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Von der Sorge für unsere Gesundheit und zeitliche Wohlfahrt

Wir haben Seele und Körper, und beide sollen sich wohl befinden, Eins mit dem Andern und durch das Andere. Wenn die Seele leidet, leidet gewöhnlich der Körper mit, und die Seele empfindet ebenfalls die Schmerzen des Körpers. »Er ist an Leib und Seele gesund«, pflegt man von einem Menschen zu sagen, dem es durchaus recht wohl geht. Es ist also unsere Pflicht, für dieses Wohlbefinden zu sorgen und Alles zu verhüten, was dasselbe stören kann. Wir auf dem Lande sind in dieser Rücksicht weit glücklicher als die Städter. Der Himmel um uns ist freier, die Luft reiner und heiterer; Alles athmet mehr Leben und Gesundheit. Die Bewegung, eine nothwendige Bedingung zum Wohlbefinden, liegt nothwendig in unserer Lebensart. Daher sind auch im Allgemeinen die Landleute immer noch gesünder, munterer, stärker und fester als die Bewohner der Städte. Aber auch bei uns auf dem Lande ist man oft sorglos genug und schadet sich zuweilen durch Unbesonnenheit auf einmal mehr, als das eingesperrte Stadtleben gewöhnlich in vielen Jahren schaden kann. Wir glauben oft, unsere Gesundheit sei unverwüstbar, von Stahl und Eisen, wie man sich ausdrückt, und stürmen ohne Gedanken fort, bis ununterbrochene Unbesonnenheit oder irgend ein Zufall, den wir hätten vermeiden können, uns niederwirft. Dann sind wir desto schlimmer daran, da wir gewöhnlich die Hilfe eines geschickten Arztes nicht sogleich in der Nähe haben und die Verzögerung oft sehr gefährlich ist. Je unschätzbarer uns also in unserm Stande unsere Gesundheit ist, desto aufmerksamer sollten wir sie zu bewahren, zu stärken und zu befestigen suchen. Unsere Erziehung ist von Jugend auf freier und härter und macht uns also stärker und dauerhafter. Aber auch diese Stärke und diese Dauerhaftigkeit braucht Schonung und Aufmerksamkeit. Wir sind den übeln Folgen der Witterung nicht so sehr unterworfen als die Weichlinge der Städte; aber wir sind ihnen doch auch ausgesetzt. Unser Knochenbau ist zwar fester, aber er ist doch nicht unzerstörbar. Daß wir uns nicht durch Mangel der Bewegung und Arbeit schaden, dafür ist durch unsere Beschäftigung gesorgt. Aber Mancher schadet sich dagegen auf sein ganzes Leben durch übertriebene Anstrengung. Wie oft haben bei uns Personen, sowol Männer als Weiber, dadurch, daß sie auf einmal mehr arbeiten wollten, als ihre Kräfte erlaubten, ihre Gesundheit auf immer zerstört! Der menschliche Körper ist bei aller seiner Stärke doch so fein gebaut, daß nur inwendig eine Haut reißen, ein kleiner Knochen aus der Fuge treten, eine Ader springen darf, und das Ganze liegt da und kann nur mit vieler Mühe und unter großen Schmerzen oder vielleicht nie wieder in Thätigkeit gesetzt werden. Auch dürfen wir nicht glauben, daß die Witterung uns durchaus gar nicht schaden werde, und daß wir ohne Unterschied uns jeder Veränderung derselben ohne Gefahr aussetzen können. Ein fester, abgehärteter Körper trotzt ihr zwar länger, aber die gehörigen Vorsichtigkeitsregeln müssen doch die Gesündesten nicht unterlassen. Man muß nie zu schnell aus der Hitze in die Kälte, aus der Kälte in die Hitze, aus der Ruhe in die Bewegung, aus der Bewegung in die Ruhe kommen. Die Natur macht keinen Sprung; sie steigt hinauf und herab; zwischen Sommer und Winter liegen Frühling und Herbst. Die Kleidung darf weder zu leicht noch zu schwer, weder zu luftig noch erstickend warm sein. Allerlei Essen und Trinken ist unserm Magen zwar nicht so gefährlich als den Verzärtelten, aber es giebt doch manche Speisen, die durch ihre Natur einander so entgegen sind, daß sie auch dem Stärksten empfindliche Folgen verursachen. Jeder muß sie also kennen lernen, um nicht nach und nach durch Leichtsinn dieser Art seine gute Verdauung zu Grunde zu richten. Gesundheit ist ein Geschenk des Himmels, dessen Werth wie den Werth alles Uebrigen wir dann erst recht schätzen lernen, wenn wir in Gefahr sind, sie zu verlieren. »Ein Jeder prüfe, was seinem Leibe gesund ist!« sagt Paulus, der in seinen Briefen manche goldne Regel für Seele und Leib mittheilt, weil er selbst ein Mann war, der das menschliche Leben sehr wohl kannte. Gesundheit ist die Fähigkeit zu genießen, und wenn man dem Kranken alle Herrlichkeiten der Erde brächte, er würde nur doppelt elend sein, weil er nichts davon genießen könnte. Arbeit und Mäßigkeit ist allein die goldne Regel und das sicherste Mittel, an Leib und Seele gesund zu werden und es immer zu bleiben.

Der Himmel hat Jedem den Trieb eingepflanzt, für sein Fortkommen zu sorgen. Die Sorge für seine Gesundheit ist der erste und wichtigste Schritt dazu. Dem Kranken hilft nicht seine Kunst und seine Wissenschaft, nicht sein Fleiß und seine Geschicklichkeit. Aber es ist sodann auch unsere Pflicht, so viel uns in unserer Lage möglich ist, etwas zu lernen, das uns in der Zukunft Nahrung und Unterhalt verschaffen kann. »Er hat in der Jugend nichts gelernt«, ist ein Vorwurf, den man oft gegen einen Menschen machen hört, und der, wenn er gegründet ist, sehr traurig und drückend sein muß. Jeder soll also irgend etwas Gemeinnütziges in seiner Jugend zu lernen suchen, irgend ein Handwerk, irgend eine Kunst, irgend eine Fertigkeit in einer Art von Arbeit, wodurch er sich und Andern zu nützen hoffen kann. »Ein Handwerk hat einen goldenen Boden«, pflegt man zu sagen und sagt recht. Denn die Hauptbedürfnisse in dem menschlichen Leben bleiben immer die nämlichen, und Handwerker, welche diese Bedürfnisse durch ihre Arbeit befriedigen, sind immer die unentbehrlichsten, die schätzbarsten und also die sichersten. Der Ackerbau, so einfach er scheint, erfordert eine Menge Dinge, deren aufmerksame Erlernung und zweckmäßige Uebung den Verstand und die Ueberlegung beschäftigen können. Alle diese Dinge, so geringe sie vielleicht einzeln sein mögen, sind uns in unserm Stande höchst wichtig. »Zwischen Pflügen und Pflügen ist ein Unterschied«, sagt das Sprichwort, und nicht Jeder ist ein guter, geschweige denn ein vollkommener Landwirth, der eine gerade Furche ziehen und eine Wiese mähen kann.

So wie jeder Handwerker seine Geräthschaften ganz kennen, ihre Tüchtigkeit beurtheilen und sie alle zweckmäßig zu gebrauchen wissen muß, so muß auch jeder Landmann seine mannichfaltigen Werkzeuge zu beurtheilen und fertig zu gebrauchen verstehen. Der Ackerbau ist immer die sicherste, unfehlbarste Stütze des menschlichen Lebens, und wer ihn mit gehöriger Aufmerksamkeit und gehörigem Fleiß und gründlich treibt, wird am Wenigsten in Gefahr kommen, Mangel zu leiden. »Das ist mein Acker und Pflug!« pflegt der Gelehrte von seinen Büchern, der Kaufmann von seinem Handel, der Künstler von seiner Kunst und jeder ordentliche Mann von der Beschäftigung zu sagen, auf die er sich am Besten verlassen zu können glaubt; ein Beweis, daß Acker und Pflug, wenn sie gleich nicht immer reich machen, doch ihre Arbeiter am Wenigsten verlassen. Also vorzüglich durch Erlernung Alles dessen, was zum glücklichen Fortkommen in irgend einem Fache gehört, sei es Kunst oder Handwerk oder Ackerbau, sorgen wir am Wesentlichsten für unsere irdische Wohlfahrt. Alles Uebrige, Geld. Güter, Häuser, Hausgeräthe, können wir durch irgend einen Unglücksfall verlieren, aber unsere Einsichten, durch die wir uns wieder helfen können, bleiben; unsern Fleiß, unsere Standhaftigkeit, unsern Muth, uns gegen das Unglück zu stemmen, kann uns Niemand nehmen. Diese schätzenswerthen Eigenschaften werden im Gegentheil im Unglück oft noch stärker und nützlicher. »Wer ein ehrlicher Mann ist und das Seinige gelernt hat,« ist die gute schlichte Redensart, »kommt überall fort.« »Den Geschickten hält man werth, den Ungeschickten Niemand begehrt.« Wir können freilich nicht dafür stehen, daß es uns immer glücklich gehen werde. Aber eben deswegen sollen wir durch Fleiß, Gewöhnung und Erlernung alles Nützlichen, was wir je brauchen können, dafür sorgen, daß uns Unglücksfälle des Lebens, wenn sie eintreten, nicht niederschlagen.


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