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An Charlotte Pistorius.

Charlotte Pistorius, Tochter des Superintendenten Pritzbuer in Garz, vermählt mit dem Magister und späteren Superintendenten Pistorius.

1817.

So sind uns die Tage,
Die stillen, vergangen?
Erst rührt sich die Klage
Und dann das Verlangen,
Die Sehnsucht, daß bliebe,
Was doch muß verschwinden:
's will immer die Liebe
Behalten, verbinden.

Doch reißt in die Fernen
Das irdische Leben;
Auf seligen Sternen
Ist zarteres Schweben
Und leichteres Kommen
Und leichteres Gehen:
Drum wohnen die Frommen
In himmlischen Höhen.

Hier aber ist's Wanken
Von Freuden zu Leiden,
Zu feste Gedanken,
Zu bitteres Scheiden,
Nicht leicht ist das Fassen,
Und schwer ist das Halten,
Und schwerer das Lassen
Von lieben Gestalten.

Wer deutet die Herzen,
Die leichten und schweren?
Die lieblichen Schmerzen?
Die lieblichen Zähren?
Dies Schwingen, dies Ringen
Von Freuden zu Leiden?
Dies Singen und Klingen
Von Kommen und Scheiden?

Nur Er, der die Bahnen
Des Sternenalls schwinget,
Versteht, was in Wahnen
Des Busens erklinget,
Was schöneres Werde!
In Tränen verkündet
Und Himmel und Erde
Im Sehnen verbindet.

Doch will ich die Träume,
Die flüchtigen, halten,
Die sprießenden Keime
Von höhern Gestalten;
Doch will ich die Schatten
Des Himmels begrüßen,
Und sollten dem Matten
Sie stündlich zerfließen.

So flieht nur, ihr Tage,
Im Strudel mir hinnen!
So klinge nur, Klage,
Den sehnenden Sinnen!
So rinnet nur, Zähren,
In Freuden und Leiden!
Dort über den Sphären
Wird einer es deuten.

Die irdische Sonne
Muß ewig versinken,
Damit wir die Wonne
Der himmlischen trinken;
Der Leib muß im Sande
Der Erde zerstieben,
Damit ohne Bande
Wir haben und lieben.


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