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Die kleineren Staaten

Der Krieg hat bereits den Wert einer der Faktoren, von denen die Friedensliga abhängen wird, wesentlich vermehrt. Die kleineren Staaten Holland, Belgien, Schweiz und die skandinavischen Mächte wären einer solchen Liga, wenn sie bestanden hätte, in diesen vierzig Jahren jederzeit zu ihrem Schutz beigetreten und hätten so Mister Houston Chamberlains Traum von einem protestantischen Norden soweit verwirklicht, als ein solcher Traum verwirklicht werden kann. Doch nach dem Kampf, den Belgien jüngst aufnahm, werden die Kleinstaaten mit der Gewißheit beitreten können, als militärische Faktoren mit großer Achtung behandelt zu werden. Denn Belgien darf für sich in Anspruch nehmen, allein Europa gerettet zu haben. Deutschland wurde sehr unliebsam an die Tatsache erinnert, daß, obwohl ein großer Mann einen kleinen zu schlagen vermag, doch dieser, wenn er mit allen Kräften kämpft, dem Sieger seine Friedensstörung tüchtig verleiden kann. Selbst zwischen den Großmächten war, soweit bis jetzt gekämpft wurde, der Sieg nicht immer bei den größten Bataillonen. Mit ein paar Millionen Mann weniger hätte der Kaiser diese vielleicht mehr geschont und mehr mit ihnen erreicht.

Ich bin immerhin nicht der beglaubigte Vertreter der kleinen Staaten als solcher und stelle aufs lebhafteste in Abrede, daß wir in irgendeiner Weise verpflichtet sind, als fahrende Ritter für sie gegen die Großstaaten einzutreten. Sie sind meist selbst entweder unverbesserlich streitsüchtig, wie Montenegro, oder eine dauernde Versuchung für die Großmächte, wie Bosnien und Herzegowina. Sie vermehren die Grenzen, welche lästig sind und die Sprachen, welche seit der Erbauung von Babel Verwirrung schufen. Der auffallende Gegensatz zwischen den Vereinigten Staaten von Nordamerika und den Veruneinigten Staaten von Südamerika spricht in dieser Hinsicht vom pazifistischen Gesichtspunkt sehr stark zugunsten der nördlichen Einheit. Die einzige Einwendung gegen große politische Einheiten besteht darin, daß sie überaus gefährliche Autokratien bilden. Doch als Gruppen konföderierter Demokratien sind es die besten Nachbarn der Welt. Ein verbündetes demokratisches Rußland wäre ein ebenso sicherer Gefährte wie Amerika. Ein verbündetes demokratisches Deutschland ebenso angenehme Gesellschaft wie die Schweiz. Wir wollen nicht mehr von kleinen Staaten als englischen Dulcineas hören.


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