Anonym
Der Heliand
Anonym

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Petri Schlüsselamt

                                                                          Da ging der Waltende,
Der Gebornen bester,   eine andre Burg suchen,
Eine vollgefüllte   mit dem Volk der Juden,
Der südlich wohnenden.   Da wandt er sich zu den Jüngern,
Die er gütig erwählt,   daß sie gern bei ihm weilten
Ob seiner weisen Worte:   »Nun will ich euch fragen,
Ihr meine Jünger,   was sagt bei den Juden
Der Männer Menge,   was für ein Mann ich sei?«
Ihm antworteten fröhlich   die Freunde dagegen,
Die guten Jünger:   »Die Juden sind nicht
Einstimmig alle:   einige halten dich für Elias,
Den weisen Wahrsager,   der lang einst weilte
In diesen Gaun, der Gute.   Für Johannes geben andre dich aus,
Den teuern Boten des Herrn,   der getauft hat die Leute
Weiland im Wasser.   Andre wollen wissen,
Daß in dir einer   der edlen Männer,
Der Weissager wäre,   die da weiland hier
Die Leute lehrten,   aufs neu ans Licht geboren,
Die Welt zu unterweisen.«   Da sprach der waltende Christ:
»Und ihr, was ist eure Meinung,   ihr meine Jünger,
Meine lieben Leute?«   Nicht zu laß war da
Simon Petrus:   ohne Säumen sprach er
Allein vor allen,   denn eifrig war er,
Herzhaften Sinns   und seinem Herren hold:
»Du bist des Waltenden   wahrhafter Sohn,
Des lebendigen Gottes,   der dies Licht erschuf,
Christ, der ewge König.   Das bekennen wir,
Deine Jünger all,   daß du Gott selber bist,
Der Heilande bester!«   Da sprach der Herr ihm entgegen:
»Selig bist du, Simon,   Jonas' Sohn!
Das mochtest du nicht   aus eignem Mute schöpfen,
Noch mochte dir   eines Mannes Zunge
Solche Worte weisen:   der Waltende gab es dir,
Aller Völker Vater,   was du so feurig sprachst,
So tief vor deinem Herrn.   Dafür wird dir teurer Lohn.
Lauter ist an den Herrn dein Glaube,   dein Herz wie ein Stein,
Wie ein fester Fels hart:   drum sollst du hinfort Sankt Peter heißen.
Auf solchen Stein   will ich meinen Saal erbaun,
Das heilge Gotteshaus,   da seine Angehörigen
Selig sich sammeln.   Wider solche Kraft
Hat die Hölle nicht Gewalt.   Dir geb ich des Himmels Schlüssel,
Daß du mögest nach mir   Macht besitzen
Über alles Christenvolk.   Zu dir kommen alle
Geister der Guten.   Du hast große Gewalt.
Wen du auf Erden   in aller Zukunft
Binden willst,   dem ist beides getan:
Der Himmel verschlossen   und die Hölle offen,
Das brennende Feuer;   doch wem du entbinden willst
Die Hände der Haft,   dem ist das Himmelreich aufgetan,
Das längste Licht;   der hat ewiges Leben,
Die grüne Gottesau.   Mit solcher Gabe will ich dir
Den Glauben lohnen.

                                        Doch sollt ihr den Leuten noch nicht
Melden, der Menge,   daß ich der mächtige Christ bin,
Gottes einiger Sohn.   Mich sollen die Juden erst,
Den Unschuldigen   die Schuldigen, binden,
Entsetzlich versehren,   viel Weh mir schaffen
In Jerusalem,   mit der Gere Spitzen
Mein Alter kürzen,   mit der Klingen Schärfe
Mir das Leben lösen.   Doch werd ich in diesem Licht
Durch Gottes Kraft   vom Grab erstehen
Am dritten Tage.«   Da war der Degen bester
Sehr in Sorgen,   Simon Petrus,
Sein Herz härmte sich,   zu dem Herrn begann
Der Held insgeheim:   »Das verhüte«, sprach er,
»Des Waltenden Willen,   daß du je solch Weh
Erdulden dürftest   unter diesem Volke;
Das hast du nicht not, Herr!«   Da entgegnete der Heiland,
Der mächtige Mittler;   sein Gemüt war ihm hold:
»Was, du widersetzest dich   meinem Willen,
Meiner Kämpen bester?   Und du kennst in der Welt
Doch der Menschen Sitte;   nur die Macht Gottes nicht,
Die ich vollführen soll.   Ich könnte dir viel sagen
Mit wahren Worten;   wisse nur, daß hier
Meiner Gesellen stehen,   die nicht sterben sollen,
Zur Heimat hinfahren,   eh sie des Himmels Licht,
Gottes Reich gesehen.«


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