Bettina von Arnim
Clemens Brentanos Frühlingskranz
Bettina von Arnim

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An Clemens!

Unser Teetisch hat sich in eine Pappfabrik verwandelt, George führt den englischen Phaethon aus mit Jockei und Pferden. Franz macht die Dekorationen, ich wollte die Schauspieler machen, es mißlang, ich wurde abgesetzt und darf nur immer noch das zweite Bein machen, den zweiten Arm, und die Zimmer darf ich möblieren! – auch soll ich alle Nähnadeln einfädeln. Günderödchen kommt zuweilen, weil ich nicht so oft zu ihr komme, und dann verschwinden wir ins kleine grüne Kabinettchen hinter der Treppe. Den Christian hatten wir erwartet, daß er uns würde helfen, er kam gestern an zu Pferde mit einem scharlachroten Mantelsack, einer Pelzmütze, einem Dompfaffen und einem zahmen Marder, den er mir schenkte; dies Tierchen plagt mich sehr! aber weil es so sehr schön ist; es will auf meinem Schoß schlafen, und wenn ich's herunternehme, dann knurrt es und fletscht mir die Zähne. Auch hat ihm der Christian tanzen gelehrt, es quält mich, aber es ist mir doch eine Gesellschaft! – Die Proben vom Schattenspiel werden gemacht; da ich keine Rolle dabei habe, so konnte ich gestern mit Marianne in die Oper gehen! – Ich hab mich an Offenbach erinnert bei der Musik. Palmyra! – Diese Oper gibt mir die Empfindung, als läg ich auf duftendem Heu und schlief! und hörte das Ganze nur mit halbem Ohr. Heute morgen war so schöner Reif, ich bin mit Marianne bis auf die Gerbermühl gefahren, von dort ging ich zur Großmama! – Sie war recht erfreut; ich hab mit ihr ausgemacht, daß ich zum Frühjahr bei ihr sein will und die ganze Frühlingsarbeit im Garten machen wie im vorigen Jahr noch! – Ach das ist jetzt für mich ein Erholungspläsier! Beim Gärtner war ich und hab nach meinen Bäumen gesehen, alles sieht kernfrisch bei ihm aus und dem Frühling entgegenstrebend. – Er glaube nicht, sagt er, daß es diesen Frühling so schön sein werde wie im vorigen Jahr! – die Witterung lasse sich nicht so gut an! – Ach Frankfurt, du liegst mir wie Blei auf dem Herzen! in meinem Schreibschrank hab ich in Offenbach gewühlt und hab da den Anfang von einer Beschreibung meines Klosterlebens herausgefunden und dann auch ein Märchen, zu dumm – die Günderode hat's gesagt. Aber vom Kloster soll ich weiterschreiben, wenn das Schattenspiel vorbei ist. –

Es ist hier im Haus kein einsam Winkelchen, wär die Günderode nicht, dann wüßt ich nicht, wo ich mich suchen sollte! – Der Toni ihr Kind hat die Rötlen gehabt, da hab ich als abends gesessen.

Heute abend wird eine Hauptprobe des Zauberfestes vorgenommen. Ich mußte alle Rollen abschreiben, hin und wider laufen, alles herbeiholen! Am Samstag werde ich Dir die Einrichtung und Verfassung des Ganzen berichten und den nächsten Dienstag, wie das Ganze abgelaufen ist. Lieber Clemens, wenn wirst Du denn kommen? schreib mir genau den Tag, rechne es aus, wenn es möglich sein kann, daß ich mich freue und jeden vorgegangenen Tag einen weniger zählen kann, bis plötzlich die Freude hereinbricht, daß du da bist, und dann gibt es schöne Tage! Ich werde die ersten Frühlingsgänge mit Dir machen, wir werden mit dem Günderödchen manche Stunde verbringen; ach gestern war's schön bei ihr, da hatten wir ein klein Feuerchen in ihrem Ofen angemacht, und ohne Licht waren wir da beisammen und sahen die Flammen spielen, die Günderode machte ein Märchen draus, sie legte alles aus, was die Flammen miteinander plauderten. –

Das schöne Wetter duftet schon, wenn man vors Tor kommt, die Hecken können die Veilchen nicht mehr verbergen, sie hauchen einem an, ganz vergnügt, daß sie gebrochen werden! Die Luft, sie kommt geströmt aus wärmeren Landen, man möchte mit sich aufschwingen, wenn sie den süßen Atem der Pflanzen davonträgt. –

Bettine.


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