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David Heß

Rückblick.

Ich war ein Kind und habe
Die Tage des Lenzes verträumt!
Jetzt näher schon dem Grabe
Erkenn' ich, was all ich versäumt!

Wie Nebelstreifen ziehen
Durch sonnenbeschimmertes Thal,
So zogen Phantasien
Durch's Herz mir mit Lust und mit Qual.

Viel ist der Jugend wichtig,
Was später als Spiel nur erscheint,
Und Vieles acht' ich nichtig,
Um das ich viel Thränen geweint.

Und dennoch, dennoch sehnet
Zurück sich das alternde Herz
In Zeiten, wo man wähnet
Und tändelt mit lächelndem Schmerz.

*

Des Vaters Abendlied an seine Geliebten.

Heitere Jugendtage
Schöne Blüthenzeit,
Von des Lebens Plage
Früh noch unentweiht;

Hallen eure Lieder
Aus der Ferne nach?
Träum' ich tändelnd wieder?
Und bin doch so wach!

Bin ich noch der Gleiche,
Dem die Phantasie
Einst im Zauberreiche
Sang und Klang verlieh?

Kann ich noch erfreuen?
Ruft der Sehnsucht Blick
Des entschwund'nen Maien
Aetherglanz zurück?

Längst sind meiner Saiten
Harmonien verhallt;
Nebelwolken gleiten
Und das Herz wird alt!

Abwärts von den Höhen
Führt mein Pfad in's Thal;
Kühles Abendwehen
Waltet überall.

Längre Schatten dehnen
Neben mir sich hin;
Mir verhehlt kein Wähnen
Wo bereits ich bin.

Aber darf ich klagen,
Wenn's an Kraft gebricht?
Meinen spätern Tagen
Fehlt die Liebe
nicht!

Sie verklärt noch immer
Die Vergangenheit,
Wie des Abends Schimmer
Gold auf Alpen streut.

Sie erwärmt am Herzen
Der Erkornen noch,
Wendet alle Schmerzen,
Wandelt nimmer sich.

Aus der Kinder Blicken
Lächelt sie mich an;
Unter Händedrücken
Wall' ich meine Bahn.

Und aus dunkler Ferne,
Von des Himmels Zelt,
Winken lichte Sterne
Einer neuen Welt.

Dort erklingen wieder
Hoch im Palmenhain
Alle Jugendlieder,
Kräftig, voll und rein.

Hier und dort verbindet
Blühendes Geflecht,
Das dir Treue windet,
Liebendes Geschlecht.

Nun, so mag das Leben
Auf die Neige zehn!
Trost ist uns gegeben:
Frohes Wiedersehn!

*


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