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Gruß an die Gräfin Charlotte Schwerin,

geborene Gräfin von Putbus, auf Schloß Husby in Ostgotland.

1817.

Die Gemahlin des Grafen Philipp von Schwerin, des Freundes A.s, war Ulrike Wilhelmine, geborene Gräfin zu Putbus, vermählt 1780, gestorben 1843. A. verwechselt hier die Vornamen; eine Gräfin Charlotte ist die Schwester des genannten Grafen Philipp.

Es fliegt ein süßer Klang herab vom hohen Norden,
Und der Magnet in mir dreht gleich sich nordenwärts.
Gewiß ich bin daher recht lieb gegrüßet worden,
Drum wallet mir die Brust in Sehnsucht und in Schmerz.

O Klang, du klingst gewiß vom Lande tapfrer Goten
Von Husbys hohem Sitz, von Husbys Paradies,
Da hat ein deutsches Herz mir deutschen Gruß entboten,
Das Herz, des Zeiger stets nach Süden richtig wies.

Das Herz, das nie vergaß das traute Heim der Ahnen,
Wo Rügens Lieblichkeit das blaue Meer umschlingt,
Das Herz, das in die Lust der jauchzenden Germanen
Der Freiheit Wonnelied im hellsten Jubel singt.

Ja, Herz von fester Treu, in dir hat hell gesungen
Von deutscher Siege Lust die deutsche Nachtigall,
Und über Land und Meer ist zu mir hergeklungen
Zu meinem Rhein hinab des Geistes Wunderschall.

O Dank dir, edles Herz! Als ich, von Gram verdunkelt,
Mit meinem Schmerz allein an Mälarns Wassern ging,
Wie licht hat mir aus dir der Hoffnung Stern gefunkelt,
Als das Verhängnis schwer um Deutschlands Gaue hing!

O Dank dir, edles Herz, auch Dank dir, Land der Goten,
Daß ihr den fremden Mann mit Liebestreu umfingt.
Drum fliegen ewiglich des Busens schnelle Boten,
Worin Erinnrung süß der Sehnsucht Glocken ringt.

Hier sitz' ich nun am Rhein im Lande edler Reben,
Vor mir die Herrlichkeit der Berge stolz und hehr,
Doch flöge gern mein Geist mit jedes Vogels Schweben
Gleich mit mir fort, wär' ihm der Ballast nicht zu schwer.

Hier sitz' ich nun am Rhein, und wie die Wellen fließen,
so träum' ich mir so oft die holde Möglichkeit,
Daß sie an Husbys Strand dich einst mit Wehmut grüßen;
Ihr Rollen gleich dem Geist durchrollt Unendlichkeit.

O die Unendlichkeit! Das Fliegen und das Rollen
Der Liebe für und für! Der zarte Geisterhauch!
Das bleibet uns allein; das Sehnen und das Wollen,
Das Erde sehnt und will, zerfliegt wie dünner Rauch.

O die Unendlichkeit! Der schnelle Falkenflügel!
Da ist nichts nah und fern, da ist die Ewigkeit,
Das ist das feste Wort, das ist uns Brief und Siegel,
Daß in dem Diesseits ist kaum Tröpflein unsrer Zeit.

Drum schwing, mein Vogel, dich und laß die Flügel klingen
Du Nordens Falke, hoch hinaus vom heil'gen Rhein!
Der holden Freundin sollst du schönste Grüße bringen:
Die Berge stehen still, der Geist kann Vogel sein.


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