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Übertragung von A. v. Keller

Francesco Maria Molza

Schlimmer und schlimmer!

In Parma, einer sehr berühmten Stadt in der Lombardei, lebte vor nicht langer Zeit ein Wollkrämpler des Namens Ginese, und weil er von Mantua abzustammen behauptete, gab man ihm den Beinamen, der Mantuaner. Da sich dieser nun einsam fühlte, dabei im Verhältnis zu seinesgleichen wohlhabend war, entschloß er sich, ein Weib zu nehmen, und da ihm eine Nachbarin gefiel, wußte er, obwohl schon etwas bei Jahren, so geschickt um sie herumzuschwänzeln, daß er seinen Wunsch erreichte. Er heiratete sie so schnell wie möglich und führte sie heim mit ihrem Sohne, der Ghedino hieß und etwa achtzehn Jahre alt war; die Frau hatte ihn von einem früheren Gatten. Der Mantuaner begann, um seine Familie zu erhalten, mit dem Mitgebrachten seiner Frau Handel zu treiben, war hierin so tätig, daß er bei seiner Geschicklichkeit in seinem Handwerk froh und heiter leben und sich gute Tage machen konnte. Als er nun sah, daß es ihm in allen Stücken nach Wunsch ging, dachte er darauf, wenn sich Gelegenheit böte, auch seinem Stiefsohn Ghedino ein Weib zu geben, dann könnten sie alles mit der Mitgift von dessen Frau zusammenwerfen, ihren Wohlstand bedeutend erhöhen und mit der Zeit reich werden. Er rief ihn daher eines Tages beiseite und sprach zu ihm: Mein Sohn, wer heutzutage nicht Vermögen besitzt, der gilt für ein Vieh, der aber, der etwas hat, gilt viel; darum steht es jedermann wohl an, nicht nur zu erhalten was er hat, sondern auch, was er hat so viel als möglich zu mehren. Wie du siehst, bist du jetzt groß, darum wäre es wohlgetan, wenn du für dich und zugleich für unser ganzes Haus sorgtest, damit, wenn ich abgehe, du ohne fremde Hilfe allein imstande bist, deine Angelegenheiten zu besorgen und dein Leben zu erhalten. Um dies zu erreichen, weiß ich keinen Weg, der mir besser gefiele, als daß du dich dazu verstehst, ein Weib zu nehmen, um, versteh es recht, mit der Mitgift, die dir zufließt, und der Unterstützung, die ich andererseits dir gewähre, zu arbeiten, mit einem Erfolge, dessen bin ich sicher, daß keiner deinesgleichen hier besser steht, als du. Laß also diese meine Worte Eingang bei dir finden und nimm den Rat an, den ich dir treulich reiche!

Ghedino nahm es zur Überlegung und sagte, er sei ganz einverstanden, vorausgesetzt, daß es mit Zustimmung von Monna Moneta (so hieß seine Mutter) geschehe, denn es sei diese Heirat sein eigener Wunsch auch. Es währte daher nicht lange, so nahm er ein sehr schönes frisches und äußerst kräftiges Mädchen zur Frau, die vielleicht für sein Wesen nur allzurüstig war. Nach der Hochzeit war er sorgfältigst bemüht, den Unterweisungen seines Stiefvaters nachzukommen. Während er nun täglich in die Bude ging und es sich sauer werden ließ, geschah es, daß der Mantuaner dermaßen mit dem Weibe Ghedinos vertraut wurde, daß er dachte, wenn ihm dieser seine Geschäfte abnehme, so dürfe er das junge Weib nicht unter der Abwesenheit des Gatten zu sehr leiden lassen; nahm sich daher vor, nach Leibeskräften die Lücke auszufüllen, die diese Frau seiner Meinung nach fühlen müsse. Er übertrug ihm daher jeden Tag neue Geschäfte und nötigte ihn damit, sich möglichst lange vom Hause entfernt zu halten; namentlich veranlaßte er ihn, morgens in aller Frühe aufzustehen. Der Mantuaner trieb diesen Handel schon eine gute Weile, bis einer kam und dem Ghedino ins Ohr raunte: Ghedino, ich weiß nicht, wie du dich wohlfühlen kannst, da du eine junge Frau hast, die so ganz frisch in dein Haus gekommen, und du dich so oft von ihr entfernst, zumal in der Zeit, welche die Männer dem Vergnügen der Weiber widmen sollen. Was würdest du machen, wenn sie, am Morgen so frühe von dir im Stich gelassen, sich an einen wendet, der ihr besser Gesellschaft leistet, als du?

Bei alledem schöpfte der Strohkopf noch keinen Verdacht, fuhr vielmehr in der angegebenen Weise fort und ließ dem Mantuaner allen Spielraum, das zu erreichen, was er so sehnlich wünschte; nämlich teils durch den beständigen Ärger, den ihr ihr fahrlässiger Mann verursachte, teils durch die Bequemlichkeit und geschickte Gelegenheit, die er selbst ihr bot, das schöne Weibchen seinen Wünschen fügsam zu machen. So stellte er sich denn auch einmal nach der zwischen ihnen getroffenen Verabredung gegen Monna Moneta ganz tiefsinnig und nachdenklich und erklärte, er müsse in Geschäften von großer Wichtigkeit ausgehen. Sobald er daher merkte, daß Ghedino aufgestanden war, erhob er sich von der Seite der Monna Moneta, die nichts davon ahnte, und schlich sich heimlich an die Seite der jungen Frau, die in einem anderen Zimmer nicht weit von dem ihrigen schlief. Der Zufall wollte, daß an diesem Morgen Ghedino in der Eile ein paar Kardätschen vergessen hatte, die er den Tag zuvor neu gekauft; auch hatte er die alten nicht mitgenommen. Er bemerkte seine Vergeßlichkeit erst, als er mit leeren Händen an seiner Bude ankam, lief daher schnell zurück, öffnete die Haustür leise, kam, ohne von einem Menschen gehört zu werden, geraden Wegs an seine Stube, und trat ein, weil er sie ganz gut zu öffnen wußte und der törichte Mantuaner nicht so gescheit gewesen war, sie auf eine Weise zu schließen, daß man nicht öffnen konnte. Ohne sich zu rühren oder zu rufen, sah er denn so klar wie der Tag, welches Erbarmen der Mantuaner mit seinem Weibe hatte, um deren willen er den Acker der Monna Moneta zu pflügen unterließ, um einen fremden zu bepflanzen, nur aus dem mildherzigen Erwähnen heraus, daß die junge Frau nicht an Langeweile litte. Es schien ihm zwar nicht recht, sie zu stören, aber doch konnte er sich nicht enthalten, einen großen Lärm zu machen. Während er nun mit dem Stiefvater sich zankte, öffnete das junge Weib, da sie sich nicht anders zu raten wußte, aus Furcht, das Wetter möchte zumeist über ihren Kopf kommen, ein Fenster, das auf die Straße ging; und da es nicht hoch war, sprang sie hinaus, was auch leicht und ohne alle Verletzung vonstatten ging. Sie machte sich daher auf und eilte von dannen. Kaum war sie jedoch einige Schritte gegangen, so suchte sie Schutz in einem Nachbarhaus, das eben offen stand, denn sie meinte, der arme Schelm, ihr Mann, sei ihr immer auf den Fersen. Sie wußte sonst nirgends hin und suchte nur, sich so tief innen als möglich zu verstecken. Da kam sie zufällig an die Tür eines Zimmers, in welchem ein artiger und heiterer Jüngling ganz allein schlief, der Galeazzo Garimberti hieß, schon seit mehreren Monaten ihr den Hof gemacht und auf alle Weise ihre Neigung für ihn zu entzünden gesucht hatte, ohne je zu einem Ziele zu gelangen und wieder einigen Frieden zu erreichen. Es war ihm, als höre er Tritte wie von einem, der eilig läuft; er stand schnell auf, um zu sehen was es sei, und kaum hatte er die Türe des Zimmers geöffnet, als das junge Weib voll Angst und zitternd sich ihm in die Arme warf. Der Jüngling erkannte sie gleich und da er sie so im Hemd viel schöner sah, als er sie sich hatte vorstellen können, sich überdies nicht denken konnte, was das heiße, nahm er sie, legte sie sanft auf das Bett und fragte sie mehrmals umsonst nach der Ursache ihres Kommens. Er meinte daher, es sei Zeit, sie mit etwas anderem, als mit Worten zu trösten, und da nun sein Glücksfähnchen lustigen Stand hatte, setzte er sich, ohne ein Wörtchen weiter zu verlieren, in den Besitz dessen, was soeben dem Mantuaner war streitig gemacht worden. So sehr Ghedino mit seinem Stiefvater im Feuer war, bemerkte er doch, was sein Weib tat; es faßte ihn daher das größte Mitleid mit ihr und ohne weiter Zeit zu verlieren, eilte er hinaus, um zu sehen, was aus ihr geworden sei. Da er sie aber nicht auf der Straße fand, auch keine andere Tür offen sah, als die, in welche sie wirklich eingetreten war, folgte er ihr dahin nach, um zu erkunden, ob sie hier hereingekommen sei, denn er bildete sich wohl ein, daß sie so barfuß, und im Hemd wie sie war, nicht weit geflohen sein könne. Wie sie kam er auch an das Zimmer Galeazzos, fand die Tür unverschlossen, trat ein und fand das junge Paar beisammen. Ghedino, von diesem Anblick so betäubt, daß er nicht wußte ob er träume oder wache, sein Unglück so Schlag auf Schlag fallen und ihm unersetzlichen Schaden zufügen sehend an einer Stelle, wo er sich am leichtesten verletzlich glaubte, wußte gar nicht, was er anfangen sollte, floh zurück, fürchtend, wenn er schrie oder der Sache das geringste Hindernis in den Weg legte, könnte nur ein noch größeres Ärgernis daraus erwachsen, wie er doch jetzt schon, indem er den ersten verscheuchte, dem zweiten den Weg erleichtert hatte. Er dachte also, er wolle unter keiner Bedingung noch den dritten erwarten, ließ sie demnach allein und lief, soweit ihn seine Beine trugen. Galeazzo aber hatte auf dem zarten Erdreich seine erste Probe vollendet und da er nicht zum zweiten mal in seiner Ackerarbeit gestört werden wollte, schloß er die Zimmertüre, umarmte das junge Weib und bat und beschwor sie so lange, bis sie ihm zu seiner größten Ergötzlichkeit mitteilte, wie es zugegangen, daß sie um diese Stunde und in solchem Aufzug sich zu ihm begeben. Allmählich kam sie wieder zur Ruhe, sie lachten, scherzten und schalten auf die Kardätschen, Flachskanten, Hächeln und anderen Werkzeuge des Mannes und machten in freiem beiderseitigem Einvernehmen noch mehrere schöne Wettläufe zusammen. Ein paar Tage darauf leitete Galeazzo es ein, daß alle sich wieder versöhnten und Frieden schlossen, nachdem er zuvor mit dem jungen Weibe verabredet hatte, wie sie in Zukunft zusammenkommen könnten.

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