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Frau Faber erhielt den Besuch ihres früheren Mannes. Sein rundes, braves Gesicht war erregt, er trug Kniehosen mit Gamaschen und war soeben mit dem Motorrad von seinem Landsitz bei Helsingör in die Stadt gekommen.

»Ich fuhr hinaus, um alles für Laura zu ordnen«, sagte er. »Die Villa ›Trutz‹ liegt auf einem Hügel, fünfundsechzig Meter über dem Meere, weißt du, und ist hilflos der Beschießung von der Seeseite ausgesetzt. Ich kann es nicht verantworten, meine Frau dort draußen wohnen zu lassen, wenn ich selbst sicher in meinem Kontor in einer wohlbefestigten Hauptstadt sitze, ob auch alles um uns her wankt. Aber wie steht es mit dir, Ulla? Ich machte mich schleunigst auf den Weg hierher, sobald ich Laura mit den Kindern und dem Gepäck im Zuge hatte. Jetzt mußt du mir erlauben, alles für dich zu ordnen. Du hast wohl alles erhoben, was du auf deinem Bankkonto hattest? Ich glaube, du kannst es verantworten, deine Wertpapiere im Safe liegen zu lassen, die Bank hat ja bombensichere Gewölbe.«

Ulla lächelte. »Du Ärmster, mußt du dir jetzt nicht nur um Laura, sondern auch um mich Sorgen machen!«

»Selbstverständlich! Ich fühle dieselbe moralische Verpflichtung dir wie Laura gegenüber!« Er sah sie hastig und scheu an. »Ich bemerkte übrigens, als ich kam, einen Herrenhut im Entree. Hast du Besuch?«

»Nein, du störst gar nicht. Ich habe nur einen Logiergast.«

Er sah zu Boden. »Ach so! – Ja, mir schuldest du ja keine Rechenschaft – jedenfalls nicht mehr. Das einzige, um was ich dich bitte, ist, daß du Rücksicht auf deine eigene Sicherheit nimmst. Mit einem Weltkrieg ist nicht zu spaßen!«

Ein leichter Kälteschauer fuhr durch ihre Schulter. »Nein, ich weiß!«

»Du versprichst mir also, alle notwendigen Verfügungen zu treffen?«

Ulla stand am Fenster, das nach dem Garten hinausging. Über die Lange Brücke kam eine Abteilung Artilleristen, die zur Wehrmacht einberufen waren. Sie hatten neue Uniformen an und trugen das Zivilzeug noch überm Arm. Ihr Marsch war merkwürdig majestätisch, die trägen Gesichter trugen das Gepräge angestrengter Verantwortung.

Ulla wandte sich um, ihre Stimme erhielt einen Unterton von Zorn: »Ich gedenke nur eine Verfügung zu treffen: Ich lasse meine Jalousien herunter!«

 

* * *


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