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J. P. K. Gengenbach

Kindersinn.

Ein Bächlein rieselt silberhelle,
Die Sonne spiegelt sich darin;
Halb träumend hüpfet seine Welle
Zum fernen Strome spielend hin.

Und duft'ge, bunte Blümlein neigen
Und baden sich in seiner Fluth;
Und süße Wohlgerüche steigen,
Verbreiten frohen Lebensmuth.

Ein Vöglein hüpft mit leichten Schwingen
In Blüthenzweigen her und hin.
Es läßt so laut sein Lied erklingen,
Es trägt so frommen, leichten Sinn.

Ihm dünket, all' des Frühlings Wonne
Sei nur um seinetwillen da.
Zu seiner Freude schein' die Sonne,
Und ihm nur sei der Schöpfer nah'.

Ein Blümlein sproßt in Laub und Moose
Noch ist's ein zartes Knöspchen nur;
Doch einst entfaltet sich die Rose,
Und ist die Königin der Flur.

Die Knospe blickt so still und wonnig
Im Demantschmuck von Maienthau;
Ihr glänzt die Flur so mild, so sonnig,
Ihr lächeln Himmel, Wald und Au.

Kennst du des Bächleins klare Welle?
Das Vöglein in den Zweigen drin?
Das zarte Knöspchen still und helle? –
Das ist der frohe Kindersinn.

*

Weibestreue.

Was eilest du so schnell dahin,
Du Jüngling mit dem heitern Sinn,
Was treibet dich von hinnen?
»Mein harrt zu Haus die treue Braut,
Drum eil' ich, eh' der Morgen graut,
Die Heimat zu gewinnen.«

O Jüngling eile nicht so sehr;
Sie denket dein wohl gar nicht mehr!
Ist Weibern denn zu trauen?
»Vergehen kann der Sonne Licht.
Doch meiner Edda Liebe nicht.
Auf diese kann ich bauen.«

Bedenk, vergänglich, Blumen gleich.
So sind die Frauen, zart und weich.
Sie welken schnelle, schnelle.
»O nein, mir ist's im Innern klar,
Der Brautkranz schmückt das Lockenhaar.
Noch glänzt ihr Auge helle.«

Du nimmst ja nicht des Weges wahr,
Verachtest jegliche Gefahr:
Hier hausen Molch und Drachen.
»Wenn Molch und Drache mein begehrt,
So trag' ich hier ein gutes Schwert,
Mir freie Bahn zu machen.«

Dem Drachen magst du widersteh'n –
Doch auf dich lauern, ungeseh'n,
Im Wald der Feinde Schaaren.
»Dem Herrn im Himmel trau' ich fest;
Der nie gerechte Sach' verläßt.
Wird sich mir treu erwahren.

Und sollt' ich fallen in dem Streit, –
Ich bin zum Todesgang bereit.
Gleich wie zum Hochzeitgange.
Drum zag ich und verweil ich nicht;
Mir strahlt der Liebe Sonnenlicht,
Wem wäre da noch bange?«

Und als er kam zum finstern Wald,
Da sah er sich umzingelt bald
Vom wilden Feindesheere.
Er streitet, edler Liebe werth,
Als ob ein Blitz sein gutes Schwert,
Und er ein Cherub wäre.

Die Feinde flohen scheu zurück;
Er dankte Gott und pries sein Glück,
Schritt freudeglühend weiter.
Da stand er vor dem hohen Thor,
Draus kam ein langer Zug hervor
Viel schön geschmückter Reiter.

Da nahte sich auf weißem Roß
Schön Liebchen auf dem Felsenschloß,
Den Brautkranz in dem Haare;
Und neben ihr in stolzer Pracht
Da ritt ein Herr in Fürstentracht,
Er führt sie zum Altare.

»Du Thor, was eiltest du so sehr?
Sie dachte deiner gar nicht mehr;
Ist Weibern denn zu trauen?
Zergehe nur, du Sonnenlicht;
Wenn Edda mir die Treue bricht –
Auf was noch soll ich bauen?« –

Zwei Wand'rer ziehen durch den Wald,
Es weht der Nordwind rauh und kalt.
Sie steh'n an hoher Eiche.
Da saß ein bleicher Rittersmann
Mit schmucken Kleidern angethan
Es war des Jünglings Leiche.

*

Der Geselle.

Ich hab' einen schlimmen Gesellen,
Der läuft mir immer nach;
Wie ich mich auch mag stellen,
Er folgt mir den ganzen Tag,
Nur Eines kann ihn bannen:
Sitz ich bei gutem Wein,
Weicht langsam er von dannen,
Läßt mich beim Glas allein.

Ergeh ich mich im Freien,
Flugs steht er mir zur Seit;
Und winket wo ein Maien,
Dann fragt er: »Gehts noch weit? –
Was willst du dich ermüden?
Da drinnen giebt es Wein,« –
Und will ich Ruh und Frieden,
Muß ich in's Haus hinein.

Weil' ich bei schönen Frauen,
So brummt er mir in's Ohr:
»Was hast du doch vom Schauen,
Vom Kosen, alter Thor?
Die wahre Lust des Lebens
Erglühet nur im Wein,« –
Mein Sträuben ist vergebens,
Es muß getrunken sein.

Und will ich gar studieren.
Läßt er mir keine Ruh,
Und um mich zu verwirren,
Schlägt er das Buch mir zu;
Er spricht: »Die Weisen lehren.
Die Wahrheit wohn' im Wein.«
Und wollt ich ihn nicht hören.
Er schüf' mir Noth und Pein.

Und wie ich dieses singe,
Wird schon die Zeit ihm lang:
»Ach, laß doch das Geklinge!
Denn nüchtern ist dein Sang,
Des Liedes reinste Quelle
Strömt nur in goldnem Wein.« –
Und Recht hat der Geselle:
Drum, Freunde, schenkt mir ein!

*


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