Richard Voß
Brutus, auch Du!
Richard Voß

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Neunzehntes Kapitel

Während Tante Minchen für ihren Bruder in der Heimatstadt – wie lieblich lag sie doch an dem Ufer des deutschen Flusses, der an der Rudelsburg vorüberfloß im Kranze ihrer Wälder und Rebenhügel – während die Heimgekehrte voll zärtlicher Schwesterliebe die Stätte bereitete und Filomena für die Rückkehr ihres Professors das Haus schon jetzt von oben bis unten blank putzte, war Rudolf Müller durch die Schweiz nach Deutschland gekommen.

Deutsche Landschaft, deutsche Sprache, deutsche Sitte und Art – Herrgott, Herrgott, wie war er doch begnadet, ein Deutscher zu sein, wenn auch ein Hunne und Barbar.

Und er war begnadet, daß er eine Heimkehr zu dieser gewaltigen Zeit erleben durfte: das deutsche Volk in Waffen, und Sieg auf Sieg! Sieg im Osten und Sieg im Westen. So herrlich hehr war's, daß diese Zeit zu erleben, mit einem ganzen schwer hingebrachten Dasein nicht zu teuer bezahlt gewesen wäre.

Noch leidend an den Folgen seiner Verletzung durch den römischen Pöbel, seit welcher Zeit er sich in einer Art von Dämmerzustand befand, war der alte Herr aus Rom abgereist. Noch von dem Augenblick an, wo er wieder Heimatluft atmete, fühlte er keine Schmerzen mehr. Dabei hatte ihn ein Steinwurf schwer am Kopf verletzt oder war sein Herz getroffen worden?

Mit einem Frühzuge gelangte er über Lindau nach München. Dort hatte er die Akademie besucht; in München hatte sich ihm die Gottheit der Kunst offenbart, in München sich ihm das Leben erschlossen. Dort war er ein glücklicher Mensch gewesen. Jetzt war er wieder in München. Einen vollen Tag wollte er bleiben, um mit dem Nachtschnellzug weiter gen Norden zu fahren. Schon am nächsten Morgen würde er in Naumburg sein: zu Hause.

Er ließ sein Handgepäck auf der Bahn, vergaß, sich eine Marke geben zu lassen, trat aus der hohen Halle des Stationsgebäudes hinaus auf den Platz.

Seit vielen Jahren war er nicht in München gewesen und –

Ja, war denn Deutschland im Kriege? In diesem Kriege!

Er mußte sich besinnen, daß wirklich Krieg war, dieser Krieg! In Bayerns Hauptstadt schien tiefer Friede zu herrschen.

Nicht doch! Wo hatte er seine Augen gehabt? Soldaten – Soldaten – Soldaten! Und Verwundete – Verwundete – Verwundete! Sie gingen an Krücken und Stöcken; sie hatten Beine und Arme zerschossen; sie waren fahl im Gesicht, und alle, sie alle hatten in den Augen einen Glanz – Niemals hatte Rudolf Müller in Menschenaugen solchen Glanz gesehen.

Er stand am Wege, zog seinen Hut – den Kopf trug er noch immer verbunden – und grüßte. Ehrfurchtsvoll, fast demütig grüßte der Heimgekehrte die verwundeten Bayernhelden, die ihn aus großen Augen ansahen: aus Augen mit jenem seltsamen, fast mystischen Glanz im Blick ...

Wohin wollte er? Er hatte den ganzen langen Tag vor sich; aber das Wetter war schlecht: starker Wind und grauer Himmel, trostlos, hoffnungslos grau, als sollte auf Erden nie wieder die Sonne scheinen.

Die Sonne!

Dem alten Herrn war zumute, als hätte er allen Sonnenschein zurückgelassen in dem Lande, aus dem er fliehen mußte, als ob er ein Verbrecher sei. Ein solcher war er auch. Er hatte das Verbrechen begangen, ein Land und Volk, welches unter den Völkern Europas der Judas Ischariot, war, zu heiß geliebt und an dieses Volkes Treue zu heilig geglaubt zu haben. Aber – Nein! Es war nicht Italiens Volk! Italiens wahres Volk war von diesem erkauften Verrat freizusprechen.

Jetzt fühlte er auch wieder den Schmerz im Kopf, und das heftiger als zuvor. Der Wind umwehte seinen Kopf, den er vor den verwundeten Helden entblößte. Ein Verwundeter war er selbst, und das nicht nur an seinem Haupt. Sie mußten eben doch auch sein Herz getroffen haben. Aber jetzt – Wohin?

Er wollte in der lieben alten Stadt alle die Orte aufsuchen, die der Schauplatz seiner Jugend gewesen. Gesegnet der Mensch, der im Alter Hände und Seele zu einer gütigen Gottheit erheben darf: »Ich habe eine glückliche Jugend gehabt!« In der Weinstraße hatte er damals gewohnt, nahe dem Marienplatz. Das altertümliche Haus sollte für das neue Rathaus abgerissen worden sein. Dort hatte er daher nichts zu tun.

Die neue Pinakothek!

In der neuen Pinakothek hing eines seiner Bilder aus seiner besten Zeit: »Fronleichnamsprozession in Olevano«. Als das Gemälde für die königliche Sammlung angekauft wurde – Konnte es auf der Welt einen glücklicheren Menschen geben? Zugleich einen so stolzbescheidenen Menschen. Ein Bild von ihm in Münchens Galerie neuer Meister! Ach, er war nur ein Schüler, würde zeit seines Lebens ein Schüler bleiben: die Kunst hoch über sich thronend und er zu den Füßen der Himmlischen, der Geringsten einer.

Doch des Glücks sollte noch mehr sein; denn als sein Gemälde für Münchens Pinakothek würdig befunden ward, was geschah dann? Dann konnte er sein liebes Mädchen, mit dem er zehn volle Jahre verlobt gewesen, heimführen als Frau Professorin nach Rom! Vor seinem Bilde wollte er heute jener Zeiten gedenken und Erinnerungsgottesdienst halten ...

Nun befand er sich in den Sälen, wo die Meisterwerke einer jüngeren Generation eine bleibende Stätte fanden und wo auch sein Bild einen Ehrenplatz einnahm. Als er dem Saale sich näherte, in dem er sein Werk wiedersehen sollte, pochte sein Herz, als sollte er einer Jugendgeliebten gegenübertreten. Zögernden Schrittes trat er ein und –

Sein Bild befand sich nicht an der Stelle, die er so genau kannte, und wo es seit einem Menschenalter gehangen hatte. Wie konnte das sein?

Sehr einfach. Er hatte gleich in den ersten Sälen bemerkt, daß viele Gemälde umgehängt waren, besser, günstiger. Das war unter der Leitung des neuen Direktors geschehen. Also hatte auch sein Bild einen günstigeren Platz erhalten, also suchte er sein Bild in einem andern der vielen Räume.

Er fand es nicht.

Vollkommen verwirrt wandte er sich endlich an einen der Saaldiener, einen grauköpfigen, würdigen Herrn, dessen er sich gut erinnerte. Diesen fragte er:

»Können Sie mir sagen, wo sich das Gemälde ›Fronleichnamsprozession in Olevano‹ von Professor Rudolf Müller befindet? Es hing früher in diesem Saal – Sie erinnern sich vielleicht?«

»Des Gemäldes von Professor Rudolf Müller?«

»Es hängt nicht mehr an alter Stelle.«

»Nein.«

»Bitte, wo hängt es?«

»Es hängt nirgends mehr.«

»Wie?«

»Es wurde bei uns in letzter Zeit viel aufgeräumt.«

»Aufgeräumt?«

»Ausgemerzt, wissen Sie. Eine gewisse Richtung nämlich.«

»Eine gewisse Richtung?«

»Eine altmodische, überwundene, unbedeutende.«

»Und das Gemälde von Professor Rudolf Müller?«

»Auch altmodisch, überwunden und unbedeutend ... Was fehlt dem Herrn?« »Nichts, Ich danke Ihnen. Ein leichter Schwindel. Ich wurde kürzlich am Kopf verwundet. Und das graue Wetter, der Wind ... Ich danke Ihnen, Sie sind sehr freundlich. Freundlichkeit der Menschen tut wohl.«

Der Galeriediener führte den Wankenden zu einem Sitz, half ihm sich niederlassen, eilte fort, um ein Glas Wasser zu holen. Als der freundliche Mann wiederkam, war der alte Herr nicht mehr da. Er mußte sich schnell erholt haben. Was war ein Glück; denn er hatte ausgesehen wie ein Sterbender. Es wäre peinlich gewesen, wäre in der Königlichen Galerie ein Fremder gestorben. Wer möchte der sonderbare Alte gewesen sein?

Wohin jetzt?

Gleich, ganz gleich! Irgendwohin. Wo auf der Welt gab es für ihn noch Platz? Geflüchtet aus Rom, sein Preisbild als zu altmodisch befunden, als längst überwunden, als viel zu unbedeutend ausgemerzt: ausgemerzt aus einer Galerie seiner Kunst, die ein Tempel war, in dem allein die wahren Verkündiger der Gottheit Einlaß fanden. Und dann er – Auch aus diesen heiligen Hallen verjagt; auch im Vaterlande ein Ausgestoßener, Geächteter.

Wie er sich schämte! Zum erstenmal in seinem Leben fühlte er die Schmach einer heftigen Scham. Denn es war schmachvoll, auch in der Kunst ein Ausgestoßener zu sein. Also wohin jetzt mit sich?

In halber Bewußtlosigkeit mit heftig schmerzendem Kopf ging er irgend eine Straße. Er merkte nicht, daß die ihm Begegnenden stillstanden und ihm nachsahen, als hätte ein Sterbender sich erhoben und wandelte. Plötzlich blieb er stehen und starrte zwei Menschen an, die ihm entgegenkamen, eine ältere, in Trauer gekleidete bürgerliche Frau mit ihrem Sohn. Es war ein Feldgrauer, blutjung, mit todblassem Gesicht, mit – erloschenen Augen. Ein Blinder! ... Blind auf beiden Augen!

Die Mutter hörte er zu ihrem Sohne mit fast heiterer Stimme sagen:

»Dort drüben ist die Türkenkaserne.«

»Meine Kaserne!«

Der Jüngling starrte mit seinen blinden Augen irgend wohin und – lächelte. Bei Gott, dem Allgütigen, dem Allgerechten, der Blinde lächelte! Er wußte, daß seiner Mutter Herz um seinetwillen von Schwertern durchbohrt ward, und er lächelte! Hatte doch seine Mutter mit fast heiterer Stimme gesagt: »Dort drüben ist die Türkenkaserne.« Die Tränen, die dabei ihren armen verweinten Augen entströmten, konnte der Sohn ja nicht sehen.

Rudolf Müller blickte den beiden starr ins Gesicht. Er wollte – Was wollte er doch gleich? Auf Mutter und Sohn zutreten, Mutter und Sohn die Hand küssen. Er wußte nicht mehr, was er wollte. Mit zunehmender Umschleierung seiner Sinne wankte er weiter: irgendwohin.

Immer schwankender wurden seine Schritte, immer wirrer sein Blick, immer umschleierter auch sein inneres Gesicht. In dieser Verschleierung sah er bekannte Häuser und Straßen. Er sah die weit offenen blinden Augen des jungen Helden und sein Kinderlächeln, hörte die heitere Mutterstimme zu ihm sagen: »Dort drüben ist die Türkenkaserne«, hörte den Sohn antworten: »Meine Kaserne« – hörte die beiden Stimmen durch das Geräusch der großen Stadt mehr und mehr wie im Traum in seinem sich umnachtenden Bewußtsein.

Die Menschen blieben stehen und schauten nach irgend einem Gegenstand. Er sah, daß sie geputzt waren, und sprach zu sich selbst:

»Es ist Sonntag. Du bist in München, wo du einstmals jung und glücklich gewesen ... Sie haben dein Gemälde fortgeschafft, es ›ausgemerzt‹. Dein Bild ist nicht wert, zu bleiben und zu dauern; du selbst bist es nicht wert. Auch dich müssen sie fortschaffen. Bald, bald ... Heute nacht fährst du nach Hause ... Es ist Krieg. Du mußtest fort aus Rom ... Krieg ist, und die Menschen sind sonntäglich geputzt, machen vergnügte Gesichter, lachen, freuen sich ihres Lebens, und es ist ja doch Krieg. Die Gatten, Söhne, Brüder, Geliebten dieser Frauen und Mädchen, die vergnügt sind und lachen, können gerade jetzt getötet werden, verstümmelt ... Blut. Eine blutige Sturmflut; Tränen, ganze Tränenströme; Jammer ohne Ende für Tausende und Abertausende ... Dort! Sieh doch! Zwischen den Fröhlichen die Zerschossenen, Lahmen, Blinden ... Das alles träumst du nur.«

Er ging weiter, befand sich plötzlich vor einem großen gelben Gebäude, dessen Tor weit offen stand. Viele Menschen gingen hinein.

Wiederum sprach Rudolf Müller in seinem dumpfen Traum:

»Dieses Haus kennst du ja doch. Es ist – Das Odeon ist es. Als du noch jung warst – Weißt du noch die Feste im Odeon? Die Faschingsfeste, die Künstlerfeste des großen Schweizer Dichters Gottfried Keller! Es steht offen, es ist auch heute ein Fest! Sonntagvormittag, während Krieg ist ... So geh doch hinein.«

Er ging hinein.

Musik. Rauschende, brausende Klänge, ein Sturm von Melodieen, gewaltig, herrlich, das Gemüt von der Erde fortführend, es emporreißend aus der Welt himmelan. Eine Andacht in Melodieen, ein Gottesdienst, ein Mysterium: Beethovens »Eroica«!

Er saß in dem feierlichen Saal, der einer Tempelhalle glich. Er hörte – hörte – hörte. Schauer erfüllten seine scheidende Seele. Er glaubte, in dieser seiner letzten Stunde das Allerhöchste seines Lebens zu erleben, der Kunst Allerheiligstes. Bei den Klängen stiegen vor ihm Bilder auf, Gestalten, Erscheinungen gleich: seine tote Frau mit einem himmlischen Lächeln auf ihrem guten Gesicht, seine glückliche Jugend in dieser Stadt, seine fröhlichen Ausflüge mit den Genossen nach Partenkirchen, Starnberg, Berchtesgaden; seinen ersten römischen Winter, den ersten römischen Frühling. Man sagte, in der Todesstunde könne der Mensch sein ganzes Leben noch einmal durchleben. Rudolf Müller durchlebte das seine, während die Eroica über ihn hinbrauste, nicht wie von einem Menschen geschaffen, sondern von einem Gott: von dem Gott, der in der Sistinischen Kapelle die Gestirne schuf und stürmenden Fluges die Finsternis zerriß.

»Geist von dem Geist Michelangelos war Beethoven.«

Er sagte es mit lauter Stimme. Man rief ihm zu: »Ruhe!« Man schaute nach ihm, kam zu ihm, führte ihn hinaus. Man wollte die Sanitätswache rufen. Er verstand und sagte:

»Weshalb? Es geht mir gut. Ich danke Ihnen ... Ob ich allein gehen kann? Gewiß ... Wer ich bin? ... Ein alter Mann ... Danke, danke, danke.«

Allein trat er seinen Todesweg an, die Seele erfüllt vom Geist Beethovens, durchbraust von den Klängen der Eroica und als letzten hellseherischen Gedanken:

»Ein Volk, welches die Eroica und den Faust besitzt, kann nicht besiegt werden! Nicht von einer Welt von Feinden!«

Er ging weiter, lächelnd wie ein Kind.

Ein großer Platz, welchen der plötzlich zum Greis Gewordene unsicheren Schrittes überquerte, gelockt von frühlingsgrünen Wipfeln, ihm gerade gegenüber. Jetzt ein langer bedeckter Gang, in dem er bleibt, da der Wind stärker weht, sein Kopf heftiger schmerzt und es zu regnen beginnt. Grau, alles grau.

Er sieht auf.

An der Wand zu seiner Linken Bilder, Fresken, Farben. Sie stellen Landschaften dar. Gleich bei dem ersten Gemälde bleibt er stehen. Er muß sich besinnen. Das ist ja – Ein alter Bekannter, ein alter Freund, verehrt, bewundert, geliebt: Rottmann ... Ach ja! Er ist in München. Das ist der Hofgarten, sind die Arkaden, die Fresken Rottmanns, die berühmten Landschaftsbilder von Italien.

Von Italien –

Er steht vor dem ersten Gemälde, sammelt seine ganze Kraft, versucht zu verstehen, liest, sagt halblaut:

Trient.

»Andere Natur und Gebräuche auch, wo italienisch die Sprache.«

»Schöner wird alles. Es spricht alles erheiternd uns an.«

»Schöner wird alles –«

Der graue Himmel, trostlos und hoffnungslos; der heulende Wind, sein ausgestoßenes Gemälde; ausgestoßen er selbst von dort, wo »alles schöner wird«; sein wühlender, wütender Kopfschmerz; sein zuckend schlagendes Herz –

Er wankt weiter von Bild zu Bild. Vor jedem Bilde bleibt er stehen, jedes betrachtet er lange, liest unter jedem stammelnd den Vers des königlichen Dichters von der Villa Malta, der gegenwärtigen »Rosenvilla« in Rom.

Der hat auch das Land gekannt, in dem »alles schöner wird«; hat auch das Land geliebt, das Land der Sonne und Anmut: er, König Ludwig der Erste von Bayern.

»Alter Herr!«

»Ja?«

»Sind Sie krank?«

»Nein. Gewiß nicht. Danke.«

»Sollten Sie nicht lieber nach Hause gehen?«

»Nach Hause. Jawohl, nach Hause. Gleich, gleich!«

»Darf ich Sie führen?«

»Danke, danke.« »Sie sind sehr krank!«

»Ich kann ja gehen; kann sehen; kann lesen. Welcher Name steht dort über dem Bilde? ... Rom! Mein Rom! Lesen Sie. Was steht unter meinem Rom geschrieben? Lassen Sie es mich hören; denn ich kann plötzlich nicht mehr sehen ... Lesen Sie, lesen Sie!«

Das junge Mädchen, welches den kranken alten Herrn angesprochen hatte, las mit unsicherer Stimme:

»Rom.«

»Flieh aus den Mauern von Rom, um das alte zu fühlen ....«

»Um Rom, das alte, zu fühlen.«

Es waren Rudolf Müllers letzte Worte.


Ein Auflauf im Hofgarten unter den Arkaden. Was war geschehen? Einen alten Herrn hatte der Schlag getroffen.

»Ist er tot?«

»Tot.«


Tot Rudolf Müller. Niemand jedoch wußte, wer der Tote war. Er führte nichts bei sich, was über seine Person hätte Auskunft geben können; außer einer Geldtasche mit einigen Hundertmarkscheinen nichts.

Der Tod des unbekannten alten Herrn wurde in den Münchener Zeitungen veröffentlicht und seine Angehörigen aufgefordert, ihn in der Leichenhalle des betreffenden Stadtteils zu rekognoszieren. Viele kamen: Neugierige, Gleichgültige. Sie betrachteten den unbekannten Toten mit dem Antlitz eines Mannes, der das Leben überwunden hatte, siegreich und lächelnd überwunden. Aber kein Angehöriger meldete sich.

So wurde denn der unbekannte alte Herr begraben. Nicht in seinem Rom; nicht auf dem Friedhof bei der Cestiuspyramide, nahe dem Grabe von Goethes Sohn, fand Rudolf Müller seine letzte Ruhestätte, sondern in Deutschlands Erde, in der heiligen Erde seines Vaterlands, welches Deutschlands Heldensöhne mit ihrem Blut und Leben gegen eine Welt von Feinden siegreich verteidigten zu Deutschlands unsterblichem Ruhm.

Rudolf Müller würde in dem geweihten Boden in Frieden ruhen.

In Frieden –


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