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Der Philosoph oder Über das Wesen der Dinge

Der Philosoph saß in seinem Studierzimmer und wollte über das Wesen der Dinge nachsinnen. Aber sein weißes Kätzchen sprang auf den Tisch, schmiegte sich an den Philosophen und störte ihn in jeder Weise.

Da warf er dem Kätzchen einen Champagnerpfropfen auf die Erde hin; das Kätzchen stürzte sich darauf und begann, den Champagnerpfropfen vor sich her zu jagen.

Und ungestört konnte der Philosoph nun folgendes denken: Es ist etwas. Aber was ist? Und was heißt sein? Was ist, kann nicht nichtsein, und alle Dinge sind, die nicht nichtsind.

Die Katze trudelte den Champagnerpfropfen von dem Arbeitstisch zum Kamin; ihre Augen leuchteten vor Eifer, denn der Verdacht war ihr gekommen, daß dies kein Champagnerpfropfen sei, sondern eine Maus, die sich nur so stelle, als sei sie ein Champagnerpfropfen.

»Offenbar«, so folgerte der Philosoph weiter, »offenbar gibt es Dinge, die sind, und Dinge, die nicht sind. Die Welt teilt sich also in zwei große Kategorien: Kategorie a: die Dinge, die sind; Kategorie b: die Dinge, die nicht sind. Aber was heißt nun nicht sein? Nicht sein heißt nicht vorhanden sein. Wenn ich also sage, in der Kategorie b sind die Dinge, die nicht sind, begehe ich einen greifbaren Widerspruch. Denn was nicht ist, kann nirgendwo sein, also auch in der Kategorie b nicht. So bleibt nur die Kategorie a übrig, und alle Dinge sind. Es ist also etwas, aber was ist und was heißt sein?«

Während der Philosoph so dachte, hatte die Katze den Champagnerpfropfen rund um das Zimmer gejagt und trieb ihn nun zu dem Arbeitstisch zurück. Dort ließ sie ihn liegen, denn sie war jetzt überzeugt, daß es doch keine Maus, sondern einfach ein Pfropfen sei.

Der Philosoph blickte sie an und lächelte.

»Törichtes Tier«, sprach er, »bist du nun weitergekommen, daß du den Pfropfen einmal im Kreise herumgejagt hast?«


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