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16.

Ein paar Tage nachher hat der alte Schönberger einen anfänglich recht dummen Einfall, aber wie er ihm ein Zeitlang nachgesonnen, kommt er ihm ganz vernünftig vor: im Zäunerhof geht jetzt ein Bauer ab, und ... sein Enkelkind, der Gaberl, wär' so ganz zum Stammvater einer Bauernsippe geschaffen, fleißig und tätig und ... und halt ein ganzer Schönberger. Seeböck hüben, Seeböck drüben; dies und das kunnt' noch werden, an was einer heut noch nicht denken kann ... Spän'! Ja, da hapert es halt bei ihm und – nicht auch; wie es einer nehmen will. Müsst' halt doch der Mena ihr Heiratsgut einmal ausbezahlt werden. Übrigens wär' ja in dem Falle er Boden so weit wieder eben. Die Mena hat ein Häuselweib werden wollen; sie ist es worden und blieben. Jetzt kriegen die Kinder das Geld, und die können sich die schönste Gelegenheit aussuchen. ... Wenn einer halt wüsst, wie und was? Ob der Zäunerin auch der Gedanke kommt oder dem Gaberl?

Ah was! Z'wegen was hätten denn andere Leut' ihr Mundwerk? Man braucht einem nicht allemal dies oder jenes anschaffen und befehlen, nicht einmal anraten, dass dies oder das auch sein kunnt' und gut täte, und das andere fasst den Gedanken auf und nimmt sich darum an.

Da schaut er nächsten Sonntag eigens auf, möcht' er mit dem oder jenem zur Sprach' kommen, mit der jungen Bäuerin oder mit dem alten Leibtümer.

Er sagt zu niemandem einen Muck davon die ganze Woche über, doch im Sinne liegt ihm der Plan beständig, und schier die meiste Zeit grübelt er daran. ... Wenn's nachher gar groß fehlen täte, müsst' er halt noch ein Übriges tun und von seinem ins Leibtum mit hinübergenommenen Gelde etwas beisteuern; kriegt es ja niemand Fremdes.

Und am nächsten Sonntag macht er sich schon in aller Herrgottsfrühe auf den Weg gen Tal. Die Adventszeit geht ohnehin fast in lauterer Finsternis und Nacht dahin, und ein Dämmern reicht dem andern die Hand über den Mittag hinüber, aber wer vom Schönberger Gehänge nach Steinbrunn hinunter zur Roratemesse recht kommen will, der muss fredigweg noch in der Nacht fortgehen von daheim.

Ein beißender Morgenwind fegt über Tal und Höhen dahin, aber der schon bald achtzigjährige Mann achtet dessen kaum und stapft und humpelt den bekannten Steig dahin. In so einer Absicht darf einer keinen Schritt und kein Wörtel sparen.

Als er nach Steinbrunn hinunterkommt, ist es schier noch völlig finster, und einer der aneinander vorbei huschenden Kirchgänger kennt den andern nicht, wenn ihm nicht gerade dessen Tritt oder dessen Stimme bekannt sind. Da ist also mit niemandem anzubandeln, aber nach der Messe ist es licht genug, das oder jenes unter den andern herauszufinden. Ist – wär'! Unter dem jungen Weibergeflügel kennt sich aber kein Mensch mehr aus, wenn er ein bissel älter geworden. Sag' er einem, welche die Zäunerbäuerin wär' und welche nicht! ... Ah was! Da kommt der alte Zäuner daher, und mit dem wird sich auch ein Deuter reden lassen. Natürlich braucht man nicht gerad' mit der Tür ins Haus zu rennen.

»Grüß Gott, Zäuner!«

»Grüß dich Gott auch! Ja, was ist denn das?« wundert der Zäuner. »Vom Schönberg heut schon herunten sein und in der Rorate, das ... Oft ein Junges tut's nicht.«

»Eh' schon; aber wenn's geht, so geht's noch. Kunnt' leicht schon das letzte Mal sein. Unsereins hat kein weites Ziel nimmer.«

»Hat nicht einmal ein Junger eins«, stößt der Zäuner bitter heraus. »Wie alt ist mein Wolfgang gewesen? Und heut liegt er im Freithof hinten. So geht's.«

»Kaufst dir leicht eine Halbe?«

»Allemal noch; aber zuerst muss ich auf den Freithof hinter. Meine Leut' liegen noch dort und mein Bub auch schon. So stehst da auf der Welt.«

»Mir ist's schier zu kalt dazu«, sagt der Schönberger und hastet dem Wirtshause zu, um ein Plätzchen am Ofen zu ereilen.

Nicht lang' danach kommt auch der alte Zäuner daher, und sie setzen sich zusammen und reden von dem und dem und berufen sich den Jungen gegenüber auf ihre lange und reiche Erfahrung.

Der Wirt erzählt als Neuigkeit, dass schon im nächsten Frühjahr die Vermesser die schon längst geplante Bahn ausstecken und dass hinter ihnen gleich die Arbeiter kommen werden, aber keiner der Anwesenden will diese Neuigkeit mehr glauben, trotzdem es so ist.

»Im Winter müssen Neuigkeiten erzählt werden, damit die Leut' was zu reden und zu schwatzen haben in den langen Sitzweilen«, meint der Sägbauer vom Eichgraben. »Ich glaub' schon gar nichts mehr.«

»Und ich glaub' alles«, lächelt der Haider. »Es ist nichts mehr unmöglich, völlig unmöglich nichts Gutes und besonders nichts Schlechtes.«

»Da hast recht!« nickt der Zäuner beifällig. »Nein gar nichts ist unmöglich auf derer Welt. Wer hätt' denn gemeint, dass mein Wolfgang ...«

»Schwatz! Sind schon Jüngere und Stärkere gestorben«, widerredet der Sägbauer. »Und gar so arg ist das Unglück nicht. Wenn wo ein halb Dutzend Waisen zurückblieben wären, nachher kunnt' man davon sagen, aber so!«

»Wird eh' bald heiraten müssen«, nimmt der Schönberger einen Vorlauf, um dann nachher einmal im Stillen seinen Wink und Deuter zu geben und nötigenfalls sogar auch dies oder jenes Versprechen zu geben.

»Muss!« bekräftigt der Haider. »Ist viel zu wenig Leut noch, um so einer Wirtschaft vorstehen zu können.«

»Ich hätt' halt so geraten: Sie soll die ihr zugeschriebene Wirtschaftshalbscheid' mir wieder zurücktreten und dafür ihr Heiratsgut und ihr Erbteil nehmen.« So der alte Zäuner.

»Sei froh, dass du im Leibtum bist!« lacht der Schönberger. »Was tätest denn noch mit der Wirtschaft?«

»So sagst? Ich hätt' noch Leut' genug dafür. Sind drei Dirndeln da, und ich kunnt' auf den Buben auch noch warten.«

»Mhm!« macht es der Schönberger und nickt ein paar Male vor sich hin. Wenn es um diese Zeit ist, wär' schad' um jedes Wort und jeden Atem. Mit dem richtet einer also nichts, weil der selbst Pläne reißt. Und geschehen muss etwas.

In währendem Heimgehen sinnt er so hin und her, überlegt dies und jenes, verwirft Pläne und macht sich wieder andere, und zuletzt deucht ihm am besten, wenn er dem Inmann einmal so ein bissel was versprechen täte, wenn er die Angelegenheit ins richtige Geleise brächte. Bei so einem Kunden braucht man nicht jedes Wort schnurgerade zu nehmen, wenn man nicht mag, und wenn man mag, gilt seine Red' auch so weit.

Nach dem Mittagessen geht er zum Inmann und lenkt die Reden auf die Zäunerleut'. Ein zuwiderer Fall natürlich; das und jenes ist geredet worden, und dies und das beabsichtigt der Zäuner.

»Sel weiß ich schon lang'«, lächelt das Inweib. »Wenn die Junge den Hof abtritt, kriegt ihn die Vroni, und tritt sie ihn nicht ab, so wird sie müssen den Ödbergerbuben vom Breitstein heiraten. Soll ein bissel eine Verwandtschaft dahinter sein.«

»Der Ödberger und der Zäuner sind Stiefbrüder ... aber ... ein Lüstel hätt' ich und machet' ihnen einen Strich durch die Rechnerei. Hat mich heut frei geärgert, der Lump.«

»Ihr?« wundert der Inmann. »Ja, wie ...«

»Los'! Unter uns geredet: Mir wär's recht, wenn es wär', und einen Fünfziger schauet' ich da wirklich nicht an. ...«

»Wär' er zu verdienen?«

»Das glaub' ich. Wenn d' magst, nachher nimmst dich drum an; auf meine Red' – mein' ich – kannst ein bissel was bauen.«

»Auf welche Absicht ging' das hinaus?«

»Der Gaberl soll hinheiraten, mein' ich. Verstehst mich? Da ein Wörtel, dort eins, bis die zwei zusammenfinden.«

»Da wird Schotter sein müssen«, mutmaßt der Inmann, aber der Alte wird darob und ob des Zwanges zu mehr als gewöhnlicher Rede unwillig.

»Narr!« braust er auf. »Wenn's ich sag', hat sich keins zu kümmern darum. Wenn eine Heirat zu Stand' kommt, muss der Mena Heiratsgut samt Zinsen gezahlt werden. Verstehst mich? Und was ich gesagt hab', sel gilt. Aber ...«

»Kein Wörtel!« versichert der Inmann und richtet sich gleich zu einem Gange in den Zäunerhof. Eine Ausred', warum der Gang geschehen, wird sich schon finden, und im Übrigen muss ein Wort das andere geben.

»Geh vorsichtig um!« trägt der Alte nochmals auf. »Nicht einmal sie zwei dürfen recht kennen, dass eine fremde Absicht dabei ist; gar erst der Bub, der Gaberl. Der wär' imstand' und ... Wie am End' die Alte.«

»Der Fünfziger gehört mein«, vermisst sich der Inman und geht, und in währendem Gehen sinnt er nach einer Ausflucht. Was soll er aber vorschützen? Einen Handel, dies oder das? Ah was! In der Zäunerboint herunten beim Bach ist ein dichter Haselnusshaag und da geht er die Bäuerin an, ob sie ihm nicht etwas erlauben täte, ein paar gerade Schüsse mitsamt den Wurzen auszugraben, weil er Bestellung hätte für haslerne Stecken. Ist die beste Ausrede. Verlaubt sie es, gräbt er halt ein paar aus.

An den Fünfziger denkend und eine lustige Weise vor sich hinpfeifend, geht er dem Hofe zu, und kaum sitzt er recht in der Stube, rückt er auch schon mit seinem Anliegen heraus. Ob er sich ein paar Stecken graben dürfte.

»Meinetwegen rodet Ihr den ganzen Haag aus«, gestattet die Zäunerin. »Das Gestrüpp gehörte eh' weg.«

»Ganz umsonst tät' ich es nicht verlangen«, meint der Inmann. »Ich müsst' halt den Gefallen einmal mit einem andern wett machen. Leicht, dass ich deinem Zweiten einen solchen Stecken fix und fertig in die Händ gäb' als Geschenk oder wie man's nennen möcht' ...«

»Geh', geh'!« unterbricht sie ihn und wird bis hinter die Ohren brennrot. »Ich hab' an ganz andere Sachen zu denken, als an einen Zweiten.«

»Wird aber sein müssen.«

Sie schupft nur mehr die Schultern zu der Rede, und damit ist der Schwatz vorläufig am Ziele. Aber der Inmann bleibt doch noch sitzen, redet bald mit den zwei Dirndeln des alten Zäuner, die als Mägde im Hofe sind, und scherzt zeitenweise mit dem Zenz, bis die Dirndeln einmal fortgehen. Dann bringt er die Rede wieder auf den Zweiten und aufs Heiraten.

»Hör' mir auf!« verwahrt sich die Bäuerin, aber er hört nicht auf.

»Ist ja gerad', dass eins redet«, entschuldigt er sich. »Ich kann dich nimmer brauchen, und es dürft' schon ein Elternmördern sein, dem der Herrgott zwei Weiberleut' auf den Hals binden müsst', aber ... es ist ja so, wie ich sag'.«

Sie muss lachen über den Vergleich und geht auf seine Neckerei ein. »Ich dürft' aber auch viel verbrochen haben, wenn ich Euch haben müsst'«, zahlt sie mit der gleichen Münze zurück.

»Kann eh' sein«, gibt er nach und redet wieder von anderen Dingen, da er nach und nach merkt, dass sie von der Seiten keines Rates zugänglich.

»Bist leicht du auch in Bosnien gewesen?« wendet er sich an den Zenz.

»Mein' nicht«, grinst der. »Heut' nicht einmal in der Kirchen.«

»Wo hast denn nachher die blaue Hauben her?«

»Den Hut da?« Den hat mir dem Notweber sein Soldat geschenkt, völlig geschenkt. Ist ein braver Mensch.«

»Da hast fein recht«, bestattet der Inmann. »So ein Bürschel steht weit im Umkreis nimmer. Ein Herz, wie, wie ... ja, wie denn gerad' nur? Dem Kronwitternen seinen Buben hat er retten wollen, und derweil wär' er selbst bald draufgangen. Wer tät' denn sel? Der Zehnte wieder nicht. Den wenn einmal eine kriegt, die darf Gott alle Stund' danken. Fleißig, sparsam, ein tüchtiger Zimmermann ...«

»Ein Zimmermann ist er?« fragt die Zäunerbäuerin dazwischen. »Dieser Tag' ist er mit dem Bürgermeister da gewesen; sonst hab' ich ihn noch nie nicht gesehen.«

»Da hast fein recht«, bekräftigt der Inmann. »Und er macht auch jeden Plan. Schad', dass er nicht in die Welt hinauskommen ist und unter andere Leut'. Aber hast es halt so gehabt! Am End' hast eh' schon gehört, wie sich die Sach' mit der Trutzerei verhält. Seine Mutter hat heut' noch kein Heiratsgut vom Schönbergerhof. Wird aber jetzt doch einmal ein anderer Wind gehen.«

»Der Schwäher hat mir einmal erzählt, was da gewesen sein sollt', aber was geht sel Unsereins an?«

»Ja freilich ... du ... du, der wär' einer für dich!« platzt er überlings heraus, da sich keine Rede nach der Seiten hin schwenken will, wo er sie gern hätte.

Die Zäunerin wird, als wenn ihr eins eine Gelte voll Blut ins Gesicht geschüttet hätte.

»Hört mir aber schon einmal auf!« stößt sie hart heraus. »Das ewige Fortsieden da! Liegt der Wolfgang ein paar Wochen unter der Erd' und ... und einer um den andern käm' daher! Und wenn's einmal sein müsst', nachher kunnt' ich keinen brauchen, der nichts hat.«

»Ob er nicht so viel kriegt, wie manch' anderer Bauernbub, aber ... was geht's denn mich an? Wenn du meinst, dass ich in der oder der Absicht kommen bin: ich brauch' die die ... Stecken auch nicht, du ... du ... du aufgebrachtes Ding du.« Und er steht auf und richtet sich zum Gehen.

Schaut vorläufig noch nicht aus, als wäre der Fünfziger zu verdienen. Man haut wohl nie einen Baum mit einem Hieb um, aber da scheinen die andern Hiebe auch nicht viel zu fruchten. ... Wird halt der Alte doch zuerst andere Anstalten machen müssen, wenn er schon den Willen und die Absicht hat. Zuerst mit dem Geld herausfahren und ein bissel umschreien in der Welt, dass die ein Zutrauen kriegt zu den Leuten. Schon der Nam' ist so verdächtig: beim Notweber! Und den hat gerad' der Lackel aufgebracht, der Isidori. Eine gute Lust hat er und kocht dem dafür ein Süppel zusammen, das ihm den Gaumen aufbrennt vor Hitze. Aber wie nur?

Merkwürdig, wer einem aller eines elendigen Fünfzigers wegen in den Magen steigen kann!

Was mag einen erst eines Tausenders wegen oder eines noch größeren Betrages im Wege stehen?

Sein erster Gang ist ins Leibtumstübel.

»Da müsst Ihr zuerst andere Saiten aufziehen«, rät er dem Alten. »Auf ein bloßes Gesage hin lässt sich nichts richten und nichts in Gang bringen ... Sie kann keinen brauchen, der nichts hat, sagt sie, und ich verübel' ihr's nicht.

»Wer hat denn nichts?« fährt der Alte zornig auf. »Was hab' ich dir denn gesagt?«

»Wenn Ihr mir's noch hundertmal sagt, so glauben es die Leut' nicht. Die wollen einen gewissen Grund haben in so einem Stuck, und solang' das nicht ist, kann einer sein Mundwerk in Fransen reden, und es nutzt noch nichts.«

Der Alte tut einen mürrischen Brummer und sagt weiter nichts mehr darauf. So wird's halt doch einmal sein müssen, aber ... er tut den ersten Schritt nicht. Erst als der Inmann gehen will, wendet er sich wieder an ihn.

»Der ... der Christoph kann heut' am Abend herüberkommen, wenn er will. Kannst er ihm sagen.«

»Das richt' ich schon aus«, verspricht der Inmann und geht zum Christoph.

»Heut' wüsst' ich dir einen Gang, der mehr trägt als wie ein Paar Ochsen«, lächelt er ihm zu.

»Mir?« staunt der Christoph. »Ich wüsst' nicht.«

»Ich weiß es aber. Zu deinem Schwäher sollst hinübergehen. Mir scheint, es wird doch einmal der Mena ihr Heiratsgut rieselnd.«

»Zeit wär' schon einmal«, sagt die Mena in einem Tone, den man so nehmen kann und so auch, wie halt eins gerade denkt.

»Wir leben ohne das Heiratsgut heut' auch allweil noch«, erinnert der Christoph. »Wenn's wär', wär's recht, und wenn's nicht ist, tut's auch gut. So sind wir. Dass ich da am End' betteln müsst' und auf den Knien herumrutschen? O nein ...«

»Kommen sollt' eigentlich er zuerst«, sinnt die Mena.

»Na!« macht es der Christoph. »Wer nachgibt, ist auch ein Mann, und ... schlechter wird eins auch nicht, wenn es ... zum Schwäher geht. Ist ja doch gerad' dein Vater ... Sag', ich dürft' wahrscheinlich kommen!« trägt er dem Inwohner auf, und dann raten sie all' zwei.

Gesetzter und hartköpfiger ist die Mena als wie er, der Christoph, aber was man geplant, als man den vom Alten geschenkten Zehner dem Gaberl geschickt, das trägt den Sieg davon. Es ist von wegen der Kinder.

»So gehst halt!« entscheidet sie endlich, und er geht nach der Nachtsuppe hinüber gen den Nachbarhof und sucht im Finstern die Tür zum Leibtumstübel.

»Guten Abend!« grüßt er, als er nach langem Herumtappen endlich eine Klinke gefunden und die Tür aufdrückt.

»Guten Abend auch!« brummt der Alte, rückt aber gleich einen Stuhl herbei und lädt den ungewünschten Eidam zum Niedersitzen ein. »Hab' heut' gerad' ein bissel was zu reden mit dir und ... und ... auf eine andere Weis' geht sel nicht. Ich hab' einen Plan, und z'wegen dem hab' ich um dich geschickt, sonst ... weißt ... Mm! Wenn man nimmer redet davon, ist's gerad' so warm, das lässt sich nimmer wenden.«

»Geht nimmer«, bestätigt der Christoph. »Und wenn's zu der Zeit wär', wo es gangen wär', ich mein', es nutzet auch nochmals nichts.«

»Magst mir still sein davon?« begehrt der Alte ärgerlich auf. »Mit der Dummheit noch großtun wollen? Aber wie ich sag': es nutzt heut' aller Schwatz nichts mehr, und es ist besser, man ist still dazu ...Jetzt los', was ich für einen Plan hab': der Gaberl kunnt' auf's Zäunerort (Gut) heiraten ...«

»Von selbem haben wir auch schon geredet«, unterbricht ihn der Christoph hastig, und der Plan kommt ihm so vertraut und selbstverständlich vor, dass er wirklich meint, man hätte selmal oder nachher darüber geraten und beschlossen. Ah was! Einmal, nein hundertmal schon hat er daran gedacht.

»Ihr?« staunt der Alte. »Ja, wie ... auf was für eine Weis' denn? Könnt denn Ihr dem Buben soundso viel Heiratsgut geben?«

»Auf sel hat derweil niemand zu fragen«, stößt der Christoph nach einigem verblüfften Schauen und Losen ärgerlich heraus. »Wir haben halt so gesonnen und geredet, und weiters geht's niemanden was an.«

»So? Meinst? Wer ...«

»Seid ihr denn zum Streiten zusammenkommen?« legt sich des Alten Hauserin ins Mittel. »Schämen sollt ihr euch all zwei! Redet, wie es sich gehört!«

»Eh' auch«, besinnt sich der Alte. »Hat keinen Wert, die Streiterei. Also: Ich hab' mir sel denkt, und der Plan ist meine ganze Freud' noch. Und dass ein bissel Leben und Zug in die Sach' kommt: Ich zahl' der Mena, was ihr gehört. Hast mich verstanden?«

»Zu dem Wort hat es etliche zwanzig Jahr' gebraucht?« erinnert der Christoph halb bitter, halb hoffnungsfreudig. »Hättet Ihr nicht sel auch gleich sagen können?«

»Hätt' die Mena nicht folgen können?« gegenredet der Alte.

»Ist sie bei mir leicht schon verhungert?«

»Hätt' sie auf einem richtigen Ort die schlechten Zeiten erleben müssen, die sie bei dir drüben schon erlebt hat? Han? Kein Brocken Brot ist oftmals im Haus gewesen; ich weiß es schon.«

»Ihr habt uns keinen geben.«

»Ich nicht. Aber sein hätt' alles nicht müssen, und ... und ...« Er ist die viele Rede nicht gewohnt, und mittendrin fällt ihm nichts mehr ein, das er dem Eidam zu Gehör reden könnte von wegen der Abspenstigmachung des Dirndls.

Und wiederum muss die Hauserin sich ins Mittel legen und diesmal am Weber abreden, damit er still sei und nicht etwa durch ein unüberlegt Wort der sich verflüchtenden Zwietracht neue Nahrung zuführe.

»Ich will ja eh' nichts Unrechtes«, sagt der, sich gwaltsam bezwingend. »Aber zureden lass ich mir nicht und der Mena auch nicht. Wenn Ihr das Heiratsgut zahlen wollt, gut: zahlt es uns. Und ... wenn Ihr gut sein wollt mit uns, ist's uns auch recht ...«

»Die Red' gehört sich«, stößt der Alte hastig heraus. »Euch ist das Wort zugestanden, und jetzt ist's heraußen. Ich sag' nicht nein. Tu' her deine Hand!«

Und beider Hände legen sich ineinander und überbrücken eine Kluft, in die etliche zwanzig Jahre spurlos versunken.

»Meinetwegen ist alles vergessen, und ich denk' nimmer dran, was gewesen ist und was sein hätte können.«

»Von mir aus auch, aber ... hörst, der Bub muss hinüber in den Zäunerhof, und die Dirndl ziehst auch anders, wie ...« Überlings fängt es ihm den Atem. Wie ich die Mena ... Nein, das kann er nicht sagen, und zu dem Eidam schon gar nicht. »Auf ein richtiges Örtel bringst sie mir. Verstehst mich? ... Ja, und dass ich sag'. Von der anderen Seiten lass ich einfädeln, da hast dich nicht zu kümmern. Schau' nur, dass der Bub nicht so dumm ist und so unüberlegt wie ... dein Weib. Nicht gerad'weg hinhetzen! Weißt, langsam dahinbringen ...«

»Ich versteh' Euch schon, Schwäher«, nickt der Christoph nachdenklich. »Da wird nichts fehlen.«

»Und morgen sag' ich dem Lipp, dass er mit dem Geld Anstalten macht. Vierthalt Tausender, mein' ich.«

»Und die Zinsen? Die gehören fein auch dazu«, fordert der Christoph.

»Du ... du ...« Und er schüttelt bedächtig den Kopf. »Sel wird man ihm nicht antun können. In zwanzig Jahren machen die Zinsen so viel aus wie die Summe. Rechne nachher!«

»Bei uns hätten sie es aber auch ausgemacht.«

»Schon, aber ... Jetzt folgst mir und verlässt dich gerad' auf mich. Ich werd' schon den Mittelweg finden.«

»So sei es auch.«

»Und morgen soll die Mena kommen und sagen, was ein Kind zum Vater zu sagen hat, und nachher geh ich mit ihr hinüber zu euch. Hörst? Sie muss kommen.«

»So wird sie halt kommen«, sagt der Christoph zu, und dann reden sie noch eine Weile von dem und jenem, bis der Zeiger der uralten Uhr fast gen Mitternacht hinaufrückt.

Die trennende Mauer, die unüberlegter Trotz aufgerichtet für Hass und Zwietracht und die in letzter Zeit manche Stunde gelockert, ist gefallen und hat die Kluft zugeschüttet, die hüben und drüben getrennt, und ein neuer Tag will des Alten Lebensabend bescheinen.

Etliche zwanzig Jahre Trutz und Hass! Was hätte diese Zeit alles bringen können an Glück und Freuden? Was an Gutem und Schönem? ... Wenn halt oftmals eins oder das andere so ist wie ein Kieselstein!

*

Am andern Tag geht die Mena zu ihrem Vater. Wenn's am Nachgeben ist, gibt auch sie nach, und wenn der Alte endlich einmal Verstand annimmt, fehlt ja eh' weiter nichts.

Schier herausfordernd trotzig, ganz anders, als sie das letzte Mal auf die Gred geschlichen, geht sie am Schönbergerhofe vorbei und dem Inhäusel zu, in dem der Alte auch sein Leibtumstübel hat. Jetzt ist's um eine andere Zeit.

Der Jakoberl und die Großdirn richten gerade den Düngerhaufen so an, dass er sich wie ein allseits nach der Schnur abgehauener Block zeigt, und der Bub hält inne in seiner Arbeit und sinnt, wo denn die Base heut ihr Weg hinführen möchte.

»Fleißig? Fleißig?« lacht sie ihm behaglich zu.

»Ein bissel«, bescheidet er. »Wo ... werdet denn Ihr heute hin, Basel?«

»Gerad' ins Inhäusel hinüber«, gibt sie zur Antwort. »Der Vater hat mir Post sagen lassen, ich sollt' zu ihm kommen.« So, jetzt wissen sie es auch, dass nicht sie aus freien Stücken den Gang unternommen. Sie könnten nachher gleich mutmaßen, sie hätte ihn so weit gebettelt, dass er ihr das gebe, was ihr von Rechts wegen gehört, ihr Heiratsgut.

»Ist er vielleicht gar krank?« fragt der Jakoberl sichtlich erstaunt.

»Mir scheint nicht«, beruhigt sie. »Ein bissel was zu reden hat er mit mir, ist mir gesagt worden. Mehr kann ich derweil auch noch nicht sagen.«

»So ja.« Und er schafft und werkt wieder weiter.

»Die Großdirn ist aber ein eigentümliches Leut und hat es so im Brauche, etwas wohldienerisch zu sein, wie man so sagt, und sie rennt gleich in die Stube und erzählt die Neuigkeit. Die Notweberin geht zum Ähnl, weil ihr der hätte Post sagen lassen.

»Da ist was im Anzug«, mutmaßt die Bäuerin sofort.

»Hm!« macht es der Lipp geringschätzig. »Was kunnt' denn ...?«

»Merk' nur auf!« beharrt sie bei ihrer Mutmaßung. »Am End' erfahren wir es heute noch. Nachher ...« Sie bricht kurz ab und geht in die Kammer.

Derweil kommt die Mena zu ihrem Vater. Die Aussöhnung ist bald vollzogen, aber zeitenweise prallen die zwei Schönbergerköpfe doch ziemlich hart aneinander.

»Das hättest mir halt nicht antun sollen«, wirft der Alte vor.

»Antun?« ereifert sie sich. »Was hab' ich Euch angetan?«

»Gefolgt hast nicht ... und nicht auch. Was hast heut?«

»Was hätt' ich gehabt, wenn ich mitten in lauter Geld und Reichtum hineingesessen wär' und hätt' mein Leben lang keine freudige Stund' gehabt? Der größte Bauer ist auch manchmal schon zum Inmann worden, und wir haben nicht abgehaust.«

»Lauter leerer Schwatz!« stellt er aus. »Eine Sach' ist eine Sach', und ... folgen soll ein Kind. Warum wollt denn auch ihr, dass der Gaberl auf den Zäunerhof heiratet?«

Sel ist für die Mena schon eine dumme Frag'. Warum? Ist's nicht genau derselbe Grund, der für ihren Vater selmal maßgebend gewesen?

»Wenn er nicht will, zwungen wird er von uns aus nicht«, drückt sie sich um die Frage herum: »Der Bub ist heut so, dass er sich überall fortbringen kann; aber wenn Ihr anders gewesen wäret, könnt er halt heut ein Pfarrer sein. Wir haben es von unserm Verdienst nicht erschwingen können.«

»Ich? Ich anders? Hättet ihr nicht auch kommen und sagen können: Soundso liegt die Sach' auf. Hätt' sich leicht reden lassen drüber.«

»Kann sein«, stößt sie nur so heraus. »Ich bin einmal kommen; vielleicht könnt Ihr Euch erinnern. Dort draußen sind wir gestanden all zwei. Gelt? Was habt Ihr gesagt? Habt Ihr uns geholfen? Die Kuh haben wir müssen aus dem Stalle treiben ...«

»Hör' auf! Hör' auf!« wehrt er die Vorwürfe hastig ab. »Jedes hat was zu vergessen, ich und du, und wenn wir uns vergleichen wollen, müssen wir alle zwei vergessen. Einen Wischer drüber, und nimmer wahr ist's ... Heut noch geh ich zum Lipp hinüber und sag' ihm, er soll sich um das Geld umschauen, und ... leicht leg' ich auch noch von meinem ein paar Gulden dazu. Recht muss die Geschicht' werden.«

Das hofft sie auch, und so reden und schwatzen sie dahin, bis der halbe Vormittag vorüber. Nach so langer Zeit des Trutzes haben selbst wortkarge Leute allerhand zu reden, das sich nicht in fünf, sechs Worte fassen lässt.

Die Schönbergerin aber liegt die ganze Zeit auf der Lauer und verwendet schier kein Auge von der Haustüre des Inhäusels, um ja nicht zu übersehen, wann die – Schwäherin mit ihrem Anliegen drüben fertig ist. Wer weiß denn, was sie wird erreichen wollen? Am frühesten geht's wegen dem Heiratsgut her, sel kann sich ein kleines Kind an der Hand abfingern; könnt' aber auch noch was anders sein. Dass die Post gesagt worden, sel ist nur so eine Beschönigung den Leuten gegenüber. Wenn eins gerad' aufs Hirn gefallen wär', könnt' es sonst so oder so mutmaßen ... Aber nutzen soll der Gang blutwenig. Mit so viel Geld rückt eins nicht so mir nichts, dir nichts heraus, besonders wenn es sich über zwanzig Jahre daran gewöhnt hat, ganz anders zu denken. Wär' gleich gesagt worden, soundso! Aber allweg hat es geheißen: Die kriegt eh' nichts mehr, das Geld bleibt euch schon, und dies und das. Jetzt käm' so ein Antrag gerade recht, jetzt, wo man eh' schon soundso viel hat aufnehmen müssen für den Buben, der heut in der Erde der Universitätsstadt modert«

»Na, mir scheint, die zwei – heiraten gleich zusammen«, lacht die Bäuerin auf einmal hart und spöttisch heraus, als ihr das Spähen zu lange dauert. »Neugierig wär' ich, was da alles ausgekocht wird.«

»Mm!« macht es der Lipp. »Gutes kaum.«

»Meinst?« lacht sie wieder. »Könnt' gerad' eine recht geschmacke Suppen werden.«

»Nachher ... werd' ich aber so wild, wie ... eine graue Katz«, droht der Lipp. »Ich könnt' mir wahrhaftig nicht helfen ...«

»Kein unrechtes Wort, dass ich hör'!« droht sie entgegen.

»Was? Wie meinst denn das?«

»Gesagt hab' ich dir's halt.«

Das langt derweil für ihn, und so viel kennt er, dass sie einen andern Plan hat. Auch recht; das dümmste Leut ist sie nicht in solchen Stücken, und oftmals schon hat sie etwas um die Ecke gebracht, von dem er heute nicht sagen kann, wie es eigentlich gegangen. Die Hauptsach' jedoch ist, dass es zuwege gebracht.

Endlich tritt die Bäuerin vom Fenster zurück. »Alles ist zum Erwarten«, sagt sie dabei. »Jetzt ist der Schwatz auch einmal aus worden. Wenn er uns angangen hat, nachher erfahren wir bald, was der Rat gegolten.«

»Kunnt' der Jakoberl in einem Weilchen so von ungefähr hinüberschauen und ein bissel in den Busch schlagen«, rät der Lipp.

»Nicht!« widerrät sie. »Gerad' abwarten!«

»Wie ... wie meinst denn das?«

»Lass mich nur gehen! Und wenn der Alte einmal käm' oder sonst wer und täte der ... der Nachbarin ihr Heiratsgut fordern, gut: O ja, recht gern. Verstehst mich? Ich hab' meine Rechnung schon fertig.«

»Da wär' ich neugierig«, sinnt er und stützt den Kopf in die derbe Faust.

»Kann eh' sein.«

Mehr erfährt er von der Rechnung nicht, die sie gemacht haben will. Als das Bursch (junges Gevölke) im Stadel drüben fertig ist mit dem Futtermachen und in die Stube kommt, hat der Schwatz selbstverständlich ein Ende, aber der Lipp sinnt und grübelt in seiner unbeholfenen Weise doch dahin, welcher Art die von seinem Weibe aufgestellte Rechnung sein möchte. Aber er findet gar keinen Anhaltspunkt zu irgendeinem Schlusse.

Um halben Nachmittag herum kommt der Alte richtig daher, setzt sich an den Tisch und sagt geradewegs heraus, dass nun der Mena Heiratsgut doch einmal ausgezahlt werden müsse. Es ging allweil näher dem Grabe und der Ewigkeit zu, und er möchte doch noch zu Lebzeiten ins Gleiche bringen, was seine Pflicht wäre.

»Habt Ihr Euch doch einmal ausgeglichen?« lächelt die Bäuerin, so süßlich sie kann, und kein Mensch vermag ihr anzumerken, dass es in ihr gerade nur so fiebert.

»Ja. Alles hat einen Anfang und ein End'«

»Am besten ist's eh«, nickt sie beifällig, und dem Lipp gibt es gerade einen Riss bei der Rede. Kann sich denn der Mensch im Handumdrehen so verkehren? Ist's denn wahrhaftig möglich? Wer die ganzen Jahr' her so gehasst und geschürt hat, ist sie gewesen, und jetzt redet sie so, jetzt, da jeder Spaß ein End' hat!

»Der Zorn hätt' zuerst nicht sein müssen«, urteilt der Jakoberl. »Was heut geht, hätt' selmal auch gehen müssen, und ... alle Leut reden darüber, heute noch.«

»Was wirst denn du verstehen?« fährt ihn der Alte an. »Selmal ist's nicht gangen, sag' ich dir, aber heut muss es gehen, verstehst? Mehr sag' ich derweil nicht.«

»Das bringt alles die Zeit mit«, redet die Bäuerin, und die Rede kann eins nehmen und deuten, wie es will.

»Wie viel ... soll ich denn nachher ... wie viel kriegt sie denn nachher?« drückt der Lipp langsam und stockend heraus.

»Das wirst ja eh' wissen«, erinnert der Alte. »Mir scheint, ist ja bei der Übergab' so beiläufig genannt worden: vierthalb Tausender.«

»Sakra!« fährt der Lipp auf.

»No, no!« ärgert sich der Alte ob dieses Wortes. »So reden wir nicht mitsammen, hörst!«

»Lasst ihn reden!« begütigt die Bäuerin. »Oft ein Mensch versteht's nicht anders. Was sie kriegt, sel zahlen wir, und damit ist der Handel am Ort ...«

»Und von zehn Jahren die Zinsen«, fordert der Alte weiter. »Ich tu' eh', dass es überall recht sein sollt'.«

Der Bäuerin Gesicht überflutet eine jähe Blutwelle, aber in ein paar Augenblicken nachher ist sie wieder wie vorher. »Was es wiegt, sel hat es«, willigt sie ein. »Da wird niemand ein Wort hören von mir. Aber ... gleich könnt es nicht sein«, bedingt sie dann. »So viel Verstand müsst Ihr schon selbst haben, dass sel nicht geht, dass unsereins so einen Haufen Geld nur so aus dem Ärmel schüttelt. Ein halbes Jahr muss uns Zeit gelassen werden.«

»Ein Vierteljahr«, mindert der Alte herab.

»So meinetwegen ein Vierteljahr ... Nachher sind wir aber im Gleichen, was? Oder wollt Ihr noch etwas?«

»Nur was sich gehört.«

Und damit ist die Angelegenheit beendet. Der Alte hebt sich und geht und wundert sich im Stillen, dass die Unterredung so wider alle Erwartung glatt und ruhig verlaufen, aber der Lipp fährt nach einem Weilchen Sinnens und Strubelns auf wie ein heller Narr.

»Sakra! Sakra!« flucht und schreit er und schlägt mit der Faust auf den Tisch, dass es nur so hallt in der großen, geräumigen Stube. »Jetzt ist's zum Davonrennen hergerichtet. Nein, ich ... ich muss was anfangen.«

»Magst still sein!« herrscht sie ihn mit vor Ärger und Aufregung zitternder Stimme an. »Wenn du dich an nichts auskennst, nachher red' nichts! Und die Sachen haben überhaupt keinen Wert; sel hab' ich dir schon ... heut schon gesagt.«

Aber trotzdem greint er noch eine Weile fort, bis sie ihm in die Kammer winkt und ihn dort gehörig ins Gebet nimmt.

»Hast denn gar keinen Verstand?« tadelt sie. »Kannst denn gar nichts um ein Reden geben? Meinst, mir ist es recht? Aber was kannst derweil anfangen? So wird's doch eine Münz' gelten, ob man flucht oder lacht. Und wer weiß, was sich mit der Zeit noch alles schickt? Ist nicht vierzehn Tag' ein und dasselbe Wetter. Ein Tag kann dies und das bringen, und ein bissel was hab' ich mir schon zusammengerechnet, und ich mein', es kunnt' sich einmal so ausgehen.«

»Wie?«

»Frag' nicht lang'! Wenn die Zeit dazu kommt, kannst es greifen.«


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