Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebenundzwanzigstes Kapitel.

Herr von Zeisel hatte es so eilig, fortzukommen, daß er nicht einmal das Ende des Diner abwartete, wie sehr dasselbe auch heute beschleunigt worden war, und sich schon vor dem Dessert bei den beiden Damen – Hedwig hatte sich entschuldigen lassen – verabschiedete.

Gott sei Dank, daß ich fort und im Sattel bin, sagte Herr von Zeisel, als er zum Schloßthor hinausritt; es fehlte nur noch Banquo's Geist, so war das Mahl auf Macbeth' Schloß fertig. Und dabei so ganz en famille! so ganz wie in Berlin! ich kam mir lächerlich ausländisch vor mit meinem sächsischen Singsang unter diesen schnarrenden preußischen Trompeten. Und nun dies Menu! Ich habe mich geschämt! Man sah so recht, daß der Herr nicht zu Hause war!

Aber wie leicht wog ein verfehltes Menu im Vergleich zu Allem, was auf das Gemüth des wackern Cavaliers drückte! Es war so viel, daß er manchmal ordentlich bedauerte, kein Kind mehr zu sein, um sich in irgend eine stille Ecke setzen und recht von Herzen ausweinen zu können. Wie war er diesen Weg noch vor wenigen Tagen so selig dahingeritten! Es hatten schon Wolken, schwere Wolken am Himmel gestanden, aber die Sonne seiner Liebe hatte doch immer noch einen Weg gefunden, hindurch und gerade hinein in sein Herz zu strahlen; heute vermochte gegen die trüben Erdennebel selbst diese liebe Sonne nichts.

Da unmittelbar rechter Hand vor ihm lag das Iffler'sche Haus wie ein memento mori. Was half es, daß er seinem Braunen die Sporen gab und im Vorüberjagen starr nach links in das grüne Thal blickte, auf welchem er einst die Wiesenblume seiner Gedichte gepflückt? Er sah doch, daß sämmtliche Jalousien des Hauses geschlossen waren, nicht gegen die Sonne, die längst auf der andern Seite im Garten an den sechs Goldfischen weiter kochte, sondern gegen die böse schadenfrohe Welt, zu welcher ohne allen und jeden Zweifel im Iffler'schen Sinne Oscar von Zeisel in erster Linie gehörte. Vorbei! Vorbei!

Aber in Rothebühl war die Sache nicht besser. Schien doch jedes Gesicht, welches am Fenster sich zeigte, als er durch die stillen sonnigen Straßen trabte, darüber zu triumphiren, daß morgen nun doch, nach so vielen Vorbereitungen, nach so unendlichem Hin- und Herreden aus dem Feste nichts, so gut wie nichts werden sollte!

Da war der Marktplatz, da die Gaststube zur Goldenen Henne – der Schauplatz seiner demagogischen Umtriebe an jenem Morgen; da die Laube der Apotheke, durch deren grüne Ranken die Kleider der abtrünnigen Damen zu schimmern und hämische Blicke auf Oscar von Zeisel zu fliegen schienen, während er jetzt am Brunnen hinritt, dessen Wasser verschlafen in der warmen Abendsonne murmelten.

Vorbei! Vorbei!

Vorbei und weiter bis zu der Fabrik vor der Stadt, wo Herr von Zeisel sein muthiges Pferd plötzlich anhielt, als er den Besitzer in dem Thorwege stehen sah.

Wollen Sie nicht absteigen? sagte Herr Körnicke.

Herr von Zeisel dankte; er habe es sehr eilig, müsse noch nach Erichsthal, vielleicht bis Buchholz.

Ich wollte Ihnen nur kurzen Bericht erstatten, wie die Sachen hier stehen, sagte Herr Körnicke.

Schlecht natürlich! rief Herr von Zeisel.

Daß sie nicht schlechter stehen können, sagte Herr Körnicke. Es ist wahrhaftig, als ob sie Alle des Teufels wären. Die Geschichte mit dem französischen Herrn hatte schon böses Blut gemacht; nun rückt uns der Krieg immer näher, der ja nach den heutigen Nachrichten wohl so gut wie gewiß ist, und man besinnt sich darauf, woran man sonst in diesem stillen Winkel am liebsten gar nicht denkt, daß man doch Preuße ist und – Herr Körnicke schwieg und klopfte nachdenklich den schlanken Hals von des Cavaliers Renner.

Und wenn man ehrlich sein will, Herr von Zeisel, verübeln kann man es ihnen just nicht. Wer möchte denn, daß die heillose Wirthschaft von ehemals wieder über uns hereinbräche, wo Niemand wußte, wer Koch oder Kellner war im Heiligen römischen Reich, derweilen uns Jeder, der wollte, die Butter vom Brode nahm und das Brod dazu. Von der Noth hat uns Preußen doch nun einmal erlöst, und kann uns auch fürder nur Preußen erlösen; und deshalb muß Jeder, der es ehrlich mit Deutschland meint, jetzt zu Preußen halten, wie sehr es ihm auch sonst gegen den Strich gehen mag. Das weiß ich und fühle ich so gut wie Einer, und es ist mir sauer genug geworden, dem alten Herrn das Wort zu reden gegen meine Ueberzeugung. Und schließlich habe ich die Sache dadurch nur noch schlimmer gemacht, denn, wenn der alte Herr von mir gelobt wurde, der ich den guten Leuten so ein Stück Satanas bin, so mußte es wohl sehr schlimm mit ihm stehen, dachten sie, und wurden nun erst recht scheu und haben heute in der Stadtverordneten-Versammlung beschlossen, daß man sich nicht, weder in corpore – wir sind nämlich unserer Sieben – noch deputationsweise, an der Gratulation betheiligen könne. So sagen sie auch in den Gewerken, und meine Liedertäfler wollen nicht singen, wenn ich sie nicht mit: »Ich bin ein Preuße« anfangen und mit: »Was ist des Deutschen Vaterland« endigen lasse. Na, Herr von Zeisel, da habe ich denn gedacht, das werde dem alten Herrn just keine große Freude machen an seinem Geburtstage, und habe den Männern gesagt, wir wollten die Geschichte dann lieber ganz sein lassen.

Herr von Zeisel mußte nun doch absteigen, um Frau Körnicke begrüßen zu können, die aus dem Wohnhause über den Hof herbeikam mit dem Ausdruck lebhafter Bekümmerniß auf dem hübschen frischen Gesicht.

Ich kann wahrhaftig nichts dafür, sagte sie, indem sie dem Cavalier die Hand reichte.

Ich weiß es, verehrte Frau, erwiederte der Cavalier, und danke Ihnen und werde Ihnen für Ihre Freundlichkeit immer dankbar sein.

Die gute alte Durchlaucht, sagte Frau Körnicke, während sie sich die hellen grauen Augen trocknete; wie gern hätte ich ihm die schönen Verse hergesagt, und ich würde meine Sache auch gewiß nicht schlecht gemacht haben; aber die Rederei war ja endlich gar nicht mehr auszuhalten, und wenn sie auch für mein Theil schwätzen möchten, so viel sie wollen – mein Alterchen ist ein bischen heftig –

Dummes Zeug, sagte Herr Körnicke.

Und man lebt doch nun einmal unter den thörichten Menschen, und hernach sollen die Kinder in die Schule gehen und –

Es bedarf wahrlich keiner Entschuldigung, verehrte Frau, sagte der Cavalier; auch würde Ihre ohne Zweifel vortreffliche Leistung jetzt ganz vereinzelt bleiben, da ich mein Festspiel aus anderen Gründen habe fallen lassen, und Fräulein Iffler noch gestern Abend –

Ist es denn wahr, daß sie einen Schwan hat machen sollen und nicht in's Wasser gewollt hat? fragte Frau Körnicke.

Großer Gott, rief der Cavalier, wie können Sie nur –

Eine solche Gans sein, dergleichen zu glauben, sagte Frau Körnicke, welcher der Schelm schon wieder aus den grauen Augen blitzte. Nun, ich glaube es ja auch nicht, aber in der Stadt erzählt man es überall.

Der Braune fing an, ungeduldig zu werden, sehr zu gelegener Zeit für seinen Reiter, der durch die Wendung, welche das Gespräch genommen, in nicht geringe Verlegenheit versetzt war und sich jetzt empfahl, nachdem er dem Ehepaar die Hände geschüttelt.

Man wird noch zum Kinderspott werden, sprach er bei sich, während er im scharfen Trabe auf der Chaussée weiterritt; und dabei weiß Keiner außer mir, wie kläglich es in Wirklichkeit um unser Fest steht. Es fehlte nur noch, daß Durchlaucht sich in den Kopf setzte, gar nicht zurückzukommen, bis der Tag vorüber ist. In dieser Lage der Dinge ist schließlich Alles möglich.

Herr von Zeisel kam nach Erichsthal, dessen Verwalter ungeduldig war, verschiedene wichtige Verabredungen für den morgenden Tag endgiltig getroffen zu sehen. Wie viel Puter sollten noch in die Küche geliefert werden? und waren sechs Gespann Pferde ausreichend, um die Rothebühler Damen zusammenzuholen und nach dem Fest wieder nach Hause zu fahren? Und wie war es mit dem Aufzuge der Knechte und Mägde von Erichsthal und von den anderen fürstlichen Gütern während der Illumination? Sollten die Leute schon in Ordnung auf den Schloßhof ziehen, oder sich erst dort aufstellen, wo man sie dann allerdings mehr in der Hand hatte?

Ich werde noch verrückt werden, sagte der Cavalier, nachdem er diese und andere Fragen, ganz gegen seine sonstige Gewohnheit, mit unsicherem Zögern nothdürftig beantwortet hatte; ein wahres Fegefeuer, das ich hier durchzureiten habe.

Vor dem Reiter lag in der Tiefe der Ebene, in welche er jetzt hinabritt, ein Gutshof, zwischen Bäumen und Buschwerk fast versteckt, daß nur eben die rothen Dachfirsten von einigen der Gebäude zu sehen waren, und jetzt auch der oberste Giebel des Herrenhauses weiß zu ihm herüberschimmerte. Er hob sich im Bügel und sendete Kuß und Seufzer vor sich her, bevor er seinen Braunen in einen Jagdgalopp setzte, der ihn in wenigen Minuten zu einer Stelle brachte, wo von dem längeren Hauptwege ein kürzerer Seitenweg an dem erlen- und weidenumschatteten Ufer des Baches entlang durch ein anmuthiges Wiesenthal nach Buchholz führte.

Der Cavalier ritt mit Vorliebe diesen Weg, den er bereits in seinem Philomelen-Sonett verherrlicht und der freundlichste Traum bald darauf zum Schauplatz der köstlichsten der Scenen sich erwählt – die fata morgana, eines Glückes, an dessen Realität Oscar von Zeisel eben nur im Traume glaubte.

Der Braune war schon längst aus dem poetischen Galopp in nüchternen Trab gefallen und vertauschte denselben jetzt mit einem melancholischen Schritt. Der Cavalier seufzte: Das kluge Thier weiß, daß der Ueberflüssige keine Eile zu haben braucht!

Plötzlich spitzte der Braune die Ohren und in demselben Moment begann Oscars Herz heftig zu schlagen Aus den Erlenbüschen, in welche der Pfad sich verlor, ertönte eine frische Mädchenstimme in ein paar lauten Cadenzen, die ihm süßer wie der Lockruf der Nachtigall klangen. Die singende Ruferin machte eine kurze Pause, in welcher sie, wie es schien, vergeblich auf Antwort gelauscht haben mochte, denn sie stimmte jetzt die ersten Tacte eines Volksliedes an, dessen melancholische Weise ihm rührender schien, als der Philomele schluchzendes Klagen.

Mein Gott, wie ich erschrocken bin!

Oscar war aus dem Sattel gesprungen und stand jetzt, den Zügel über dem Arm, den Hut in der Hand, erröthend vor der erröthenden jungen Dame, eine Entschuldigung stammelnd, die kaum gehört wurde.

Aber die freudige Bestürzung währte nur einige Momente, dann schritten sie, indem Herr von Zeisel den Braunen am übergestreiften Zügel hielt, nebeneinander den schmalen Pfad zurück, welchen Adele eben gekommen war; er hatte bereits gefragt, ob der Fürst vielleicht bei Herrn von Fischbach sei und eine verneinende Antwort erhalten. Der Fürst sei vorgestern dagewesen und habe so sehr traurig ausgesehen.

Daß es mir in's Herz schnitt, sagte Adele; ich habe den Herrn, der immer so gütig gegen mich ist, ordentlich lieb gewonnen, und da thut mir nun sein Unglück in der Seele leid; denn unglücklich ist er, nicht wahr?

Dem Himmel sei es geklagt! sagte Herr von Zeisel seufzend.

Und die gnädige Frau auch, fuhr Adele fort; und die habe ich ebenfalls so lieb gewonnen in der kurzen Zeit; und nun frage ich mich immer, weshalb haben sich die Beiden nur geheirathet?

Gott mag es wissen, sagte Herr von Zeisel.

Es schickt sich vielleicht für ein junges Mädchen nicht, so etwas zu sprechen, sagte Adele, aber Mama und ich denken den ganzen Tag an nichts Anderes, und dem Papa geht es auch unaufhörlich durch den Kopf, obgleich er immer sagt, wir sollten uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern. Papa, müssen Sie wissen, schwärmt für den Fürsten und sagt, nichts auf der Welt thue ihm mehr leid, als daß er der guten Durchlaucht vorher immer ausgewichen sei. Aber es ist so unrecht von mir, daß ich Sie von so traurigen Dingen unterhalte.

Weshalb unrecht, mein gnädiges Fräulein?

Weil Sie immer so heiter und lustig sind.

Ich heiter und lustig? rief Oscar von Zeisel im Tone gekränkter Unschuld.

Ja, ist es denn ein Verbrechen, wenn man heiter und luftig ist?

Das gerade nicht, erwiederte Oscar, nur daß ich es nicht bin, und am wenigsten von allen Menschen Ursache habe, es zu sein.

Wie können Sie so etwas sagen, rief Adele, auch nur im Scherze sagen! Wahrhaftig, Herr von Zeisel, Sie versündigen sich!

Es ist mein vollkommener Ernst, gnädiges Fräulein, sagte Oscar, die Hand auf's Herz legend, mit so feierlicher Stimme, daß Adele heftig erschrak.

Sie hatte – trotz des Cavaliers Versicherung – daran festgehalten, daß er, wie alle Welt behauptete, mit Elise Iffler heimlich verlobt sei und sie nur seiner Armuth wegen noch nicht geheirathet habe. Sie war selbstlos genug gewesen, sich diese Lage des liebenswürdigen jungen Mannes zu Herzen und es ihm sehr übel zu nehmen, daß er so leicht daran trug. Jetzt sah sie, daß sie sich geirrt und daß sie eine wunde Stelle in seinem Herzen unzart berührt.

Verzeihen Sie, Herr von Zeisel, sagte sie, es war nicht hübsch von mir, an Ihrem Kummer zu zweifeln. Wie kann man wissen, wie einem Andern zu Muthe ist.

Sehr wahr, sagte der Cavalier mit einem feurigen Blick nach dem jungen Mädchen, das mit niedergeschlagenen Augen neben ihm ging, wie kann man das wissen!

Und einen bescheidenen Wunsch wird der Himmel ja auch erfüllen, fuhr Adele tröstend fort.

Aber ich bin nicht bescheiden, rief Oscar, ich bin der Unbescheidenste der Menschen, der sich das Höchste, das Herrlichste wünscht, was diese Erde bietet.

Sie werden noch glücklich werden, verlassen Sie sich darauf, sagte Adele.

Niemals, rief Oscar von Zeisel, niemals! Mein Glück ist unerreichbar wie die Sterne.

Armer Mann, armer Mann! sprach das mitleidige Mädchen bei sich.

Und dann dachte sie daran, wie wohlwollend ihr Vater gegen den Cavalier gesinnt war und wie er nur noch gestern Abend gesagt hatte: dem Zeisel gäbe ich gleich Buchholz in Pacht, wenn ich einmal das Wirthschaften satt habe; und langsam zögernd kam über ihre Lippen:

Sprechen Sie doch einmal mit meinem Vater.

Darf ich? Soll ich? rief Oscar. Süßestes, himmlischstes Mädchen!

Er hatte, weil er für den Augenblick seine beiden Hände brauchte, den Braunen losgelassen, der, als ein verständiges Pferd, seinem Herrn in einem so wichtigen Augenblick seines Lebens keine Ungelegenheit machte, sondern ruhig hinterdrein schritt und nur von Zeit zu Zeit den Kopf hob, um nicht auf den Zügel zu treten.

Das ist abscheulich von Ihnen! Das habe ich nicht um Sie verdient! schluchzte Adele, sich aus den Armen des allzu kühnen Cavaliers reißend.

Oscar von Zeisel stand wie erstarrt. Er sollte mit dem Vater sprechen! und für so süße, köstliche, himmelerschließende, seligkeitverheißende Worte nicht mit einem glühenden Kusse danken! Wann, seitdem Liebende mit den betreffenden Vätern zu sprechen aufgefordert waren, hatte man diese Aufforderung nicht mit einem Kusse beantwortet! Ja, gab es überhaupt eine andere Antwort!

Er sagte und fragte das nicht in Worten, aber seine zärtlich-vorwurfsvollen Blicke, das wehmuthsvolle Zucken seiner rothen Lippen sagten und fragten es; und, als die Liebenden jetzt vor ihm her durch ein Bosquet schritten, dessen dichtes Gezweig die rothen Abendstrahlen durchzitterten, hielt der gute Braune es für angemessen, die Muße zu benutzen und sich, soweit es die Zügel erlaubten, in dem kurzen saftigen Grase gütlich zu thun.

Um Gott, der Vater! sagte Adele, als plötzlich ihr Name von der kräftigen Stimme Herrn von Fischbachs aus nächster Nähe gerufen wurde.

Hast Du mir nicht gesagt, daß ich mit ihm sprechen soll? sagte der Cavalier, das erröthende Mädchen noch einmal an sein Herz drückend.

Adele! Adele!

Und auch die Mutter, flüsterte Adele.

Und auch die Mutter wird Ja und Amen sagen, rief der Cavalier; komm mein holdes Mädchen, laß uns ihnen entgegen gehen. Ich fürchte mich vor der ganzen Welt nicht, am wenigsten vor Deinen guten Eltern.

Unmittelbar hinter dem Wäldchen führte eine Brücke über den Bach, und als nun der glückliche Oscar, an der rechten Hand das geliebte Mädchen, in der linken den Zügel des Braunen, bescheidenmuthig zwischen den letzten Büschen heraustrat, sah er – wie er sie im Traum gesehen – Herrn und Frau von Fischbach drüben, ihn, im Begriff mit an den Mund gelegten Händen zum andernmal »Adele« zu rufen, sie, über das Geländer der Brücke sich lehnend und die Fische, welche dort gegen die Strömung standen, von einer mitgebrachten Semmel fütternd. Es war Oscars schöner Traum in die schönere Wirklichkeit übersetzt. Das letzte Zagen schwand aus seiner Seele, und die kleine Hand, welche einige Neigung verspüren ließ, aus der seinen zu gleiten, kräftig festhaltend, trat er an das würdige Paar heran und begann:

Verehrter Herr von Fischbach, meine gnädige Frau –

Ulrich, habe ich es Dir nicht gestern Abend gesagt, rief die gute Frau von Fischbach, den Rest der Semmel in's Wasser werfend, um beide Hände erst vor Verwunderung zusammenzuschlagen und dann die Arme für Adele zu öffnen, die sich in stürmischer Zärtlichkeit an den Busen der Mutter stürzte.

Freilich, sagte Herr von Fischbach, aber –

Lieber, theurer Herr, rief der Cavalier, die ein wenig zögernd dargebotene Hand des würdigen Mannes schüttelnd, ich bitte, ich flehe Sie an: stören Sie die wunderbare Schönheit dieser glückseligen Stunde nicht durch ein unglückseliges Aber!

Nun meinetwegen, ich bin nie ein Störenfried gewesen, rief Herr von Fischbach mit herzlichem Lachen.

Und Adele entzog sich den Armen ihrer Mutter, um sich in die ihres Vaters zu werfen, während Oscar von Zeisel sich beeilte, in herzlicher Dankbarkeit seine Lippen auf die Finger der guten Frau zu drücken.

Ich dächte, wir machten nun, daß wir hereinkämen, sagte Herr von Fischbach; die Forellen werden so wie so schon nicht mehr besonders sein; aber das kommt davon, wenn man solche Allotria treibt, wie diese jungen Leute hier, und sich zum Abendbrod erst lange suchen läßt.

Wenn man sich schließlich nur findet, flüsterte der glückliche Cavalier mit einem zärtlichen Blick auf seine junge schöne Braut.


 << zurück weiter >>