Leopold von Ranke
Savonarola – Geschichte des Don Carlos – Die großen Mächte
Leopold von Ranke

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Jugendzeit.

Von sehr jungen Eltern kam er her. Als die portugiesische Infantin über den Acaya in Kastilien anlangte und in Salamanka zur Vermählung einzog, war sie wenige Tage über 16 Jahre. Philipp war nur 5 Monate älter. Am 8. Juli 1545 ward der Knabe geboren. Man gab ihm seines Großvaters Namen Karl, ein Name, von dem man in Spanien sagte, er bedeute bei den Deutschen tapfer und melancholisch.

Die Mutter starb bald nach ihrer Niederkunft. Der Knabe war ungewöhnlich schwach. Wir finden, daß er drei Jahre alt wurde, ehe er sprechen lernte. Er stammelte immer und sprach niemals deutlich. Zwischen seinem vierten und vierzehnten Jahre war sein Vater nur kurze Zeit in Spanien. Ohne des Vaters Ansehen, ohne einer Mutter mäßigende Sorgfalt und seiner Verwandten Obhut wuchs er heran.

Philipp bemühte sich, den Mangel genügend zu ersetzen. Als er den Knaben einer Oberhofmeisterin, der Donna Leonore Mascareñas, übergab, sagte er zu ihr: »Er hat keine Mutter mehr; seid ihr ihm statt derselben; behandelt mir ihn wie euer Kind.« Wie Don Carlos 9 Jahre alt geworden, suchte und fand Philipp einen geschickten Lehrer für ihn. Einen Edelmann von Valencia, Onorato Juan, der in den Niederlanden studiert, Deutschland und Italien gesehen hatte, – man hielt ihn für einen der ersten Köpfe von Spanien und rühmte, daß er es in mehr als einer Wissenschaft so weit gebracht habe, um zugleich die Kenner zu befriedigen, und die Unkundigen zu belehren – diesen traf die Wahl. Im Juli 1554 ward derselbe ernannt; im August begann er seinen Unterricht. Anfangs bat ihn Philipp – noch Prinz – nur im allgemeinen, sich alle die Mühe zu geben, den Infanten in Tugend und Wissenschaft zu fördern, die sein, des Prinzen, Vertrauen verdiene. Später geht er selbst aus der Ferne auf das einzelne ein. Er erinnerte den Lehrer, mit den leichten Autoren anzufangen, damit der Knabe nicht, durch die Schwierigkeiten abgeschreckt, einen Widerwillen gegen die Literatur bekomme; er ersuchte ihn um häufige Nachrichten und bezeugte ihm, daß ihn nichts mehr zufrieden stelle, als zu sehen, daß von der Mühe, die der Lehrer anwende, die Frucht komme, die der Vater wünsche. In der Tat konnte Onorato Juan in den ersten Jahren günstige Nachrichten mitteilen. Das beste war, daß er das volle Vertrauen seines Zöglings erwarb. Wie sehr er das hatte, beweist auch ein Brief der Königin von Portugal an den Infanten, ihren Enkel, worin sie ihn bittet, was sie ihm hier schreibe, vor jedermann geheimzuhalten, nur dem Onorato könne er's sagen. Doch traten in Don Carlos gar bald noch andere Neigungen ein, als welche für den ruhigen Fortgang der Studien erwünscht gewesen wären.

Was in dieser und der folgenden Zeit die Seele des Don Carlos am meisten beschäftigte, war ohne Zweifel die Tätigkeit, der Ruhm und die glänzende Weltstellung seines Großvaters, hörte man doch damals nicht selten sagen, der Knabe habe mit dem Kaiser viel Ähnlichkeit, und ihm wird man das nicht verschwiegen haben. Es ist vielleicht auch merkwürdig, daß die ersten venezianischen Berichte über Karls V. Jugend ganz das nämliche von diesem aussagen: er zeige sich mutig und grausam, was die damaligen über Don Carlos melden. Von Anfang an geschieht vornehmlich seiner zur Gewalttätigkeit geneigten und kriegslustigen Gemütsart Erwähnung. Nur von Krieg und Waffen wollte er wissen. Er gefiel sich in männlichen Anschlägen. Schon damals, als er von dem Heiratsvertrage zwischen seinem Vater Philipp und Maria von England und von der Bedingung desselben hörte, daß der Sohn aus dieser Ehe Flandern erben sollte, hielt er es für eine Beeinträchtigung seiner Rechte. Er erklärte, er werde es nicht leiden, er werde mit seinem Bruder darum kämpfen; er bat seinen Großvater um eine Rüstung. Späterhin, wenn etwa Granden oder Kriegshauptleute sich ihm vorstellen ließen und ihm ihre Untertänigkeit versicherten, ihre Dienste anboten, nahm er sie beiseite, führte sie in sein Gemach, ließ sie schwören, daß sie ihm zu den Kriegen folgen wollten, die er zu führen gedenke und nötigte sie, ein Geschenk anzunehmen. Freigebig zu sein, war sein Ehrgeiz. Oft brachte er die Prinzessin Johanna, seines Vaters Schwester, die in Portugal verheiratet gewesen und nach dem Tode ihres Gemahls, nachdem sie dem Reiche einen Erben gegeben, zurückgekommen war und Kastilien verwaltete, in Verlegenheit. Er schonte weder Geld noch Medaillen noch Ketten, und wenn er sonst nichts hatte, bot er selbst seine Kleider an. Zu bezähmen wußte er sich nicht. Eine unschädliche Schlange, die man ihm schenkte, verletzte ihn; er biß ihr dafür den Kopf ab. Man will wissen, daß er kleine Tiere noch lebendig braten lassen und daß Herzog Alba seinen Abscheu hierüber laut ausgedrückt habe. Sein verständiger Lehrer suchte seine wilde Heftigkeit durch wohlgewählte Lektüre zu mäßigen.

In dieser Zeit kam Karl V. nach Spanien. Er hatte das Reich, das er in so vielen Kämpfen behauptet und erweitert, freiwillig aufgegeben. Der Knabe war voll von Bewunderung. Einst erzählte ihm, wie man sagt, Karl V. die Ereignisse seines Lebens. Der Prinz hörte alles mit Aufmerksamkeit und ausnehmender Billigung an. Als aber der Kaiser auf die Ereignisse von Innsbruck, auf seine Flucht vor Herzog Moritz, Kurfürsten von Sachsen, kam, war er nicht mehr zufrieden. Der Kaiser stellte ihm vor, daß er ohne Geld und Truppen, der Feind stark, geschwind und entschlossen gewesen sei. Der Prinz blieb dabei: »Ich wäre doch nicht geflohen.« »Stelle dir vor,« versetzte jener, »alle deine Pagen fielen über dich her, um dich zum Gefangenen zu machen, würdest du nicht entfliehen?« – »Fliehen«, sagte Don Carlos, »würde ich nicht.« – Übrigens verleugnete er auch dem Kaiser gegenüber keineswegs sein Naturell; auch vor dem Großvater mochte der Knabe nicht lange unbedeckten Hauptes stehen. Hatte nun der Kaiser sein Vergnügen an dem Knaben, so war ihm dieser dafür von Herzen ergeben. Er nannte ihn Vater, seinen Vater nannte er Bruder.

Gewiß, er war trotzig, ungestüm, selbst grausam; doch war er auch freigebig, mild und zeigte Anerkennungen für andere. Er war voll Hingebung – wir werden es ferner sehen – gegen seinen Lehrer. Bei der ersten geistigen Berührung hatte er so viele eigenartige Gedanken, daß sein Lehrer der Mühe wert fand, sie aufzuzeichnen. Vor allem wiegte sich seine Seele mit der Aussicht auf Waffenruhm und ein glänzendes Leben im Lichte der Welt.

Ein guter Schüler, ein gefügiger Zögling war der Infant jedoch mitnichten. Don Garcia de Toledo, sein zweiter Ajo, konnte sein Vertrauen nicht gewinnen. Bei den Strafen, die man anzuwenden nicht vermied, mußte man doch auf seine schwache Gesundheit Rücksicht nehmen. Donna Juana, die jetzt als Regentin in Valladolid residierte, fühlte wohl, daß ihre Autorität nicht hinreichte, um diese schwierige Erziehung zu leiten; sie wünschte ihn nach San Juste zu dem Kaiser zu bringen, der allein auf ihn wirken werde. Der Kaiser wollte jedoch die Stille seiner Zurückgezogenheit nicht durch den unbotmäßigen, anspruchsvollen Knaben stören lassen und lehnte es ab. Auch Onorato Juan beklagt, daß alle die Mühe, die er sich gebe, doch fruchtlos sei. Eine Besserung erwartete man nur von der Ankunft seines Vaters, welche im September 1559 erfolgte. Auf die Erziehung des Prinzen konnte sie zunächst wenig Einfluß haben, da derselbe von einem Quartalfieber ergriffen war, das ihn einige Jahre verfolgte und die Entwicklung seiner Kräfte hemmte. Auch abgesehen von der Krankheit möchte man fragen, ob bei Naturen, wie die des Don Carlos eine war, überhaupt von der Erziehung viel zu erwarten ist? An dem eingeborenen Naturell vermag die Erziehung nichts zu ändern. Vielleicht wäre es gar nicht einmal zu wünschen, daß sie es könnte, denn sie würde die ursprüngliche Individualität dem allgemeinen Begriff unterordnen; dieser allein würde leben, nicht das Individuum. Nur dafür kann sie sorgen, daß die Triebe den Grundlagen der menschlichen Gesellschaft nicht zuwiderlaufen und sie verletzen. Dann aber erscheint die Schwierigkeit, daß die Beschränkung, zu der man sich veranlaßt findet, das Übel leicht noch vermehrt. Widerstand gegen die Beschränkung kann als eine Art von Selbstverteidigung erscheinen, so daß die zurückgedrängte Begierde die Dämme durchbricht, die ihr entgegengesetzt werden, was da besonders der Fall ist, wo eine großartige, durch die Geburt dargebotene Stellung aller gewöhnlichen Rücksicht spottet. Mit der Rückkunft des Vaters waren nun aber einige andere Fragen verknüpft, welche die zukünftige Stellung des Infanten betrafen. Als die Herzogin Margareta von Parma zur Statthalterin der Niederlande ernannt wurde, machte sie selbst die Einwendung, diese Ehre würde mehr dem präsumtiven Thronfolger als ihr gebühren; Philipp lehnte es ab, nicht jedoch etwa deshalb, weil dieser dazu unfähig sei, sondern weil er erst in Kastilien und Aragon anerkannt sein müsse, ehe er Spanien verlasse. Philipp wurde durch die Krankheit seines Sohnes nicht abgehalten, denselben infolge eines schon einige Jahre früher in Antwerpen gefaßten Beschlusses des Kapitels des Goldenen Vlieses, in den Orden, der, wie man weiß, ursprünglich ein niederländischer war, feierlich aufzunehmen.

Seine vornehmste Sorge war, daß dem Prinzen zunächst in Kastilien die Nachfolge geschworen werde. Zuerst Johann I. von Kastilien im 15. Jahrhundert hatte seinen Sohn auf den königlichen Thron gesetzt, ihm den goldenen Stab in die Hand gegeben und ihn Prinz von Asturien genannt. Nicht bloß zum Titel sollte dies dienen. Der Infant ward dadurch nicht allein die erste Person in Spanien; er erlangte auch eine gewisse Unabhängigkeit, so daß die für die Stände bestimmten Dekrete der Könige vor allem an ihn gerichtet zu werden pflegten.

Zu der Eidesleistung versammelten sich im Februar 1560 die Stände des Reiches in Toledo. Reich gekleidet saß der Prinz zur Linken seines Vaters, dem zur Rechten Donna Juana, die bisherige Regentin, Platz genommen hatte. Diese leistete den Eid zuerst vor dem Erzbischof und näherte sich Don Carlos, um ihm die Hand zu küssen, was er ablehnte. Hierauf schwuren die Prälaten, die Granden und die Vertreter der Comunidades, ihm als dem rechtmäßigen Erben des Reiches zu gehorchen und zu dienen, ihn mit Gut und Blut, mit ihren Verwandten und Untergebenen zu verteidigen. Er schwur dagegen, das Reich bei seinen Gesetzen, in Friede und Gerechtigkeit zu behaupten und die katholische Religion zu verteidigen. Die Spanier versichern, diese Zeremonie gebe dem Prinzen gleichsam die Würde eines Cäsar neben dem Augustus, eines Mitregenten; wenigstens bedurfte es zu seiner unmittelbaren Thronbesteigung nichts Weiteres, als den Abgang seines Vaters. Trotz dieses Zuwachses von offizieller Würde fuhr man fort, den Prinzen wie ein Kind zu behandeln. Herzog Cosimo von Florenz sendete schöne Pferde zum Geschenk, einige für ihn, andere für den Vater. Philipp ließ diese sämtlich in seine Ställe führen und behielt sie für sich, wie denn dem Prinzen überhaupt das Reiten verboten war, weil es ihm schädlich sei. In der Umgebung des Don Carlos hatte besonders einer, Don Gelves, seine Gunst erworben, mit dem er sich zuweilen einschloß, so daß der Ajo keinen Zutritt bei ihm fand. Der Ajo bewirkte, daß der Kämmerer entfernt wurde. Man gab demselben schuld, daß er dem Infanten allen Vorschub tue, um seine krankhafte Eßlust zu befriedigen, durch welche seine Schwäche nur vermehrt werde. Unaufhörlich wurde Don Carlos von seinem Fieber verfolgt. Nachdem man lange, wie es scheint, durch Geldmangel verhindert worden war, ihn aus der schwülen Luft von Madrid zu entfernen, faßte man endlich den Entschluß dazu; im Jahre 1561 wurde der Prinz nach der hohen Schule von Alcala gebracht. Statt des Hofes gab man ihm den natürlichen Sohn Karls V. und einen Enkel desselben, Don Johann von Österreich und Alexander von Parma zu Begleitern, junge Männer ebenfalls voll Tatenlust und Mut, aber nicht voll so ausschweifender Gemütsbewegungen.

Ein Heilmittel, welches die beste Wirkung hoffen ließ. Schon im Februar 1562 war das Fieber fast völlig gewichen; die Ärzte hielten Carlos' Genesung für gewiß. In Alcala, von der Gegenwart des Vaters befreit, gefiel er sich in munterer Bewegung. Täglich gab er etwas zu reden; und seine Neckereien ließen mancherlei Deutung zu. Man muß ihm aber nicht zu viel tun. Wenn er einmal eine Perle, die ihm ein Kaufmann, der aus Indien zurückgekommen, für 3000 Skudi anbot, in den Mund nahm und sich anstellte, als hätte er sie verschluckt, so legte es der König sogleich dahin aus, als hätte er seine Lust an der Angst des Handelsmannes. Nach drei Tagen gab ihm der Prinz seinen Schatz zurück. Bei den Festen des Hofes, wie damals, als der König den Palast del Pardo bei Madrid vollendet hatte und seine Gemahlin, der er nicht eher gestatten wollte, ihn zu sehen, dahin führte, finden wir auch den Prinzen und die ganze Gesellschaft von Alcala. Man fing bereits an, von seiner Vermählung zu reden. Die Niederländer schlugen ihm die Erbin von Kleve vor, durch welche sie dieses Land in ihre Gemeinschaft zu ziehen hofften. Indes sahen seine Freunde mit Vergnügen, daß er sein Herz der Zuneigung zu einem weiblichen Wesen eröffnete; sie hofften, daß eine solche Neigung seine ganze Existenz fördern und seine Seele für das, was anständig und ritterlich, vollends erwecken werde.

Man weiß aber, wie es ihm erging. Es war die Tochter des Haushofmeisters, auf die er seine Augen geworfen. Er wohnte in dem oberen Geschoß, und um das Mädchen zu sehen, mußte er eine nicht ganz sichere Treppe hinuntersteigen, die nur dann Licht hatte, wenn die untere Türe offen geblieben war, bei welcher jene alsdann erschien. Eines Tages nach Tische – es war der 18. April 1562 – hatte er sie auch dahin beschieden. Er hatte seine Diener bis auf einen entlassen und mit allem Geheimnis, dessen sich ein zärtliches Verständnis in seinem Anfange befleißigen kann, ging er zu der Treppe und eilig hinab. Don Garcia de Toledo aber, wenig aufmerksam auf den Vorteil, den die Freunde seines Zöglings für denselben hoffen mochten und nur bedacht, etwas Ungehöriges zu verhüten, hatte die Türe verschließen lassen. Heftig und ungestüm, wie er war, trat Don Carlos auf die alte Treppe, die nunmehr ganz verdunkelt war; er fiel und verletzte sich dabei den Hinterkopf. Und anfangs glaubte man wohl, wie der Anlaß leicht, so sei auch das Übel ohne Bedeutung. Als aber das Fieber, das kaum gewichen, sich zu der Wunde gesellte, fürchtete man für sein Leben. Philipp eilte nach Alcala. Im ganzen Lande hielt man Prozessionen für ihn. Die Spanier versichern, daß er erst, als ihn die Mönche des Klosters Maria Jesus mit dem unverwesten Leib des seligen Fray Diego berührt hätten, zur Lebenshoffnung zurückgekehrt sei. Der Anatom Vesalius, der hinzugezogen wurde, wird wohl das Beste getan haben. Aber in der halben Bewußtlosigkeit jenes unglücklichen Zustandes, nach den wunderbaren Zeremonien, die man mit ihm vorgenommen, hat der Prinz wirklich geglaubt, als sei er durch den seligen Diego erweckt, der sei ihm in der Nacht mit dem Rohrstab erschienen und habe ihm gesagt: du wirst an dieser Wunde nicht sterben.

So hatte jenes Verhältnis, oder vielmehr der Unfall, von dem es begleitet war, ganz eine andere Wirkung, als die man erwartet hatte. Statt den Prinzen vollends gesund zu machen und zu munterer Bewegung aufzuwecken, hatte es ihn in die alte Krankheit zurückgeworfen und ihm eine sonderbar ehrgeizige Devotion eingeflößt. Er wollte dem seligen Bruder, der ihm das Leben gerettet, dankbar sein und seine Kanonisation auswirken. Zu wiederholten Malen kurz hintereinander ließ er den Nuntius zu sich einladen, um Mittel und Wege, wie dies zu erreichen sei, von ihm zu erfahren.

Allmählich ging seine Genesung vorwärts. Im Juni finden ihn die venezianischen Gesandten mit verbundenem Kopfe sitzen, von krankem Aussehen, leise und unverständlich reden; im August erschien er beinahe geheilt. Auf Briefe, welche ihm dieselben Botschafter überreichten, antwortete er mit Heiterkeit und fast zu deren Verwunderung gut; er gedachte der Freundschaft, welche die Republik immer gegen den Kaiser, seinen Herrn, der in der Gloria sein möge, bewiesen habe, und die sie seinem Vater auch beweise; er hoffe, auch für ihn werde sie dieselbe bewahren. In Wahrheit aber war sein altes Übel nicht gewichen. Wir vernehmen bei dem 1. Januar 1563, daß er Fieber habe, am 14. August desselben Jahres, daß sein Fieber anhalte und doppelte Terziane geworden, in dem darauffolgenden Dezember, daß er noch immer daran leide und dem Arzte nicht gehorche. Er konnte seinem Vater, der zu den aragonischen Cortes ging, nicht dahin folgen, um auch da die Huldigung zu empfangen. Er ging zurück nach Alcala.

Alles das nun konnte den Prinzen nicht fördern. Leiblich und geistig mußte seine Entwicklung zurückbleiben. Nicht eben erfreulich wird seine Erscheinung geschildert. Er ist für sein Alter allzu klein; schön ist er nicht; unverhältnismäßig groß ist sein Kopf und die Krankheit hält ihn schwach und matt. Er möchte freilich freigebig sein, allein er hat kein Geld, und oft leidet er an einem unfürstlichen Mangel. Nach Taten verlangt ihn. Aber beschränkend steht ihm sein Vater gegenüber, um blühend in bester Manneskraft alles selber auszurichten. Er ist an einen Oberhofmeister gebunden, an den er einst Hand anlegen wollte, und den der Vater doch nicht von ihm nimmt. Alles dies vermehrt nur seine innere Heftigkeit. Er hat wohl Gedanken, doch übereilt er sich und nur undeutlich pflegt er sich auszudrücken. Sollte nicht auch ein so lange anhaltendes Fieber, kurze, heftige Bewegung, lange Abspannung und Entkräftung auf seine intellektuelle Befähigung und seine Seele einen Einfluß gehabt haben? In lauter Gegensatz ist sein Dasein zerspalten.


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