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Übertragung von A. v. Keller

Giovanni Francesco Straparola

Die ungetreue Polissena

Die Stadt Venedig, durch die Anordnung ihrer Obrigkeiten höchst edel, reich an verschiedenen Arten von Leuten und glücklich durch ihre geheiligten Gesetze, liegt am Ende des Meerbusens des adriatischen Meeres und heißt die Königin der andern Städte, die Zuflucht der Unglücklichen, die Unterkunft der Unterdrückten; sie hat das Meer zur Mauer und den Himmel zum Dache; und wiewohl nichts dort wächst, so ist doch eine Fülle vorhanden, wie sie für eine große Stadt paßt. In dieser edeln, großartigen Stadt nun befand sich in früherer Zeit ein Kaufmann, mit Namen Dimitrio, ein rechtschaffener braver und frommer Mann, aber aus niederem Stande. Da er sehr wünschte, Kinder zu bekommen, nahm er eine liebenswürdige artige Jungfrau zur Ehe, Namens Polissena, welche so heiß von ihm geliebt wurde, daß niemals noch ein Mann sein Weib so sehr liebte, als er sie. Sie kleidete sich so prächtig, daß außer den Edelfrauen ihr an Kleidern, Juwelen und großen Perlen es keiner zuvortat. Dabei hatte sie Überfluß an den feinsten Speisen, die, da sie für ihre niedrige Herkunft nicht paßten, sie üppiger und zärtlicher machten, als sie sonst geworden wäre. Dimitrio, der schon früher viele Seereisen gemacht hatte, beschloß mit Waren nach Zypern zu gehen, bestellte und versah das Haus reichlich mit Lebensmitteln und allem, was in ein Haus gehört, ließ seine liebe Frau mit einer jungen kugelrunden Magd allein und nahm von Venedig Abschied, um seine Reise anzutreten. Polissena, welche sich dem Wohlleben und der Üppigkeit ergab, fühlte sich sehr kräftig und konnte den scharfen Stachel der Liebe nicht länger ertragen; faßte daher einen Geistlichen ihres Kirchspiels ins Auge und verliebte sich heftig in ihn. Er war jung und nicht minder einnehmend als schön, und gewahrte eines Tages, daß Polissena ihn mit Liebesblicken verfolgte. Ihr Aussehen gefiel ihm, ihre Person schien ihm reizend und er bemerkte, daß sie alle Vorzüge des Äußeren besitze, die zu einer schönen Frau gehören; deshalb fing er denn an, sehr emsig sie insgeheim zu beliebäugeln, und ihre treuen frommen Seelen erfüllten sich so mit wechselseitiger Liebe, daß in kurzem Polissena den Pfaffen ungesehen ins Haus führte, um ihren Lüsten zu fröhnen. Dieser Liebeshandel dauerte in aller Verborgenheit mehrere Monate fort und sie erneuerten oft die straffen Umarmungen und süßen Küsse, während der törichte Ehemann den Gefahren des empörten Meeres sich aussetzte. Als der Dimitrio einige Zeit in Zypern gewesen war und aus seiner Handelschaft einen sehr hübschen Gewinn gezogen hatte, kehrte er nach Venedig zurück, schiffte sich aus, ging, suchte sein Haus und fand sein liebes Weib, welches laut weinte. Auf die Frage nach der Ursache ihres heftigen Weinens antwortete sie: Teils wegen der schlimmen Zeitung, die ich erhalten, teils auch wegen übergroßer Freude, die ich über Eure Rückkehr empfinde, denn ich hatte von vielen Seiten gehört, die zyprischen Schiffe seien gesunken, und fürchtete deshalb sehr, es möchte Euch ein Unfall begegnet sein. Da ich Euch aber nunmehr durch Gottes Gnade gesund und wohlbehalten nach Hause zurückkehren sehe, kann ich vor übergroßer Freude mich nicht der Tränen erwehren.

Der arme Schelm war von Zypern nach Venedig zurückgekommen, um die Zeit einzubringen, die seine Frau durch seine lange Abwesenheit verloren hatte, und meinte, Polissenas Tränen entspringen aus heißer tiefbegründeter Liebe, die sie für ihn fühle; der Unglückliche wußte nicht, daß sie in ihrem Herzen wünschte: Wollte Gott, er wäre in den drohenden Wellen ertrunken, damit ich sicherer und ungestörter mich der Lust und dem Genusse mit meinem Liebhaber hingeben könnte, der mir so innig zugetan ist.

Es war noch kein Monat um, so ging Dimitrio wieder auf die Reise. Polissena war darüber so sehr erfreut, als sie nur sein konnte; sie ließ es ihrem Geliebten sagen, der nicht weniger als sie sehnsüchtig wartete und als die passende verabredete Stunde gekommen war, heimlich zu ihr schlich. Der Pfaffe konnte aber seine Gänge nicht so verbergen, daß er nicht von Manusso, der dem Hause seines Gevatters Dimitrio gegenüber wohnte, gesehen worden wäre. Manusso, der Dimitrio sehr liebte, weil er ein umgänglicher, dienstfertiger Mann war, hatte keinen geringen Verdacht auf die Gevatterin und gab oft und viel Achtung auf sie. Als er nun deutlich sah, daß dem Priester auf ein gewisses Zeichen und zu einer bestimmten Stunde die Türe geöffnet wurde und er ins Haus trat und unvorsichtiger, als billig mit der Gevatterin scherzte, beschloß er für jetzt stille zu sein, damit die Geschichte, die noch im Stillen blieb, nicht ruchbar würde und kein öffentliches Ärgernis entstünde; er wollte warten, bis Dimitrio von der Reise zurückkäme, damit er selbst reiflich überlege, was in der Sache zu tun sei. Als nun die Zeit seiner Heimkehr erschien, stieg Dimitrio zu Schiff, kehrte mit günstigem Winde nach Venedig zurück, schiffte sich aus, ging zu seiner Wohnung und pochte an die Türe. Die Magd ging an das Fenster, um nachzusehen, erkannte ihn, lief hinab und öffnete ihm, fast zu Tränen gerührt vor Freude. Als Polissena von der Ankunft ihres Mannes hörte, stieg sie die Treppe hinunter, lief ihm mit offenen Armen entgegen, küßte ihn und überschüttete ihn mit den größten Liebkosungen von der Welt. Und da er etwas müde war und ganz zerschlagen von der Seereise, ging er ohne Abendessen zu Bette und schlief fest ein, so daß der Tag anbrach, ohne daß er die letzten Freuden der Liebe genossen hätte. Als nun die dunkle Nacht vorüber und der helle Tag gekommen war, wachte Dimitrio auf, erhob sich aus dem Bette, ohne der Frau einen einzigen Kuß zu geben, und ging an ein Kistchen, aus dem er einige wertvolle Sachen nahm. Mit diesen kam er an das Bett zurück und übergab sie seiner Frau, welche, da ihr Anderes im Sinne lag, diese Geschenke wenig oder gar nicht beachtete. Dimitrio hatte Veranlassung, nach einiger Zeit nach Apulien zu schiffen wegen Öls und anderer Geschäfte; er sagte es also seiner Frau und schickte sich zur Abreise an. Das lustige Weib aber tat, als schmerze sie sein Weggehen, sie überhäufte ihn mit Liebkosungen und bat, er möchte doch noch ein paar Tage bei ihr bleiben, und doch war ihr ein Tag so lang wie tausend, bis er ihr aus den Augen war und sie sich mit mehr Sicherheit den Umarmungen ihres Liebhabers hingeben konnte. Manusso hatte den Priester öfters mit der Gevatterin liebäugeln, ja auch Anderes tun sehen, was sich nicht schickt zu sagen, und so schien es ihm ein Unrecht gegen den Gevatter, wenn er ihm nicht eröffne, was er seine Frau hatte tun sehen. Er beschloß daher, komme was da wolle, ihm alles zu sagen. Er lud ihn also eines Tages zum Essen ein und als sie bei Tische saßen, sagte Manusso zu Dimitrio: Lieber Gevatter, Ihr wißt, wenn ich mich nicht täusche, daß ich Euch immer geliebt habe und lieben werde, so lange der Geist diese Gebeine beherrscht, und nichts, wäre es auch noch so schwer, würde ich Euch zu Liebe unterlassen; wenn es Euch daher nicht unangenehm wäre, könnte ich Euch Dinge erzählen, die Euch freilich eher Verdruß, als Freude bereiten würden. Aber ich wage nicht, es auszusprechen, um nicht Eure heitere Stimmung zu trüben. Wenn Ihr aber klug seid, wie ich denke, und vorsichtig, so werdet Ihr die Wut zügeln, die niemand die Wahrheit erkennen läßt.

Dimitrio sagte: Wißt Ihr nicht, daß Ihr mir alles mitteilen könnt? Habt Ihr vielleicht einen umgebracht? Sagt es nur ohne Furcht! Ich, antwortete Manusso, habe niemand umgebracht, wohl aber habe ich jemanden Eure Ehre und Euern guten Namen umbringen sehen.

Redet deutlich, versetzte Dimitrio und foltert mich nicht so lange mit Euern rätselhaften Worten!

Wollt Ihr, daß ich offen mit Euch rede, sagte Manusso, so hört zu und nehmt ruhig auf, was ich Euch zu sagen habe. Polissena, die Ihr so sehr lieb und wert haltet, schläft, so lange Ihr fort seid, jede Nacht mit einem Geistlichen und lebt froh und guter Dinge.

Wie ist das möglich, rief Dimitrio, da sie mich zärtlich liebt und ich nie von ihr abreise, ohne daß sie den Schoß mit Tränen und die Luft mit Seufzern füllt; wenn ich es mit Augen sähe, würde ich es kaum glauben!

Wenn Ihr, antwortete Manusso, wie ich glaube ein Mann von Verstand seid und nicht die Augen schließt, wie viele Toren zu tun pflegen, so will ich Euch mit eigenen Augen alles sehen und mit Händen tasten lassen.

Ich bin bereit, sagte Dimitrio, alles zu tun, was Ihr mir befehlt, wenn Ihr mich sehen lasset, was Ihr mir versprochen habt.

Da sagte Manusso: wenn Ihr tut, was ich Euch sage, so könnt Ihr Euch der Sache ganz versichern. Aber bewahret das Geheimnis, zeigt Euch heiter und unbefangen, sonst verderbt Ihr, wie man im Sprichwort sagt, dem Fasan seinen Schwanz. An dem Tage, wo Ihr abreisen wollt, stellt Euch, als stieget Ihr zu Schiffe, und kommt dann so heimlich, als Ihr könnt, in mein Haus! Ich versichere Euch, ich will Euch alles mit Augen sehen lassen.

Als nun der Tag kam, da Dimitrio abreisen sollte, war er sehr zärtlich mit seiner Frau, empfahl ihr das Haus, nahm Urlaub und tat als ginge er zu Schiffe, schlich aber heimlich in Manussos Haus. Das Schicksal wollte, daß nicht zwei Stunden vorübergingen, als sich ein Sturm mit solchem Regen erhob, daß man meinte, der Himmel wolle herunterfallen, und es hörte die ganze Nacht nicht auf zu regnen. Der Geistliche, der bereits Dimitrios Abreise vernommen hatte, fürchtete weder Regen noch Wind, sondern erwartete nur die gewohnte Stunde, um zu seinem teuern Schatz zu kommen, gab das Zeichen, die Türe öffnete sich, er trat hinein und gab ihr einen süßen würzigen Kuß. Das sah Dimitrio, der an einer verborgenen Öffnung stand, und konnte nun dem nicht mehr widersprechen, was der Gevatter ihm gesagt hatte, stand also ganz erstaunt da und dann traten ihm vor gerechtem Schmerze die Tränen in die Augen.

Was dünkt Euch nun? sagte sodann der Gevatter zu Dimitrio; habt Ihr nun mit Augen gesehen, was Ihr Euch nie eingebildet hättet? Aber seid still und entsetzt Euch nicht! Wenn Ihr auf mich hört, und tut, was ich Euch sage, so werdet Ihrs noch besser sehen. Zieht diese Kleider aus, nehmt die Lumpen eines Bettlers, legt sie an, verschmutzt Euch Hände und Gesicht, verändert Eure Stimme, geht nach Hause und stellt Euch an als armer Mann, der eine Nachtherberge begehrt. Die Magd wird vielleicht, wenn sie das rauhe Wetter sieht, sich zum Mitleid rühren lassen und Euch aufnehmen; dann könnt Ihr leicht mit ansehen, was Ihr nicht gerne sehen mögt.

Als Dimitrio dies hörte, zog er sich aus und legte die Lumpen eines Bettlers an, der eben in das Haus trat, um ein Unterkommen zu suchen. Während es immer heftig regnete, ging er dann an die Türe seines Hauses, pochte dreimal an, jammerte und seufzte heftig. Die Magd kam ans Fenster und sprach: Wer pocht da unten?

Mit zitternder Stimme antwortete er: Ich bin ein armer alter Mann, ich triefe ganz von Regen und bitte um Herberge für diese Nacht.

Die Magd, welche nicht minder erbarmungsvoll gegen die Armen war, als ihre Herrin gegen den Priester, lief zu der Frau und bat sie dringend zu erlauben, daß ein armer Bettler ganz durchweicht und gebadet vom Regen sich im Hause aufhalten dürfe, bis er gewärmt und getrocknet sei. Er kann Wasser tragen, den Spieß drehen und das Feuer schüren, daß die Hähne um so schneller gebraten werden. Unterdessen kann ich die Pfanne überhängen, die Schüsseln rüsten und anderes in der Küche besorgen.

Die Frau war einverstanden und die Magd öffnete die Türe. Sie rief ihn herein, ließ ihn sich ans Feuer setzen und während der Arme den Bratspieß drehte, gaben sich der Priester und die Frau im Zimmer ihrer Lust hin. Dann kamen beide, sich an der Hand führend, in die Küche, grüßten den Armen, und da sie ihn so garstig beschmiert sahen, spotteten sie ihn aus. Die Hausfrau trat zu ihm und fragte ihn, wie er heiße.

Madonna, antwortete er ihr, ich heiße Gramotiveggio d. h. Traurig – seh – ich – dich.

Als die Frau diesen Namen hörte, begann sie zu lachen, daß ihr die Zähne hätten ausfallen sollen. Dann umarmte sie den Priester und sagte: Komm, liebes Herz, laß mich dir einen Kuß geben!

Und vor den Augen des Bettlers drückte sie ihn fest an sich und küßte ihn. Da mag sich jeder selbst vorstellen, in welcher Stimmung der Ehemann war, als er sah, wie seine Frau und der Priester einander umarmten und küßten. Als die Stunde des Abendessens kam, deckte die Magd den Liebenden den Tisch, kehrte dann in die Küche zurück und plauderte mit dem Alten.

Mein lieber kleiner Paris, sagte sie, meine Gebieterin hat einen Mann, rechtschaffen, wie nur irgend einer im Lande, und der läßt es ihr an nichts mangeln. Weiß Gott, wo der arme Schelm in dem schlimmen Wetter jetzt ist. Die Undankbare aber denkt nicht an ihn und noch weniger an ihre Ehre, denn sie hat sich von Wollust blenden lassen, hat einen Liebhaber angenommen und verschließt jedem außer ihm, das Haus. Kommt nur her, wir wollen leise an die Kammertüre treten und sehen, was sie machen und wie sie essen.

Sie gingen an die Türe und sahen, wie sie einander die Bissen in den Mund steckten und Liebesgespräche führten. Als die Schlafenszeit kam, gingen sie zu Bette, scherzten und freuten sich miteinander und waren in ihrem Treiben so ungezwungen und laut, daß der Bettler, welcher im anstoßenden Zimmer lag, alles verstand. Der arme Schelm tat kein Auge zu die ganze Nacht; aber als es Tag wurde, stand er schnell auf, dankte der Magd für die Menschenfreundlichkeit, die sie ihm bewiesen, nahm Abschied und ging, ohne von jemand gesehen zu werden, in das Haus Manussos seines Gevatters.

Gevatter, sprach dieser lächelnd, was macht das Handwerk? Habt Ihr wohl gefunden, was Ihr nicht finden wolltet?

Ja freilich, sagte Dimitrio, und ich hätte es nie geglaubt, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte. Doch Geduld! So will es nun einmal mein hartes Los.

Manusso sagte: Gevatter, ich bitte Euch, tut, was ich Euch sage. Steht frühe auf, nehmt Eure Kleider und zieht sie an und geht, ohne einen Augenblick zu verlieren, nach Hause, tut als habt Ihr wegen des Gewitters nicht fortkommen können, und gebt acht, daß Euch der Priester nicht entwische! Wenn Ihr im Hause seid, wird er sich irgendwo verstecken und seinen Schlupfwinkel nicht verlassen, bis er mit Bequemlichkeit hinauskann. Ihr schickt unterdessen nach den Verwandten der Frau, daß sie Euch zum Essen kommen, und wenn Ihr den Priester im Hause findet, so fangt mit ihm an, was Ihr wollt.

Dimitrio gefiel der Rat seines Gevatters Manusso wohl, er zog die Lumpen aus, legte seine eigenen Kleider an, ging an sein Haus und pochte an die Türe. Als die Magd sah, daß es der Herr sei, lief sie schnell in das Schlafzimmer der Frau, welche noch mit dem Priester im Bette lag. Madonna, rief sie, der Herr kommt zurück.

Als die Frau dies hörte, erschrak sie nicht wenig, stand auf, so schnell sie konnte, und verbarg den Priester, der im Hemde war, in einer Kiste, in welcher sie ihre Staatskleider verwahrte. Dann lief sie, einen Pelzrock umwerfend, barfuß hinunter und machte ihm auf.

Ach, mein lieber Mann, rief sie, seid willkommen! Ich habe aus Liebe zu Euch gar kein Auge zutun können, da ich immer an den heftigen Sturm denken mußte. Aber Gott Lob, daß Ihr nun wohlbehalten zurück seid.

Dimitrio trat in das Zimmer und sagte zu seiner Frau: Polissena, ich konnte heute Nacht wegen des bösen Wetters gar nicht schlafen; ich möchte mich jetzt gerne ein wenig niederlegen; aber so lange ich schlafe, soll die Magd zu deinen Brüdern gehen und sie in unserem Namen einladen, heute mit uns zu speisen.

Nicht heute, sagte Polissena, aber auf einen andern Tag mögt Ihr sie einladen, denn heute regnet es und die Magd hat zu tun mit Bügeln unserer Hemden Leintücher und der übrigen Wäsche.

Morgen ist vielleicht besseres Wetter, sagte Dimitrio, dann muß ich abreisen.

Ihr könntet auch hingehen, sagte Polissena, und wenn Ihr zu müde seid, ruft unserem Gevatter Manusso da drüben, der wird es Euch zu Gefallen tun.

Du hast recht, sagte Dimitrio. – Man ließ Manusso rufen, er kam und führte den Auftrag aus. So kamen denn Polissenas Brüder zu Dimitrio und speisten heiter zusammen. Als die Tafel aufgehoben war, sagte Dimitrio: Liebe Schwäger, ich habe Euch noch nie das Haus gezeigt und die Kleider, die ich Eurer Schwester Polissena meiner Frau machen ließ; darum seid so gut und seht, wie gut sie es bei mir hat. Komm, Polissena! Zeigen wir deinen Brüdern ein wenig das Haus!

Sie standen auf, Dimitrio zeigte ihnen die vollen Vorratskammern von Holz, Getreide, Öl, Spezereien, dann volle Fässer mit Malvasier, griechischen und andern köstlichen und ausgezeichneten Weinen. Darauf sagte er zu der Frau: Zeige ihnen deinen Anhänger und die dicken weißen Perlen! Nimm aus diesem Kästchen die Smaragde, die Diamanten, die Rubine und anderen Juwelen! Was dünkt Euch nun, ihr Schwäger? Hat es Eure Schwester nicht gut?

Alle antworteten: Das wußten wir wohl und hätten wir nicht Euern Wohlstand und Eure Gesinnung gekannt, so hätten wir Euch unsere Schwester nicht zur Frau gegeben.

Damit nicht zufrieden, befahl er ihr, die Kisten aufzumachen und ihnen ihre mannigfaltigen schönen Kleider zu zeigen. Aber Polissena zitterte am ganzen Leibe und sagte: Was brauche ich die Kisten aufzumachen und ihnen meine Kleider zu zeigen? Wissen sie denn nicht, daß Ihr mich anständig gekleidet habt, ja weit über unseren Stand?

Aber Dimitrio sprach fast zornig: Mache diese Kiste auf! Mache die andere auf!

Und er zeigte ihnen die Kleider. Nun war nur noch eine einzige Kiste zu öffnen übrig. Dazu wollte sich aber der Schlüssel nicht finden, denn darin war der Priester verborgen. Als nun Dimitrio sah, daß der Schlüssel nicht zu bekommen war, nahm er einen Hammer und klopfte damit so lange, bis das Schloß zerbrach und die Kiste aufging. Der Pfaffe zitterte am ganzen Leibe vor Furcht, wußte sich aber nicht so zu verstecken, daß ihn nicht alle erkannten. Als Polissenas Brüder dies sahen, erschraken sie sehr und entbrannten so von Zorn und Wut, daß wenig fehlte, so hätten sie beide mit den Dolchen, die sie an der Seite trugen, erstochen. Dimitrio litt es aber nicht, daß sie ihn umbrachten, denn er hielt es für niederträchtig, einen Mann im Hemde zu töten, wenn er auch noch so stark sei. Aber er wandte sich zu den Schwägern und sagte: Was dünkt Euch von diesem gottlosen Weibe, auf das ich einst alle meine Hoffnung gesetzt habe? Verdiene ich von ihr solche Ehre? Du unseliges gottverlassenes Weib, was hält mich ab, dir die Adern durchzuschneiden?

Die Schändliche konnte sich nicht weiter entschuldigen und schwieg, als ihr Mann ihr ins Gesicht sagte, was er in der vorigen Nacht getan und gesehen hatte: Da konnte sie nicht mehr leugnen. Dann wandte er sich an den Pfaffen, der mit gesenktem Haupte dastand, und sagte: Nimm deine Kleider und mach daß du fortkommst! Geh zum Henker und laß dich nicht wieder bei mir blicken! Ich gedenke nicht wegen eines verbrecherischen Weibes meine Hände mit geweihtem Blute zu besudeln. Mache dich schnell auf! Was zögerst du?

Ohne den Mund zu öffnen, lief der Pfaffe weg; es war ihm, als spüre er Dimitrio und die Schwäger mit ihren Dolchen hinter sich. Dann wandte sich Dimitrio zu den Schwägern und sagte: Führt Eure Schwester hinweg, wohin es Euch beliebt! Sie soll mir nicht mehr unter die Augen kommen.

Die Brüder waren kaum mit ihr nach Hause gekommen, so brachten sie sie ums Leben. Als Dimitrio dies hörte, bedachte er, wie schön seine Magd sei, und erinnerte sich, wie mitleidig sie sich gegen ihn erwiesen; daher nahm er sie zu seinem lieben Weibe. Er schenkte ihr alle Kleider und Juwelen von seiner ersten Frau und lebte mit ihr lange glücklich und in Frieden.

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