Bettina von Arnim
Clemens Brentanos Frühlingskranz
Bettina von Arnim

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Liebe Bettine.

Diesem Brief tue nicht soviel Ehre an als allen meinen vorhergehenden, denn ich schreibe in einer wunderlichen Stimmung und scheine mir gar nicht vernünftig zu sein. Seit einigen Tagen ist es so schönes Wetter hier wie im Sommer; ich sitze nicht mehr meinem schwarzen Ofen gegenüber, alle Fenster meiner hellen Stube stehen auf; ich habe keine Rast und keine Ruhe, ich gehe dem Haus aus und ein, kleide mich alle Augenblicke anders an und empfinde eine ganz wunderbare Angst, so als harre ich am Fenster ein geliebtes schönes Mädchen vorübergehen zu sehen; oder als müsse mich jemand heimlich lieben, ich wüßte nicht wer, und wünschte dieser oder jener, kurz ich kann Dir's nicht sagen, wie mir es ist, und ich muß mich recht zusammennehmen, nicht weichherzig zu werden. Es ergreift mich alle Frühling so ein Hinausweh! – Heimweh darf ich es nicht nennen – und was mich dann betrübt, das ist, ich weiß, daß es mir draußen auch nicht wohler wird. Wenn Du es nicht wärst, die mir das Leben zu erfreuen suchte, so wüßte ich nicht, wie mich anstellen. Bin ich nicht recht undankbar gegen Dich, Du opferst mir Dein ganzes Leben auf, und ich bringe den größten Teil des Jahres fern von Dir zu; Du zählst die Minuten bis zu meiner Ankunft, und ich halte mich noch ein paar Tage in Wetzlar auf. Aber schreiben mußt Du mir nach Wetzlar, bei Herrn von Bostell werde ich wohnen, mit der nämlichen Post, mit der Du sonst hierher schreibst. Dienstag abend mußt Du mir schreiben, damit ich gleich aufbreche und zu Dir laufe. Den ersten und zweiten Tag wird es nun zwar sehr herrlich sein, wenn wir zusammen sind, aber die ganze Woche, wie wird es dann sein? – und den Monat? – werden wir uns nicht im Hause langweilen, während draußen im Wald jeder Sperling es besser hat? – Wir wollen recht viel spazierengehen, und morgens früh, wenn noch alles schläft, schon vor den Toren herumlaufen. Soeben erhalte ich Deinen Brief, der ebenso abgeschmackt vom schönen Wetter spricht wie der meinige; ich hoffe doch, dieser soll Dich mehr freuen als mich der Deinige! Ich fand einen fremden Ton drin, oder vielmehr ermüdet und abgespannt, was ich sonst gar nicht an Dir gewohnt bin, Deine Unruh treibt Dich auch umher, vielleicht ist das schöne Wetter dran schuld. Bis den Sonntag werde ich gewiß bei Dir sein, lebe wohl. –

Clemens.

Von Minchen Günderode hast Du lange nicht geschrieben; wenn die Günderode Dein Märchen nicht gut findet, so ist's noch nicht gesagt, daß ich's nicht erst sehen will, ehe Du es ins Feuer wirfst, wie Du es schon mit manchem gemacht hast. Wenn sie aber sagt, daß Deine Klostergeschichte gut ist, so freue ich mich unendlich darauf, sie mit Dir zu lesen. Ist sie denn schon so weit, oder hast Du vielleicht noch Platz in dem Heft, das Du dazu wirst geheftet haben? Wie schön wär's, wenn Du mir alle Tage ein einziges Blatt wolltest davon vollschreiben, bis ich komme, noch acht Tage nach Empfang meines Briefes.


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