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VIII.

Glühend vor Begeisterung, mit klopfenden Pulsen und schwingenden Nerven, machte sich Susanne gegen halb elf Uhr auf den Heimweg. Ein unendliches Wohlgefühl, innigste Genugtuung durchströmte sie in allen Adern. Das Bewußtsein, Gutes und Schönes getan, armen, dürftigen Gemütern zu Glanz und Freude verholfen zu haben, erhob und befriedigte sie. Hatte sie nicht soeben nach der Mahnung des Dichters gehandelt?

»Edel sei der Mensch,
Hilfreich und gut –.«

Dem einen Gedicht waren andere gefolgt, auch einzelne Stücke aus dem »Faust« hatte sie den mit erhitzten Wangen und verklärten Mienen andächtig lauschenden Mädchen und Frauen aus dem Volke vorgetragen. Wie ein Prediger auf der Kanzel war sie sich vorgekommen, der die Mühseligen und Beladenen erquickt, die zagenden gepreßten Herzen höher und freier schlagen macht und die von kleinlichen, niedrigen Regungen beschmutzten Seelen läutert und reinigt. Und als sie endlich erschöpft und doch erhoben, gestärkt aufgehört, hatten die Hörerinnen sie stürmisch umringt und ihr dankbar die Hände gedrückt, und sie hatte ihnen das Versprechen geben müssen, wiederzukommen und ihnen einmal einen Vortrag über Studentinnenleben zu halten.

Den Abglanz des inneren Glückes, das ihr der Abend bescheert hatte, noch auf dem rosigen, ausdrucksvollen Gesicht, betrat sie das Wohnzimmer, in dem ihr Mann ungeduldig auf sie wartete. Er kam ihr nicht wie sonst entgegen, er begrüßte und umfaßte sie nicht. Kalt, mit gerunzelten Brauen betrachtete er sie, die Arme über der Brust verschränkt. Sie eilte bestürzt auf ihn zu. Es war, als wenn sich ihr plötzlich ein dumpfer Druck auf die hochatmende Brust legte.

»Bist du mir böse, Eugen?«

»Ich dächte, ich hätte allen Grund dazu«, erwiderte er tadelnd, zurechtweisend.

»Aber ich habe dir doch geschrieben –«

»Ja, du hast mir einen Zettel hinterlassen mit der Mitteilung, daß du mit Frau Reichelt in die Arbeiterinnenbildungsschule gingst. Und damit mußte ich mich einfach zufrieden geben und mein Abendbrot allein verzehren, als wäre ich noch immer ein einsamer Junggeselle.«

Sie faßte nach seiner Hand und sah ihn bittend in die noch immer zürnenden Augen.

»Verzeihe! Wüßtest du nur, wie herrlich, wie prächtig es war!«

Er sah ihr verwundert, kopfschüttelnd in das wieder aufstrahlende Gesicht.

»Wie kamst du denn so plötzlich darauf?«

Sie berichtete von Frau Paulas Aufforderung, von ihrer eigenen unbändigen Lust und Begierde, einmal eine Unterrichtsstunde in der Arbeiterinnenbildungsschule zu verbringen und schilderte dann, sich rasch wieder begeisternd, die erhebenden Eindrücke, die sie unter den Proletarierinnen empfangen hatte.

Er hörte ihr aufmerksam, überrascht zu. Seine strengen, ärgerlichen Mienen glätteten sich; ein Lächeln erhellte und erheiterte sein ernstes, finsteres Gesicht und sanft seine Arme um ihre Taille schlingend, zog er sie an sich heran.

»Du Kind, du Kleines, Liebes! Also so schön war es – wirklich? Nun, dann muß ich dir wohl Absolution erteilen.«

Er setzte sich und ließ sie auf seinen Knien sitzen, streichelte ihr das erhitzte Gesicht, scherzte, lachte und küßte sie, während sie seine Liebkosungen mit einem zwiespältigen Gefühl hinnahm, halb erfreut, daß er ihr nicht mehr zürnte, halb gekränkt und verletzt, daß er sie wie ein Kind behandelte und mit ihr tändelte, während alles in ihr noch von heiligem Eifer fieberte.

»Ja, ein Kind bist du mit deinem leicht empfänglichen, enthusiastischen Kinderherzen,« fuhr er, noch immer gutmütig lächelnd, fort, »das jeder Regung, jedem Impulse ohne weiteres nachgibt. Du hättest aber bedenken müssen, Schätzchen, daß du jetzt eine Frau bist, eine würdige Ehefrau, die Gattin des Bürgermeisters der Stadt, der auf seine Stellung allerlei Rücksichten zu nehmen hat.«

Sie erhob unangenehm überrascht ihr Gesicht und sah ihn mit fragenden, unruhigen Blicken an.

,,Also ein andermal, Schatz,« sprach er, ernster werdend, weiter: »ein andermal erwäge zuvor, bevor du dich zu einer Handlung entschließest, ob du auch nicht damit deine Pflichten als Frau verletzest.«

»Meine Pflichten, Eugen?«

»Ja, denn erstens hast du eigenmächtig gehandelt, du hättest dich, bevor du der Aufforderung der Frau Reichelt nachkamst, meiner Einwilligung versichern sollen.«

Susanne atmete schwer; ein Widerspruch stieg in ihr auf, aber sie kämpfte ihn hinunter und erwiderte ruhig, im Ton der Entschuldigung:

»Das konnte ich doch nicht, Eugen, du warst doch nicht da.«

»Dann hättest du eben verzichten und deiner Laune nicht nachgeben sollen.«

Sie machte eine so ungestüme Bewegung, daß sein Arm und seine Hand von ihrer Hüfte fiel, und richtete ihren Oberkörper straff in die Höhe. Die Glut der Beschämung und des Unwillens schoß ihr in die Wangen und sprühte aus ihren Augen.

»Einer Laune? Nein, Eugen, es war keine Laune von mir, es war viel, viel mehr, etwas viel Besseres, Höheres: das Verlangen zu nützen, einem größeren Kreise zu nützen, armen Stiefkindern der Gesellschaft eine Freude zu bereiten, ihnen von dem Schatz mitzuteilen, den ich habe in mir aufspeichern können und von dem sie ausgeschlossen sind. Ich fühlte mich so froh, so gut – es kann nichts Schlechtes gewesen sein, das mir einen so edlen schönen Genuß bereitet hat, und du solltest mich deshalb nicht schelten.«

Sie hatte das erregt, hitzig, von tiefer Überzeugung durchglüht herausgesprudelt. Er streichelte sie wieder und erwiderte gelassen, als lohne es sich nicht, sich über die Sache zu erregen, immer mit demselben überlegenen, halb mitleidigen Lächeln: »Schlecht? Nein! An sich war es nicht schlecht, was du tatest. Und wenn du ein alleinstehendes Mädchen oder eine Witwe wärst, die auf niemand Rücksichten zu nehmen hat, dann könnte dich keiner tadeln. So aber, als meine Frau, hast du unrecht gehandelt, als du mit der Frau des Redakteurs der ›Volksstimme‹ den Arbeiterinnenbildungsverein besuchtest. Zu einem Verein mit solchen Tendenzen darfst du als Frau des Bürgermeisters nicht die geringsten Beziehungen unterhalten.«

Sie sah erschrocken auf. Nicht die geringsten Beziehungen? Hatte sie nicht versprochen, einen Vortrag zu halten? Hatte sie sich nicht bereits darauf von Herzen gefreut? Und nun sollte sie ihr Versprechen brechen, weil ihr Mann zufällig Bürgermeister war? Hatte Ella recht: erniedrigte die Ehe, machte sie die Frau zur Leibeigenen des Mannes, die sich blindlings allen seinen Geboten zu fügen hatte, auch wenn sie ihr ungerecht und sinnlos dünkten? Sollte sie, weil sie Frau war, die besten, edelsten Regungen in sich ersticken?

»Aber Eugen,« erwiderte sie, während die aufsteigenden Tränen sie in der Kehle würgten, »ich bin doch nicht nur deine Frau, ich bin doch auch ein Mensch für mich, mit eigenem Willen, mit eigenem Stre –«

Er verschloß ihr den Mund mit seinem Kuß.

»Liebes Kind, wir wollen uns doch nicht in eine Debatte über die Frauenfrage verlieren und wollen uns doch den Abend nicht mit abstrakten Spitzfindigkeiten verderben. Gewiß, in der Theorie magst du ja recht haben, aber leider läßt sich's nicht immer nach der Theorie leben. Das praktische Leben mit seinen Unzulänglichkeiten und seinen meinetwegen unlogischen Forderungen behält doch schließlich recht. Also komm, sei gut, verdirb dir und mir nicht die Laune! Ein verliebtes junges Ehepaar wie wir hat besseres zu tun, als miteinander zu disputieren. Schließlich hat doch eine schöne Frau wie du den Mund nicht bloß zum Sprechen, sondern auch –«

Er lächelte sie zärtlich an; in seinen Blick trat jenes Flimmern und Funkeln, das sie sonst immer mit süßen, seligen Schauern erfüllt hatte. Heute stieß es sie ab, und als er sich zu ihr hinabneigte und sie fester in seine Arme ziehen wollte, riß sie sich heftig los und sprang auf ihre Füße.

»Nein, laß mich!« rief sie, als er wieder nach ihr greifen wollte, »ich bin kein Kind, das man mit einer Liebkosung abspeist. Fühlst du denn nicht, daß du mich beleidigst, wenn du mir statt logischer Gründe fade Schmeicheleien sagst? Ich verlange, daß du ernst mit mir sprichst und dich bemühst, mich zu überzeugen. Ich sehe nicht ein, was deine amtliche Stellung mit meinen privaten Neigungen und Bestrebungen zu tun hat.«

Er machte eine Bewegung des Unmuts; seine Brauen zogen sich finster zusammen. Zögernd erhob er den Blick zu ihr. Sie stand ein paar Schritte von ihm entfernt, hoch aufgerichtet; ihr Gesicht war blaß, in ihren feinen weichen Zügen zitterte die tiefste Bewegung; ihre Nasenflügel bebten; ihre Augen funkelten.

Er betrachtete sie mit einer Mischung von Ärger und Bewunderung. Die letztere siegte; er hatte sie noch nie in diesem Zustand gesehen, der ihr einen eigenen Reiz verlieh. Lebhaft erhob er sich.

»Wenn du nur wüßtest, wie hübsch du so bist!«

Er wollte mit ausgebreiteten Armen auf sie zugehen. Aber sie wich mit einem so starken Ausdruck der Entrüstung, ja, des Abscheus zurück, daß er instinktiv stehenblieb, während seine Arme langsam herabsanken. »Also schön! Disputieren wir!« sagte er achselzuckend, vernehmlich seufzend. »Du wunderst dich und bist entrüstet, daß ich verlange, du möchtest Rücksicht auf meine amtliche Stellung nehmen. Ja, ist mein Interesse nicht das deine? Meine Vorgesetzten und die amtlichen Kreise, mit denen ich zu tun habe, zum Beispiel: der Landrat und der Regierungspräsident würden es mir sehr verargen, wenn ich zugeben würde, daß du Vorträge in dem Arbeiterinnenbildungsverein hältst.«

»Aber was geht es denn die Herren an, was ich tue? Ich bin doch nicht Bürgermeister. Und maße ich mir denn das Recht an, dich in deinem Verkehr zu kontrollieren? Verlange ich denn von dir, daß du deine freundschaftlichen Beziehungen zu dem Landrichter Wolter aufgibst, weil er einmal sehr rückständige, verletzende Ansichten à la Dr. Möbius über die Inferiorität der Frau geäußert hat?«

Er lächelte, wieder in seiner überlegenen und gewissermaßen nachsichtigen Weise, die sie in ihrer erregten, empörten Stimmung sichtbar nervös machte.

»Aber das ist doch etwas ganz anderes, Kind. Was ich als Mann darf, ziemt dir doch nicht als Frau. Die Stellung von Mann und Frau in der Ehe ist doch grundverschieden, äußert sich das nicht schon charakteristisch und bestimmend in der Tatsache, daß die Frau den Namen des Mannes annimmt und nicht umgekehrt? Und mehr: räumt man nicht, wenigstens bei uns in Deutschland, der Frau die soziale Stellung, die Würde, ja auch den Titel ihres Mannes ein? Und Rang verpflichtet. Die Frau eines Beamten hat sich in vielen Dingen vorsichtiger, zurückhaltender zu benehmen, als eine einfache Bürgers- oder Arbeitersfrau, sie muß sich in all ihrem Tun und Lassen bewußt sein, daß sie nicht nur auf ihre eigene private Ehre, sondern auch auf die Ehre ihres Gatten und auf seine offizielle Stellung Rücksicht zu nehmen hat. Das ist doch nicht meine Erfindung, wie du anzunehmen scheinst, sondern ein uraltes, allgemein anerkanntes Prinzip. Und du allein kannst und darfst dich doch davon nicht ausschließen, Kind.«

Sie ließ ihre Arme, die sie vorher mit einer entschlossenen Bewegung über der Brust gekreuzt hatte, schlaff herabsinken. Seine ernsten, unwiderleglich, mit der Kraft der Überzeugung ausgesprochenen Ausführungen machten einen ersichtlichen Eindruck auf sie. Ihr Oberkörper, der eine straffe, fast kampfbereite Haltung angenommen hatte, sank förmlich in sich zusammen. Ihre trotzigen, zornig erregten Mienen nahmen einen mutlosen, schwermütigen Ausdruck an; ihre Stimme klang müde, resigniert.

»Dann muß ich also alles eigene geistige Leben, jeden eigenen Willen aufgeben und jede individuelle Regung in mir ertöten und mich nur noch als dein Schatten, deine Magd fühlen?«

Die Tränen traten ihr in die Augen; sie lehnte sich gegen das Vertikow, bis zu dem sie von ihm geflohen war, und verhüllte ihr Gesicht in den Händen.

»Aber Liebste, Einzigste!« fiel er weich, begütigend ein. »So darfst du doch die Sache nicht ansehn.« Er näherte sich ihr rasch, zog ihr die Hände herab und umschlang sie sanft. »Sieh mal, du hast mich doch lieb, nicht wahr?«

Er fühlte, wie sie sich in seine Arme schmiegte.

»Nun also, da mußt du doch auch den Wunsch haben, daß ich vorwärtskomme. Ich will doch einmal Oberbürgermeister werden. Dazu brauche ich nicht nur das Vertrauen der Bürgerschaft, sondern auch das Wohlwollen der Behörden. Nicht aus Zwang, aus Notwendigkeit, aus eigenem freien Entschluß, aus Liebe zu mir mußt du dich hüten, Dinge zu tun, die meinen Berufsinteressen hinderlich wären.«

»Ach, Eugen!« flüsterte sie, und aus ihrer Stimme war jede Nuance von Trotz und Erbitterung geschwunden.

Er faßte sie unter, und Arm in Arm wanderten sie langsam im Zimmer auf und ab. Schweigend, sinnend blickte er eine Weile vor sich hin. Plötzlich hob er sein Gesicht, das Aufblitzen eines erlösenden Gedankens huschte darüber hin.

»Mir fällt etwas ein!« rief er freudig. »Du sollst nicht denken, daß ich dich hindern will, dich geistig zu betätigen und deine guten Gaben und Kenntnisse nutzbar zu machen in einer angemessenen Weise, die dich und mich nicht kompromittiert. Halte Vorträge, arbeite, rege an! Aber es muß ja nicht gerade bei Menschen sein, die mir, die uns feindlich gegenüberstehen. Suche dir doch in unserm Verkehrskreise Frauen und Mädchen, die geistig weiter wollen. Ich stehe durchaus nicht auf Landrichter Wolters Standpunkt und bin gewiß nicht dagegen, daß unsere Frauen und Töchter eine bessere, umfassendere Bildung sich anzueignen streben, als ihnen die Mädchenschule bisher vermittelt hat. Und ich habe es immer dankbar und freudig empfunden, daß ich mich mit dir über Dinge unterhalten kann, für deren Verständnis die gewöhnliche Mädchenschulbildung nicht ausreicht.«

Er nahm im Eifer ihre Hand und drückte sie herzlich, aufmunternd.

»Also schließe dich mit Frauen und Mädchen, die auf derselben gesellschaftlichen Stufe stehen wie du, zusammen, gründet einen Verein, arrangiert Vorträge über Themata, von denen auch eine Frau heutzutage etwas wissen sollte: sagen wir über die soziale Frage, über Nationalökonomie, über öffentliches Recht und so weiter.«

Wie Sonnenschein strahlte es über ihr Antlitz, aber die Erinnerung an den Damenkaffee bei der Frau Oberbürgermeister und an verschiedene andere Kaffees, denen sie inzwischen beigewohnt, entmutigte sie rasch.

»Ach, Eugen, glaubst du wirklich, daß das ginge, daß sich genügende Beteiligung finden würde?«

»Warum denn nicht? Das was gut und vernünftig ist an der Frauenbewegung, setzt sich immer mehr durch. In allen Kreisen regt sich bei den Frauen der Drang nach Wissen. Mit Recht! Ich bin nicht der Ansicht meines Freundes Wolter und des Regierungsassessors von Wernitz, die da meinen, die Frau brauche nur schön und anmutig zu sein, die Dummheit schade ihr in der Wertschätzung des Mannes nichts. Ich halte die Dummheit nicht für ein untrennbares oder gar schätzenswertes Attribut der Frau.«

Er lächelte und strich mit der Rechten liebkosend über ihren Scheitel.

»Ich sehe dich schon, wie du auf der Rednertribüne stehst, und die Frauen und Mädchen sitzen dir zu Füßen und lauschen andachtsvoll deinen belehrenden Worten ...«

Das Herz schwoll ihr höher. Vergessen war, was sie noch vor wenigen Minuten mit Bitterkeit und Widerstreben erfüllt hatte. Nein, es war nicht wahr, die Ehe zog nicht hinab, und Eugen war kein selbstischer Tyrann, der in der Frau nur das Anhängsel, die Dienerin sah, von der er bedingungslose Unterwerfung forderte, oder die Geliebte, die nur zu seinem Vergnügen da war. Sie reckte sich zu ihm empor und bot ihm willig ihre Lippen. Und er preßte sie stürmisch an sich und küßte sie lange und leidenschaftlich. Endlich machte sie sich mit zerzaustem Haar von ihm los und nahm einen Stuhl und setzte sich ihm gegenüber.

»So, nun laß uns einmal beratschlagen!«

Dann begann sie, ganz bei der Sache, ganz erfüllt von der Wichtigkeit ihres Vorhabens, ein Programm aufzustellen. Er hörte ihr zerstreut zu und warf ab und zu ein paar Worte ein. Aber seine Augen waren mehr beschäftigt als seine Ohren. Unverwandt ließ er seine Blicke auf ihren lieblichen Zügen ruhen, die ganz durchstrahlt und verklärt waren von der inneren Geschäftigkeit, die ihrem Teint eine lebhaftere Färbung, ihren Augen einen intensiveren Glanz, ihrem Körper eine straffere Haltung, elastischere Bewegungen gab. Wie plastisch und reizvoll sich die Konturen ihrer in der Ehe voller erblühten Formen in dem enganschmiegenden Kleide markierten!

»Wie schön sie ist!« dachte er.

Und seine Zerstreutheit und seine stille Ungeduld wuchsen, bis er endlich aufsprang und zu ihr hinübereilte.

»So, Schatz, nun ist's genug des trocknen Tones! Den ganzen Nachmittag und Abend habe ich mich nach dir gesehnt, nach deinen süßen Lippen.«

Und wenn sie sich auch im ersten Moment verletzt fühlte und es sich wie unwillige Abwehr in ihr regte, so ganz vertieft war sie in ihre Gedanken gewesen, seinem Ungestüm und seiner Verliebtheit war schließlich nicht zu widerstehen. Sie waren ja doch erst ein paar Wochen verheiratet. Und auch über ihr schlugen die Wogen der Liebe zusammen.


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