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XXV

Cayrú holte aus einem Beutel seiner in Fetzen herunterhängenden Hose, die aus dem samtweich gegerbten Fell eines Tapirs gemacht war, ein Stück Rapadura heraus, biß ein Stück ab und verstaute den Rest wieder in den Beutel. Vierzehn Tage schon trug er diesen Zuckerwürfel mit sich herum. Es war ein Geschenk jenes Mädchens, mit dem er bei der Hochzeitsfeier getanzt hatte, deren Leib er berührte und mit dem er eins geworden war, so wie alle die anderen Paare, die der Kazike in jener Nacht füreinander bestimmt hatte.

Von dieser Rapadura sollte auch Anne-Marie schmecken, weil die Süßigkeit eine andere war als die des Honigs oder der Beeren des Waldes, weil es ein Produkt war, dessen Herstellung nur den Indios geläufig ist. Und alles, was von den Indios kam, das wollte Anne-Marie kennenlernen und erforschen.

Er konnte den Namen des Mädchens jetzt schon geläufig aussprechen, Anne-Marie … Anne-Marie …

Schade, dachte er, daß man vergessen hat, die Rapadura den Chamaruñas beizupacken. Die Kuchen und dieser Zucker … das gehört zusammen … das ist die Speise der guten Geister.

Mit einem Male fiel ihm ein, daß er für die Griffe der Paddel Bast suchen müsse. Er riß ein Blatt von der wilden Kamillenstaude, steckte es in den Mund und machte sich auf den Weg zur Bucht.

Der Wald lag wie ein mächtiger Bergrücken vor ihm, dunkelblau, gestreichelt von einem Schwarm weißer Wolken. Wo das Baumwollfeld aufhörte und die Zuckerrohrplantage in einem spitzen Winkel den Fußpfad schnitt, kuschelte sich eine Senkung, umgittert von haushohem Rohr: die Lagune.

Die Lagune war in diesen Tagen, nachdem es bis auf einen nächtlichen Regen nicht mehr geregnet hatte, eigentlich nur noch ein Sumpf. Ein Dutzend Tuyúyu, das sind die großen, schneeweißen Störche mit purpurroten Hälsen und Köpfen, wie aus Ebenholz, gedreht, stakten in dem morastigen Wasser herum und wußten nicht recht, ob sie zuerst den Frosch oder den Feuersalamander aufspießen sollten.

Es gab Frösche in diesem Wasserloch, die wogen bis zu drei englischen Pfund. Und die Salamander erreichten ausgewachsen die Größe junger Yacarees. Die Wasserschnecken, in gelben, mit roten Punkten marienkäferhaft verzierten Schalen, waren das Spezialfressen der Löffelgänse, der Silberreiher und Sumpfhühner.

Dreißig, vierzig verschiedene Arten von Wassergeflügel beherbergte die Lagune, obwohl sie nicht viel mehr als drei Hektar an Fläche einnahm. In Scharen schwammen auf der bläulich-grünen Brühe die Wildenten herum, das Gefieder in den Farben des Regenbogens schillernd, in der Sonne metallisch glänzend. Sie flogen hoch, als Cayrú sich einen Pfad durch das Bambusrohr bahnte, umkreisten ein paarmal in einem wolkenhaften Geknäuel flügelschlagend die Lagune und platschten dann wieder auf das trübe Wasser zurück.

Nur die stolzen weißen Reiher waren stehengeblieben und die zartrosa angehauchten, wie blühende Pfirsichbäume schimmernden Flamingos. Sie rührten sich nicht von dem einen Bein, das den schweren Körper kerzengerade aus dem Sumpf herausdrehte. Sie bargen die langen Hälse im Gefieder, als schliefen sie schon, obwohl die Sonne noch drei Stunden zu reisen hatte, ehe der Himmel sich auflöste in Scharlach, Gold und Orange.

Eine Schildkröte hob vorsichtig den Kopf aus einer zusammengerollten Blattknospe der großen schwimmenden Teller heraus, schob nach einer Weile den Hals hinterher und spazierte mit einem Gewicht von mindestens fünf Kilo über die grünen Teller und Schüsseln dahin, als wären sie eine eisenbetonierte Brücke, getragen von mächtigen Pfeilern.

Blatt um Blatt passierte die Kröte. Sie wäre bestimmt schneller zum anderen Ufer gekommen, wenn sie schwimmend einen Bogen um das wuchernde Pflanzenzeug geschlagen hätte. Eigensinnig, wie es alle diese mit einem Panzer bewehrten Reptile sind, blieb sie bei dem einmal begonnenen Spaziergang über die Blattbrücke und erreichte endlich auch ihr Ziel.

Das war ein hochaufgeschichteter Haufen faulen Laubes auf der sanft ansteigenden Barranca der Lagune. Wochenlang mußte die Kröte daran gearbeitet haben, den Hügel so zu schichten, wie er jetzt dalag, einem Termitenbau nicht unähnlich. Die Außenwände waren rauh wie ein borkiger Stamm unten am Wurzelschaft. Das Innere des Laubhügels befand sich in Gärung, zersetzte sich zu einem heißen, qualmenden Schlamm. In einem Kessel, zu dem zwei Röhren hinführten, lag das Genist: die fünfzig bis sechzig pergamenthäutigen Eier.

Die Bruthitze ging von dem in sich zerfallenden Laub aus. Die Kröte hatte nichts anderes zu tun, als abzuwarten, bis die ausgeschlüpften Jungen aus der Höhle hervorkrochen und sofort ins Wasser spazierten.

Was jetzt die Kröte bewogen hatte, über die Blätter zu spazieren und das Genist aufzusuchen, war das Auftauchen eines Räubers. Es gab hier in der Lagune nur ein einziges Wesen, das sich für die Brut der Schildkröte interessierte: die Chipá.

Die Chipá ist eine grasgrüne, auf dem Bauch von gelben Streifen ein wenig heller gefärbte, zwei Meter lange Schlange. Die Schildkröte hatte die Schlange fast eine Stunde lang beobachtet: wie sie im Wasser sich auf das Genist hin bewegte, wie sie sich an einem Bambus, der noch ein paar Meter vom Bruthügel entfernt war, emporringelte und den Kopf nach allen Seiten drehte und lauerte und wie sie dann zu einer dem Hügel benachbarten Rohrstange hinüberglitt, bis zum Büschel hochkletterte, den Schwanz festklammerte, den Kopf wie an einem Seil herunterließ und das Nest beobachtete.

In dem Augenblick, als die Schwanzklammer abwärts glitt und der Kopf der Chipá schon den Röhreneingang berührte, ließ die Mutter Schildkröte einen schrillen Pfiff los. Der Kopf der Schlange fuhr im selben Moment zurück, hob sich hoch, und der Leib drehte sich wieder um die Bambusstange herum, die in einem Halbkreisbogen über dem Nesthügel hing.

Erst eine ganze Zeit nach dem Warnungsruf hatte sich die Schildkröte auf die Überblattreise gemacht und hockte jetzt oben auf der Kuppe des Laubhügels.

Die Chipá läßt sich nie auf einen Kampf mit der Schildkröte ein. Sie muß ihr Spiel in dem Augenblick verloren geben, wenn der Warnungsruf erschrillt, wenn aus den Augen der Kröte gelbe Funken spritzen.

Die Schlange blieb noch eine ganze Weile mit ihren zehn Ringeln am Bambus kleben. Dann erst ließ sie sich ganz langsam, als wäre nichts geschehen, in das Wasser hinuntergleiten und lauerte, schoß plötzlich bis zur Mitte der Lagune, drehte sich um ein Entenküken und erwürgte es.

Cayrú kannte die Chipá von der Bai her. Dort tummelten sie sich zu Hunderten im Schilf. Ihre Bisse sind nicht giftig. Und einem Menschen brechen die klammernden Ringel auch nicht die Knochen. Aber wenn man die Schlange mit einer Astgabel tötet und ihre Haut herunterzieht, lassen sich aus dem Fell wasserdichte Matten flechten. Und solch eine Matte gedachte Cayrú auch einmal für Anne-Marie anzufertigen.

Er war jetzt aber nicht der Chipá wegen zur Lagune gegangen. Er wollte sich ein paar Dutzend der walnußgroßen Purpurschnecken suchen. Aus dem Saft dieser Schnecke bereitet man einen Farbstoff, den die Sonne nicht ausbleicht. Rot und gelb gedachte Cayrú die geschnitzten Zierrate der Paddel zu färben.

Er suchte sich ein großes filziges Blatt, drehte es zu einem Beutel und sammelte darin die Schnecken. Morgen früh wird er sie zwischen zwei Brettstückchen legen, den Saft auspressen und in eine Kalebasse zum Ausgären schütten.

Er brauchte keine Viertelstunde Zeit, dann hatte er die Anzahl von Schnecken beisammen, deren Saft ausreichen würde, um die Verzierungen der Paddel rot zu färben. Er hätte sich jetzt wieder auf den Heimweg begeben können. Aber das Leben und Treiben der Tier- und Pflanzenwesen in der Lagune gefiel ihm noch. Er hockte sich auf den Stumpf einer abgebrochenen Weide hin. Er beobachtete einen Baumleguan, der mit seinem hochgewölbten, von Dornen gespickten und mit Hörnern überklumpten Rücken ihm sofort in die Augen sprang. Das sonderbare Tier saß auf einem Stein am Rande der Lagune und spielte mit einem halbgetöteten Fisch, so wie die Katze mit der Maus. An der Bucht waren dem Burschen diese scheußlichen Tiere noch nicht begegnet. Er sah den Leguan hier zum erstenmal. Er wußte noch nicht, was er von ihm zu halten hatte. Er dachte: Ist es eine Krötenart oder ein langgestrecktes Gürteltier, eine neue Spezies der Yacarees oder gar ein aus dem Sumpfgrund heraufgetauchter Panzerwels, eine Urgroßmutter dieser Klasse von hartkrustigen Fischen?

Die kleinen Panzerwelse fängt man in der ersten Morgenfrühe mit dem Schöpfnetz und röstet sie im Holzkohlenfeuer unausgenommen in den harten Schalen.

Aber hier dieses Untier?

Der Leguan hatte endlich genug von dem grausamen Spiel mit dem am Bauch schon aufgerissenen Fisch. Er warf ihn senkrecht in die Luft und schnappte danach, als flöge ihm ein Vogel in den Rachen. Dann drehte er sich auf dem glitschigen Stein dreimal um seine eigene Achse und verschwand wieder im Schilf.

Der Baumleguan hockte jetzt dort, wo die Blattschneiderameisen ihren Arbeitsplatz aufgeschlagen hatten. Billionen krabbelten in dem saftgrünen Gemeng der Blätter herum. Sie sägten das Laub von unten her an, und mit den mächtigen Stücken, die dreimal größer waren als die schlanken roten Leiber, marschierten sie davon, in Viererreihen, wie eine Armee von Soldaten, die große Schilde über ihren Köpfen tragen.

Die steinharten Erdhügel der Ameisen lagen viele Kilometer weit von der Lagune entfernt. Kein Dornbusch, keine Pflanzung, kein Geröllstück unterbrach den Marsch der Schildträger. Sie schleppten ihre Last, die dazu bestimmt war, in den unterirdischen Kammern der Wohnhügel als Mistbeete für die Pilzbrut zu dienen, mit einer Ausdauer, die der menschliche Verstand nicht so leicht begreift.

Sie schleppen Tag und Nacht, in Wind, Regen und Sonnenschein, vom Jahresanfang bis zu seinem Ende. Sie entblättern eine dreißigjährige Espe in knapp einer Stunde. Sie rasieren das Schilf einer Lagune von drei Hektar Fläche im Verlauf von drei, vier Tagen ratzekahl. Und wenn zehn, zwölf Ameisenvölker zugleich einen Orangenwald überfallen, dann stehen nach knapp drei Tagen nur noch die Stämme mit den kahlen Astrippen da.

Von dieser Plage wurden die Pflanzungen der Farmer in dieser Gegend hier noch verschont. Wo die Leute vereinzelte Ameisenhügel fanden, bohrten sie Löcher hinein, ließen Petroleum laufen und brannten die Völker aus.

Was von dem Geziefer hier im Schilf der Lagune herumschnitt, das hatte die Nester in jenem Urwaldstück, das die Brüder Coßmann dem Callego Don Emilio abzukaufen trachteten. Wenn dieser Urwald dann einmal gerodet sein wird, sind mit der Ruma auch die Panzerkuppeln der Ameisenbauten verbrannt.

Spinnen, Käfer, Wespen, Libellen und Schmetterlinge bevölkerten das Schilf der Lagune, als wäre ihnen nur hier ein paradiesischer Tisch gedeckt. Und zugleich gaben auch sie wieder eine fette Weide her für die hunderterlei Arten kriechenden, hüpfenden und fliegenden Getiers, von denen jegliches Wesen seine gottgewollte Freiheit hatte, seine Lust und das immer unerwartete Hinsterben in der Gewalt eines Stärkeren, der ihr Gott ist und zugleich ihr Teufel.

Zu seinem Bündel Purpurschnecken tat Cayrú auch noch eine Last Binsen hinzu und dachte, daß es jetzt wohl an der Zeit sei, dem Hirsebrei entgegenzugehen. Der Fußpfad schlug einen Viertelkreis um die Lagune und strebte dann schnurgerade der Waldung im Hintergrund zu. Cayrú trabte mit schaukelndem Schritt wie eine Mula. Auf der Höhe von Coßmanns Rancho sah er eine India im Tabakfeld. Es war Llamicha, die für ihren jungen Ehemann die halbwelken Sandblätter pflückte. Sie riskierte eine Tracht Prügel. Aber der Patrón war weit, und wenn man mit einem jungen Ehemann zusammenlebt, in den Honigwochen noch, mit einem flottlebenden Burschen, der auf die selbstgedrehte Zigarre nicht verzichten will, dann kann es doch kein gemeiner Diebstahl sein, auf fremden Feldern herumzuräubern, nach Tabakblatt und Maiskolben. Cayrú hatte zuerst den Gedanken, Llamicha anzurufen. Dann aber dachte er: Wozu rufen? Vielleicht wird sie sich erschrecken oder gar zurückrufen: Komm, hilf mir schnell pflücken, vier Hände machen das Säckchen schneller voll!

Cayrú verspürte Hunger und fing jetzt an zu traben, als flöge die Nacht schon hinter ihm her. Ihr Schatten wird ihn bald überholt haben. Es ist nicht gut, wenn man seinem Schatten nachläuft und ihn nicht einholen kann.

Cayrú lief, und die Fledermäuse pfiffen an seinem Ohr vorüber. Die ersten Leuchtkäfer spritzten hoch, und die Gerüche des Krautes wurden dicker und schwerer.

Der Hirsebrei hatte noch nicht einmal das Feuer geschmeckt, als Cayrú die Rohrhütte betrat. Seine Mutter war unterwegs. Er nahm sich vom Balken ein paar getrocknete Fische und verputzte sie vor der Tür. Von dem schnellen Herunterwürgen der zähen Fleischfasern bekam er einen Knoten im Hals und schluckte. Mit der hohlen Hand schöpfte er Wasser aus der Bai und befreite sich von dem würgenden Knoten. Dann wickelte er die Schnecken aus dem Blattbeutel, tat sie in eine Kürbisflasche, schüttete Wasser hinein, verschloß die Kalebasse mit einem Rohrbüschel und stellte sie in die Höhlung eines Steines. Die Binsen breitete er zum Trocknen aus. Aus dem Bast gedachte er eine Jagdtasche zu flechten und die Ausrüstung für das Kanu damit fertigzumachen.

Als er sich bückte, beobachtete er die leuchtenden Fliegen, die zu Tausenden in den Bromelienbüschen hockten und wie auf Kommando ihre grünen Laternen aufblitzen ließen und sie nach einer Weile wieder dunkel machten.

Der Mond schwamm auf der Mitte des Flusses und nahm seinen mit dunkelgoldenen Platten belegten Weg zur Bucht. Als er die Bai fast erreicht hatte, kam Mayahua endlich angekeucht. Sie brachte eine Tracht Mandioka aus dem Dorf mit und eine ganz große Neuigkeit. Noch ehe sie das Feuer schürte und den irdenen Topf mit der Hirse aufsetzte, bekam Cayrú die Neuigkeit zu hören.

»Du … ich traf Schwager Yamacinto im Dorf. Der Schwager hat es noch immer gut mit uns gemeint. Du hättest Llamicha heiraten sollen. Ihr Gesicht ist rund geworden, und röter leuchtet die Amaruja nicht als der Mund Llamichas. Ich sah, wie sie sich bückte im Kraut. Sie trägt jetzt ein Kindchen im Bauch. Du hättest der Vater sein sollen. Aber wie du willst, mein Sohn!

Hörst du: es ist da noch die Canchica; zwei Schweinchen wird man dem Schwager dafür geben müssen.«

»Wir haben keine Schweinchen.«

»Nein, mein Sohn, wir haben keine Schweinchen. Wir werden uns aber ein paar Schweinchen kaufen, wenn wir mit dem Geld aus dem Baumwollfeld zurückkommen. Ich habe Yamacinto mein Wort gegeben, daß wir pflücken kommen. Siehst du, so gut meint es der Schwager mit uns, obwohl du nicht die Llamicha geheiratet hast.«

»Llamicha ist verheiratet.«

»Ja, sie ist verheiratet, aber nicht gut, mein Sohn. Nicht gut. Sie wird kommen, Baumwolle pflücken. Alle Leute werden in der Baumwolle sein. Alle Leute, in acht Tagen schon. Dann haben sie keine Zeit mehr, Krebse zu essen. Und ich werde keine Krebse fangen. Wir werden Baumwolle pflücken, du und ich, mein Sohn.«

»Ich weiß schon, daß wir in der Baumwolle arbeiten werden. In acht Tagen, beim Sonnenaufgang, fangen wir an.«

»Hast du mit Yamacinto gesprochen? Wann denn?«

»Ich habe mit dem Vater des weißen Mädchens gesprochen. Ich soll pflücken kommen. Und er will, daß auch du pflückst.«

»Ich habe es aber schon dem Yamacinto versprochen.«

»Ich habe es dem weißen Mann versprochen. Der weiße Mann ist mehr als Yamacinto. Dem weißen Mann gehört das Baumwollfeld, Yamacinto hat kein Feld.«

»Wenn dem weißen Mann das Feld gehört, dann wird es wohl auch Yamacinto recht sein, wenn wir zu dem weißen Mann gehen und Baumwolle pflücken.«

»Wenn die Baumwolle gepflückt ist, dann arbeite ich auch wieder auf dem Hof. Das hat der weiße Mann mir versprochen.«

»Oh … oh … wenn du wieder auf dem Hof arbeitest, dann brauchen wir auch keine Schweinchen zu kaufen. Du wirst jetzt einen festen Lohn auf dem Hof haben, weil du ein Mann geworden bist. Und mit einem festen Lohn brauchst du auch nicht Canchica zu heiraten. Mit einem festen Lohn auf dem Hof wirst du sogar Niachaña zur Frau bekommen. Niachaña sucht einen Mann, der einen festen Lohn hat.«

»Ich weiß, wer meine Frau werden soll.«

»Weshalb denkst du immer noch so oft an das weiße Mädchen?«

»Vielleicht denkt man daran.«

»Sie kann deine Frau aber nicht werden, mein Sohn. Und du darfst es auch nicht mehr so wollen.«

»Es wird sein, wenn sie es will!«

»Oh, mein Sohn, sie möchte nicht wollen, und es wird ein schlechter Ausgang sein.«

»Dann soll es sein, daß ich in den Wald zurückgehe, woher du gekommen bist.«

»Es ist auch nicht mehr weit, daß wir beide in den Wald zurückgehen. Manchmal in der Nacht rufen mich meine Leute.«

»Ich höre sie rufen … ich weiß noch keine Antwort.« Mayahua setzte sich zu ihm und streichelte ihm das Gesicht. Ein runder, blutroter Mond stand jetzt am Himmel, und von der Savanne herüber tönte die Rohrflöte eines Indios. Ihr klagender Ton zerfloß wie die Seufzer des Schilfes in der unbewegten, samtschwarzen Bucht harmonisch mit den tiefen Atemzügen der Wipfel.


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