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Natürliche Grenzen der Kriegsdauer

Es ist Zeit, an das Thema der Friedensbedingungen heranzutreten, denn Lord Kitcheners Idee, daß wir uns für einen jahrelangen Krieg einrichten werden, wie vor hundert Jahren, ist soldatisch, aber nicht vernünftig. Es besteht natürlich für uns die physische Möglichkeit, zwanzig Jahre lang das Schaufeln von Schützengräben fortzusetzen und die Beschießung deutscher Truppen und das Zurückdrängen deutscher Armeen, wenn sie nicht gerade uns zurückdrängen, indessen alte Weiber in der Feuerzone, über die die Soldaten laufen um Deckung zu suchen, Rüben ausziehen und Ziegen halten. Aber wir können es uns nicht leisten, eine Million erwachsener Männer, die einer eingehenden Prüfung ihrer Gesundheit standgehalten haben, für mehrere Jahre von ihren Familienpflichten fernzuhalten, es sei denn, wir beabsichtigen, unsere nächste Generation von Eltern zu züchten, die kurzsichtig sind, Krampfadern haben, defekte Zähne und einen gestörten inneren Organismus. Soldaten denken nicht an diese Dinge, »es ist nicht an ihnen, zu grübeln, nur zu kämpfen und zu sterben«, doch vernünftige Zivilisten müssen daran denken. Und sogar Soldaten wissen, daß man nicht so rasch Munition herstellt als verbraucht und auch nicht Männer und Pferde so plötzlich hervorbringen als mit Maschinen sie töten kann. Es wäre tatsächlich gut, wenn unsere Zeitungen, statt von Zehnzollgranaten zu sprechen, von £ 1000-Granaten sprächen, und die Regimentsmusik sollte gelegentlich die Nationalhymne und die Brabançonne und die Marseillaise mit der alten Weise beschließen: »That's the way the money goes: Pop goes the Ten Inch.« Es ist leicht, Mr. Norman Angell und Herrn Bloch für ihre geizigen Hinweise auf die Kriegskosten zu tadeln, und Mr. H. G. Wells ist durchaus im Recht, wenn er darlegt, daß die Tatsache, daß der Krieg kaufmännisch sich nicht bezahlt macht, sehr für ihn spricht, weil keine höhere menschliche Tätigkeit sich jemals bezahlt macht. Doch moderner Krieg deckt nicht einmal die eigenen Kosten. Schon haben unsere Leute in zurückweichende Deutsche »Blei gepumpt«, die kein Blei mehr übrig hatten, um zurückzupumpen, und früher oder später, wenn wir endlos fortsetzen, werden wir das Geschäft mit unseren Fäusten zum Abschluß bringen müssen und uns beglückwünschen, sowohl George Carpantier als Bombardier Wells auf unserer Seite zu haben. Dieser Krieg wird aufhören, sobald Deutschland nachgibt, und das wird geschehen lange bevor es gänzlich erschöpft ist, doch nicht bevor wir selbst froh genug sein werden, ausruhen zu dürfen. Nationen sind wie Bienen, sie können nicht töten, es sei denn auf Kosten ihres eigenen Lebens.


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