Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Drei Trostlieder aus dem Sommer 1819.

A. wurde am 14. Juli 1819 verhaftet und blieb einen halben Tag Gefangener. Daran schloß sich eine lange Untersuchung. (D. H.)

 

1.

Es war einst ein Wahn mir gekommen,
Ein Wahn, und, besinn' ich mich recht,
Ich hörte von Paulus dem Frommen
Der Mensch sei von Göttergeschlecht;
Es hat's der Apostel verkündet:
Soweit diese Kugel sich ründet,
Soll walten ein ewiges Recht
.

Soweit diese Kugel sich ründet,
Soweit nur erklungen das Wort,
Soweit es die Geister verbündet
Verpfändet dem himmlischen Hort,
Verpfändet unsichtlichen Reichen,
Soll knechtischer Frevel erbleichen!
Es bläst ihn das mächtige fort.

Drum mutig! Die Losung soll gelten!
Wer mag vor dem Starken bestehn?
Er schafft die unendlichen Welten
Und läßt sie wie Flocken verwehn –
Drum mutig des Zorns und der Rede!
Drum mutig der heiligen Fehde!
Wir siegen, auch wenn wir vergehn.

Drum mutig! Die Freiheit soll leben!
Und leben das ewige Recht!
Es blüht als das Leben im Leben
Und adelt den König und Knecht –
Wieviel sie auch füttern und flunkern,
Wieviel sie auch gaukeln und junkern,
Doch sieget das ewige Recht.

 

2.

Komm, Geist, und zieh dich stählen an!
Komm, Herz, und laß dich eisern kleiden!
Es rüste sich, was streiten kann,
Auf harten Krieg und schwere Leiden!

Komm, Stolz, und fasse das Panier!
Laß wehn die Fahnen, wehn zum Himmel!
Das rechte Bleiben ist nicht hier,
Drum wirf dich mutig ins Getümmel!

Komm, Hoffnung, auch! Es soll dein Grün,
Dein Maigrün, rosenrot sich färben,
Noch einmal sollst du herrlich blühn
Und dann gleich roten Rosen sterben.

So steht der Krieg, so ist der Zorn,
Und in der Mitte gar kein Bleiben:
Wer lechzet Strom zu sein, der Born
Muß kühn als Dunst von Felsen stäuben.

So alles dran! So alles drein!
Und setzt das Kleine für das Große!
Gott aber soll der Würfler sein!
Er wirft die Millionen Lose.

So alles dran! So alles drein!
Und setzt das Kurze für das Lange!
Gott aber soll der Würfler sein!
Bei dieser Schanzung seid nicht bange.

 

3.

Wo ist der Geist,
Der mildlich fleußt
In Liebessehnen?
Der Geist, der fromm und still,
Was Gott will, immer will?
Der lächelt aus Tränen?

Wo ist der Geist,
Der Tröster heißt,
Der Stolze, Freie?
Durch den der Jammer Psalm,
Speer wird der dünne Halm,
Das Lämmchen ein Leue?

Wo ist der Geist,
Vor dem vergleißt,
Was trügerisch blinket?
Der Geist des tiefsten Borns,
Aus dem die Glut des Zorns
Kein Irdischer trinket?

Dies ist der Geist,
Den fromm verheißt
Sehnsucht und Liebe.
Geh auf, o Morgenstern!
Komm! Funkle, Geist vom Herrn!
Komm! Funkle mir, Liebe!

 

Trostlieder.

1819.

 

1.

Ich sah mich um nach Wehr und Stahl –
Denn für die Löwen spielen Affen –
Ich suchte einen Donnerstrahl,
Dem trüben Himmel Licht zu schaffen;
Nach einem Schlichter sah ich aus,
Nach einem Mächtigen und Starken,
Zu strafen und zu kehren aus
Die Lüge aus des Reiches Marken.

Denn alles ist aus Rand und Band,
Aus allen Fugen schier gewichen,
Und Heuchelei mit Prunk und Tand
Kommt trippelnd übers Land geschlichen;
Viel tausend Larven hat sie mit,
Viel tausend gaukelndes Gesindel,
Das hemmt des Lebens graben Schritt
Und dreht des Unheils schwarze Spindel.

Wo bist du, alter stolzer Geist
Des Volkes vom Teutonenstamme?
Wo bist du, Sturm, der Trug zerreißt?
Wo bist du, alte deutsche Flamme?
Wo ist der Mann aus Fels und Stahl,
Der dieses leere Nichts mag wenden?
Wo ist der Luther, mit dem Strahl
Des Himmels in gewalt'gen Händen?

Wenn er wo lebt, heran, heran!
Es will die Finsternis sich lagern,
Dem alten deutschen Riesenmann
Das Mark aus dem Gebein zu magern;
Es zischt und pfeift im süßen Ton
Das dunkle gauklische Geschwader:
»Du krankst an Stärke, lieber Sohn!
Du darfst der Schröpfer und der Bader.«

Wenn er wo lebt, heran, heran!
Das hohle Ungetüm zu meistern;
Mit allen Waffen frisch heran!
Mit allen Lichtern, allen Geistern!
Mit allem her, was streiten kann!
Es liegt die matte Welt in Nöten;
Denn mit der Lüge steht voran
Der Wicht, der auch kann Seelen töten.

 

2.

Und hast du alter, treuer Gott
Die Welt nun gar verlassen,
Und machst dein Heil zum Narrenspott,
Zum Spott von Satans Sassen,
Daß freche Lüge hoch stolziert
Und ruft: Seht, was die Welt regiert.

O nein! O nein! Und aber nein!
Die Welt ist unverlassen!
Mit Sonnenschein und Mondenschein
Geht Gott die alten Straßen.
Du hast sein Wort, sein Recht, sein Licht:
Gebrauch sie wohl, so fehlt dir's nicht.

O nein! O nein! Und aber nein!
Hast du den rechten Glauben,
So mag dir Lug und Lügenschein,
Gewalt und List nichts rauben;
Doch wenn das Rechte dir gebricht,
Dann wirst du leicht der Wichte Wicht.

O nein! O nein! Und aber nein!
Hast du die rechte Treue,
So tritt ein Streiter für dich ein
Und streitet wie ein Leue;
Ein Unsichtbarer ohne Ort,
Ein Allenthalber hier und dort.

Drum dreimal nein! Und aber nein!
Mit diesen sollst du's wagen.
Er wird, wie Sturm das Laub im Hain,
Die Lügenschar zersägen.
Der Unsichtbare ohne Ort –
Vernimm das Wort! – er heißt das Wort.

Drum dreimal nein! Und aber nein!
Laß alle Stürme blasen!
Laß alle Wetter lustig sein
Und wirbeln, reißen, rasen!
Gehst du den Weg, den graden Weg,
So kommt auch Gottes Trost nicht schräg.

Drum dreimal nein! Und aber nein!
Laß alle Wogen brausen!
Laß Donnerschlag und Blitzesschein
Die düstre Nacht durchsausen.
Gehst du den Pfad, den graden Pfad,
So kommt auch Gottes Hilfe grad.


 << zurück weiter >>