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Die deutsche Einheit unverletzlich

Hier möchte ich denen, welche ein entzweites Deutschland erhoffen wie das, über welches Thackeray sich lustig gemacht hat, sagen, daß ihre Hoffnungen eitel sind. Die Süddeutschen, das freundlichste, gutmütigste Volk der Welt (soweit ich die Welt kenne), hassen die Preußen viel mehr als wir. Aber sie wissen, daß sie als Teil eines vereinigten Deutschlands geachtet und stark und groß sind und daß sie als einzelne Königreiche schwach und verachtet und unbedeutend wären. Deutschland wird zusammenhalten. Die Deutschen mögen zum preußischen Drillsergeanten und seinem Meister Hohenzollern vernünftigerweise sagen: »Eine schöne Geschichte habt ihr aus eurer Aufgabe gemacht nach allem, was wir von euch erduldet haben, weil wir glaubten, ihr könntet uns unbesiegbar machen. Wir dachten, daß, wenn ihr strenge Gebieter seid, ihr auf alle Fälle gute Grenadiere wäret. Doch da sind diese kleinen Belgier und diese Russen, die von den Japanern geschlagen wurden, und diese Engländer, die gegen eine Handvoll Burenfarmer so schlecht abschnitten, und sie kämpfen und organisieren so gut wie ihr. Da nun die Franzosen und Engländer als Republik und sehr beschränkte Monarchie eingerichtet sind, wollen wir versuchen, wie diese Art von Verfassung uns paßt«, doch sie werden sich nicht von Preußen lossagen. Im Gegenteil, sie werden viel eher die deutsche Gemeinschaft ausdehnen, indem sie sich das deutsche Österreich angliedern. Und da dies die Frage aufwerfen würde, ob Hohenzollern oder Habsburg Hahn im Hühnerhof sein soll, wäre die einfachste Lösung, alle beide loszuwerden und den früher oder später unvermeidlichen Schritt zu einer demokratisch-republikanischen Regierungsform zu tun, zu der Europa sichtlich neigt, obwohl »this king business«, wie meine amerikanischen Freunde es nennen, gewisse Vorteile bietet. Das heißt, wenn es beschränkt ist und mit einem Adel kombiniert ist, der gleichfalls durch Erstgeburt beschränkt ist und wenn es politisch von einer Gemeinschaft beaufsichtigt wird, zu der außer den ältesten Söhnen der aristokratischen Familien alle gehören, wodurch eine Sonderstellung des Adels, wie in Deutschland, unmöglich gemacht wird. Eine solche Monarchie, besonders wenn der Monarch eine Frau ist, wie heute in Holland und in England unter Victoria, ist ein leidlich annehmbarer Ersatz für eine formelle Republik für alte Zivilisationen mit eingewurzelter monarchischer Überlieferung, so lächerlich sie in neuen und wesentlich demokratischen Staaten wäre. Auf alle Fälle ist es denkbar, daß die westlichen Alliierten die Einführung irgendeiner solchen politischen Verfassung in Deutschland und Österreich als Sicherheit verlangen. Und wenn auch dieses Begehren Rußland nicht gefallen würde, manches Verlangen Rußlands wird uns nicht gefallen und es wird ein Geschäft von Geben und Nehmen sein müssen.


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