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J. C. Nänny

Sonnenblumen.

Sehnend nach der Sonne wendet,
Blume sich dein Angesicht;
Bis dein Leben still sich endet,
Athmest du und trinkst du Licht.

So nach Oben schaut die Seele,
Sucht des Himmels reinsten Strahl,
Daß sie nie den Pfad verfehle
Hier im düstern Erdenthal.

Blume! bald wirst du versinken.
Weil der Strahl dich bald verzehrt!
Seele, du wirst ewig trinken,
Weil der Strahl dich ewig nährt!

*

Mundus vult decipi.

»Es will die Welt betrogen sein!«
Ein Höllenwort,
In tief Verderben zieht's hinein,
Zum Abgrund fort.
Du sollst sie nicht betrügen wollen,
Sonst rächt sie sich.
Und eh' die nächsten Stunden rollen.
Zertritt sie dich.

*

Der Professor der Dichtkunst.

Ich soll euch als Professor hier
Die schönen Künste lehren.
Besonders wünscht ihr sehr von mir
Von Poesie zu hören.

Wie man ein Lied zu Stande bringt,
Das Jedem muß gefallen.
Und wie man zum Parnaß sich schwingt.
Wo Gleim und Göthe wallen.

Das Alles faß' ich kurz und gut
In zwei erprobte Regeln;
Ihr kennt sie kaum, so fühlt ihr Muth
Ins offne Meer zu segeln.

Fürs Erste wählt ein Liebchen euch.
Ein süßes Kind, ein holdes.
Dann fließt das Wort gedankenreich
Und voll des reinsten Goldes.

Ihr wißt ja schon, ein Dichter soll
Die Herzen ganz durchdringen;
Wär' er nun selbst nicht liebevoll.
Wie könnt' ihm das gelingen?

Zum Zweiten scheut mir nicht den Wein,
Der Herz und Geist beflügelt;
Wie könnte der ein Dichter sein,
Der nüchtern sitzt und klügelt?

Und haben Wein und Liebe nun
Sich eurer ganz bemeistert.
Dann läßt Apoll euch nicht mehr ruh'n.
Ihr sprecht und singt begeistert.

Und jedes Lied, das euch entquillt.
Ist süß wie Götterspeise.
Die Jugend holt es freuderfüllt.
Es lächeln selbst die Greise.

So steh'n euch nun zur Götterkunst
Geöffnet alle Pforten!
Was And're lehren ist, nur Dunst,
Nur Prunk von leeren Worten.

Nun zeigt der Welt, daß ihr's versteht.
Es auch ins Werk zu setzen,
Und wenn es nicht vortrefflich geht,
Soll mich kein Trunk mehr letzen.

Ihr glaubt's; ihr folgt; schon freu' ich mich
Der lächelnden Gesichter;
Gewiß denkt Mancher jetzt bei sich –
Er sei schon längst ein Dichter.

*

Spruch.

Wenn der Pfeil ist abgeschossen,
Ist kein Gott mehr, der ihn hemmt;
Kommt der Strom zu wild geflossen.
Wird die Hütte weggeschwemmt.
So sind auch des Menschen Worte
Pfeilesflug und Stromgewalt;
Drum verschließe rasch die Pforte,
Wenn der Zorn im Herzen wallt'.

*

Dichter und Kritiker.

Form Sonett.

Dichter.

Ich soll, mein Freund, dir ein Sonettchen schenken?
Verlangst du's mit Gedanken oder ohne?

Kritiker.

Versteht sich, mit.

Dichter.

Ich bitte dich, verschone!
Ich denke nie! Wie sollt' ein Dichter denken?

Das hieße ja die Phantasie beschränken;
Was hätt' ich auch für solchen Zwang zum Lohne?
Sonettenkünstlern würd' ich nur zum Hohne,
Und manchen Leser müßt' ich tief ja kränken.

Kritiker.

So magst du denn fortan auf deine Kunst,
Auf Vers und Reim für immer ganz verzichten!

Dichter.

Wer fordert das? Gestrenger Mann, mit Nichten!

Uns schenkt der Leser dann erst seine Gunst,
Ist uns vergönnt, bei unsern zarten Reimen
Magnetisch sanft zu schlummern und zu träumen.

*

Der Wein.

Im Trinken lieb' ich Mäßigkeit
Ist nur das Maß gehörig weit.

*

Der Tänzer.

Ja, Sonne bist du mir beim Tanze,
Ich dann, Geliebte, dein Planet,
Die sich erwärmt an deinem Glanze,
Um dich in Lust und Liebe dreht.

Doch bin ich glücklicher zu preisen.
Als die, die wir am Himmel seh'n;
Dort muß in vorgeschriebnen Kreisen
Ein Jeder einsam weiter geh'n.

Ich aber drück an meine Sonne
Die Brust nur fest und fester an;
So stiegen wir in Einer Wonne
In gleichem Schwung die gleiche Bahn.

Und sieh, was jene nimmer wagen.
Wir halten still, wenn's uns gefällt.
Das ändert nichts an Jahr und Tagen,
Und stört auch nicht den Lauf der Welt.

*

Wunsch des Bübchens

O wär' ich doch ein Vögelein.
Wie lustig wollt' ich fliegen,
Und mit dem spitzen Schnäbelein
Die rothen Kirschen kriegen!

Doch weil ich nun kein Vöglein bin
So muß ich eben laufen.
Und muß mir bei der Krämerin
Für einen Kreuzer kaufen.

*

Lied, Leid.

Schwätzt der überkluge Richter
Schaal und kalt und breit,
Ach wie stille wird der Dichter:
Lied wird Leid.

Kommt die Muse, küßt den Dichter,
Den sie traurig sieht.
Nicht mehr scheut er tausend Richter.
Leid wird Lied.

*

Der Fromme.

Der wahrhaft Fromme
Ist der wahrhaft Heitre,
Er thut das Seine,
Und läßt Gott das Weit're.

*

Ein gutes Wort.

Durch Oel wird Wogensturm
Von Schiffern oft gebändigt,
Gib nur ein sanftes Wort,
Man hat sich gleich verständigt.

*

Begeisterung und Schwärmerei.

Die Begeist'rung macht bescheiden,
Doch die Schwärmerei macht stolz;
Jene grünt und blüht in Freuden,
Diese bleibt ein dürres Holz.

*


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