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9. Kapitel.
Die Lage in der Welt insgesamt

Das jüdische Problem variiert 1) entsprechend der Ausdehnung der von ihnen an verschiedenen Orten erlangten Kontrolle und Herrschaft; 2) entsprechend der Tradition einer jeden Gemeinschaft für dieses Problem; 3) entsprechend der Stärke der vier internationalen Mächte in jeder Gemeinschaft, nämlich der katholischen Kirche, des Islam, des Industriekapitalismus und der sozialistischen Revolte gegen diesen.

Der einzelne Jude hat nicht das Gefühl, daß er eine Kontrolle ausübe, noch sogar, daß er sich in die Angelegenheiten seiner Wirte einmische – doch das ist die universelle Klage gegen ihn – er ist eine Verbands- oder kollektive Macht – mehr und mehr übel empfunden.

Die Lage in Rußland – wiederholt – in den Ebenen Rußlands, Rumäniens und Polens – in Mitteleuropa – in Westeuropa – Irland eine Ausnahme.

Die Lage in den Vereinigten Staaten – Herr Ford und der große Eindruck seiner Aktion.

Die westliche Tradition den Juden günstiger als die östliche – Problem der Juden und des Islam – Stellung der katholischen Kirche – Wirkung des Industriekapitalismus und dessen Gegenbildes, des Sozialismus auf das Problem.

 

Die heutige Gefahr der jüdischen Nation auf der Welt kann in diesem Satze zusammengefaßt werden: –

»Die Juden erlangen die Kontrolle über uns, wir aber wollen von ihnen nicht kontrolliert werden.«

Das ist die simpelste Formel und diejenige, die auf der Stelle von der ganzen Masse derer unterschrieben werden würde, die außerhalb der jüdischen Gemeinschaft sind und überhaupt für die Frage lebendiges Verständnis haben. Es ist die simpelste Formel der Wahrheit, aber angewendet auf eine hochkomplexe Situation braucht sie eine nähere Erläuterung.

Diese Erläuterung kommt aus drei Quellen: –

Erstens, die Größe der jüdischen Kontrolle und die Größe des Grolles gegen diese Kontrolle variieren sehr stark von Staat zu Staat.

Zweitens, die bürgerliche Tradition einer jeden Gemeinschaft in der Behandlung der jüdischen Frage unterscheidet sich auch von der jeder anderen, wiewohl diese verschiedenen Traditionen unter gewisse scharf definierte Gruppen fallen.

Drittens, die Lage wird modifiziert entsprechend der Gegenwart – in den verschiedenen Staaten in variierenden Stärkegraden – gewisser internationaler Mächte, die sogar noch stärker sind als die Juden selber. Die vier hauptsächlichsten dieser internationalen Mächte sind: –

  1. die katholische Kirche;
  2. der Islam;
  3. die Mächte des internationalen Kapitalismus; und
  4. die internationale Reaktion des internationalen Proletariats gegen ihn.

Wir müssen zu Beginn dieser Untersuchung eine wichtige Voraussetzung machen. Die Tatsache, von der wir ausgehen, nämlich das unbehagliche Gefühl, daß die Juden die Kontrolle erlangen, und der Entschluß, diese Kontrolle nicht zu dulden, werden von den Juden selber geleugnet werden. Und aufrichtig geleugnet – ich habe mich mit ihnen in viele Diskussionen eingelassen und von ihnen zu viele Proteste gehört, um das zu bezweifeln; und wenn die Leugnung triftig wäre, dann würde nicht nur die besondere Übersicht dieses Kapitels, sondern überhaupt das Gesamtargument dieses Buches ein Mißgriff sein. Denn wenn da heute eine jüdische Frage ist, und wenn sie da ist in der akuten Form, die wir alle kennen, dann sind daran nicht bloß der Gegensatz und die Reibung zwischen den Juden und deren Wirten schuld, sondern ganz besonders dieses Gefühl der Botmäßigkeit.

Aber die jüdische Meinung in dieser Sache ist nicht triftig, so aufrichtig sie auch gehegt wird. Für die große Mehrheit der Juden wird sie natürlich selbstverständlich sein. Was hat der unglückliche arme Jude in den Spelunken unserer großen Städte mit der Kontrolle der modernen Welt zu tun? Wie kann in seinen Augen der Satz überhaupt einen Sinn haben? Geht man von ihm weiter zu der verhältnismäßig kleinen jüdischen Mittelklasse, wird man eine fast gleich kräftige Ableugnung hören. Der jüdische Wissenschaftler wird sagen, daß er mit seinen Untersuchungen beschäftigt ist und ihm die Idee lächerlich vorkommt, sich in die Sachen seiner Nachbarn zu mischen; der jüdische Historiker, daß er mit seinen Dokumenten beschäftigt ist, daß nichts seinen Gedanken ferner liegt, als sich mit Leuten außerhalb seines Berufes einzulassen; der kleine jüdische Ladenbesitzer wird sagen, daß er in aktivem Wettbewerb mit seinen nichtjüdischen Nachbarn steht und dabei durchaus nicht immer erfolgreich ist; der jüdische Anwalt wird sagen, daß er mit dem Gesetzessystem zu tun hat, in das er gerade vertieft ist – den napoleonischen Code, in das englische gemeine Recht und was sonst noch alles – und daß jede Idee davon, er persönlich verlange nach der Kontrolle über die große nichtjüdische Majorität, unter der er lebe, ein Geschwätz sei: und so ist es.

Der große jüdische Bankier, wiewohl er seiner Macht voll bewußt ist, wird sagen, daß er in seinen täglichen Geschäften auf Kräfte stößt, denen er unterworfen ist, und Konkurrenten hat, die im besten Falle neutral, für gewöhnlich aber Israel feindselig gesinnt sind; und selbst der Mann, der heute mächtiger ist – wenn das möglich ist – als der jüdische Bankier, ich meine den jüdischen Monopolisten, und besonders den jüdischen Monopolisten in Metallen, wiewohl es ihm äußerst unangenehm wäre, die Ausdehnung seiner Kontrolle bloßgestellt zu bekommen, wird das Gefühl haben, daß sie seinen überlegenen Fähigkeiten zu verdanken ist, aber keineswegs die Absicht der Beherrschung dahintersteckt.

Alle diese einzelnen Antworten sind wahr. Aber macht man aus ihnen eine zusammengesetzte und allgemeine Antwort, nimmt man sie als die Antwort des gesamten Israel, bestimmt für die ganze Welt draußen und laut rufend: »Ich habe keinen Wunsch nach Oberherrschaft; ich handle nie derart, daß man meine Herrschaft fühle oder daß sie wachse; dieses Motiv existiert nicht, auch nicht unbewußt, in meinem Volke« – dann würde diese allgemeine Antwort falsch sein.

In Wirklichkeit hat der Jude kollektiv heute eine Macht unter den Weißen, die durchaus über jedes Maß hinausgeht. Es ist nicht nur eine übermäßige Macht, es ist unvermeidlich eine korporative Macht, und darum eine zur Hälfte organisierte Macht. Sie ist nicht nur übermäßig und in der Hauptsache organisiert, sie war auch, bis kürzlich die Reaktion begann, eine rapid wachsende Macht – und die meisten Leute glauben noch, sie sei am Wachsen. Dieses würde die ganze Welt außerhalb der Judenschaft bezeugen.

Das Kriterium, nach welchem wir beurteilen können, ob eine Form der Macht die in Betracht Kommenden reizt, ist nicht das Zeugnis derer, die die Macht ausüben, sondern derer, über die die Macht ausgeübt wird. Nie gab es in der Welt eine Tyrannei, selbst nicht eine unter den persönlichen (die so viel höher organisiert und so viel unmittelbarer waren, als diese Macht der Juden), nie hat es in der Geschichte einen Despotismus gegeben, der einem nicht sagen würde, daß er rein zufällig sei oder notwendig oder jedenfalls frei von jeder Absicht der Bedrückung. Aber die Geschichte erwidert jederzeit: »Um das zu beurteilen, muß man die fragen, welche den Druck gefühlt haben; nicht die, die ihn ausübten.«

Nun aber sind die, die den Druck in der eben zu untersuchenden Sache empfinden, einstimmig. Sie unterscheiden sich dem Grade ihres Grolles nach. Es gibt solche, denen die Sache so unerträglich ist, daß sie bereits in aktiver Revolte dagegen stehen, und andere, die sie bloß als ein entferntes, aber sich näherndes Unbehagen empfinden. Aber jedermann hat dieses Empfinden bis zu einem bestimmten Grade. Es ist eine universelle Empfindung, die durch die Nerven der modernen Welt läuft, und sie wächst zu stark an Intensität und an Ausdehnung, als daß sie ignoriert werden dürfte.

Ich habe bereits die Wirkung erwähnt, die auf Hunderte von gebildeten Männern, die während des letzten Krieges zeitweise im Zivildienst beschäftigt waren, die Entdeckung machte, daß hinter den verschlossenen Toren eines Monopols nach dem andern der internationale Jude stand. Von seiner Finanzkontrolle braucht man nicht zu reden. Wenn der einzelne Bankier oder Finanzmann sie nicht gewahr wird: die meisten, die davon berührt werden, sind ihrer sehr wohl gewahr. Die Leute übertreiben, wenn sie ihr eine Art persönlicher Bewußtheit zuschreiben, aber sie übertreiben sicherlich nicht, wenn sie auf deren Wirkungen hinweisen. Der Jude darf nicht vergessen, was zu akzeptieren für ihn sehr schwierig sein mag, was jedoch sicherlich wahr ist, daß nicht nur seine Herrschaft recht bitter empfunden wird, sondern daß seine Gegenwart, in welcher kontrollierenden Stellung immer, der Rasse, unter der er sich befindet, verhaßt ist. Jedermann empfindet das bei jeder Form fremder Kontrolle, noch viel mehr empfinden sie es bei jener Form, die sie instinktiv als die fremdeste von allen erkennen. Ein jeder hat diese Kontrolle schon bemerkt, ausgeübt in der Form des Totschweigens all dessen, was, wenn bekannt, zum Nachteil der Juden wäre, in der Form der Veröffentlichung all dessen, was zum Vorteile der Juden ist; in der Form der Gewährung und Nichtgewährung von Kredit; in der Form von Presseangriffen gegen Nationen, mit denen Israel im Kampfe steht, und von Verteidigungen in der Presse jener (sie sind jetzt beinahe ganz verschwunden), auf die Israel in der unmittelbaren Vergangenheit rechnen konnte. Und jedermann hat entdeckt – was nicht ungerecht ist, freilich, was sogar unvermeidlich ist, aber was nichtsdestoweniger eine Quelle der Verbitterung ist – die Solidarität der jüdischen Nation, wo die Interessen irgendeines Mitgliedes derselben in Betracht kamen Ausgenommen natürlich ein geächtetes Mitglied. Der Fall des Dr. Levy, der von seinen Volksgenossen in der Regierung aus diesem Lande gewiesen wurde, weil er über die Moskauer Juden ungünstig geschrieben hatte, wird noch in aller Gedächtnis sein.

Würde die Sache überall so lebhaft und so bewußt empfunden, wie heute in speziellen Gruppen – wie z. B. in einem bestimmten Ausschnitt der englischen öffentlichen Meinung, der auch schon in der Presse repräsentiert ist, wie in einem größeren Ausschnitt der französischen öffentlichen Meinung und in einem noch größeren der polnischen öffentlichen Meinung – dann wäre die Sache sehr einfach. Wir könnten dann sagen, daß ein ganz klarer Ausweg sich eröffnet habe, und einer kleinen fremden Minorität verbieten, die Geschicke derer zu entscheiden, unter denen sie lebt und zu denen sie nicht gehört. Die Antwort würde einleuchtend sein, und die einzige Schwierigkeit wäre, wie die jüdische Kontrolle verringert werden könnte, ohne unschuldigen einzelnen schweres Unrecht zuzufügen.

Aber die Sache wird nicht so empfunden. Sie wird, wie ich schon gesagt habe, durch die variierenden Grade der Heftigkeit, mit der sie erkannt wird, und durch die anderen internationalen Mächte, die mitspielen, modifiziert. Betrachten wir die variierenden politischen Traditionen und die variierenden internationalen Mächte, untersuchen wir die nationalen Gruppen auf der Welt, dann werden wir ungefähr folgendes finden: In dem weiten russischen Lande eine höchst paradoxe Lage. Jahrelang wurde der Jude offen angegriffen und gehaßt in jenen Teilen des russischen Reiches, wo ihm in größerer Anzahl zu wohnen gestattet war. Das war nirgends im eigentlichen Rußland, sondern am westlichen Saume des Reiches, innerhalb des einstigen polnischen Königreiches und großenteils innerhalb der jetzigen wiederhergestellten polnischen Republik. Aber der russische traditionelle Antagonismus gegen den Juden veränderte sich in wenigen Wochen des Chaos in etwas nicht Entgegengesetztes, sondern Neues und Verschiedenes. Der Russe erlaubte den Juden, eine gewaltige Revolution zu machen, er akzeptierte die Beute dieser Revolution, die der Jude ihm sicherte; er hat sich in den Städten völlig, auf dem Lande teilweise einer Tyrannei unterworfen, die seit diesem völligen Umsturz seiner nationalen Geschichte, heute vier Jahre, von Juden ausgeübt wird.

Die äußere politische Macht des einstigen russischen Kaiserreiches ist verschwunden. Die Juden haben sie erledigt. Aber die große Masse der russischen Menschheit bleibt doch stark berührt von diesem merkwürdigen Wandel. Wo der Volksinstinkt noch unbehindert funktioniert, überlebt der alte und gewalttätig leidenschaftliche Antagonismus zwischen dem Russen und dem Juden. Man sieht es in dem Mischmasch der Ukraine, deren Einwohner, trotz aller Theorien, russischer Rasse und Tradition sind, und deren Hauptstadt die heilige Gegend Rußlands, als eines Gliedes der Christenheit ist. Hier, trotz all der jüdischen Komitees mit großen Städten unter ihrer völligen Kontrolle, hier haben wiederholt Revolten stattgefunden. Aber in dem größeren Teile des europäischen Rußlands wenigstens und auch weithin im einstigen asiatischen Reiche, haben die Juden den Rest der Gewalt im Besitz.

Soweit wir aus den sehr unvollkommenen Berichten, die uns erreichen, schließen können (denn nirgends wird die Waffe der Verheimlichung rücksichtsloser gebraucht), ist die Masse der Russen, d. h. die Bauernschaft, in zwei Ansichten geteilt. Gegenüber der Aktion des jüdischen Despotismus in den Städten sind sie gleichgültig, aber gegen dessen anfängliche Versuche gegen sie selber hatten sie sich bitter zur Wehr gesetzt. Sie haben unter seinen Händen gelitten und sie hielten ihn für einen Tyrannen. Aber der Jude scheint diese Einmischung fallen gelassen zu haben, und der russische Boden scheint den Bauern als Eigentum endgültig angewiesen zu sein. Andererseits war es eine Revolution, die von denselben jüdischen Komitees geleitet wurde, die dem Bauern den Besitz seines Landes sicherten. Der russische Bauer hat sein Land immer als sein eigen betrachtet. Er hatte, scheint mir, jene seltsame pedantische Maßnahme »Die Befreiung der Leibeigenen« nur für einen anderen Namen angesehen dafür, daß man ihn seines Landes beraubte; und als die Organisation der russischen Gesellschaft in der Anspannung des Krieges sich auflöste, ergoß er sich über die großen Güter und nahm zurück, was er für sein Eigentum hielt.

Für die seltsame jüdische Vorstellung des Kommunismus, so himmelweit entfernt von unsern europäischen Rasseinstinkten und unseren Kulturtraditionen, hätte der russische Bauer nichts als Bestürzung und Verachtung übrig haben können. Nichtsdestoweniger war er sich bewußt, daß die jüdische Revolution ihm erlaubt hatte, wenn nicht das Land zu nehmen (das tat er selber), so doch es zu behalten; und die Revolution ist nicht zu trennen von der Kontrolle der Städte.

Innerhalb der Städte ferner (unsere Informationen sind höchst unvollständig und ich kann nur zusammenstückeln, was Augenzeugen mir erzählt haben), wiewohl der Jude natürlich als einzelner gehaßt wird, vertritt seine Herrschaft doch noch gewisse Dinge, die die Masse des Volkes unterstützt. Er hat das Ressentiment des Armen gegen den Reichen organisiert. Er hat vor ihren Augen das gefällige Schauspiel sozialer Revanche gegeben. Er hat sein kommunistisches Programm ziemlich konsequent durchgeführt, dessen eine Seite wenigstens praktisch genug ist; denn der Mann, der mit seinen Händen arbeitet, findet, daß er ebenso gut, oder besser, aus dem gemeinsamen mageren Vorrat ernährt wird wie seine einstigen Herren.

Im allgemeinen, glaube ich, ist es richtig, zu sagen, daß die jüdische Kontrolle über Christen, wenn sie in gewisser Weise in dem einstigen russischen Reiche stärker ist als anderswo sonst, dort auch weniger übelgenommen wird. Ich sage nicht, sie würde nicht übelgenommen, sobald sie wieder eine Aktion gegen die Bauern unternähmen, aber wir dürfen nicht vergessen, daß die Bauern mit großem Eifer für das neue russische Regime fochten, weil sie es mit ihrem neuen Landbesitz identifizierten. Die Situation ist reichlich absurd. Männer zu Hunderttausenden, bereit für ihre kommunistischen Herren zu kämpfen, weil sie glauben, sich dadurch die absolute Form des Eigentums sichern zu können! Indessen, das war die »rote« Armee.

In diesem Schmelztiegel der Nationen, mit vagen Grenzen, den die östlichen Steppen darzustellen pflegten, die jetzt zwischen dem einstigen russischen Reiche und Deutschland stehen, scheint die Lage diese zu sein:

Es gibt in diesen Ländern überall einen großen Teil Juden. Der größte bei weitem ist in Litauen und in Galizien, wo in ganzen Städten ein Drittel bis zur Hälfte und manchmal bis zu zwei Drittel der Bevölkerung Juden sind. Sehr groß ist auch das Verhältnis innerhalb der zugestandenen Grenzen des modernen Polens; sehr groß in Rumänien, und bedeutend in Ungarn.

In allen diesen Ländern ist das jüdische Problem etwas durchaus anderes, als weiter im Westen. Die Juden sind in diesen Ländern zugestandenermaßen eine Sondernation. Eben wie ich schreibe, höre ich die für unsere westlichen Ohren seltsam klingende Klage polnischer Juden, die an den Westen appelliert haben gegen die, wie sie es nennen, Unterdrückungspolitik, sie als Polen zu beschreiben! In Rumänien ist es seit zwei Generationen zum festen Staatsprinzip geworden, nun latent, dann offen, nach welchem aber die soziale Praxis sich immer gerichtet hat, daß der Jude überhaupt nicht ein Rumäne ist noch sein kann. Natürlich kann er nicht wirklich einer sein, sowenig wie er ein Engländer oder ein Franzose oder ein Ire sein kann. (Man stelle sich einen Juden als Iren vor!) Aber ich meine: auch nicht einmal einer der Fiktion oder der Konvention nach. In Polen hat der größere Teil dieser Menschen eine andere Sprache, und sie alle haben andere soziale Gebräuche und ein anderes Leben, als ihre Umgebung. In Ungarn, wo der numerische Druck des Juden geringer ist, bleibt natürlich eine höchst lebendige Erinnerung an die 1918 unter Cohen versuchte Revolution, die Niedermetzelungen von Ungarn, die Aufrichtung eines ephemeren Bolschewismus und die Notwendigkeit von dessen Unterdrückung. In Böhmen ist der Druck weit geringer, und auch in den Balkanstaaten südlich der Donau und der Drau. Er ist nur fühlbar da in der Staatengruppe, die zwischen dem Baltischen und dem Schwarzen Meer südlich und nördlich liegen, und zwischen dem russischen und dem deutschen Volke östlich und westlich.

Kommen wir zu Westeuropa, in das, wiewohl es kaum ein wahrer Teil davon ist, Deutschland jenseits der Elbe miteingeschlossen werden muß; kommen wir zu den skandinavischen Ländern, zu Frankreich, Britannien, Italien, Spanien, Schweiz und den Niederlanden, verändert sich das Problem. Das numerische Verhältnis der Juden sinkt enorm. Ziemlich bedeutend in ein oder zwei holländischen Städten, wird es fast bedeutungslos in Skandinavien, und wiewohl wir in die großen englischen Städte und bis zu einem gewissen Grade in die nordfranzösischen (besonders Paris) letzthin einen bedeutenden Zustrom von Juden gehabt haben, ist doch die Totalsumme dieser Leute im Westen weit, weit geringer, als die großen Massen Osteuropas. Dasselbe gilt noch mehr von Italien und trotz der Aufsaugung eines großen Teiles jüdischen Blutes in der Vergangenheit auch von Spanien.

Aber während das numerische Verhältnis der Juden in diesen westlichen Ländern viel kleiner ist, und während darum die Gefahr jüdischer Herrschaft in der Form sehr verschieden ist von der im Osten, ist sie doch klar gezeichnet. Sie wird ausgeübt an erster Stelle durch die Finanz, demnächst durch die skeptischen Universitäten, die anonyme Presse und die korrupten Parlamente, und schließlich, in einer allgemeineren Form, durch das Dasein von Institutionen, die das Aufsteigen des Juden im Wettbewerb mit seinen Wirten stark begünstigen; jede begünstigt internationales Wissen; jede begünstigt Anonymität; jede auch den alten liberalen Widersinn, der sich selbst »Toleranz« nannte und in Wirklichkeit eine Gleichgültigkeit gegenüber jenem fundamentalsten aller sozialen Motive – Religion – war, wenn nicht, natürlich, eine Ausnahme gemacht wurde zu dem Zwecke, um Angriffe auf die katholische Kirche zu ermöglichen.

Unter Einflüssen solcher Art, sowohl aufrichtigen wie heuchlerischen, sowohl hochherzigen wie niederen, erlangte der Jude in allen größeren Staaten, und besonders in Frankreich, Italien, Deutschland und England eine Macht, völlig außer Verhältnis zu seiner Zahl und, ich darf wohl hinzufügen, ohne, wie ich hoffe, einen jüdischen Leser zu verletzen, außer Verhältnis zu seinen Fähigkeiten; sicherlich aber außer Verhältnis zu irgendeinem Recht von ihm, sich mit unseren Angelegenheiten zu befassen. Es war ein Jude, der in Frankreich die Ehescheidungsgesetze einbrachte; der Jude, der den Antiklerikalismus überall in diesem Lande und auch in Italien förderte; der Jude, der die Kräfte der westlichen Nationen aufbot zum Schutze seiner Volksgenossen im Osten, und der Jude, dessen Geist die Universitäten und die Presse so weithin durchdrungen hat.

Irland macht eine Ausnahme. In Irland gilt der Jude nichts (mit Ausnahme des kleinen Industrieeckes im Nordosten). Und hier muß angemerkt werden, daß die Wanderungen der Juden, so daß er für eine gewisse Zeit hier vertreten ist und dann wieder anderswo an Orten, wo man ihn zuvor nicht gekannt hatte, so daß er hier für eine gewisse Zeit Einfluß hat, der dann wieder schwindet, keinem Gesetze zu folgen scheinen, das wir nachweisen könnten, und sicherlich nicht das Ergebnis bewußten Handelns sind. Es ist eines der seltsamsten Phänomene in der Geschichte, dieses unerklärliche, krampfartige Hin- und Herfluten der jüdischen Nation. Hängt es zusammen mit dem Handel? Er bildet zweifellos ein Element; das erklärt die Ausbeutung Englands durch die Juden nach der Eroberung, Spaniens im späteren Mittelalter; des Rheintales; aber dann, warum bilden andere Handelszentren nicht auch eine Attraktion? Venedig war keine, wiewohl der Jude dort gerne gesehen war; noch war Paris eine nach dem frühen Mittelalter, und während einige holländische Städte solche Zentren der Attraktion bildeten, taten die belgischen Städte es nicht.

War es das Asyl? Das würde freilich den großen Zustrom der Juden in das mittelalterliche Polen erklären; aber dann, warum nicht in das England des 18. Jahrhunderts? Warum nicht bis vor kurzem in das des neunzehnten? England, das dem Juden eine vollkommenere bürgerliche Stellung gab, als er sonstwo in der Welt finden konnte, wurde kein Einfallsland für ihn. Warum diese ganz frischen Zuströme nach den Vereinigten Staaten, die durch ihre Verfassung einundeinhalb Jahrhunderte lang völlig offen waren und infolge ihrer bürgerlichen Traditionen den Juden ein ideales Asyl boten? Bis in die neueste Zeit hinein kannte man dort den Juden kaum, und bis zu diesem Tage kennt man ihn nicht außerhalb von ein paar recht wenigen großen Städten.

Nein. Es scheint kein Gesetz zu geben, oder wenigstens kein auffindbares für diese geheimnisvolle Bewegung, die Ebbe und Flut Israels – aber ich schweife ab. Kehren wir zu unserem Thema zurück.

Verlassen wir die alte Welt und wenden wir uns den Vereinigten Staaten zu, so finden wir eine neue Beschaffenheit der Dinge, noch in der Entwicklung begriffen, die dem fremden Beobachter sehr zu schaffen macht. Ich gebe nicht vor, in ein paar Zeilen sie völlig zu analysieren oder auch nur genau, denn ich bin abhängig von der Beobachtung anderer, und die Vereinigten Staaten sind so durchaus verschieden von uns, daß wir Mühe haben, ihrer zeitgenössischen Geschichte zu folgen; aber es scheint dort ungefähr folgendes vorzugehen.

* * *

In den Vereinigten Staaten waren bis in die letzten Jahre die Juden im Verhältnis zur Bevölkerung an Zahl noch geringer als in Frankreich, England und Italien, und weit geringer als im früheren Deutschen Reiche. Im ackerbautreibenden Teile Amerikas, welcher, glaube ich, noch die Hälfte der Bevölkerung Amerikas ausmacht, war der Jude nahezu unbekannt. Man findet ihn hier und dort, als Anwalt oder Ladenbesitzer, aber jene Welt war doch nicht mehr vertraut mit ihm, als unsere englischen Landgegenden noch heute. Mit dem Wachsen der großen Industriestädte natürlich kam der Jude, aber noch bildete er keine Note der Landschaft. Es bestand ein gewisses soziales Vorurteil gegen ihn in den wohlhabenderen Klassen des Ostens, und – das ist sehr wichtig – immer wurde die Wahrheit über ihn gesagt. In Amerika gab es keine Konvention – der Jude wurde immer als Jude anerkannt, und niemals gab es dort den Unsinn, den wir herüben haben, vorzugeben, er sei etwas anderes.

Von dem Phänomen, von dem die Geschichte Europas so angefüllt ist, das heute den Ländern Osteuropas so sehr die Note gibt, und das im Westen sich zu erheben beginnt, ist in den Vereinigten Staaten im frühen und mittleren 19. Jahrhundert, ja bis zum Schlusse desselben, nichts nachzuweisen.

Dann kam der Wandel. Es ist ein Wandel, der zu Lebzeiten von Männern stattgefunden hat, die weit jünger sind als ich. Es ist ein Wandel, wird mir erzählt, höchst ausgesprochen, seitdem ich zuletzt, vor mehr als zwanzig Jahren, die Vereinigten Staaten besucht habe. Eine reguläre und organisierte Einwanderung, besonders aus dem Baltikum, hatte begonnen. Sie überflutete Newyork, wo der Jude jetzt wahrscheinlich ein Drittel der Bevölkerung ausmacht; sie schuf Ghettos in den meisten der großen Industriestädte des Nordens, und alle die Phänomene, die wir in Europa damit verknüpfen, begannen sich zu zeigen. Da war das Anwachsen des Finanzmonopols und der Monopole in verschiedenen Geschäftszweigen. Da gab es das Geschrei nach Toleranz in der Form, daß der religiöse Unterricht in den Schulen »neutral« sein müsse; da trat in Erscheinung der jüdische Revolutionär und der jüdische Kritiker an jeglicher Tradition christlichen Lebens. Die Juden gingen auch – wie sie es gewöhnlich machen – aufs Ganze, und die Staatsgewalt wurde angegriffen. Der letzte und anscheinend der unpopulärste aller Präsidenten, Wilson, scheint völlig in ihren Händen gewesen zu sein. Anonymität der Presse kam, natürlich. Ein recht bezeichnendes Beispiel dafür ist eine Zeitung »The New Republic«, die, wiewohl sie nur einen geringen Prozentsatz jüdischer Schriftsteller hat, und wiewohl ihr Kapital, glaube ich, nicht jüdisch ist, dennoch für alle Absichten und Zwecke das Organ der jüdischen Intellektuellen ist, immer in den Boykott aller den europäischen Juden ungünstigen Nachrichten eintritt, immer in das Geschrei für alles ihnen Günstige, und im allgemeinen auf die jüdische Seite tritt, wie die Humanité in Paris oder, sagen wir, The New Statesman in England.

Aber die Frische dieses Phänomens in den Vereinigten Staaten, mit dem wir im Westen Europas so lange Zeit vertraut gewesen sind, schafft eine unmittelbare und von uns recht verschiedene Art von Reaktion. Diese Reaktion gegen jüdische Mächte war nicht lahm. Da gab es kein Zaudern; da wurde nicht lange verlegen gestümpert. Die jüdische Frage wurde in dem Augenblick diskutiert, wo man sie fühlte, und heute wird sie mehr als alle anderen diskutiert. Unter den politischen Themen habe ich sie an erster Stelle gefunden bei allen Unterhaltungen mit Amerikanern, die seit dem Kriege Europa besucht haben, und mit denen ich über die Angelegenheiten ihres Landes gesprochen habe. Diese Reaktion reicht, wie immer in diesem Falle, von dem wildesten Antisemitismus bis zur starken und offenen Verteidigung der jüdischen Stellung, nicht nur durch Juden, sondern durch die recht kleine Minorität ihrer Bewunderer außerhalb der jüdischen Gemeinschaft, besonders unter den Reichen. Das Charakteristische an der ganzen Sache in den Vereinigten Staaten ist, daß sie eben erst beginnt. Sie ist fähig, jenen plötzlichen Umfang anzunehmen, den wir in der vergangenen Geschichte der Republik bei andern Dingen erlebt haben, und es ist freilich noch viel zu früh, um zu beurteilen, sogar im gröbsten, was für Formen sie noch annehmen kann. Es genügt zu sagen, daß hinter der Reaktion gegen den Juden in diesem Lande eine wachsende Erregung der Gefühle steht, die uns Westeuropäern trotz allem Fortschritt, den wir hierin gemacht haben, noch nicht vertraut ist. Will man eine Probe dafür, so vergleiche man das Stillschweigen über die Juden im Jahre 96 während Bryans großem Angriff auf den Goldstandard mit dem Werke Fords und allem, was er heute bedeutet!

Die übrige Welt gehört entweder dem Islam oder den Heiden. In der heidnischen Welt spielt der Jude soweit keine Rolle. Er hat in Indien stark zugegriffen, natürlich, aber nur durch den britischen Raj, nicht durch die einheimische Bevölkerung; und in China hat er, ausgenommen als quasieuropäischer Kaufmann, überhaupt keine Macht; noch hat er welche über die starke und organisierte Nationalität Japans.

Das sind, ziemlich roh, die Stufen des Problems, das die Qualitätsunterschiede in den verschiedenen nationalen Gruppen unserer Tage. Bei weitem am interessantesten steht das Problem, weil es mit der größten Schnelligkeit wechselt, in Frankreich, in England und in den Vereinigten Staaten.

Ich sagte, die zweite modifizierende Bedingung sei der Unterschied der bürgerlichen Traditionen der verschiedenen Nationen. Hier haben wir wiederum eine Differenzierung von Osten nach Westen. Aber innerhalb ihrer, dank der Religion, auch eine von Nord nach Süd. In Rußland gab es niemals eine Tradition, über den Juden zu schweigen, oder überhaupt den Juden zu respektieren. Er war, bis zu der letzten Revolution, der Nationalfeind, und damit Schluß. Ähnlich in Polen, Rumänien und den unbestimmteren Bevölkerungen an deren Grenzen, und sogar in dem alten Ungarn wurde über den Juden offen gesprochen als einen, der einer Sondernation angehöre, und zwar, im ganzen, einer feindlichen.

Aber wie man westwärts ging, tauchte ein anderer Geist, eine andere Tradition auf. Nämlich, den Juden als einen Bürger zu behandeln. Diese Mode war schwächer in Deutschland als in den Niederlanden, Frankreich oder England; sie hatte aber überall westlich der Elbe Geltung.

Es war eine Tradition, die aus zwei Quellen floß: das handeltreibende und protestantische England des siebzehnten Jahrhunderts, das skeptische Frankreich des achtzehnten. Der Jude verdiente (diesem Geiste gemäß) speziellen Schutz und spezielle Achtung. Er mußte geschützt und respektiert werden sogar in seiner Leidenschaft für Verheimlichung; so daß schließlich die einfache Erwähnung seiner Existenz bei den gebildeten und führenden Klassen des Westens als etwas Sonderbares galt.

Aus diesem Geiste ging die liberale Fiktion oder Konvention hervor, mit der ich im zweiten Kapitel dieses Buches zu tun hatte. Sie wurde zur dauernden Form erhoben und versiegelt mit der Schwärmerei und der starren Lehre der französischen Republikaner, die in einem Zeitpunkt entstand, als Israel für eine Religion gehalten wurde und seine nationalen Eigenschaften vergessen waren. Sintemal jede Religion als im Sterben begriffen gedacht wurde, sintemal man weiter mit Begeisterung gegen nahezu jede Religion erfüllt war, die Macht im Staate ausübte (vor allem die katholische Kirche), wurde dieser jüdischen Religion, die vorher als Feindin des Staates oder jedenfalls als ihm fremd angesehen wurde, natürlich ein spezielles Privileg zuerkannt. Jenes seltsame System entstand, dessen Ende wir jetzt nach seinem kurzen Leben von etwas mehr als hundert Jahren beobachten, jenes System, wonach dem Juden erlaubt wurde, die Maske einer anderen Nationalität zu tragen als seiner eigenen, und überall aufzutreten, als wäre er ein Bürger nicht Israels, sondern der Nation, in der er sich gerade aufhielt.

Gegen diese Haltung erhob sich schließlich das machtvolle Argument des Nationalismus. In England war, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, dieses Argument weniger kräftig, als anderswo, weil die Interessen der internationalen jüdischen Finanz und des britischen Handels so lange nahezu sich deckten. In Italien, wo der Jude natürlich mit der nationalen Bewegung enge verknüpft war wegen deren Kampfes gegen das Papsttum, prallten das Nationalgefühl und die jüdische Anomalie kaum zusammen. Aber in Frankreich, besonders nach der Niederlage von 1870, wurde der Gegensatz stärker und stärker, genau wie er heute in Deutschland nach der Niederlage von 1918 sich verschärft.

Es war dieser Zusammenstoß zwischen der »Stadt« Israel und den anderen »Städten«, in denen wir Europäer unser Leben haben, auf den in einem früheren Teile dieses Buches angespielt wurde. Es würde, kein Zweifel, der »Stadt« Israel sehr gefallen, wenn alle anderen Städte verschwänden und den jüdischen Operationen freies Feld ließen. Aber sie haben nicht vor, zu verschwinden; und wiewohl unsere Hingabe an sie dem Juden unerklärlich vorkommen mag, er muß sich damit abfinden als einer dauernden Kraft; denn der Patriotismus des Europäers wird nicht nachlassen.

In den Vereinigten Staaten war diese liberale Tradition oder Konvention, diese Vorstellung, der Jude müsse als Vollbürger behandelt werden, sogar noch stärker als in Westeuropa. Sie entsprach der Seele ihrer Verfassung, und was noch mehr ist, der Seele des Volkes selber. Ein solcher Geist wurde genährt nicht nur durch die Theorie, sondern auch in der Praxis durch das Erscheinen von Einwanderern in großen Massen aus allen verschiedenen Ländern, Einwanderern, die alle miteinander aufgesaugt wurden und untergingen in dem amerikanischen Wesen. Gab es jemals ein Feld, wo die falsche Vorstellung, daß ein Jude ein Jude und zur selben Zeit der Vollbürger einer anderen Nation sein könne, gedeihen konnte, dann waren es die Vereinigten Staaten von Amerika. Indessen gerade dort erreicht jetzt das Problem seine akuteste Form; und der Grund dafür liegt darin, daß Seite an Seite mit dieser starken staatlichen Tradition eine vollständige Redefreiheit besteht und eine sehr aktive öffentliche Meinung. Die Wirklichkeit wurde stärker als die Theorie, und der Jude wurde als etwas Besonderes erkannt. Er wird nun nie wieder im Hintergrund verschwinden.

Es bleiben noch die internationalen Kräfte zu betrachten, die diese allgemeine Wahrheit modifizieren, nämlich, daß der Streit mit dem Juden darum geht, daß seine Kontrolle über unsere Geschäfte wächst.

Diese internationalen Kräfte sind Religion – Islam und die katholische Kirche – die Macht des modernen Kapitalismus und die Reaktion gegen diese Macht in der Gestalt des Industrieproletariats, deren Inbegriff der Sozialismus ist. Alle vier sind international.

Die Lage des Juden im Islam kann einfach beschrieben werden. Im Islam wird er mit weniger Methode und darum mit weniger fortgesetzter Bedrückung behandelt als im Christentum, aber immer und andauernd als etwas Niedriges und Inferiores, ausgenommen in ein paar seltenen Augenblicken, wann er die Gunst einzelner Herrscher genießt oder für eine spezielle Gesellschaft nötig ist, oder in einem Augenblick intellektuellen Glanzes bewundert wird.

Normal ist der Jude im Islam ein Ausgestoßener. Ich weiß sehr wohl, daß man vorzugeben beliebt, der Islam sei in gewisser Weise gegen ihn freundlicher als wir. Das beliebt man so; das Ausspielen der einen Partei gegen die andere – des Islam gegen das Christentum – durch Israel, das zu keiner von beiden gehört. Im Islam spielt seine höhere Stellung im Christentum auch eine Rolle. Die Geschichte spricht gegen solche Behauptungen. Die ganze Geschichte des Islam, sein ganzer sozialer Geist, für den es heute zahllose Zeugnisse gibt, geben dasselbe Urteil ab über die allgemeine Behandlung des Juden in dieser Gesellschaft.

So war es im unabhängigen Islam. Aber der heute von den westlichen christlichen Mächten politisch kontrollierte Islam ist eine andere Sache. Bei diesem unsicheren Stande der Dinge (niemand kann sagen, wie lange er dauern wird; der Konflikt zwischen dem Islam und dem Christentum scheint ewig zu sein, und Fallen und Steigen dieser Flut folgen endlos aufeinander) nimmt das Problem ein ganz anderes Gesicht an. Frankreich und England treten im Islam als die künstlichen Beschützer des Juden auf.

Bis ganz vor kurzem war es der Franzose, der in dieser Sache das schlimmste Odium in den Augen der Mohammedaner auf sich geladen hatte. Unter den Franzosen wurde den Juden in Nordafrika oft eine besondere, eine höhere Stellung eingeräumt, was für jeden Mohammedaner eine Beleidigung war und heute noch ist. Es ist der schwächste Punkt des französischen Régimes. In Algerien darf das jüdische Ghetto wählen. Der Araber nicht. Sogar in Marokko, wo man weiser gehandelt hat als in Algier, fühlt man die Schwierigkeit. Wie soll man in Marokko einen Juden anders behandeln, als er in Frankreich behandelt wird? Er lebt in beiden Ländern. Behandelt man ihn, wie wenn er ein Franzose wäre und darum ein Glied der regierenden Macht, was ist dann mit dem Stolz jener Fürsten vom Atlas und von Fez?

In dem weit größeren mohammedanischen Gebiete, das von Großbritannien kontrolliert wird, das direkt und indirekt das Zehnfache dessen von Frankreich ausmacht, war bis zuletzt wenig von dieser Reibung zu spüren; aber das Blatt hat sich gewendet, und heute ist es England, das in den Augen der Mohammedaner ihnen den Juden aufdrängt. Es begann mit der Unterstützung der jüdischen Finanz in Ägypten; es ging weiter mit der ausgedehnten Kontrolle über den indischen Handel durch die Juden und setzte sich fort in der Kontrolle des indischen Geldumlaufes durch die Juden. Es hat geendet mit der grotesken Wahl des indischen Vizekönigs und dem außerordentlichen Experiment in Palästina.

Heute im Augenblick, wo ich dieses schreibe, ist über diese Sache kein Zweifel mehr möglich: Von Rabat am atlantischen Meere bis zur bengalischen Bucht gelten die Westmächte als die Agenten eines jüdischen Eindringens, das dem Islam unerträglich ist. Und während der Hauptvorwurf bis vor ein paar Jahren die französische Regierung traf, trifft er heute die britische.

* * *

Die Rolle der katholischen Kirche in der Debatte zwischen dem Judentum und dem Christentum wird unter allen mit dem allgemeinen Problem verknüpften Punkten am meisten diskutiert und am schlechtesten verstanden. Aber sie kann sehr einfach definiert werden. Wo immer die katholische Kirche Macht hat, und im Maße, wie sie Macht hat, werden die traditionellen Prinzipien der Kultur, deren Seele und Hüterin sie ist, immer aufrechterhalten werden. Eines dieser Prinzipien ist die scharfe Unterscheidung zwischen dem Juden und uns. Der Rationalist wird sagen, daß diese Unterscheidung auf die Rasse sich beziehe, und daß sie religiösen Ausdruck fand nur dank dieser Rassenrealität. Sein Gegner wird sagen, daß der Ursprung des Streites in der Hauptsache religiöser Natur war; daß es ein Unterschied in den religiösen Traditionen war, der den Gegensatz zwischen dem Juden und dem Christentum bildete. Der erstere kann als Beweis anführen den heftigen ursprünglichen Gegensatz zwischen dem römischen Reiche und dem Juden, der letztere die Wahrheit, daß Religion und Philosophie die formbildenden Kräfte einer jeden menschlichen Gesellschaft sind.

Aber welche Theorie immer man vorzieht, das Faktum ist da. Die katholische Kirche ist die Hüterin und Bewahrerin einer jahrhundertealten europäischen Tradition, und diese Tradition wird niemals einen Kompromiß schließen mit der Fiktion, daß ein Jude etwas anderes sein könne als ein Jude. Wo immer die katholische Kirche Macht hat und im Verhältnis zu dieser Macht wird das jüdische Problem voll und ganz anerkannt werden.

Andererseits ist von der katholischen Moral niemals Kriegführung gegen den Juden zugelassen worden oder wird je zugelassen werden. Diese Moral liegt klar am Tage. Diese Lehre ist immer und immer wieder definiert worden und die ganze Geschichte hindurch die Grundlage des Handelns gewesen. Wenn indirekte Feindseligkeiten gegen die Mehrheit durch eine Minorität in deren Mitte eröffnet werden, so mag sie zurückgedrängt und bestraft werden. Noch wichtiger: unaufrichtige und vorgegebene Konversion, die als Deckmantel dient, mag zurückgewiesen und bestraft werden. Aber wiewohl eine Gemeinschaft das Recht hat, über ihr eigenes Leben zu bestimmen, und (wenn sie es für möglich hält) sogar eine fremde, eine feindselige Minorität auszuscheiden (in Gerechtigkeit, aber nicht mit Grausamkeit, Gewalttat oder Ungerechtigkeit irgendwelcher Art) – so hat diese Minorität auch ihr eigenes Recht zu leben, wenn nicht dort, dann anderswo. Sie hat ihr Recht – hat sie einmal Wurzeln und Traditionen – zu ihren eigenen Überzeugungen, zu ihrer eigenen Tradition. Wenn man ihr erlaubt, unter uns zu leben, muß man ihr auch erlauben, ihr eigenes Leben zu leben, außer wo dieses das unsere bedroht. Die katholische Kirche wird jederzeit an die Wirklichkeit sich halten, worin eingeschlossen ist die Realität der scharfen Unterscheidung zwischen dem Juden und seinen Wirten.

Der Gegner der katholischen Kirche wird die Tendenz haben, ceteris paribus den Juden zu stützen, weil auf Grund jener Unterscheidung der Jude sich nicht wohl befinden mag. Die ganze protestantische Tradition des Nordens war mehr als 300 Jahre lang dem Juden günstig, zum Teil freilich infolge ihres Bauens auf die jüdischen Schriften, ihrer Versenkung in die inspirierte jüdische [Folklore], aber mehr doch, weil das Bündnis mit dem Juden ein Bündnis gegen die katholische Kirche war. Starke Spuren dieses Geistes sind noch übrig. Was sich dagegen sträubte, war die nackte Notwendigkeit in jedem Lande, ob katholisch oder protestantisch, liberal oder antiliberal, die Gesellschaft zu schützen gegen eine, wie jeder das Gefühl hatte, einen Bruch bewirkende Fremdherrschaft.

Es bleiben die beiden frischen Mächte – der moderne Kapitalismus, und als Protest gegen ihn, sein Opfer, das moderne Industrieproletariat.

Vor wenigen Jahren noch hätte jedermann gesagt, daß die Opposition gegen den Juden auch eine Opposition gegen den Kapitalismus sei; der Jude galt als Repräsentant des Kapitalismus, und die jüdische Finanz war der eigentliche Aspekt der jüdischen Macht und als solcher allgemein verhaßt. Aber wir haben gesehen, wie all das sich gewandelt hat. Heute ist die stärkste Kraft gegen den Juden auf der anderen Seite. Sie ist hauptsächlich getragen nicht von der Furcht vor kapitalistischen Mächten, sondern von der Furcht vor revolutionären.

Ich wage zu sagen, daß, wenn die Stimmung gegen den Juden zur Tat übergeht, der Jude notwendig, und als Selbstverteidigung, auf die Führerschaft des Proletariats gegen den Industriekapitalismus zurückgreifen wird. Er wird – er muß rein instinktiv, ganz abgesehen von jeder Berechnung – die Spaltung benützen, die eine ihm feindselige Gesellschaft teilt. Er wird sich verlassen auf die Spaltung, die bewirkt wird durch den ungeheuern modernen Kampf zwischen den paar Besitzern der modernen Industriewelt und deren Opfern, den ausgebeuteten Millionen.

So gesehen, scheint die Gelegenheit für den Juden, nämlich wenn er zum Äußersten getrieben wird, eine Armee zu seiner Verteidigung aufbieten zu können, eine recht günstige Gelegenheit zu sein. Es könnte ein leichtes für ihn scheinen, alle Animosität gegen sich abzuwenden und gegen den Reichen zu richten, indem er natürlich (wie er es in Rußland getan hat) dem jüdischen Reichen einen Freibrief ausstellt. Aber wir dürfen nicht drei gewaltige Umstände vergessen, die diese Gelegenheit beschneiden.

Der erste ist dieser: Die Millionen der Industriearbeiter sind noch eine durchaus kleine Minorität und werden in der Zukunft eine noch kleinere der zivilisierten weißen Welt sein. Der Krieg war ein heftiger Schlag für sie gewesen. Die Tatsache, daß das Industrieproletariat eine städtische Bevölkerung ist und darum immer weniger produktiv, ist eine zweite Ursache der Schwäche; der Rückgang ihrer Gesundheit eine dritte. Die Tatsache, daß der Industriekapitalismus davon abhängt, daß die Maschine im Gange bleibt, und daß seine Leibeigenen weniger und weniger willig sind, sie im Gange zu halten, ist eine vierte.

Zweitens, die Fläche (und das ist wichtig), die der Industriekapitalismus besetzt hält, ist im Verhältnis eine recht kleine der Oberfläche der zivilisierten Welt.

Drittens, die Revolte des Industrieproletariats, sollten die Juden sie provozieren, wird von kurzer Dauer sein. Entweder wird sie niedergeschlagen, oder sie wird, nach Vernichtung ihrer Herren unter der Führerschaft der Juden, ihre eigenen Produktionskräfte vernichten, wie in Rußland.

Hat sich die Wut gelegt, wird in ganz kurzer Zeit das jüdische Problem von neuem auftauchen.

Die Proletarierschlacht mag heftig genug wüten, aber sie wird bei weitem nicht universell sein, und wird, glaube ich, nicht genügen, die Menschheit abzulenken von jenem anderen zum Kreuz gewordenen Problem des Juden und Nichtjuden, auf das ihre Aufmerksamkeit stetig mehr und mehr gerichtet wird.


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