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Dichters Klage

Neues möcht' ich gerne singen,
Doch es ist die Welt so alt;
Müde tönt das eitle Klingen
Und die Herzen läßt es kalt.

Alle Haine steh'n entblättert,
Alle Blumen sind gepflückt,
Stürme haben ausgewettert,
Aug' und Stern sich mattgeblickt.

Schätze aus des Busens Gründen,
Perlen aus des Meeres Schoß
Wanderten nach allen Winden,
Brachen aus der Muschel los.

Was im weiten Reich des Schönen
Jedem uns'rer Sinne tagt,
Ist in Farben, Worten, Tönen
Durchgefühlt und ausgesagt.

Nieder leg' ich d'rum die Leier,
Tauschend Leben um Gedicht,
Und der Busen atmet freier,
Und der Mund entfesselt spricht:

Singen will ich nicht die Tage
Wonniglicher Frühlingszeit,
Fühlen, ohne daß ich's sage,
Will ich jede Seligkeit.

Floh der Lenz in ferne Lande,
Ist der harte Winter da,
Will ich nicht am Ofenbrande
Seufzen, daß er wieder nah'.

Klagen will ich nicht in Reimen,
Von der Sehnsucht Folterpein,
Wandeln unter Blütenbäumen
In der Liebe Sonnenschein.

Feiern nicht in Sturmakkorden
Will ich hoher Taten Preis;
Wenn ich selber groß geworden,
Sprosse mir mein Lorbeerreis!


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