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Vierzehntes Kapitel.
Der vulkanische Ausbruch.

»Bitte, verzeihen Sie mir, Mr. Selby!«

»Aber was soll ich Ihnen denn verzeihen, Miß Otway?«

Sie richtete sich mühsam auf und streckte mir mit einem wehmütigen Lächeln die Hand hin.

»Wir sind so erbärmlich daran, lieber Mr. Selby, und da mache ich armes schwaches Ding Ihnen auch noch das Herz schwer mit meinen Torheiten. Ich verspreche Ihnen aber, Mr. Selby, daß ich in Zukunft tapfer sein will. Und bitte, lassen Sie mich Ihnen helfen, wo ich nur helfen kann; denn ich habe ein Gefühl, als ob ich diese furchtbare Lage nur ertragen könnte, wenn ich schaffen und arbeiten und müde werden darf. Ich bin jetzt stark, Mr. Selby! Sie müssen mir alles sagen und mich in allem helfen lassen. Und nun sagen Sie mir ganz offen: Gibt es eine Hoffnung für uns?«

Aus dem zaghaften jungen Mädchen war in der Spanne einiger Minuten ein starker Mensch geworden, der seinem Schicksal kraftvoll und mutig in die Augen sah ...

»So lange wir leben, so lange dürfen wir hoffen,« sagte ich, um nur etwas zu sagen.

»Das ist aber ein recht schwacher Trost!« meinte Miß Otway, mit einem flüchtigen Lächeln. »Bitte, Mr. Selby, sprechen Sie so zu mir, als ob ich ein Mann wäre. Sagen Sie mir mit dürren Worten, welches unsere Aussichten sind – ob wir irgend etwas zu unserer Rettung tun können? Ich werde nie wieder schwach sein, Mr. Selby, aber ich will klar sehen. Nun antworten Sie mir, bitte. Wir sind auf unserem Schiff wie in einem Gefängnis?«

»Ich fürchte ja, Miß Otway.«

»Das heißt also, daß uns nichts übrig bleibt, als zu warten. Kommen denn jemals Schiffe in diese Gewässer?«

Unter den Umständen hielt ich es für das allerbeste, ihr die volle Wahrheit zu sagen.

»Ein großer Teil der Navigationsinstrumente ist verloren gegangen, Miß Otway,« erklärte ich ihr, »und ganz genau kann ich daher unsere Lage nicht bestimmen. Wir sind jedoch auf einer der Inseln der Süd-Orkneys und zwar wahrscheinlich auf der Krönungsinsel. In diese Gegenden kommen dann und wann Walfischfänger. Meine Ansicht ist die folgende, Miß Otway: Wir sind in einer sehr schlimmen Lage, brauchen jedoch nicht vollkommen zu verzweifeln. Das Schiff liegt, wie Sie gesehen haben, hoch über dem Wasser, auf einer Klippe, oder vielmehr in einem ovalen Einschnitt dieser riesigen Felswand förmlich eingebettet. Der Schiffsrumpf kann der Witterung noch viele Jahre lang trotzen. Das alles sagte ich Ihnen, glaube ich, gestern schon. Ich möchte jetzt wiederholen: Das Schiff ist mit Vorräten auf Jahre hinaus versehen und wir werden nicht den geringsten Mangel leiden. Der Kohlenvorrat ist ziemlich groß, und wird uns lange Zeit vor der Kälte schützen. Später können wir alle möglichen Holzteile des Schiffes als Brennmaterial benützen, viele Monate lang. Ich kann nur sagen, daß es mir als unsere erste Aufgabe erscheint, uns gesund und tüchtig zu erhalten. Natürlich werde ich Tag und Nacht in irgend einer Form Signale geben; durch Flaggenzeichen von einem möglichst hohen Punkt aus und natürlich auch durch Rauch- und Feuersignale. Diese Signale werden weithin sichtbar sein, zum mindesten die Rauchsignale, und wenn sich wieder ein Eisberg vor unsere Klippe schieben sollte, dann werden wir in kurzen Zwischenräumen Flaschenposten ins Meer werfen. Sonst können wir nichts tun, als warten und uns unterdessen das Leben so erträglich gestalten wie nur irgend möglich.«

Miß Otway kamen die Tränen in die Augen. »Ich will ja nicht schwach sein,« flüsterte sie.

*

In der Kajüte sah es fürchterlich aus. Es war unmöglich, auf dem schiefgeneigten Boden anders vorwärts zu kommen als auf allen Vieren kriechend. Sessel und Tische, die ganze Einrichtung der Kajüte, waren in tollem Wirrwarr gegen die Wand gepoltert. Der Ofen war glücklicherweise nicht zusammengestürzt, aber er stand so schief, daß es gefährlich schien, ein Feuer anzuzünden. In der Kajüte herrschte eine solche Kälte, daß unser Atem sich zu förmlichen Dampfwolken kristallisierte. Meine allererste Aufgabe mußte es sein, unseren Wohnraum einigermaßen wohnlich zu machen.

Das Wrack wurde in seiner lächerlichen schiefen Lage wie in riesigen Klammern von den Felsen festgehalten. Ich überlegte und überlegte und sah, daß mir nichts anderes übrig blieb, als in die Kajüte einen neuen Boden einzubauen, damit wir uns wenigstens aufrecht darin bewegen konnten. Bretter ließen sich von anderen Teilen des Schiffes leicht genug losreißen. Aber das war eine Arbeit, die lange dauern würde. Vorläufig kletterte ich wieder an Deck, um ein paar Tauenden zu suchen. Die wollte ich kreuz und quer durch die Kajüte spannen, als ein vorläufiges Aushilfsmittel, damit wir uns an ihnen halten konnten. Mit unendlicher Mühe gelang es mir, Stücke der noch vorhandenen Hilfsleinen, die in der eisigen Kälte so hart geworden waren wie Stahltrossen, loszuschneiden und nach unten zu schaffen.

Dann plagten Miß Otway und ich uns eine Stunde lang, den kleinen Kajütenofen durch Unterschieben von Holzblöcken in eine wagerechte Lage zu bringen, und die Ofenrohre entsprechend zurechtzubiegen. Endlich waren wir soweit, daß wir ein Feuer anzünden konnten, ohne befürchten zu müssen, das Wrack in Brand zu setzen. Ich taute die steifgefrorenen Leinen auf, und spannte sie kreuz und quer durch die Kajüte, so daß wir wenigstens einen Halt hatten.

Dabei nahm ich mir aber vor, Tag und Nacht zu arbeiten, um einen neuen Boden in die Kajüte zu legen. Denn für Miß Otway war es direkt gefährlich, sich in der abschüssigen Kajüte hin und her zu bewegen, trotz der Hilfsleinen.

Ich beschloß, vom Deck des Schiffes und unten im Raum Bretter loszureißen, und auf einer Unterlage von Fässern den Kajütenboden wagrecht zu machen. Die Treppe mußte so bleiben wie sie war. Es mußten eben auch dort Leinen gespannt werden, damit man sich hin und her bewegen konnte. Auf dem schiefen Deck mußten zum mindesten einzelne Bretter in wagrechter Lage angebracht werden. Es mußte für Handgriffe und Fußstützen gesorgt werden. Augenblicklich waren die mit Eis überzogenen, glitschrigen Deckplanken selbst für einen geschickten Seemann gefährlich, geschweige denn für eine Dame.

Die Stunden vergingen wie im Flug. Miß Otway, in den schiefen Winkel beim Ofen hingekauert, in einer unsäglich unbequemen Lage, hatte unterdessen Kaffee gekocht und Speck gebraten. Während des Essens setzte ich ihr auseinander, was ich tun wollte, um die Kajüte wohnlich zu gestalten.

»Können Sie allein das alles machen?« fragte sie erstaunt.

»Es ist ganz einfache Zimmermannsarbeit,« sagte ich lächelnd.

»Kann ich Ihnen denn nichts helfen?«

»Doch,« antwortete ich. »Es gibt ja tausend Dinge zu tun, tausend kleine Handreichungen, für die ich Ihnen sehr dankbar sein werde. Vor allem aber müssen Sie für's Kochen sorgen, Miß Otway!«

»Gerne; ich kann mich ja aber gar nicht rühren – ich muß ja immer in der Ecke kauern ...«

»Deswegen wollen wir eben den Boden in Ordnung bringen.«

»Ich werde herzlich froh darüber sein,« sagte Miß Otway, mit einem wehmütigen Lächeln. »Ich komme mir vor wie ein Baby, das noch nicht laufen kann!«

Wir lachten beide – aber unser Lachen hatte, so schien es mir, etwas Klangloses, etwas Unheimliches fast ...

Es war spät geworden. Ich kletterte an Deck, um mich umzusehen, ob es besonders schwierig sein würde, die Deckplanken für meine Zimmermannsarbeit loszureißen und – starrte erstaunt auf den Horizont.

Es war vollkommen windstill. Die Luft war eiskalt – und dennoch hatte die Atmosphäre etwas sonderbar Drückendes. Ich konnte mir nicht helfen, so sehr sich auch mein Verstand dagegen wehrte – mir schien es, als sei es schwül trotz der Kälte; schwül, drückend wie vor einem Gewitter. Das Meer zwischen den schimmernden, glänzenden Eisbergen regte sich kaum. Die eisstarrenden Klippen vor mir sahen schwarz und dunkel aus. Der Himmel war, es mochte gegen fünf Uhr abends sein, in der Richtung nach den Eisbergen und dem Meere zu tief grün-blau; dunkler jedoch, als er hätte sein sollen, selbst an dem frühen Abend der Eisregionen. Mir kam es vor, als sei der Himmel wie verschleiert. Das war es aber nicht, was mich unruhig machte.

Ueber den Klippen stieg es am Horizont auf wie eine schwarze Wand. Düstere, tiefschwarze Wolken. Und doch wieder nicht wie Wolken. War doch, oder schien wenigstens, die schwarze Masse vollkommen unbeweglich!

Die Klippen behinderten meinen Ausblick. Trotzdem glaubte ich dann und wann einen fahlen Lichtschein in der schwarzen Masse am Horizont aufleuchten zu sehen. Das Phänomen machte mich unruhig. Ein Nordlicht konnte es nicht sein, denn das war unter den Wetterbedingungen unmöglich. Außerdem würde ein Nordlicht klaren und stetigen Schein verbreitet haben. Der Lichtschein aber über den Klippen zuckte nur dann und wann blitzartig auf.

Blitze? Lächerlich! Ein Gewitter in diesen Breiten war ein Ding der Unmöglichkeit!

Ich kauerte auf den Deckplanken und starrte ... Ein Gefühl wie von elektrischer Irritation kam über mich, ein Gefühl, als sei die Luft förmlich mit nervenerregenden Elementen geladen! Aber ich schüttelte diese unbehaglichen Eindrücke ab.

Nichts konnte uns eigentlich in unserer augenblicklichen Lage schaden. Das Wrack lag so hoch auf den Klippen, daß selbst im schwersten Sturm die Wellen es wohl kaum erreichen konnten. Und wenn sie es wirklich erreichten, so konnten sie ihm in seiner sicheren Lage in den Klippen nichts anhaben; es war ja so fest eingebettet, daß es Jahre, Jahrhunderte vielleicht liegen bleiben mußte – dort verfaulen mußte. Weder Menschenkräfte noch Naturkräfte konnten es aus seiner Lage bringen!

Dennoch – die dumpfe Stille und Ruhe um mich her, die sonderbare Himmelsfärbung, die drohende schwarze Wand am Horizont mit dem fahlen Leuchten machten einen unbeschreiblichen Eindruck auf mich, wenn ich mir auch immer wieder sagte, ein Seemann dürfe sich von einer Wolkenbildung nicht ins Bockshorn jagen lassen. Ich beschloß, Miß Otway nichts von meinen Wahrnehmungen zu sagen; ich schämte mich meiner vagen Befürchtungen, wenn ich an das junge Mädchen dachte, der ich doch ein gutes Beispiel an Standhaftigkeit geben mußte.

Ich nahm mich zusammen und kroch auf allen Vieren über das scharf schräg-geneigte Deck, um nach Holz für meine Arbeit zu suchen. Die schweren Planken loszureißen und nach unten zu transportieren, war eine viel zu schwierige Aufgabe für mich allein. Dagegen fand ich zu meiner Freude, daß die Verschalung der Reeling am Bug aus dünnen Planken bestand, die gerade das waren, was ich brauchte. Dann standen von den weggefegten Schiffsoberbauten, von der Kombüse und dem Kartenraum, noch Unterteile, deren Bretter ich ebenfalls verwenden konnte. Das sollte meine Arbeit für morgen sein. Heute war es schon viel zu spät – die Dunkelheit brach herein.

Aber auch im Halbdunkel der Dämmerung trat die schwarze Masse über den Klippen scharf, deutlich, drohend hervor, durchhuscht dann und wann von dem merkwürdigen fahlgelben Schein ... Trotz aller soeben gefaßten Vorsätze wurde ich das Gefühl einer lastenden Angst nicht los. Ich stieg wieder zur Kajüte hinab.

»War es sehr kalt oben?« fragte Miß Otway, als ich wieder bei ihr eintrat.

»Nein, nicht sehr,« antwortete ich. »Es ist vollkommen windstill.«

Sie kauerte wieder in dem Winkel neben dem Ofen, fast hilflos in dem schräg geneigten Raum.

»Morgen abend wird unser neuer Boden fertig sein,« sagte ich tröstend. »Dann können Sie sich wenigstens rühren!«

»Wenn ich nur ein Mann wäre; wenn ich Ihnen nur helfen könnte!«

»Sie werden alle Hände voll zu tun haben!« sagte ich und gab mir Mühe, lustig zu lachen. »Sobald ich den neuen Boden gelegt habe, müssen wir einen Teil der Vorräte hierher schaffen. Dann müssen wir die Kajüte in Ordnung bringen, die Wände und die Türen mit Teppichen verkleiden, den Ofen ein wenig behaglicher zum Kochen einrichten ...«

So plauderten wir, und ich sah mit Freuden, daß Miß Otway anfing, Interesse zu zeigen. Sie warf hie und da Fragen ein und schlug Aenderungen vor. Als ich ihr endlich spät abends half, aus dem Winkel in die Kabine hinüberzuklettern, in der sie schlief, da sagte sie, sich in der Türe umwendend:

»Gute Nacht, Mr. Selby; ich will Ihnen helfen, wo ich nur kann, und ich will stark sein. Es ist feige, wenn man an seinem Schicksal verzweifelt!«

*

Ich aber mußte wieder an die fahlgelben Lichtstreifen in der schwarzen Wand denken!

Ich fuhr aus tiefem Schlaf entsetzt empor. Ein furchtbarer Ruck schleuderte mich gegen die hölzerne Rückwand der Koje, und einen Augenblick lang lag ich betäubt da. Ich war mit dem Kopf an einen Kojenbalken gestoßen. Mühsam richtete ich mich auf und versuchte, zu denken. Es war Nacht – ich lag in meiner Koje – was ... was konnte das nur sein?

Ich wurde hin und her geschleudert, als sei das Wrack ein Spielball der Wellen. Bald auf, bald nieder schwankte der Boden unter meinen Füßen; bald taumelte ich vorwärts, bald rückwärts ...

»Mr. Selby!« schrie Miß Otways Stimme in unbeschreiblicher Angst. »Mein Gott – Mr. Selby – was ist das?«

»Ich komme sofort!« brüllte ich.

»Schnell! Ich fürcht' mich so ...«

Sie schrie gellend auf.

»Haben Sie sich verletzt, Miß Otway?« rief ich, mich in der Dunkelheit vorwärtstastend.

»N–ein. Bitte – schnell!«

»Ja.«

Wieder wurde ich durch einen fürchterlichen Stoß an die Wand geworfen. Taumelnd, hin und her geschleudert, fand ich die Kabinentüre, nur um von einem neuen Stoß die Kajüte entlang geworfen zu werden. Ich rollte gegen Möbelstücke, richtete mich mühsam auf, stolperte, fiel. Endlich gelang es mir, an der schrägen Wand entlang kriechend, in den Winkel beim Ofen zu gelangen.

»Mr. Selby – so kommen Sie doch!« rief Miß Otway wieder.

»Sofort,« antwortete ich. »Ich muß Licht machen.«

Irgendwo beim Ofen mußte Feuerzeug liegen. Ich tastete und tastete, und suchte und suchte, und fand endlich das Feuerzeug. Als der Lichtschein aufblitzte, zündete ich eine Kerze an, die glücklicherweise dicht beim Ofen stand –

»Ich komme!« rief ich.

Die Stöße hatten aufgehört, und es gelang mir, die Kajütenlampe zu erreichen, die von der Mitte der Decke schwang, und sie anzuzünden. Dann kroch ich, die Kerze in der Hand, hinüber zu Miß Otways Kabine und stieß die Türe auf. Sie stand, in eine Decke gehüllt, zitternd da und hielt sich krampfhaft am Pfosten der Koje fest.

»Ich habe Licht gemacht, Miß Otway,« sagte ich. »Kommen Sie in die Kajüte.«

»Was ist das?« stöhnte sie. »Sind wir in Gefahr? Was bedeuten diese furchtbaren Stöße?«

»Ich weiß es selbst nicht,« gab ich zur Antwort.

Ich riß Kissen und Decken aus der Koje, half Miß Otway zu dem Winkel beim Ofen und machte ihr aus den Kissen und Decken einen Sitz zurecht.

»Es scheint, als ob es jetzt aufgehört hat,« sagte sie und versuchte tapfer zu lächeln.

In diesem Augenblick erbebte das Wrack, wie von einer Riesenfaust geschüttelt, und furchtbare Stöße warfen uns beide zu Boden. Fürchterliches Getöse umgab uns, ein Krachen, ein Knattern, ein Bersten, als seien alle Elemente in Aufruhr. Das schallende Krachen mußte, das erkannte ich sofort, von berstenden Eismassen herrühren, von Eisbergen, die der Sturm gegeneinander schleuderte. Das dumpfe Getöse aber, das wie Donnergrollen klang, war mir unerklärlich. Wir wurden gerüttelt und geschüttelt und hin und her geworfen. Der Lärm war so entsetzlich, daß wir schreien mußten, um uns gegenseitig zu verstehen –

»Das Wrack wird von den Klippen geschleudert werden!« schrie Miß Otway.

»Das halte ich für unmöglich,« schrie ich zurück.

In diesem Augenblick schleuderte uns ein Stoß, entsetzlicher als alle vorhergegangenen, nach der entgegengesetzten Seite der Kajüte. Miß Otway schrie gellend auf. Der Ofen stürzte mit einem gewaltigen Krach zusammen – Sessel und Tische und Vorräte rollten polternd über den Kajütenboden – es war ein Wunder, daß in dem Wirrwarr weder Miß Otway noch ich verletzt wurden. Immer gewaltiger wurde das Getöse, immer furchtbarer das Rollen des Schiffes. Minutenlang wurden wir von Kajütenwand zu Kajütenwand geschleudert, völlig hilflos.

Da – ein Stoß, begleitet von einem donnerähnlichen, krachenden Getöse, als sei ein Berg zusammengestürzt, und mit einemmal war es vollkommen ruhig. Diese Ruhe war fast noch fürchterlicher, als das bisherige Tosen, Krachen und Grollen. Halb betäubt starrte ich um mich und sah nicht weit von mir Miß Otway liegen. Sie richtete sich auf, als ich sie rief, und sagte zitternd:

»Ist es vorbei?«

Und mit einemmal schrie sie auf.

»Das Schiff hat sich aufgerichtet, Mr. Selby,« stieß sie hervor. »Sehen Sie nur – ich kann stehen – der Boden ist nicht mehr schräg – mein Gott, was kann es nur gewesen sein, Mr. Selby?«

In meiner Betäubung (mein Kopf schmerzte – ich mußte in dem Wirrwarr von hin und her geschleuderten Möbelstücken verletzt worden sein) hatte ich nicht darauf geachtet, daß seit dem letzten entsetzlichen Stoß der Kajütenboden wagerecht war ...


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