Bettina von Arnim
Clemens Brentanos Frühlingskranz
Bettina von Arnim

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Lieber Prinz Waldemar!

So weit ist's gekommen zwischen uns beiden, daß ich diese letzte Anrede wage und lieber und naturgemäßer sie finde als die auf der ersten Seite. Ich stehe auf einmal da vor Ihnen, und alle Leute auf dem Markt vernehmen, was ich Ihnen zu sagen habe. Vor soviel Leuten ist man aber nicht aufrichtig, man ist da nur schicklich; folglich ist's wohl nicht schicklich, aufrichtig zu sein. Da man aber einem Prinzen gegenüber durchaus schicklich sein muß, Aufrichtigkeit aber Unschicklichkeit ist, so machen sich Euer Hoheit gefaßt, entweder was Unschickliches zu hören oder was Unaufrichtiges.

Wenn ich nun meine Zueignung so begönne:

Es ist das aufrichtigste Gefühl der Verehrung und Liebe, was mich bewogen hat, Euer Hoheit dies Buch zu widmen, so würden Sie denken: die Freifrau von Arnim redet dies um der Schicklichkeit willen, denn aus welchen Gründen könnte sie mich so stark verehren? Daraus müßte ich auf die Bescheidenheit schließen und auf die Einfachheit Ihrer edlen Natur, die größere Forderungen an sich macht. Fahre ich nun fort und sage: In diesem Buch werden Euer Hoheit viel Analoges mit sich finden! so könnten die Schicklichkeitsmenschen behaupten, dies sei sehr unschicklich, einem Prinzen zu sagen, er habe Ähnlichkeit mit einer Volksseele. Ich darf Ihnen daher gar nichts sagen, denn meine Aufrichtigkeit würde entweder von Ihrer Bescheidenheit verneint oder von dem Schicklichkeitsgefühl der Aristokraten mir verwiesen.

Dem Publikum, in welchem ich mich heimisch fühle, das mich angeregt durch seinen Beifall und durch sein Einverständnis mich inspiriert, zu dem kann ich doch wohl reden ohne Einwendung, da Aufrichtigkeit bei diesem auch Schicklichkeit ist. Nun also: Ihr Leute auf dem Markt! – Ich hab dies frühlingsduftende Buch nur dem darbieten können, gegen den ich keinen Zweifel hege, der Feldblumenkranz könne ihm zu gering sein.

Ich sage Euch aber, Ihr Leute auf dem Markt, Ihr, deren Gewissen Zeugnis gibt von jenen gefürsteten Fürsten, denen der Lorbeer und die Eiche und die Raute Ehrenkränze tragen, daß gleich in der Brust jener großen Männer, auch Ihm, der die Huldigung im Feldblumenkranz willkommen heißt, das vaterländisch Edle, der Eifer für Wahrheit, der Glaube an göttliche Dinge, die Würdigung der Volkseigentümlichkeit innewohnen, die sein eigenes Streben mit den Kräften des Gemeingeistes zu allen erhabnen Opfern zusammenschmelzen.

Bettine.


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