entschlossen hat, von ihm überhaupt zu reden) in der extremsten Form und bis zum letzten ausschlachten.
Wir haben das deutlich genug gesehen in den monströsen Äußerungen über ausländische Politik während der letzten zehn Jahre, und wir haben es gesehen bei der abscheulichen Hetze auf einzelne Personen, zu der dieselbe Presse sich hergegeben hat.
Und bei der antisemitischen Stimmung werden wir, glaube ich, genau dasselbe Phänomen wieder erleben. Diese Stimmung ist jetzt überall da. Sie verbreitet sich mit beunruhigender Schnelligkeit, und das Anwachsen ihrer Spannung ist sogar noch bemerkenswerter als das Anwachsen der Zahl ihrer Träger. Früher oder später – und eher früher, fürchte ich – wird ihr die Presse ihre Stimme leihen. Wenn sie das tut, dann dürfen wir sicher sein, daß sie ihr Ausdruck geben wird in der extremsten, der leidenschaftlichsten, der unvernünftigsten Form, und zwar dann in einer Sache und auf einem Gebiete, wo die Leidenschaft bereits so wild erregt ist. Wenn das geschieht, dann gnade Gott ihren Opfern!
Die antisemitische Leidenschaft hat, wiewohl sie großenteils auf imaginären Dingen fußt, doch eine überaus praktische Aktionsmethode gewählt. Eine Aktionsmethode, die in enger Fühlung steht mit der Wirklichkeit und gewaltige Resultate hervorbringt. Ich meine ihr Aufhäufen von Dokumenten. Sie hat hier, über ganz Europa und Amerika, mit äußerster Genauigkeit alles aufgezeichnet, was zum Abbruch ihrer Opfer gesagt werden kann, und sie hört nicht auf, das zu tun.
Sie entdeckte, gleich zu Beginn, als eine Schutzwehr dagegen, die jüdische Waffe der Verheimlichung. Die Torheit der Juden, eine solche Waffe anzuwenden, wurde nie klarer, denn von allen Schutzwehren ist sie am leichtesten einzureißen. Die Antisemiten begegneten sofort damit, daß sie jede Nachforschung trafen, ihre Informationen sammelten und die wahren Namen, die unter der Maske von falschen versteckt waren, bloßlegten und die Verwandtschaften registrierten zwischen Leuten, die einander nicht zu kennen vorgaben; sie [spürten] durch alle Verzweigungen der anonymen Finanz hindurch auf und [fingen] totsicher den Juden, der hinter den großen Industrieversicherungsplänen war; den Juden, der hinter dem und dem Metallmonopol war; den Juden, der hinter der und der Nachrichtenagentur war; den Juden, der den und den Politiker finanzierte. Diese gewaltige Bibliothek der Bloßstellung wächst täglich, und sobald die Gelegenheit zu einer allgemeinen Veröffentlichung sich gibt, wird sie ohne Entgegnung bleiben.
Es ist der größte Irrtum der Welt, den Antisemiten in seiner ungeheuern numerischen Macht, die er in unserer ganzen Kulturwelt jetzt erreicht hat, für völlig unpraktisch und darum nicht beachtenswert zu halten, für einen Mann, der einfach deshalb, weil er den Sinn für Werte verloren hat, nicht imstande sei, einen gewaltigen Aktionsplan zu entwerfen. Während die Bewegung im Wachsen war, begegnete man ihr immer mit derselben Methode, nämlich: sie lächerlich zu machen. Es war eine falsche Methode. Die Stärke des Antisemitismus war und ist gegründet nicht nur auf die Heftigkeit der Gefühle, sondern auch auf Betriebsamkeit, eine Betriebsamkeit mit ganz exakten Methoden. Die antisemitischen Pamphlete, Zeitungen und Bücher, die die große Tagespresse so sorgfältig boykottiert, bilden nunmehr eine Unmenge von Information über das ganze jüdische Problem, die jetzt schon überwältigend ist und doch immer noch steigt: und all das ist feindselig gegen die Juden. Man wird darin natürlich keine juristische Darstellung der Beweise gegen den Angeklagten finden; aber als ein dossier zur Verfolgung ist es erstaunlich an Ausdehnung und Genauigkeit und Zusammenhang.
Nun darf man auch nicht vergessen, daß reiche Belege auf den menschlichen Geist einen besonderen Eindruck machen. Das exakte Anführen beweisbarer Dinge mit Kapitel und Vers überzeugt, wie keine andere Methode es kann, und der Antisemit hat solches Material in bedeutendem Maße bereitgestellt, um es im ersten Augenblick, wo ihm die jetzt noch verweigerte allgemeine Öffentlichkeit gewährt wird, vorzulegen.
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Außerdem übersieht dieses Vertrauen des Juden auf die Wirkungslosigkeit der antisemitischen Propaganda ein sehr wichtiges Moment. Die antisemitische Gruppe baut sich auf aus Leuten, die an Erfahrung, Urteil und politischer Klugheit recht verschieden sind. Und sie baut sich auf aus Schichten, die recht verschieden sind an Heftigkeit des Hasses. Sie schließt manch einen Mann ein mit administrativen Erfahrungen, manch einen Mann von großen Fähigkeiten zur Führung von Geschäften, von erworbenem Vermögen, von Talent für öffentliche Dinge. Sie schließt Männer ein mit einer gründlichen Kenntnis der europäischen Diplomatie; sie schließt (in großer Anzahl) Männer ein, die die literarische Gabe des Ausdrucks haben, um andere zu überreden. Und nicht nur das ist wahr, sondern sie schließt, wie ich gesagt habe, einen starken »rechten Flügel« ein, der, weil seine Anhänger in ihren Äußerungen sich mehr zusammennehmen als die übrigen, von stärkerem Gewicht ist; Leute, die durchaus nicht blind sind durch ihren Haß, wiewohl Haß ihr Hauptmotiv geworden ist; Leute, die ihre volle Fähigkeit behalten, einen Aktionsplan zu organisieren und durchzuführen. Gewiß ist da eine bestimmte Linie, die den Antisemiten von dem Reste derer scheidet, die das jüdische Problem zu lösen versuchen. Es ist die Linie, die jene, deren Motiv Frieden ist, scheidet von denen, deren Motiv Feindschaft ist. Es ist die Linie, die jene, deren Ziel die Aktion ist, scheidet von denen, deren Ziel ein Ausgleich ist. Aber auf der antisemitischen Seite dieser Linie – das heißt unter denen, die entschlossen sind, mit ihrer äußersten Macht den jüdischen Einfluß zu unterdrücken und auszuscheiden – sind nunmehr sehr, sehr viele mehr, als nur die ursprünglichen Enthusiasten, die die Bewegung geschaffen haben.
Die Juden sollten weiter nicht vergessen, daß heutzutage jeder, der nicht zu ihnen gehört, potentiell ein Antisemit ist. Nicht jedermann, vielleicht sogar nicht einmal eine Majorität, wenigstens in den führenden und wohlhabenden Klassen, ist heute schon feindlich gegen die Juden, aber in einem jeden, der nicht ein Jude ist, ist eine Art Reaktion gegen die jüdische Macht im Wachsen begriffen. Es braucht bloß eines zufälligen Umstandes, um dieses latente und dünne Gefühl, das es bei den meisten ist, in leidenschaftlichen Zorn zu verwandeln. Ich habe bemerkt, daß zu den wildesten Antisemiten die gehören, die einen großen Teil ihres frühen Manneslebens in Unwissenheit über das ganze Problem verbracht haben. Diese treffen bei irgendeiner ihnen ungünstigen Gelegenheit auf einen Juden – sie verlieren Geld durch eine jüdische Finanzoperation, oder sie verknüpfen, zum erstenmal, in ihrem mittleren Leben einzelne ihrer Mißgeschicke mit einem gemeinsamen Elemente jüdischer Aktion, oder sie finden Juden in einen Angriff auf ihr Land verwickelt: hinfort werden und bleiben sie unentwegte Antisemiten.
Der Düpierte ist, sobald er entdeckt, daß er düpiert worden ist, gefährlich, und es gibt sogar eine bedeutende Kategorie von Leuten, die überhaupt nichts, auch nicht durch Zufall, von den Juden erlitten haben, und die doch, sobald sie entdecken, was die jüdische Macht ist, das Gefühl haben, daß man mit ihnen gespielt habe, und sich über die Prellerei ärgern.
Mit dem Antisemitismus ist es gewesen und wird es sein wie mit anderen Bewegungen auch. Im Anfang werden sie lächerlich gemacht. Wachsen sie, so fürchtet man sie und boykottiert sie; von denen aber, die erfolgreich sind, kann man wohl mit Recht sagen, daß der Augenblick des Erfolges eintritt, sobald sie die Ecke passieren, und aus dem Steckenpferd einzelner zur Mode werden.
Es ist noch (wiewohl zweifelhaft) Mode, sich getrennt zu halten von der antisemitischen Bewegung. Man hört noch Leute, wenn sie über das jüdische Problem mit welcher Feindseligkeit auch immer gegen den Juden schreiben oder sprechen, in der Regel zu Beginn ihrer Bemerkungen sich entschuldigen mit den Worten: »Ich bin kein Antisemit.« Denn noch haftet ein Hauch der alten Lächerlichkeit an dem Namen. Aber Moden wechseln rasch, und die neue Mode, die zur Unterstützung einer im Wachsen begriffenen Sache kommt, tritt, wenn sie eintritt, im Sturme ein.
Wir können uns alle noch an die Zeit erinnern, als die Rede von der Nationalisation, die alte staatssozialistische Rede, die Rede von ein paar Sonderlingen war, die überall lächerlich gemacht und verachtet wurden. Heute ist sie Mode; und die Praxis der Staatskontrolle, der Staatsunterstützung, die Universalität der staatlichen Tätigkeit sind derart, daß es die Gegner ihrer sind, die heute die Sonderlinge und die Verdrehten sind.
Wir können uns noch alle des Tages erinnern, als in den Vereinigten Staaten ein Prohibitionist ein Sonderling war, und noch dazu ein recht unpopulärer. Wir haben gesehen, wie die Mode ihn gerächt und hochgebracht hat.
Wir können uns alle des Tages erinnern, da die Freunde des Frauenstimmrechts in England eine recht kleine Gruppe von Sonderlingen war: wir wissen, was sich seitdem ereignet hat!
Die Kräfte, die Menschen ins antisemitische Lager treiben, sind weit stärker, als die Kräfte, die für jene alten Steckenpferdreiter des Frauenstimmrechts, der Prohibition arbeiteten. Sie sind persönlicher, innerlicher Natur, sich erhebend aus den stärksten Rasseninstinkten und den bittersten individuellen Erinnerungen an finanzielle Verluste, Unterwerfung, nationale Entehrung.
Irgendein Deutscher z. B. von heute, mit dem man über seine große Katastrophe spricht, wird einem sagen, die Juden seien schuld daran: daß die Juden an dem gefällten Leibe des Staates nagen; daß die Juden »die Ratten im Reiche« sind. Auf einen, der das alte Militärsystem des auf den Krieg folgenden Unglücks anklagt, kommen zwanzig, die den Juden beschuldigen, wenngleich diese die Miterbauer des früheren deutschen Wohlstandes waren, und unter ihnen im Verhältnis ein weit größerer Teil von Kriegsgegnern zu finden war, als in irgendeiner anderen Gruppe der Untertanen des Kaisers. Das ist nur ein Beispiel: man kann es aber nahezu in der einen oder anderen Form in fast jedem anderen Staate der modernen Welt wiederfinden.
Der Antisemit ist zu einer großen politischen Figur geworden. Es ist ein großer und verhängnisvoller Irrtum, in diesem Augenblick seine Politik für wirkungslos zu halten. Es ist eine aktive Politik, und eine, die vom Plan zur Exekution übergehen kann, noch ehe wir uns umsehen. Vor vielen Jahren pflegte man eine berühmte Frage zu zitieren – und ich selber habe sie auch gerne zitiert –, die ein scharfer und verständiger Beobachter des öffentlichen Lebens auf dem Kontinent damals an den hervorragendsten kontinentalen Antisemiten richtete. Es war diese Frage: »Wenn Sie in dieser Sache unbegrenzte Macht hätten, was würden Sie tun?« Die in der Frage einbeschlossene Antwort war, daß der Antisemit nichts tun konnte. Er konnte kein Gesetz machen zur Abtrennung der Juden, denn sie konnten diesem Gesetze entgehen dadurch, daß sie sich mit ihrer Umgebung vermischten. Er konnte kein Gesetz machen zu ihrer Verbannung; denn zunächst wäre es unmöglich, sie zu definieren; zweitens, selbst wenn das möglich wäre, würden die also Definierten nirgends anderswo aufgenommen werden. Was konnte er tun? Die vorausgenommene Antwort war, wie ich sagte, daß er nichts tun konnte; im Angesicht dieser Frage sollte er eben seine Wirkungslosigkeit zugeben.
Unglücklicherweise wissen wir, daß er etwas tun kann. Der Antisemit kann verfolgen, er kann angreifen. Mit einer genügenden Kraft hinter sich kann er zerstören. Und dafür hätte er, bei der gegenwärtigen Stimmung in den meisten Ländern, den größten Teil der öffentlichen Meinung hinter sich. Er könnte beginnen mit einer ausgedehnten Untersuchung des jüdischen Reichtums und dessen Ursprüngen und einer gleicherweise ausgedehnten Konfiskation. Er könnte die Angst vor solcher Konfiskation als Waffe gebrauchen, um die Veröffentlichung der jüdischen Ursprünge zu erzwingen, wo einer sie zu verheimlichen wünschte. Er könnte dieses nicht nur im Falle der reichen Leute tun, sondern eben mit Hilfe der Angst der reichen Leute auch im Falle der Gesamtheit der Judenschaft überhaupt. Er könnte die Registrierung einführen und mit ihr eine Abtrennung der Juden. Da er von keinem Wunsche nach einem ihnen genehmen Vergleiche beseelt ist, sondern allein nach einem ihm angenehmen, könnte er nach dieser rohen Lösung streben, und selbst wenn er auch sein Ziel nicht erreichen würde, ist es doch nicht erfreulich, sich vorzustellen, was er auf dem Wege dahin alles tun könnte.
Wiewohl also der Antisemit die volle Macht nicht erreichen dürfte, so bleiben doch an seine immer wachsende Zahl und Heftigkeit der Gefühle die Hauptfragen geknüpft: »Was ist der Sinn der Sache? Wie ist sie aufgekommen? Warum breitet sie sich aus? Welche sind die Kräfte, die sie stützen?«
Das sind die Hauptfragen, auf die jene, die das Dasein einer solchen Leidenschaft im politischen Körper bedauern; jene, die darüber in Unruhe sind; jene, die gleich den Juden selber, wenn sie eine Katastrophe vermeiden wollen, sich gegen sie wehren müssen, wohl täten, eine Antwort zu finden. Es ist noch nicht genügend Zeit gewesen, diese Fragen voll zu beantworten, oder diese große Reaktion in ihrer Gesamtheit zu würdigen, aber zum Teil können wir sie doch schon beurteilen. Die antisemitische Bewegung ist wesentlich eine Reaktion gegen das abnorme Wachstum der jüdischen Macht, und an der heutigen Stärke des Antisemitismus sind in weitem Maße die Juden selber schuld.
Als dieser grollende Enthusiasmus in seiner modernen Form wiedererstand, zuerst in Deutschland, dann sich ausbreitend nach Frankreich, demnächst in England auftretend und dort rapid wachsend, war er frisch und auf kleine Cliquen beschränkt. Mit den Wahrheiten, die er verkündete, waren damals die Menschen noch unvertraut. Jene universelle Politik der Juden, gegen die aufzutreten ein Teil meiner Aufgabe ist, eine natürliche, aber nichtsdestoweniger irrige Politik, die Politik der Verheimlichung, die Politik des Versteckens, machte sich sofort das Absurde an der neuen Bewegung des Antisemitismus zunutze. Der Jude, trotz seiner Jahrhunderte alten Erfahrung in Bedrohungen und aktiver Feindseligkeit, trotz seiner Kenntnis dessen, was diese Sorte von Geist in der Vergangenheit ausgerichtet hatte, trat nicht heraus aufs offene Feld. Er ging dem neuen Angriff nicht entgegen, mit Unwillen, Entrüstung, noch weniger mit offener Argumentation, wie er hätte tun sollen. Er machte sich dessen anfängliche Absurdität in den Augen des großen Publikums zunutze. Er verwandte alle seine Mühe darauf, das Wort »Antisemit« zu einer Etikette für etwas hoffnungslos Lächerliches zu machen, etwas nur zum Lachen, eine Sache, die kein vernünftiger Mensch auch nur einen Augenblick lang ernst nimmt.
So etwa ein Dutzend bis zwanzig Jahre war diese Politik von Erfolg begleitet. Ja diese Methode, wiewohl sie mit der Zeit immer weniger solid wurde, hat noch nicht ganz versagt. Trotzdem war diese Politik übel beraten. Sie wurde nicht nur gebraucht, um den Antisemiten lächerlich zu machen, sondern, was durchaus unberechtigt war und durchaus unverständig, um jede Diskussion der jüdischen Frage zu unterbinden, wiewohl diese Frage jeden Tag an praktischer Bedeutung zunahm und gebieterisch eine Entscheidung forderte.
Es war bei der großen Masse der jüdischen Nation eine instinktive Politik, bei den meisten ihrer Führer eine vorsätzliche, nicht nur den Antisemitismus mit dem Fluche der Lächerlichkeit zu beladen, sondern jede Diskussion des jüdischen Problems überhaupt, oder gleich jede Information über das jüdische Problem als antisemitisch zu etikettieren. Sie wurde gebraucht, um mittels der Lächerlichkeit jede Feststellung irgendeiner Tatsache in Hinsicht auf die jüdische Nation zu verhindern, mit Ausnahme von ein paar konventionellen Komplimenten oder ein paar konventionellen und harmlosen Witzen.
Spielte ein Mann auf das Dasein einer jüdischen Finanzmacht in irgendeinem Lande an – z. B. in Indien –, so war er ein Antisemit. Interessierte er sich für den eigenartigen Charakter jüdischer philosophischer Diskussionen, besonders was Sachen der Religion anlangt, so war er ein Antisemit. Interessierten ihn als Historiker die Wanderungen der jüdischen Massen von Land zu Land, die große moderne Invasion der Vereinigten Staaten z. B. (die wie eine auf dem Marsch begriffene Armee organisiert und geleitet wurde), er konnte davon nicht sprechen bei Strafe, ein Antisemit genannt zu werden. Wenn er einen Finanzbetrüger, der zufällig ein Jude war, bloßstellte, so war er ein Antisemit. Wenn er eine Gruppe von Parlamentariern, die von den Juden Geld nahmen, bloßstellte, so war er ein Antisemit. Und tat er auch nicht mehr als einen Juden einen Juden zu nennen, er war ein Antisemit. Das Gelächter, das der Name erregte, sollte recht törichterweise dazu dienen, nichts Edleres und weniger Erledigtes zu stützen, als eben die erbärmliche Politik der Verheimlichung. Jeder Urteilsfähige hätte den Juden sagen können, wäre ihnen etwas daran gelegen, einen solchen um Rat zu fragen, daß ihre feige Politik notwendig fehlschlagen müsse. Der böse Tag wurde nur verschoben.
Man kann nicht lange Interesse mit Haß verwechseln, die Behauptung klarer und wichtiger Wahrheiten mit Manie, die Diskussion grundlegender Fragen mit närrischer Schwärmerei, und zwar aus demselben Grunde nicht, weil man auch nicht lange Wahrheit mit Falschheit verwechseln kann. Früher oder später müssen ja die Leute merken, daß der Angeklagte in seltsamster Weise besorgt ist, alle Nachforschungen über seinen Fall zu vereiteln. Im Augenblick, wo dies allgemein gemerkt wird, ist die Verteidigung im Begriffe, zusammenzubrechen.
Ich sage, es war eine verderbliche Politik; aber sie wurde vorsätzlich von den Juden geführt, und nun leiden sie unter deren Resultaten. Als eine Folge davon findet man über ganz Europa eine Menge ehrlicher Leute, die, so weit entfernt, durch diese falsche Verspottung von der Diskussion des jüdischen Problems sich abschrecken zu lassen, im Gegenteil mehr denn je entschlossen sind, es in der Öffentlichkeit durchzusprechen und es nach vernünftigen und endgültigen Richtlinien in Ordnung zu bringen.
Das würde vielleicht kein großer Schaden an sich sein. Der Sinn wäre einfach der, daß eine falsche Politik versagt hat, und daß nun auf all dieses Vertuschen und Boykottieren eine richtige, freimütige und loyale Diskussion folgen wird. Unglücklicherweise hatte jene Politik andere und schlimmere Konsequenzen. Sie erbitterte Leute, die schon begonnen hatten, sich für die politische Diskussion zu interessieren und die den unverdienten Hohn nicht dulden wollten. Sie brachte eine Welt entschlossener Opposition gegen die Juden auf. Es ist nicht gerade so, daß der Antisemit bereits gewonnen hätte oder auch nur ganz gewiß auf dem Wege zum Siege wäre, aber er hat jetzt seine Chance zu gewinnen. Während vor einigen Jahren noch die Strömung gegen ihn war, ist er jetzt, durch den Fehler der Juden selber, am Wendepunkt. Er findet sich auf dem äußersten Flügel, gewiß, aber verbunden mit einem recht starken Zentrum, das bereits sehr stark gegen die Juden eingenommen ist, deren Gegenwart unter uns nicht liebt und entschlossen ist, gegen sie zu wirken, nicht nur, wo sie noch große Macht haben, sondern auch dort, wo diese Macht sichtlich im Abnehmen ist, und sogar dort, wo sie in Gefahr sind.
Man darf bei dieser Übersicht über die wachsende Bedrohung nicht vergessen, daß eine Politik, die ihr letztes Ziel nicht erreicht, darum noch nicht unwirksam ist. Man darf nicht vergessen, daß im Geiste vieler Menschen (man könnte sagen, im Geiste der meisten Menschen) in Perioden der Erregung eine Politik der Bedrückung, wiewohl es ihr nie gelingt, ihr letztes Ziel zu erreichen, doch Dauer annehmen kann: sie kann zu einer Gewohnheit werden und kann unbestimmte Zeit dauern in Gestalt unermeßlicher Leiden für ihre Opfer. Die Juden haben das geschehen sehen bei manch einer kleinen Nation, die nicht ihre eigene war. Sie haben ohne Zweifel gesehen, wie fortgesetzte Bedrückung, wirkend in einer Atmosphäre gleichfalls ununterbrochener Rebellion, für gewöhnlich auf die Dauer versagt hat, aber sie müssen zugeben, daß die Aufrechterhaltung einer solchen Bedrückung, mit all ihren Begleiterscheinungen moralischer und physischer Tortur, Konfiskation, Verbannung und was dazu gehört, oft eine sehr lang hinausgezogene Politik gewesen ist. In manchen Fällen ist sie jahrhundertelang hinausgezogen worden. Es ist nicht wahr, daß eine Politik, weil sie nicht auf eine vollständige Bereinigung aus ist, deshalb nicht unternommen und kraftvoll durchgeführt werden könne. Sie kann. Hin und wieder hat eine feindselige Macht versucht, die Opposition, ja sogar den Widerspruch auszuscheiden, und zwar durch jedes Mittel, einschließlich eines Massakers. Zuweilen, recht selten, hat sie Erfolg gehabt. Für gewöhnlich hat sie auf die Dauer versagt. Aber in der großen Mehrheit der Fälle hat sie jedenfalls weitergemacht, lange nachdem ihr Mißerfolg schon offenbar geworden war. Das ist die Gefahr, die uns von der Bewegung droht, die ich in diesem Kapitel untersucht habe. Es wäre Wahnsinn auf Seiten der Juden, diese Bewegung geringzuschätzen. Sie ist jetzt so stark an Zahl, Lebendigkeit der Überzeugung und Leidenschaft, daß sie die ganze unmittelbare Zukunft der Juden in unserer Kultur bedroht. Ihre letzten Ursachen haben wir erforscht. Ihre unmittelbare Ursache, die Ursache ihrer plötzlichen Entwicklung und ihres gegenwärtigen erstaunlichen Anwachsens ist, wie wir gesehen haben, die jüdische Aktion in Rußland, und zu ihr, die ich bereits in meinem dritten Kapitel berührt habe, wo ich die Aufeinanderfolge der Ereignisse, die zu der gegenwärtigen Lage geführt haben, skizzierte, will ich mich jetzt wenden, um eine detailliertere Untersuchung ihrer anzustellen. Denn ohne Zweifel ist es das plötzliche Erscheinen des jüdischen Bolschewismus, das die Dinge zu ihrer gegenwärtigen Krisis gebracht hat.