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Das Lied vom Siegerich.

Prinz Heinrich Viktor (Siegerich) von Neuwied, geb. 1782, 1805 und 1809 als österreichischer Offizier in französischer Gefangenschaft, kämpfte 1810 in Spanien gegen die Franzosen und fiel am 27. Januar 1812 in dem Treffen bei St. Felio de Codinos.

1817.

Von Freiheit will ich klingen –
Das ist der höchste Klang –
Von Freiheit will ich singen
All, all mein Lebenlang,
Daß mächtig ihr Geläute
Die kühnen Herzen weckt
Und für die schönste Beute
Der Tugend Sehnen streckt.

Auch klingt mein Lied von denen,
Die Stolz auf Recht und Gott
Und hohes Herzenssehnen
Gelockt in edlen Tod,
Die ritterlich verblutet
Das Leben jung und schön,
Getrieben und gemutet
Durch das, was wir nicht sehn.

Denn das, was wir nicht sehen
Heißt Gott und Vaterland,
Die Freiheit in den Höhen,
Ein unsichtbares Land,
Geliebt, geschaut im Glauben,
Im stillen frommen Mut,
Durch keine List zu klauben,
Weil's ist ein hehres Gut.

Von hohen Bergen fließet
Ein Flüßlein in den Rhein,
An dessen Ufern sprießet
Ein Knabe fromm und fein
Aus altem Heldenstamme,
Mit Welschen nie im Kauf:
Drum schlägt auch edle Flamme
Aus Stamm und Wurzeln auf.

Das Flüßlein, welches fließet
Zum Rheine, heißt die Wied,
Der Knabe, welcher sprießet
Am Flüßchen, heißt Neuwied.
Sie haben ihn genennet
Den Viktor Siegerich:
Der stolze Name brennet,
Auf Taten schickt er sich.

Er hatte seinen Weiser –
So galt es im Geschlecht –
Zu dienen Deutschlands Kaiser,
Das deucht ihm Pflicht und Recht;
Wo deutsche Fahnen wehen,
Wo deutsche Losung schallt,
Da muß der Siegrich stehen,
Da treibt's ihn mit Gewalt.

So zog in Franzens Schlachten
Er zweimal fröhlich aus,
Doch ach! Die Männer brachten
Den Sieg nicht mit nach Haus;
Da hat die welsche Rotte,
Kühn durch des Teufels Macht,
Den Spruch vom deutschen Gotte
Bei vielen klein gemacht.

Auch Siegerich den Jungen
Hat da das welsche Glück
Verwundet und bezwungen –
Das deutsche wich zurück –
Er kam in böse Bande
Gen Straßburg an dem Rhein;
Da beweint' er deutsche Lande
Verwelscht und deutschen Wein.

Er mußt' in Kerkers Mauern
Der trüben Monde drei
Versehnen und vertrauern,
Da war der Kampf vorbei:
»Die Schwerter und die Lanzen,
Ihr Krieger, steckt sie ein!
Ihr sollt zur Hochzeit tanzen,
Das soll der Friede sein.«

» O Friede, schnöder Friede!
Wie bist du ehrensiech!
Ist das der Schluß vom Liede?
Viel besser wäre Krieg
So klingt im deutschen Lande
Ringsum der Jammerschall:
» Wir tragen schwer die Schande,
Ihr springt den Hochzeitball

Nun steht der Kerker offen
Dem Viktor Siegerich,
Doch hin ist Lust und Hoffen,
O Vaterland, für dich;
Noch gibt die alte Sonne
Dir Licht und Lebenschein,
Doch weh! Der Freiheit Wonne
Und Stolz ist nicht mehr dein.

Er sieht die Welschen meucheln
Die Ehre und das Recht,
Er sieht die Fürsten heucheln
Und schmeicheln gleich dem Knecht,
Er sieht in Diademen
Den neuen Sklavenprunk,
Wie sie sich übernehmen
In Babels Hurentrunk.

Er hört die Hochzeit schallen
Von Habsburgs edlem Sproß,
Hört auf den Hofer knallen
Das feige Mordgeschoß:
In Wien erklingt der Reigen;
In Mantua knallt der Schuß,
Wodurch zur Gruft sich neigen
Der beste Deutsche muß.

Da hat's ihn weggetrieben,
Da war die Freude tot,
Er wäre nicht geblieben
Um alles Goldes Bot,
Um Zepter und um Kronen,
Die nicht die Ehre weiht:
Er muß mit solchen wohnen,
Wo Freiheit kämpft den Streit.

Er muß mit solchen stehen,
Die mit der Freiheit stehn,
Drum läßt er Wimpel wehen,
Die hin nach Westen sehn,
Nach Spanien hin, nach Westen –
Es klingt daher so schön –
Da will er mit den Besten
Den welschen Trug bestehn.

Nach Spanien will er reisen,
Ins stolze Wunderland,
In Spanien will er weisen
Deutsch Herz und deutsche Hand;
Nach Spanien will er reisen,
Der Freiheit Heim und Haus,
Da hofft sein gutes Eisen
Auf manchen welschen Strauß.

So haben ihn die Wogen
Und Winde und Gewalt
Des Herzens fortgezogen,
Wo Krieg um Cadix schallt;
Da blüht ihm erste Freude
Nach langer trüber Zeit,
Sein Schwert fährt aus der Scheide,
Sein Fuß fliegt in den Streit.

Und wohl, wohl ist's gelungen
Dem Eisen und dem Fuß,
Daß unter ihm bezwungen
Manch Welscher bluten muß;
Auf Andalusiens Feldern,
Da trat er rote Spur,
Aus der Pyrene Wäldern
Bedräut er Welschlands Flur.

So in zwei schönen Jahren –
O stolzer Freiheitskampf! –
Ist er hindurchgefahren,
Der Welschen Schreck und Dampf;
Sie sahn sein Eisen blitzen,
Sein Auge blitzte mehr,
Stets flog er an den Spitzen,
Der Vordermann im Heer.

So ist er einst geflogen
Gleich Himmelsflammen wild
Auf roten Schlachtenwogen,
Der Katalanen Schild,
Hat mit den roten Wogen
Die Feinde weggespült:
Da ist von Gottes Bogen
Der Pfeil auf ihn gezielt.

Da deckt, vom deutschen Lande,
Von deutscher Liebe fern,
Der Hasser welscher Schande,
Der deutschen Fürsten Stern,
Der Preis der deutschen Jugend,
Der junge, grüne Held,
Das fromme Bild der Tugend,
Erblaßt das fremde Feld.

Da ist der Held gefallen
In jenem großen Jahr,
Als des Tyrannen Wallen
Gen Moskau schaurig war;
Er hat nicht mehr gesehen,
Was seine Seele rang,
Das Vaterland erstehen
Aus Jammers Überschwang.

Doch ist er auch gestorben
Fürs deutsche Vaterland
Und hat den Kranz erworben,
Der Ehre schönstes Pfand,
Den Kranz, wodurch die Freien
Im Himmel herrlich stehn,
Die gegen Tyranneien
Durch Feuer und Eisen gehn.

Drum schreibt die deutsche Treue
Mit goldnem Strahlenschein
Dich, kühner Schlachtenleue,
In ihre Tafeln ein;
Solang' in festen Kreisen
Noch Mond und Sonne reist,
Wird man dich, Siegrich, preisen,
Wo man die Freiheit preist.

Von Freiheit muß ich klingen –
Das ist der höchste Klang –
Und ihre Glocken ringen
All, all mein Leben lang.
Drum hab' ich auch gesungen
Vom Siegerich die Mär,
Die weit und breit erklungen
Ist über Land und Meer.


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