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Philologisches Kolleg

Wer Bücher in einer fremden Sprache liest, der achte doch gefälligst einmal darauf, welche deutschen Worte diese fremde Sprache gebraucht.

In dem amerikanischen Roman »Black oxen« von der Atherton habe ich folgende deutsche Worte gefunden: a verboten book ... ein verbotenes Buch; he led her to a luxurious delikatessen, er führte sie in ein luxuriöses Delikatessengeschäft.

Nun liegt die Sache aber so, fremde Völker nehmen von einem anderen Volk immer die Worte, die diesem anderen Volk ganz eigentümlich sind, die nur in der Sprache dieses Volkes gesagt werden können.

Die Franzosen gelten in der Welt, und zwar mit Recht, als das Volk, das am besten ißt und die beste Küche hat. Deshalb hat die ganze Menschheit von ihnen die Suppe, die Sauce, das Kotelett, all die schönen Worte, gegen die jede Sprachreinigung ohnmächtig ist.

Von den Engländern haben wir die Worte, die sich auf ein vornehmes gesellschaftliches Leben beziehen: Five o'clock, Breeches, Watercloset.

Die Italiener aber gaben der Welt gleich zwei Kategorien: einmal die Worte für Geldwesen, Bankrott und ähnliches; und zweitens alles zur Oper gehörige, Pizzikato, Primadonna. Und diese Vereinigung von Bank und Gesang ist gar nicht so verwunderlich; es ist ja bekannt, daß alle Börsenmagnaten musikalisch sind.

Von uns nahmen die Nachbarn die Worte verboten und Delikatessen; auch das Wort the heimweh findet sich, neben the nostalgia, häufig in den neuen englischen Romanen.

In diesem Wandern der Worte liegt etwas Volksliedmäßiges; es offenbart sich da ein Urteil, das anders und tiefer ist als das Urteil der Politik und der Historiker.

In den Augen der Welt sind wir das Volk, das gern Delikatessen ißt, bei dem die Bücher verboten werden und das deshalb in der Fremde immer Heimweh nach Hause hat.


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