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Viertes Kapitel

Den Bericht, den Sofie von Protasow nach acht Tagen der Zarin über Platon Zuboff erstattete, lautete so günstig, daß Katharina II. den Adonis auf der Stelle zum Obersten avancieren und ihm Gemächer im Palaste anweisen ließ. Er war nun der tägliche Genosse der beiden Frauen und sie wetteiferten, ihn mit Liebenswürdigkeiten zu überhäufen. Auch Boschi, der falsche Tomasi, hatte sein Glück gemacht. Katharina II. hatte ihm eine bedeutende Summe für sein Bild »Venus und Adonis« auszahlen lassen und weitere Scenen aus der Mythologie sowie ein Porträt Platon Zuboff's bei ihm bestellt. Auch erhielt er eine Wohnung und ein prächtiges Atelier im Palast.

Tomasi schien vollkommen beruhigt; da wollte ein boshafter Zufall, daß er eines Abends, als ihn Sofie bereits verabschiedet hatte, zurückkehrte, um sein Skizzenbuch zu holen, das er in ihrem Boudoir vergessen hatte. Schon im Korridor hörte er ein paar Stimmen, welche sich im Zimmer seiner Schönen lebhaft zu unterhalten schienen, als er sich ihrer Thüre näherte, unterschied er deutlich die ihre und jene eines Mannes. Sofort fiel sein Verdacht auf Zuboff. Er legte das Auge an das Schlüsselloch und sah seinen Nebenbuhler mit Frau von Protasow auf einer Ottomane sitzen. Sie hielten sich umschlungen, plauderten und von Zeit zu Zeit zog die Treulose den Adonis an sich und küßte ihn auf die vollen blühenden Lippen.

Tomasi klopfte.

Es wurde still, aber Niemand meldete sich.

Er klopfte noch einmal.

Jetzt rief Frau von Protasow: »Wer ist da?«

»Ich, liebe Sofie.«

»Ich bin bereits zu Bett«, gab sie zur Antwort.

»Ich habe mein Skizzenbuch vergessen«, fuhr der Italiener fort, »sei so freundlich, mir nur für einen Augenblick zu öffnen.«

»Du kannst es morgen holen.«

»Nein, meine Liebe, denn ich will den Morgen benutzen, und nach der Natur zeichnen.«

»Du wirst eben morgen nicht zeichnen.«

»Ist Jemand bei Dir«, begann jetzt Tomasi, den die Eifersucht wahnsinnig machte, »Dein Betragen ist sehr geeignet, Verdacht einzuflößen.«

»Narr!« rief die Verräterin, »ich muß Dir also öffnen, um Dich zu überzeugen, wie albern Du bist.« Tomasi blickte wieder durch das Schlüsselloch, er sah wie Frau von Protasow den Adonis in einer Fensternische verbarg, die Vorhänge zuzog und dann über ihr Nachtkleid einen prächtigen Schlafpelz umwarf.

Endlich öffnete sie. Tomasi trat ein, schloß die Thür und heftete einen Blick voll Schmerz und Wut zugleich auf das schöne Weib, das ihm mit halb aufgelöstem Haare, das dunkle schwellende Pelzwerk um die üppige Büste und die vollen Arme, reizender als je erschien. »Also doch verraten«, murmelte er, »durch eine falsche gleißnerische Schlange, aber ich werde Dich zertreten, Schlange, Du sollst mir keinen mehr bestricken.« Er ergriff die Geliebte beim Arm und riß sie zu Boden.

»Bist Du von Sinnen?« stammelte Frau von Protasow.

»Ich bin nur zu sehr bei Verstand«, schrie er, »ich sehe jetzt alles klar, Elende, ich werde Dich töten und dann ihn, der dort hinter dem Vorhang steckt.«

»Hilfe«, rief die schöne Frau, »Hilfe!«

Schon hatte Tomasi die starke seidene Schnur von ihrem Schlafpelz herabgerissen, um ihren Hals geschlungen und drohte sie damit zu erwürgen, als ein Faustschlag in das Genick ihn zu Boden streckte und im nächsten Augenblicke Zuboff den Fuß auf den Halbbetäubten setzte. Ehe er sich fassen konnte, hatte die schöne Verräterin rasch entschlossen mit derselben Schnur, mit der er sie erdrosseln wollte, seine Füße gefesselt, und es wurde nun seinem Nebenbuhler leicht, ihm mit ihrer Hilfe auch die Hände auf den Rücken zu binden und ihn mit ihrem Taschentuche zu knebeln.

Jetzt, wo der unglückliche Maler sich weder regen, noch einen Laut von sich geben konnte, trat Frau von Protasow vor ihn hin und sprach mit spöttischem Lächeln: »Nun, Tomasi, bist Du jetzt zufrieden? Wenn Du es noch nicht wissen solltest, so sage ich es Dir jetzt, Du langweilst mich, ich liebe Dich nicht mehr, ich liebe diesen Adonis hier, Dich aber werde ich über die Grenze schaffen lassen, denn Du fängst an mir lästig zu werden.«

Noch in derselben Nacht wurde Tomasi auf Befehl des Polizei-Chefs, welcher der Vertrauten der Kaiserin stets zur Verfügung stand, in einer Kibitke, mit Ketten beladen, von Polizeidienern eskortiert, abgeführt und erst an der Preußischen Grenze frei gelassen.

Er rächte sich in sehr origineller Weise durch zwei Bilder, welche er in Paris ausstellte und die unbeschreibliches Aufsehen erregten. Das eine stellte Katharina II. als Circe dar, plump wie eine holländische Nymphe, von ihren Höflingen umgeben, welche ihrem Charakter entsprechend in Tiere verwandelt sind. Orloff erscheint als Bär, Potemkin als Tiger, Zuboff als Pfau.

Die zweite Leinwand zeigte Frau von Protasow als Diana, welche von Tomasi als Actäon im Bade überrascht wird und denselben in einen Hirsch verwandelt. Es war der Augenblick festgehalten, wo die Verwandlung damit beginnt, daß auf dem Haupte Tomasi's ein Geweihe emporschießt.

Von beiden Bildern fertigte der Italiener Stiche an und sendete Exemplare an die Zarin, welche sich rasend ärgerte, und an Frau von Protasow, welche herzlich darüber lachte.


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