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Worte, Worte, Worte

(Hamlet)

Alles plaudert, alles richtet
Über Wissenschaft und Kunst,
Und der Worte Hauch, verdichtet,
Bildet sich zum Nebeldunst.

Spricht Gedanken aus ein Weiser,
Groß und herrlich wie die Welt,
Klügeln Worte, dumpf und heiser
Und die Geister sind erhellt.

Spricht ein Mime von der Bühne
Einer Dichterseele Glut,
Streiten Worte sich zur Sühne
Fürs vergessne Herzensblut.

Hat Gesellschaft lange Weile,
Stockt der Kraftgedanken Gruß,
Setzt das Wort in Windeseile
Träge Massenschicht in Fluß.

Wankt die Tugend schwach und fällig
Aus der Seele Trauerhaus,
Blasen Worte frohgesellig
Ihr den letzten Odem aus.

Braucht der Falsche Trug und Lüge
Zu des Guten Pein und Qual,
Glätten Worte seine Züge
Zu der Tugend Ideal.

Liegt ein siecher Mensch im Sterben,
Schloß er mit dem Leben ab,
Stehen wortreich schon die Erben
Um ein frischgeöffnet Grab.

Worte sind die zähen Kletten,
Klammernd sich an unsern Geist,
Worte sind die Eisenketten,
Wenn die Welt in Stücke reißt.

Als der Schöpfer schuf die Erde,
Sprach sein Wort: »Es werde Licht!«
Doch dem großen Wort: Es werde,
Gaben Worte erst Gewicht.

Und der Worte Länderplage
Dauert wohl Äonen fort,
Bis sie einst am letzten Tage
Kommen selber nicht zum Wort.


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