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Wilhelm Wackernagel

Endymion.

Die Erde schläft und athmet kaum;
Verstohlen flüstert nur der Bach;
Die Nachtigall im Blüthenbaum
Singt leis' und leiser allgemach.
Hoch oben durch das blaue Meer
Ein stiller Schiffer zieht einher
Der Mond, und in verschwiegner Feier
Entfaltet er den Silberschleier.

Wenn Morgens dann die Erd' erwacht,
Und sich den Thau vom Auge wischt,
Halb träumend denkt sie noch der Nacht
Und noch des Traums, der grad' erlischt.
Unglücklicher Endymion!
Die schöne Freundin ist entflohn;
Das dir geträumt, von all dem Lieben
Ist nur der Kummer dir geblieben.

*

Pandora.

Dein Blick hat mir an's Herz gerührt!
Da sind die Riegel aufgesprungen,
So wie die Hoffnung das verspürt,
Die Freude, die Lust,
Da sind aus der Brust
Sie eiligen Laufes entsprungen.

Und nur mein Kummer blieb zurück;
Der sitzt und wiegt das Haupt und summet:
»Laß fahren hin das lust'ge Glück!
Die Sorge, die Reu,
Die bleiben dir treu,
Und singen, wenn alles verstummet.«

*

Grabschrift.

Ein edles Wild, hinauf, hernieder,
Waldein, waldaus gehetzt, gejagt!
Es brauchte rüstig seine Glieder,
Und ließ die Wunden ungeklagt.

Und fandst du endlich unterm Berge
In kühler Erde noch dein Haus,
Die Höhle, die dich sicher berge?
Die Jagd war heiß; nun ruh' auch aus.

*

Staub an allen Ecken.

Wie wunderlich! wie wunderlich!
Ich sehe durch die Ritzen
Ein Leuchten gar absonderlich
In meine Kammer blitzen.

Und wie ein Balken zieht es sich
Von einem Eck zum andern:
Da drängt es sich, und flieht es sich,
Und ist ein Drehn und Wandern;

Und tanzt, vom Sonnenschein erhellt,
Von der Erde bis zur Decken,
O Gott, wie groß ist deine Welt,
Und Staub an allen Ecken.

*

Diesseits.

Sitze du am Strom der Sorgen,
Sitze du und weine nur:
Aber heute, aber morgen
Folgt er noch derselben Spur.

Und er nimmt nach manchen Tagen
Noch an dir vorbei den Lauf:
Denn mit Fragen, denn mit Zagen
Bau'n sich keine Brücken auf.

*

Lied des Bettlers.

Die Lerche fliegt noch einmal auf
Und singt den letzten Abendpsalm,
Und steigt herab und legt ihr Haupt
Zur Ruh im Nestlein unterm Halm.

Wie lieblich ruhest du im Nest!
Wie trägst du, Halm, so schwere Frucht!
Wie stattlich schreitet dort nach Haus
Der Rinder und der Schafe Zucht.

Mir reift kein Korn, mir färbt sich nicht
Die Traub am Stock, die Frucht am Ast;
Mir raucht kein Herd, mir deckt kein Dach
Allnächtlich meines Bettes Rast.

In frommer Leute milde Hand
Ist all mein Hab und Gut gelegt:
Wo sich ein Herz erbarmt, da ist
Der Acker, der mir Früchte trägt.

Und find' ich auch kein Haus, in dem
Mein müder Leib sich niederstreckt,
Herr Gott, dein Himmel stehet fest,
Der sie und mich und Alles deckt.

Und deine Sonne wandelt heut
Und wandelt morgen, die mich wärmt,
Bis du in deinen Himmel nimmst
Die Seele, die sich ausgehärmt.

Da klopfen, wie die Bettler hier,
Verzagend einst die Reichen an,
Und selten wird den Reichen dort
Und oft den Armen aufgethan.

*

Gottes Hilfe.

Bricht unter dir die Brücke,
Denk nicht, daß Gottes Hand
Dich aus dem Wasser zücke
Und heb' an's trockne Land.

Gott wollte sich erbarmen,
Als er dir Arme gab;
Nun rudre mit den Armen
Dich selber aus dem Grab!

*

Collegialität.

Es ziehn wohl auch an Einem Wagen
Zwei Pferd', und zieh'n gar emsiglich;
Doch dem Gespannen nachzufragen
Denkt keins; jedwedes zieht für sich.

*

Die Bibliothek des Klosters W.

»Ceciderunt in profundum« –
Sehet euch im dunkeln Grund um,
Sehet euch rund um,
In rotundum! –
»Summus Aristoteles,
Plato et Euripides
Ceciderunt in Profundum.«

Für die Librei die Liebhaberei,
Woher sie wohl kommt? Mein Lieber, ei, ei!
Liber libri, die sind ja nicht hie:
Hier ist ja nur Liber Liberi.

Unsre Folianten und
Unsre Quartanten und
Unsere Taschen-
Ausgaben sind rund:
Tonnen und Fässer und Flaschen.

Schwache Augen haben die Herrn,
Und sind doch fleißige Leser;
Sie studiren gar zu gern:
Drum tragen sie allzeit Gläser.

Das Eine rühm' ich ganz besonders;
Ich hab's erprobt, und denke deß:
Es sind die Bücher sammt und sonders
Editiones principes.

Und dorten gar die Incunabel,
Die von sich selber trunken wiegt,
Drinn eine plauderhafte Fabel
Mit offnen Schelmenaugen liegt!

Lectionis varietas,
Die ist vor Allem reichlich:
Hier ein kräftiges herbes Naß,
Dort eines süß und weichlich.

Lesarten wirst du auch, Gott helf!
Die besten nur entdecken:
Von der Lese des Jahres elf
Steh'n Bücher in allen Ecken.

Der Stil ist klar und flüssig,
Und schön und deutlich die Lettern,
Man wird's nie überdrüssig,
In solchen Büchern zu blättern.

Und les' ich den, meine Seele hüpft,
Weil der den blühenden Stil versteht;
Sie wie man nur den Zapfen lüpft,
Gleich springt hervor ein ganz Bouquet.

Hier möcht' ich ein Professor sein
Und mit dem Kapitel Jahr aus Jahr ein
Paragraphos studiren,
So würd' ich profitiren.

*

Lieder aus dem Krautstande.

1.

Es blüht mein Herz wie eine Rose,
Die frisch aus einem Grab' entspringt,
Und über dunkelgrünem Moose
Die rothe Freudenfahne schwingt.

Begraben hatt' ich alle Freuden,
Den reichen Schatz der Liebe sah
Ich stets an And're nur vergeuden:
Ich stund als armer Bettler da.

Wer hörte mich, wer sah mich Armen?
Da kamest du, o meine Lust,
Und zogst aus innigem Erbarmen
Der Liebe mich an deine Brust.

O wohl! nun kann ich ihn verschmerzen,
Den langen kummervollen Pfad,
Da mich auf ihm zu solchem Herzen
Ein gnäd'ger Gott geleitet hat.

Ich zog an meinem Wanderstabe
Nach schlechtem Golde weit hinaus.
Und trage nun die höchste Gabe,
Die schönste Perle mit nach Haus.

2.

Wie die Perle still geborgen
In der Muttermuschel ruht,
Also hat mit süßen Sorgen
Dich mein Herz in seiner Hut;

Hinter wohlverschlossnen Thüren
Wahrend dich, so gut es mag,
Sicher dich hindurchzuführen
Durch des Meeres Wellenschlag;

Von den Wogen fortgezogen,
Ungesäumt und ungehemmt,
Bis die letzte aller Wogen
Mich ans Todesufer schwemmt.

3.

Griechisch nicht und nicht Latein
Braucht es, um zu Gott zu beten;
In sein eignes Herz hinein
Heimlich still kann Jeder treten.

Und so frag' ich nicht, ob du
Bist gelehrt auf vieles Wissen;
Liebste, sei nur immerzu
Treu zu lieben mich beflissen.

Treu zu lieben, und es ist
Ein Gebet dein ganzes Leben,
Und dem Gott der Liebe bist
Du als Priesterin ergeben;

Und ins Buch des Lebens ein
Hat dich seine Hand geschrieben.
Griechisch nicht und nicht Latein
Braucht es, um getreu zu lieben.

4.

Du bist mein Traum bei Tage,
Mein Wachen du bei Nacht;
All was ich thu' und sage,
Es ist an dich gedacht;
Du bist's, um derentwillen
Im Stillen
Mein Herze weint und lacht.

In Liebesfluthen schwebet
Die Seele wonniglich;
Dann schrickt sie auf und bebet
Und zweifelt selbst an sich:
Ich liebe dich von Herzen,
Mit Schmerzen,
Mit Freuden lieb' ich dich.

5.

Liebste, wenn uns Mund den Mund
Liebeflüsternd küßte,
Keinen wüßt' ich, der von Grund
Zu entscheiden wüßte,

Ob von dir die Küsse mir
Sei'n geschenkt als Gabe,
Oder ob die Lippe dir
Ich geküsset habe.

Wie im Küssen, also auch
Immerdar getrieben,
Nach demselben schönen Brauch
Sei's in unserm Lieben,

Nicht daß meine Seele dein
Lieben gerne dulde,
Oder daß nur ich allein
Liebend dien' und hulde:

Eine ungeschied'ne sei's.
Eine einz'ge Flamme,
Eine Ros' auf Einem Reis
Und aus Einem Stamme.

6.

Frühling, sind das deine Boten.
Grauer Reif und weißer Schnee?
Wahrlich, lieber säh'n die rothen
Rosen wir und grünen Klee.

Meinethalb! mit welchem Kleide,
Du bekleidest Wald und Heide.
Mir ist wohl und nimmer weh.

Jenner, Hornung und dem Merzen,
Hab' ich wenig nachgefragt,
Seit inmitten meinem Herzen
Mir ein Mai alltäglich tagt,
Ew'ger Flor von ew'gem Samen,
Von der Liebe Ja und Amen,
Das ein rother Mund gesagt.

*

Wassersnoth

Und so mußt' ich denn mit Jammer
Fern vorbei den Schenken schleichen,
Wo beim Schoppen Trinker lärmen,
Und am Zapfen Kellner steh'n;
Muß auf meiner stillen Kammer
Nun beim Wasserkrug erbleichen,
Mich wie ein Verschlag'ner härmen,
Der von fern ein Schiff geseh'n.

Könnt' ich wandeln wie die Sonne,
Die aus allen den Gewässern,
Jedem See und jeder Quelle
Feuchte Wolken an sich zieht:
Könnt' ich so aus jeder Tonne,
Jedem von so vielen Fässern
Nur ein Tröpflein her zur Stelle
Zaubern durch mein durstig Lied!

*

Junker Durst.

Als der erste Sonnenstrahl
Heute kam zur Erde,
Saß ein Knabe rittlings drauf
Wie ein Mann zu Pferde;
Durch mein Fenster kam er so
Zu mir eingeritten.
Stieg dann ab, und stellte sich
In die Stube mitten.

Sprach: »Ich bin der Junker Durst,
Und bin hergekommen,
Alter Freund, mit gutem Rath
Heute dir zu frommen.
Fühle nur den Strahl hier an,
Wie er brennt und glühet;
Schaue nur die Sonne da,
Wie sie flammt und sprühet.

Willst du heute sicher sein
Vor so großer Schwüle,
Suche dir ein Oertleln aus
Sonnenlos und kühle.
Ja wenn du im Beutel hast
Nur noch einen Heller,
Wend' ihn dran und miethe dich
Ein im tiefsten Keller.«

Also sprach er, und verschwand,
Aber ich, vermessen,
Hatte seinen guten Rath
Alsobald vergessen.
Rannte durch die ganze Stadt,
Straßen auf nieder:
Sieh, da stand auf eins vor mir
Junker Durst schon wieder.

Jetzo war's kein Knabe mehr,
War ein tücht'ger Degen,
Und er sprach: »Du willst mir nicht
Folgen? Meinetwegen!«
Unversehens hatt' er sich
An mir aufgeschwungen,
Und da ging ich nun und trug
Diesen großen Jungen.

Und er saß mit schwerer Wucht
Fest mir auf dem Nacken.
Endlich streckt ich meine Faust,
Um ihn derb zu packen.
Also rangen wir. Indeß
Ward er gar zum Riesen:
Was er für ein Recke war.
Hat sich bald erwiesen.

Und er gab mir Schlag auf Schlag
Schnell und immer schneller.
Bis wir endlich im Gefecht
Nahten einem Keller,
Da erst ging er mir zu Leib,
Und ich mußt erliegen:
Eh ich mich's versah, so fuhr
Ich hinab die Stiegen.

Als ich nun hier unten war,
Faßt' er mich beim Schopfe,
Warf mich vor ein großes Faß,
Nahm mich dann beim Kopfe,
Lachte mich ganz freundlich an.
Sprach: »Ade, mein Kämpe,
Labe dich nach unserm Strauß!«
Ging und zog die Krämpe.

Hier nun sitz' ich ganz in Angst
Bei dem großen Fasse,
Daß der Kerl mich wieder packt.
Komm' ich auf die Gasse.
Lieber wart' ich, bis es Nacht
Ist geworden droben:
Bis dahin will ich den Wein
Wacker nagelproben.

*

Der Vampyr.

Keine Ruh' auf meinem kalten Pfühle,
Keine Ruh' in meiner dunklen Nacht;
Durch die Straßen sternenhell und kühle,
Treibt mich des Verlangens Zaubermacht;
Sonder Rast und Ruh
Such' ich immer zu;
Alles schlummert, meine Sehnsucht wacht.

Ob in keiner von den stillen Kammern
Ruhet eine hochgewölbte Brust,
Die sich's lohnte gierig zu umklammern,
Auszusaugen mit erneuter Lust?
Wieder such' ich heut,
Was mich sonst erfreut:
Meiden hab' ich's nur zu lang gewußt.

Sieh, ummauert dort von festen Ziegeln,
Sieh, es schlummert dort ein schöner Mann,
Wohlverwahrt mit Schlössern und mit Riegeln,
Und ein braunes Röcklein hat er an.
Seine Brust wie voll!
Dieser Jüngling soll,
Mich mit Blut zu füllen soll er dran,

Bis zum Grunde will die Brust ich leeren,
Schlürfen will ich seines Herzens Blut:
Neues Leben soll er mir gewähren,
Neu erwecken die erlosch'ne Gluth;
Ists um den geschehn,
Muß nach andern gehn,
Und das ganze Volk erliegt der Wuth.

*

Der vollendete Mensch.

Menschenseele, welch ein Schlafen
Dich befing.
Als der Hirt mit seinen Schafen
Noch zur selben Tränke ging,
Als sich noch der Hügel senkte
Ungenutzt,
Keine Hand die Rebe lenkte,
Angebunden, zugestutzt!

Traurig hing der Mensch am Boden
Festgeleimt:
Denn ihm war von Gottes Odem
Noch kein Flügelpaar gereimt;
Schlich einher in blödem Jammer
Unbewegt,
Weil der Bildner seinen Hammer
Aus der Hand zu früh gelegt;

Strich nur wie ein wehnder Schatte
Uebers Feld:
Denn noch kein Odysseus hatte
Ihm den Becher hingestellt.

Daß er mit begier'gen Lippen
Kraft und Muth,
Sinn und Leben möchte nippen
Aus der blutig rothen Flut.

Bis er sah mit einem Male,
Was sie meint,
Wenn mit langem warmem Strale
An den Berg die Sonne scheint;
Bis er unversehns die Rose
Auch belauscht,
Wie sich eines Tags die Lose
Gar in kühlem Thau berauscht.

Als er nun die Höhn bepflanzte,
Als die Flut
Um den Fuß des Keltrers tanzte,
Stark und freudig, kühn und gut,
Als im Becher schwamm der milde
Süße Wein:
Da erst ward zum Menschenbilde
Dieses Bild von Staub und Leim.

*

Weinprobe.

Fort mit der Wasserprobe!
Das sind nur Gaukelein:
Ich probe nur, ich lobe
Die Probe mir mit Wein.

Laß Oceane fließen!
Sie prüfen dir kein Erz:
Zwei Tropfen Weins erschließen
Ein ganzes Menschenherz.

*

Kußlich Begehren.

Was blinkt der Wein und kräuselt sich?
Was hör' ich also wonniglich
In meinem Becher rauschen?
Die Küsse sinds, die am Erndtetag
Die Winzerin mit dem Winzer pflag
In süßem Kosen zu tauschen.

Was Wunder, daß mir gleich zur Stund
Ein kußlich Begehren ergreift den Mund,
Daß hundert Küsse und tausend bald
Sich legen still in den Hinterhalt
Auf rothe Lippen zu lauschen!

*

Schlimm genug.

Wenn man wie wir zu Felde zieht,
Sind Flaschen viel zu friedlich;
Wenn man wie wir auf's Große sieht,
Sind Gläser viel zu niedlich.

Statt Flaschen müssen Fässer sein,
Und statt der Gläser Humpen:
's ist schlimm genug, daß man den Wein
Nicht kann aus Brunnen pumpen.

*

Rigikanzel.

Wer möcht' hier oben stehn und reden
Und predigen ins Land hinein?
Still schwiege Jeder hier, weil Jeden
Die Steine ringsum überschrein.
Den Leuchten, die Johannes sah,
Den goldnen gleich mit Gotteslichtern,
Hoch stehn mit sonnigen Gesichtern
Die Berge Gottes feiernd da.

Ein heil'ges Kreuz, liegt ausgebreitet
Der blaue See, und festlich bang
Auf ungesehnen Schwingen gleitet
Der Heerdenglocken sanfter Klang;
Wie des Altares Rauch empor
Vom Berg die Morgennebel steigen.
Empor auch du! empor mit Schweigen!
Gott predigt selber dir ins Ohr!

*

Schöllenen und Andermatt.

Noch eben hat dir tief gegraust,
Wo unterm Steg von festem Fels
Sich selber zürnend überbraust
Das rauhe Kind des Gletscherquells.

Noch eben wandtest du den Hals
Und wandtest ab dein Ohr betäubt
Vom ersten Fall des langen Falls,
Der weiter, weiter abwärts stäubt.

Und abwärts, abwärts ringt und springt
Ein langer Schrei voll Wuth und Weh,
Bis ihn mit stummem Mund verschlingt
Die Todesruhe dort im See.

Noch schwindelt's dir in Aug und Ohr;
Du wandelst durch den Felsenschacht,
Die Felsennacht; du trittst hervor:
Und um dich, in dir tagts und lacht.

Ein Teppich, ausgebreitet liegt
Ein weites grünes, stilles Land;
Im Grünen wiegt, durch Blumen schmiegt
Sich eines Baches Silberband.

Der Himmel, den zuvor verbaut
Die Felsen trotzig, Stirn an Stirn,
Ein aufgeschlagnes Auge, blaut
Und blickt er frei von Firn zu Firn.

Und Häuser stehn, und Hütten da,
Die Kirche Gottes mitten drin,
Und von den Heerden fern und nah
Zieht weit durchs Thal ein Läuten hin.

Hier in des Augenblickes Nu,
Hier süße Wonne nach der Roth,
Hier Freud' und Fried' und Rast und Ruh
Und Leben auf den zähen Tod.

So, liebe Seele, wird dir sein,
Wenn einst das müde Haupt du senkst,
Und satt der lebenslangen Pein
Durchs Grabesthor die Schritte lenkst.

So wird dir sein, mein liebes Herz.
Wenn du dich los vom Staube ringst,
Los aus der Nacht und himmelwärts
Den freigewordnen Flügel schwingst.

*


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