Bettina von Arnim
Clemens Brentanos Frühlingskranz
Bettina von Arnim

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Liebe Bettine.

Soeben hab ich Deinen Brief erhalten, es freut mich, daß meine schlechte Arbeit Euch genügte; die Kürze der Zeit etc. – Beiliegenden Brief gib am Morgen ihres Geburtstags der Claudine, er enthält ein Gedicht von mir, gedruckt für sie, Du sollst niemand im Hause davon sagen, ehe Du es ihr selbst gegeben hast; dann aber kannst Du ein Paket mit etlichen funfzig bis sechzig Exemplaren dieses Gedichtes, welches ich heut mit dem Postwagen schickte, öffnen, dem George fünf Exemplare zum Verteilen geben, der Toni ebensoviel, ebensoviel der Großmutter schicken; der Gundel auch soviel, auch schicke jeder Günderode eins, die übrigen gibst Du der Clodine für ihre Freunde. Ich bitte Dich aber, das Paket vom Postwagen nicht eher zu öffnen, als die Clodine den inliegenden Brief erhielt, denn es ist unschicklich, daß Du es eher gelesen hättest als sie, auch liegt in jenem Paket keine Zeile von mir an Dich, ermäßige daher Deine Neugierde und hebe es auf bis zur rechten Stunde, dann gehst Du auf Dein Zimmer und teilst die Exemplare ein und gibst jedem das Seine. So geschwind habe ich noch nichts gedichtet. Seit meinem letzten Brief, bis heut, gezeichnet, geschrieben, gedruckt! – Ich wünsche sehr, daß Du mir alles schreibst, wie es gegangen, besonders ob sich Schwab erfreute.

Am Geburtstage einer Freundin
von Clemens Brentano,
den 19. März.

    Durch grüne Auen wollt' ich mit dir schweifen,
Wärst du des süßen Maien frohes Kind,
Und wollte sinnreich nach den Blumen greifen,
Zu flechten dir ein zärtliches Gewind,
Wir Blüten werden all' in Liebe reifen,
So spräch der Kranz, weil wir dir ähnlich sind.
Doch keine Blume ist vor dir entsprungen,
Der ungeteilten Kraft bist du gelungen.

    In leisem Schlummer träumend sinnt die Erde,
Wie sie die junge Zeit erfreuen soll,
Da sieht sie dich, in züchtiger Gebärde
Stehst du vor ihr so sinnend, liebevoll,
Und jungfräulich begrüßte dich ihr Werde,
Der keine Blume noch am Busen schwoll.
Doch bald die Einsamkeit dir zu versüßen,
Läßt als Gespielen sie dich Veilchen grüßen.

    So fehlen Blumen, Blume, dich zu kränzen,
Die selbst des Jahres frühste Blume blüht,
Doch in des Lebens Garten ohne Grenzen,
In dem der Frühling ewig kehrt und flieht,
Seh' eine edle Blume fern ich glänzen,
Die bis zum Namen selbst dir ähnlich sieht,
Das Herrliche kehrt ewig zu dem Leben,
Und jeder Sommer muß uns Lilien geben.

    Dich, Römerin, Vestale, seh' ich wieder,
Dich, Claudia, die treu den Vater ehrt,
Keusch hüllt ein reiner Schleier dir die Glieder,
Die aller Liebe reine Flamme nährt.
Es priesen uns noch keines Sängers Lieder
Den hohen Sinn, den uns dein Leben lehrt,
Bescheidne, zürne nicht, laß es gelingen,
Die Römerin will der Barbare singen.

    Da Claudius, der Feldherr, siegreich kehrte,
Will er, als Sieger soll ihn Roma sehn,
Der in der eignen Tat den Römer ehrte,
Will im Triumphe auch die Tat erhöhn,
Doch ein Tribun, der tiefen Haß ihm nährte,
Will, ungepriesen soll sein Werk vergeh'n:
Es läßt der Mächtige dem Sieger sagen,
Du sollst durch Rom nicht deine Lorbeern tragen.

    Doch achtet, trotzend auf des Sieges Flügel,
Der Feldherr nicht des Richters ernsten Stab,
Im Heeresprunk grüßt er die sieben Hügel
Von seines Wagens goldner Höh' herab,
Und tausendfach in heller Waffen Spiegel
Grünt ihm der Lorbeer, den der Sieg ihm gab,
Es lenket durch des Volkes laute Mitte
Der Zug zum Kapitole hin die Schritte.

    Da öffnet zweien sich des Volks Gedränge,
Erzürnt tritt der Tribun zum Sieger hin,
Ihn, dem er untersagt des Siegs Gepränge,
Will er gewaltsam von dem Wagen ziehn:
Auch Claudia dringt durch der Bürger Menge
Zu ihrem Vater und umfasset ihn.
Besiegt muß der Tribun zum Volke kehren,
Den sie berührte, muß er zürnend ehren.

    Die Jungfrau gab dem Sieger das Geleite,
Der mit dem Adler nun die Taube trug,
So stand sie schüchtern an des Vaters Seite,
Und um die Tochter er den Purpur schlug,
In schönerm Sieg trug sie aus schönerm Streite
Zum Kapitole hin der laute Zug:
So Heldenmut und Schönheit sich gesellten,
Es triumphiert die Holde mit dem Helden.

    Wer auf der Erde gleich den Göttern handelt,
Dem öffnet sich der hohen Götter Kreis,
Auf Erden sind sie menschlich einst gewandelt
Und waren edel, sinnbegabt und weis',
Zu Göttern hat der Glaube sie verwandelt,
Denn Göttlichkeit ist aller Schönheit Preis,
Es wollte Rhea gern, da du gebeten,
In deiner Heimat Götter Mitte treten.

    Zu Schiffe auf der gelben Tiber Wogen
Führt man Cybelens Bild von Pessinunt,
Schon nahet sich des Segels voller Bogen,
Der Göttin Ankunft eilt von Mund zu Mund,
Sie zu empfangen, kommt das Volk gezogen,
Doch plötzlich faßt den Kiel des Flusses Grund,
Und wie sich auch der Schiffer Arme regen,
Fest ruht das Schiff und läßt sich nicht bewegen.

    Da flehet knieend Claudia am Strande
Der hohen Götter gute Mutter an,
Löst dann den keuschen Gürtel vom Gewande,
Und zu dem Schiffe führet sie der Kahn,
Den Gürtel knüpft sie an des Kieles Rande,
Und gütig folgt Cybele ihrer Bahn,
Stumm sieht das Volk sie durch die Wellen gleiten,
Von Reinen lassen Götter gern sich leiten.

    So in des Vaterlandes großer Sitte
Lebt Claudia, die Römerin, auch groß,
Nun teilst du, Claudia, in unsrer Mitte,
Ein frommes, treues Kind, des Vaters Los.
Was göttlich noch auf Erden, folgt dem Schritte
Der Jungfrau gern noch in des Hauses Schoß.
Strebt Ihr zu gleichen, der wir uns verbanden,
Ich liebe Sie, die früher ich verstanden.


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