Leopold von Ranke
Savonarola – Geschichte des Don Carlos – Die großen Mächte
Leopold von Ranke

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Siebentes Kapitel.

Savonarola und Francesko Valori.

Wir kommen hier auf das Verhältnis der beiden einander entgegenstehenden städtischen Parteien zurück. Die Angelegenheit, die immer allem anderen voranstand, war die Ernennung des Gonfaloniere di Giustizia, der zwei Monate lang eine unmittelbare, wirksame Autorität ausübte. Es war das Amt der Akkoppiatoren gewesen, diese Ernennung zu vollziehen, was dann im Sinne der vornehmeren Geschlechter geschah; wir erinnern uns, wie sie dasselbe verloren. Die Wahlen wurden dann in dem großen Consiglio vollzogen unter dem entgegengesetzten populären Einfluß. In der Natur menschlicher Verhältnisse liegt es nun, daß die andere Partei dagegen anstrebte. Bereits im April 1496 wurde in der Republik ein geheimes Verständnis entdeckt, welches dahin zielte, nur solche Persönlichkeiten in die höheren Ämter gelangen zu lassen, über die man sich ausdrücklich verständigt hatte; ein Zettel war in Umlauf gesetzt worden, auf welchem 45 Namen verzeichnet waren, die für die höheren Ämter berücksichtigt werden sollten, außer ihnen aber keine anderen. Die Genannten gehörten meist den Geschlechtern an, die man jetzt auszuschließen angefangen hatte. Hierüber entstand die größte Bewegung, denn Intelligenzen dieser Art waren in der Republik streng verboten. Die Beteiligten wurden ergriffen und zu Gefängnisstrafe oder Ammonition verurteilt; die Sache schien ihren Ursprung in einigen Oberhäuptern zu haben, wie Piero Capponi und Tanai de' Nerli. Der ferraresische Gesandte wagt nicht ihre Namen zu verzeichnen; wir lernen sie aus dem Tagebuche Parentis kennen. Man glaubte annehmen zu dürfen, daß das Vorhaben dahin gegangen sei, sowohl die Anhänger Savonarolas als besonders die Bigi von den Ämtern entfernt zu halten. Die Verurteilten appellierten an das Volk, und es kam zu einer Verhandlung in dem großen Rate. Die Prokuratoren sprachen für und wider dieselben; dann ließ sich auch Frate Hieronimo auf der Kanzel über die Sache vernehmen; er war für die strenge Bestrafung der einmal Verurteilten. Es blieb also bei den von der Signoria verhängten Strafen. Die Folge war, daß im Mai 1496 jene Oberhäupter der großen Häuser noch weiter ausgeschlossen wurden und dagegen die Bigi in die höheren Ämter drangen; in dem Rat der Zehn, der die wichtigsten Zweige der Administration in sich begriff, erhielten sie die Oberhand. Im Sommer 1496 unterschied man zwei Parteien in Florenz, von denen die eine für den Herzog von Mailand, die andere für den König von Frankreich war. Hieronimo sagte wohl, er sei weder für die eine noch für die andere, er mische sich überhaupt nicht in Staatsangelegenheiten; aber man hatte genug von dem Herzog von Mailand gehört, um zu wissen, daß er die Herstellung eines aristokratischen Regiments gern gesehen hätte, weil er mit den Wenigen, wie man sie nannte, sich verständigen zu können hoffte, nicht aber mit dem Volke. Frate Hieronimo deklamierte gegen die Großen, von denen sich immer mehr zeigte, daß sie sich dem Popolo nicht unterwerfen wollten. Ein tiefgreifendes Ereignis war, daß Piero Capponi, der als Kommissar bei dem Kriegsvolk stand, das gegen Pisa aufgestellt war, von einer feindlichen Kugel getroffen umkam. Piero Capponi hatte sich schon unter Lorenzo Ansehen erworben, dann aber doch bei der Verjagung der Medici großen Einfluß ausgeübt; bei Guicciardini erscheint er als der Haupturheber derselben. In den ersten Tagen nachher war er der Mann, der das meiste Ansehen in der Stadt besaß; den Abzug der Franzosen brachte er unter annehmbaren Bedingungen zustande. Er hatte Geist und Mut und sprach vortrefflich. Der Reform des Frate aber war er entgegen; je mehr dieser im Ansehen stieg, desto weniger galt Capponi bei dem Volke. Sein Tod wurde nicht allein ohne Bedauern, sondern sogar gern vernommen.

Dagegen erfreute sich damals Francesko Valori der größten Gunst bei der Population. Er galt als einer der vornehmsten Feinde der Medici; an ihrer Verjagung, der Staatsveränderung überhaupt hat er den wirksamsten Anteil genommen, war aber bei der zwischen den großen Geschlechtern, denen auch er angehörte, entstehenden Parteiung auf die Seite des Frate getreten und hatte die populären Ideen zu den seinigen gemacht. Er war immer voll von Feuer für seine Sache; ein Mann von würdigem Äußeren, wenig Worten, bürgerlich in seiner Erscheinung, nicht gewinnsüchtig oder geldgierig, was ihm einen guten Ruf bei der Menge verschaffte, aber ehrgeizig ohne Grenzen und voll von persönlichem Selbstgefühl. Er gehörte zu den Männern, wie sie in allen Revolutionen hervortreten, denen es weniger um die theoretischen Grundsätze zu tun ist, die von der einen oder der andern Partei verfochten werden, als um den Besitz der Gewalt. Solange die öffentliche Meinung schwankte, hatte er oft bei der Bewerbung um ein Amt hinter Männern von geringerem persönlichen Verdienst zurückstehen müssen, aber in dem Maße, in welchem die frateske Partei überhaupt emporkam, stieg er zu immer größerem Ansehen; im Januar 1497 erlangte er das Gonfalonierat mit allgemeiner Beistimmung.

Unter seiner Verwaltung schritt man in bezug auf die Finanzen zu strengeren Maßregeln, was doch wieder auf die Parteistellung des Frate eine ungünstige Rückwirkung ausübte. Jene nur auf Zeit bewilligte Nachsicht in bezug auf die Staatsschulden hob man auf; da sich dann die Inkonvenienz herausstellte, daß der große Rat nicht mehr recht besucht wurde, so griff man hiergegen zu dem Mittel, auch den jüngeren Leuten aus den berechtigten Familien, die bisher ausgeschlossen waren, den Zutritt zu dem Consiglio zu gestatten. Bisher war das Alter von 29 Jahren dazu erforderlich gewesen; man setzte fest, daß 24 Jahre hinreichen sollten. Eine Auskunft, durch welche eine vorliegende Schwierigkeit beseitigt wurde, die aber mit der Zeit auch andere nicht zu berechnende Folgen nach sich ziehen konnte, denn wenn so viele jüngere Leute aus vornehmen und reichen Geschlechtern an der Ausübung der Souveränität des Popolo teilnahmen, wie konnte der Dominikanerbruder darauf zählen, allezeit die Mehrheit zu behalten, worauf ihm alles ankam? Ohnedies stieß die eingeführte Ordnung der Dinge auf mancherlei Widerstand.

Man hat dem Frate die Absicht zugeschrieben, in der Stadt eine starke bewaffnete Macht aufzustellen, um einen jeden, der gegen die Gesetze fehle, sogleich durch militärische Gewalt zur Unterwerfung zu bringen; denn auf eine starke Macht innerhalb der Republik war sein Sinn schon deshalb gerichtet, weil die Gegner niedergehalten werden mußten. Darin aber konnte er keinen besseren Gehilfen finden als Valori. Als Gonfaloniere litt Valori die Prediger, die sich den Doktrinen des Frate entgegensetzten, nicht in der Stadt; diese und manche ausgesprochene Anhänger des verjagten Hauses nahmen ihre Zuflucht nach Rom zu dem Kardinal Medici. Aber in bürgerlichen Streitigkeiten ruft jede Aktion ihre Gegenwirkung hervor. Und keinem Zweifel unterliegt es, daß auch die geistlichen Bestrebungen in dem letzten Karneval, die tief in die Familien hineingriffen, Mißvergnügen erweckt hatten; die gesamte Gewalt in die Hände der Frateschi unter einem so tatkräftigen Oberhaupt geraten zu lassen, war keineswegs die vorwaltende Meinung. So konnte es geschehen, daß der nächste Gonfaloniere aus den Gegnern Savonarolas genommen wurde; es war Bernardo del Néro, in welchem diese Partei nach Capponis Tode ihr Oberhaupt sah. Anders konnte es nicht sein, als daß daraus eine große Verwirrung entstand. Die aufgewachsene Jugend gefiel sich in Spielen von sehr politischer Färbung; sie sonderte sich in zwei Parteien, von denen die eine einen Herzog, die andere einen König an ihre Spitze stellte, d. h. eine französisch gesinnte, frateske und eine andere mehr aristokratische, die in der Verbindung mit dem Herzog von Mailand das Heil der Republik sah. Das Spiel hätte ernsthaft werden können und wurde von den Otto ausdrücklich untersagt.

In diesem Augenblick gegen Ende April 1497 geschah es, daß Piero Medici, zugleich auf die Entzweiung trauend, die in Florenz ausgebrochen war, einen Versuch machte, mit Gewalt wieder Meister in der Stadt zu werden. Und ohne Aussicht war sein Unternehmen nicht, denn die Menge des Volkes war von jeher mediceisch gesinnt und wegen der eingetretenen Teuerung der Lebensmittel der neuen Regierung besonders abgeneigt, und von den mittleren Bürgern bemerkte man, daß sie den Ausgang der Sache abwarten wollten; sie verhielten sich gleichgültig und zögernd und waren entfernt davon, sich zu bewaffnen. Wäre Piero eingetroffen, ehe die neue Signoria gewählt war, so würde er wohl einen Erfolg erzielt haben können; aber die neuen Signoren waren bereits gewählt, und unter dem Einfluß seiner Gegner waren gute Veranstaltungen getroffen, so daß er, nachdem er auf eine Bogenschußweite in die Nähe der Tore gekommen war, da die Stadt ihm widerstand und die vor Pisa lagernde Kriegsmacht sich gegen ihn wandte, für ratsam hielt, zurückzugehen. In Rom hatte das Gerücht, daß sein Unternehmen gelungen sei, frohlockende Manifestationen seiner Freunde hervorgerufen; bald aber traf die Kunde von dem vollkommenen Mißlingen ein. Papst Alexander scheint dies erwartet zu haben; denn er hatte nur eine sehr geringe Vorstellung von den Talenten des Piero. Für Savonarola machten die beiden Angriffe Piero Medicis Epoche. Wenn der erste ihm sehr nützlich geworden war, weil er das meiste zur Abwehr desselben beigetragen hatte, so war der zweite, obwohl ebenso erfolglos, doch vielmehr ihm schädlich, da er von jeher auch die Anhänger der Medici in seinen Schutz genommen hatte, so daß der Widerwille, welcher deren unentschiedenes Verhalten erweckt hatte, auf ihn selbst zurückfiel; unter denen, die man im Palast festhielt, um ihrer sicher zu sein, waren viele seiner Anhänger. Eine widerspruchsvolle Lage an sich, daß der Urheber des populären Regiments, welches die Verjagung der Medici zur Voraussetzung, hatte, nun doch wieder in einer gewissen inneren Verbindung mit denen stand, welche die Rückkehr der Medici wünschten, ohne jedoch selbst diesen Wunsch zu teilen. Dazu kam, daß ein Waffenstillstand zwischen Spanien und Frankreich geschlossen worden war, durch welchen die Opportunität der Allianz, für die Hieronimo sich immer ausgesprochen, sehr zweifelhaft wurde. Es hatte sich gezeigt, daß man doch für Florenz auch von der Liga nicht viel zu befürchten brauchte; namentlich erklärte sich Herzog Lodovico von Mailand zwar durchaus nicht im Sinne des Consiglio und der popularen Partei, aber doch noch weniger für die Medici, von denen er, wenn sie jemals wieder in Florenz zur Gewalt kamen, nur Feindseligkeiten zu erwarten hatte, da er zu ihrer Verjagung beigetragen zu haben sich bewußt war. Die Primaten waren seine natürlichen Verbündeten, sie wollten selbst Herren in Florenz sein und sich nicht unter die Medici beugen. Täglich traten die Gegensätze in der Stadt schärfer hervor; in der neuen Signorie saßen einige von Savonarolas heftigsten Gegnern, zu denen der Gonfaloniere Canacci selbst gehörte, aber auch einige seiner wärmsten Anhänger, wie Antonia Canigiani; ähnlich stand es in den meisten andern republikanischen Ämtern. Die geistlichen Streitigkeiten konnten nicht verfehlen, darauf einzuwirken, wobei es denn ins Gewicht fiel, daß Papst Alexander nicht mehr wie früher für Piero Partei nahm, so daß die reformatorische Agitation nicht länger ein Moment der Sicherheit der Republik überhaupt bildete. Die großen Geschlechter, frei von der Furcht vor dem Papst, traten dem Frate um so nachdrücklicher entgegen. Schon hörte man behaupten, das beste würde sein, sich desselben zu entledigen; doch fehlte noch viel, daß dies die herrschende Meinung gewesen wäre; seine Anhänger bildeten noch in allen Kreise eine starke Partei. Bei diesem Widerstreit, der alle Kreise durchdrang, und der politisch geistigen Aufregung, in der man sich befand, wurde es nun fast die größte Frage in der Stadt, ob Frate Hieronimo, wie er angekündigt hatte, an dem nahen Himmelfahrtstage (4. Mai) predigen werde oder nicht. Man stellte Wetten darüber an, denen durch Pfänder, die man auswechselte, ein besonderer Nachdruck gegeben wurde; die Gegner des Frate gaben die Absicht kund, die Predigt, die der päpstlichen Verfügung zuwiderlief, zu verhindern oder sie doch zu stören. Die Signorie hielt für notwendig, diese Wetten für null und nichtig zu erklären und jeden, der die Predigt stören werde, mit Strafe zu bedrohen. Es war selbst zweifelhaft, ob Savonarola wagen würde, die Kanzel zu besteigen. Valori hat ihn danach fragen lassen, und da er fest bei seiner Absicht blieb, haben dann die Signoren in einer neuen Deliberation beschlossen, daß zwar wegen des herannahenden Sommers, welcher bei zahlreichen Zusammenkünften die Seuche wieder hervorrufen könne, die Predigten überhaupt verboten sein sollten; für den Tag des Himmelfahrtsfestes aber wurden sie erlaubt. Von Savonarola war nicht namentlich die Rede; daß er besonders gemeint war, liegt jedoch am Tage. Wir begleiten noch einmal den Dominikaner zu einer seiner Demagorien, die einen geistlich politischen Charakter haben und zugleich seine Person betreffen. Am Himmelfahrtstage begab sich, wie die Chronik Parentis erzählend berichtet, der ehrwürdige Vater im Geleit nicht allein einer großen Anzahl seiner Anhänger, sondern auch von städtischen Milizen begleitet nach Santa Maria del Fiore. Vor allem bemühte er sich, die Vorwürfe abzulehnen, die man ihm machte. Seine Stellung war bereits nicht ohne Gefahr für ihn; die politischen Verhältnisse lagen weniger günstig; der Signoria war er nicht mehr so sicher wie bisher. Seine Predigt, die er hielt, ist eine Art von Verteidigung; aus ihr selbst lernt man die Vorwürfe kennen, die ihm gemacht wurden, die Zweifel an der Berechtigung der Stellung, die er einnahm, an seiner Prophetie selbst. Er ruft die Jungfrau Maria und die himmlischen Heerscharen zu Zeugen darüber auf, ob seine Vorhersagungen auf Träumen beruhen, wie manche ihm nachsagten, oder auf wirklichen Erleuchtungen; er versichert, vollkommen wachend mit aller möglichen Sicherheit habe er sie empfangen. Indem er sich an Gott wendet, dankt er ihm für das natürliche Licht, durch welches er dessen Dasein erkenne, den Ursprung alles Seins, noch mehr aber für das übernatürliche Licht des Glaubens; wenn er Gott um seinen Schutz anflehe, so rede nicht seine Zunge, sondern seine Seele; Gott möge sie frei machen, um die Wahrheit mit Zuversicht auszusprechen, von aller Furcht, aber auch von jeder Anwandlung von Schmeichelei. Wohl sage man, er sei ein Verführer des Volkes, aber Gott wisse, daß das nicht wahr sei. Gott selbst habe ihm gesagt: Gehe fort aus deinem Lande und aus dem Hause deines Vaters in das Land, das ich dir zeigen werde. Nicht aus freier Wahl, sondern infolge göttlicher Inspiration sei er nach Florenz gegangen; hier habe er nicht etwa nach eigenem Willen gehandelt, über die neue, in der Stadt einzuführende Regierung gesprochen, sondern nur auf Gottes Geheiß. Er erwähnt dann näher, was man ihm zum Vorwurf machte, z. B. daß er Konventikel in San Marco gehalten habe, oder daß man Geld daselbst sammle oder in San Marco herrlich und in Freuden lebe; er lehnt das alles unter Anrufung des Zeugnisses der himmlischen Gewalten ab. Indem er sodann versichert, er suche nicht seine Ehre, sondern die Ehre Gottes, wagt er zu sagen, wer ihn verfolge, der verfolge Gott und gehe in sein eigenes Verderben. »Habe ich nicht nur immer die Furcht Gottes und den Frieden gepredigt? Habe ich mich nicht immer für das Beste eurer Stadt bemüht, ohne etwas anderes als Undank erwarten zu können?« Er wiederholt dann seine alte Prophezeiung, daß Italien von barbarischem Volk sein Verderben zu erwarten habe. Sollten die fremden Mächte Frieden untereinander schließen, so werde das nur um so mehr der Ruin des verkehrten Italiens sein; ein Drangsal werde hereinbrechen, schlimmer als der Tod. Besonders werde Rom schwere Züchtigungen erfahren; aber dann werde die Erneuerung der Kirche erfolgen. Er vergißt nicht zu versichern, daß dann auch Pisa unter die Herrschaft von Florenz zurückkehren werde, freilich nicht sogleich wegen der Sünden der Florentiner. Mancher wünsche immer zu leben, um immer zu sündigen. In diesen Drangsalen werden die Auserwählten immer besser, die Bösen immer schlimmer werden. Bereits sehe man, daß der Satan große Gewalt erlangt habe; überall werde gespielt, man höre Gott lästern; der Wollust öffne man Tür und Tor. Die Bösen wissen nicht, was sie tun; sie glauben, daß sie gegen den Frate kämpfen; es ist aber Christus, gegen den sie kämpfen. »Ich bin nicht ihr persönlicher Gegner, aber ich muß mein Leben einsetzen zu Ehren Christi und dem Heil der Seelen. Auch bin ich nicht der Urheber dieser Entzweiung, denn zwischen dem Guten und Bösen kann keine Vereinigung stattfinden.« Man sage wohl, er hätte heute nicht predigen sollen, weil daraus Unruhen entstehen könnten, und man beziehe sich dabei auf einen Befehl der Signoria, aber ein solcher existiere nicht. Und hier kommt er auf den zweifelhaftesten Moment seiner Haltung überhaupt; selbst wenn eine solche Weisung ergangen wäre, würde sich sehr darüber streiten lassen, ob er verpflichtet sei, derselben Folge zu leisten; unter den heiligen Theologen sei es nicht ausgemacht, ob ein Prediger die Predigt unterlassen dürfe, wenn ein Tyrann sie verbiete.

Wir begleiten den Gang dieser Predigt, weil sie für die Lage und die Persönlichkeit Savonarolas gleich charakteristisch ist. Sie läßt den ganzen Widerstand ahnen, der sich um ihn her regt, und dem er seinen Anspruch auf göttliche Erleuchtung und die Verkündigung göttlicher Wahrheit entgegensetzt. Er war aber an dem Punkt angekommen, in welchem alles kulminierte und eigentlich die Unabhängigkeit der Predigt von weltlicher und geistlicher Gewalt ausgesprochen wird. Eben in diesem Moment erhob sich ein Lärm in der Kirche; ein paar junge Leute unterbrachen die allgemeine Stille durch ein heftiges Klopfen, was dann der Versammlung als ein gegebenes Zeichen erschien. Alles erhob sich, viele stürzten zu den Türen hinaus, der Frate warf sich auf der Kanzel auf die Knie und ergriff ein Kruzifix. Durch den Zuspruch eines der Otto aber wurde die Ruhe wiederhergestellt und die Predigt vollendet. Aber indes hatte sich der in der Kirche gegebene Anstoß zur Entzweiung über die Stadt hin verbreitet; ein allgemeiner Zusammenlauf entstand, so daß die Anhänger Savonarolas meinten, er solle auf der Straße umgebracht werden. Auch sie bewaffneten sich ihrerseits; man versichert, es seien besonders solche gewesen, die bei dem letzten Angriff Pieros nicht hatten zu den Waffen greifen wollen. Der Frate wurde sicher nach S. Marco gebracht, aber vor Augen liegt, wie nahe schon alles einem offenen Kampfe zwischen den Bürgern war. Auf beiden Seiten verbreitete man übertriebene Gerüchte von dem Vorhaben der Gegner; die Fratesken wurden beschuldigt, es auf eine Erhebung ihrer Partei abgesehen, ihre Widersacher dagegen, die Ermordung Savonarolas und die Vernichtung seiner Anhänger beabsichtigt zu haben.

Man bemerkte, daß die vornehmsten Feinde Savonarolas jetzt eben die waren, welche sich am entschiedensten gegen die Medici erklärt hatten. In der Stadt griff eine Entzweiung um sich, welche an die alte Parteiung der Guelfen und Gibellinen erinnerte, nur daß sie jetzt eine religiöse Färbung trug.

Das Ereignis vom 4. Mai schloß insofern noch einen neuen Moment in sich, als Savonarola den Anspruch auf eine keinem Verbot unterworfene Freiheit seiner Predigt erhoben hatte; er zerfiel dadurch nicht allein mit dem Papst, sondern auch mit der weltlichen Gewalt; weder jenem, noch auch dieser wollte er das Recht zugestehen, ihm die Predigt zu verbieten. Diesem Sinn entsprach es, wenn seine Anhänger ein Lebehoch auf den Herrn ausbrachten oder von dem König Christus redeten. Konnte aber der Dominikaner eine so unabhängige Stellung in der Tat behaupten? Wenn er dem Papst Widerstand leisten wollte, so mußte er wenigstens die Stadt auf seiner Seite haben. Gleich damals bekam er das zu empfinden, denn ohne die Autorität der Signoria würde er dem Anlauf seiner Gegner, die zugleich aristokratisch und päpstlich gesinnt waren, nicht haben widerstehen können. Der Papst Alexander VI. nahm im Mai 1497 den Prozeß gegen Savonarola wieder auf; er hatte dazu zugleich einen politischen Grund. Zwei von einander scheinbar weit entfernt liegende Handlungen des Papstes, daß er nämlich den geweihten Hut an König Heinrich VII. schickte und ernstlicher als bisher gegen den Prior von San Marco einzuschreiten anfing, stehen doch in gewissem Zusammenhang; beide waren gegen Frankreich gerichtet, jene offenbar, diese sofern Savonarola in Florenz die französische Partei aufrecht hielt. Allemal aber lag das vornehmste Motiv in der Behauptung der höchsten geistlichen Autorität, wofür man jetzt wieder auf eine städtische Partei in Florenz rechnen konnte. In dem Breve vom 12. Mai 1497 wird vor allem der Ungehorsam Savonarolas hervorgehoben, der auf die ihm zugegangenen Zitationen nicht erschienen sei und dem päpstlichen Verbote zum Trotz immer fortgefahren habe, zu predigen; den florentinischen Kirchen wird deshalb angezeigt, daß der Frate der Ketzerei verdächtig und der Exkommunikation verfallen, also auch von allen Gläubigen zu vermeiden sei. Diese Sentenz des Papstes wurde nun am 18. Juni in fünf Kirchen von Florenz feierlich angekündigt und brachte notwendig einen großen Eindruck hervor. Die Gegner des Frate wollten ihr nachkommen; seine Anhänger aber behaupteten, sie sei notorisch ungültig, weil sie auf falschen Informationen beruhe. Der Streit war so allgemein und lebhaft, daß eine Anzahl der angesehensten Bürger für ratsam hielt, sich zu vereinigen, um einen Ausbruch des inneren Kampfes zu verhüten. Die Frateschi meinten, den Papst doch noch zu einer Suspension der Zensur bewegen zu können; sie vereinigten sich zu einer Bittschrift an ihn, welche von mehr als 300 florentinischen Bürgern unterschrieben wurde. Aber individuelle Meinungsäußerungen widersprachen der republikanischen Verfassung. Die Signorie nahm die Bittschrift sehr übel, denn nur die Gemeinschaft aller Bürger solle in der Stadt zu Worte kommen; sie wurde aber bewogen, sich nun selbst an den Papst zu wenden. In ihrem Anschreiben an denselben heißt es: Wenn das wahr wäre, was man ihm über Frate Hieronimo hinterbracht habe, so würde die Exkommunikation gerechtfertigt sein; allein so verhalte es sich nicht; die Signorie kenne den Bruder als einen guten und in der christlichen Lehre erfahrenen Mann; in seinem Verhalten habe sie nichts bemerkt, worin er ein schlechtes Beispiel gegeben oder von der christlichen Doktrin abgewichen sei. Sie ersucht den Papst, sich die Sache nochmals vortragen zu lassen, damit es nicht scheine, als gelte der Leichtsinn der Ankläger mehr, als ein gutes und religiöses Leben; sie bittet ihn, die Zensuren aufheben zu wollen, nicht ohne ihn zu erinnern, daß er Statthalter Christi sei; ihrer Stadt könne er keinen größeren Dienst erweisen. Aufs neue wurde hierauf die Sache Savonarolas in Rom erwogen; der Papst legte sie einer Kongregation von sechs Kardinälen vor; auch erfahren wir, daß in dieser Versammlung die Meinung geäußert worden ist, man möge die Zensur zwar nicht aufheben, aber auf einige Monate suspendieren, in welcher Zeit der Frate nach Rom kommen solle. Aber diese Ansicht drang nicht durch; der Beschluß der Kongregation ging dahin, daß die Exkommunikation in Kraft bleiben und keinerlei Absolution stattfinden solle, wenn nicht der Frate vorher den Befehlen des Papstes und des Ordensgenerals Gehorsam leiste. Die Exkommunikation wurde also weder aufgehoben noch suspendiert; es war sogar bereits von einem Interdikt, welches erfolgen sollte, die Rede. Mitte August tat der ferraresische Gesandte dies dem Frate zu wissen; dieser erklärte, er sei allezeit bereit, die Sache Gottes zu verteidigen, aber Gott selbst werde sie verteidigen; nach Rom solle der Gesandte an seine Korrespondenten zurückmelden, er, der Bruder, habe keinen Zweifel daran, daß er diesen Kampf bestehen werde; Gott werde seine eigene Ehre verteidigen, und man werde wohl sehen, wer der Meister bleibe, Gott oder die Menschen; er sei in dieser Sache nur ein Werkzeug Gottes. Welche Ideen sich in ihm regten, kann man aus seinen aus dieser Zeit aufbewahrten Briefen abnehmen. Von der Behauptung, daß die Anklage auf Verleumdung beruhe; daß man in seinen Schriften kein ketzerisches Wort finden werde; daß mancher andere auf den Papst heftiger gescholten habe als er selbst, geht er zu der großen Frage über, ob man dem Papste in allen Fällen Gehorsam schuldig sei. Er bezieht sich dabei auf die Lehre Gersons, es sei keine Verachtung der Schlüsselgewalt, den Befehlen des Papstes nicht zu gehorchen, sobald er seine Macht schändlich und ärgerlich zum Zerstören und nicht zum Aufbauen gebrauche; man habe die Befugnis einer ungerecht ausgesprochenen Exkommunikation mit Hilfe der weltlichen Gewalt zu widerstehen, denn eine solche Exkommunikation sei nur ein Werk der Gewalt, und das natürliche Recht erlaube, der Gewalt mit Gewalt zu begegnen. So erhebt sich diese Kontroverse von einem Moment zum anderen zu immer höherer Bedeutung. Alle Lebensregungen von Florenz waren in dieselbe verflochten. Konnte sie aber in dieser so tief und vielfach entzweiten Republik geschlichtet werden? Mitten in diese Agitationen traf es, daß man in Florenz einer Verschwörung angesehener Bürger zugunsten der Medici auf die Spur kam. Ein Zwischenträger des Namens Lamberto dell' Antella machte die Anzeige, ohne daß man recht klar wurde, was ihn dazu vermochte. Auf der Stelle erfolgten Verhaftungen in Menge und Verteidigungsmaßregeln, gleich als ob der Feind vor den Toren wäre. Alles beruhte auf der Entdeckung, daß die letzte Unternehmung Piero Medicis von einigen in Rom ansässigen florentinischen Häusern mit ihrem Geld befördert worden war, und zwar im Einverständnis mit ihren Freunden in Florenz. Diese aber gehörten den vornehmsten Familien an; es waren vor allen Bernardo del Nero, der vor kurzem als Gonfaloniere di Giustizia sich gegen Frate Hieronimo und das populare Regiment besonders feindselig gezeigt hatte, Niccolo Ridolfi, dessen Sohn mit einer Schwester Pieros vermählt war, Lorenzo Tornabuoni, ein junger Mann von Geist, der große Erwartungen erregte, naher Verwandter Pieros, Giannozzo Pucci, der sich der Freundschaft Pieros, als dieser noch die Stadt beherrschte, zu erfreuen gehabt hatte, Giovanni Cambi, einer der reichsten Bürger. Die Stellung dieser Männer, die Verzweigung ihrer Verbindungen in der Stadt, ihre zahlreiche Verwandtschaft machten es zu einem gefahrvollen Unternehmen, gegen sie zu verfahren. Daß sie nach den Gesetzen, die gegen Piero Medici erlassen worden, strafbar waren, leidet keinen Zweifel. Allein die Otto della guardia scheuten sich, die Untersuchung zu führen, die dann eine Vollstreckung der Strafe nach sich gezogen haben würde; sie wendeten sich an die Signoria; diese aber erklärte, ihres Amtes sei es nicht, Recht zu sprechen. Für die Untersuchung wurden den acht noch zwölf andere meist aus den vornehmsten Ämtern aggregiert, unter ihnen Francesko Valori, der zu den Dieci della guerra gehörte. Ihre Namen beweisen, daß sie entweder Frateschi oder doch Feinde der Medici waren. Beide wurden dadurch verbunden, daß sie der französischen Partei angehörten; sie waren alle Anhänger Valoris. Die Angeklagten wurden sämtlich verurteilt; ob nun aber die Strafe vollstreckt werden sollte, war doch sehr zweifelhaft. Die Ottanta und eine Anzahl anderer wurden zu einer großen Pratica herangezogen, die etwa 130 Mitglieder zählte; es scheint nicht, daß sie in ihrer Überzeugung von der Schuld der Angeklagten geschwankt hätten. Doch waren deren Verschuldungen sehr verschiedener Art; besonders fand Bernardo del Nero, dem man nichts weiter nachweisen konnte, als daß er um die Sache gewußt und sie nur nicht zu öffentlicher Kunde gebracht habe, lebhafte Teilnahme; er war bereits hoch bejahrt, hatte in den wichtigsten Ämtern gestanden und in allen den Ruf guter intellektueller und moralischer Eigenschaften erworben; nur ein Anhänger der neuen Verfassung und des Frate war er nicht; seit einiger Zeit stand er, wie berührt, an der Spitze der Gegner desselben. Besonders nahm sich Guid' Antonio Vespucci Bernardos an; er forderte eine genaue Bestimmung der Verschuldung eines jeden und machte darauf aufmerksam, daß es hierbei auf Menschenleben ankomme, die man nicht zurückgeben könne. Auch von anderer Seite wurde bemerkt, daß man kein Blut vergießen solle; es könne der Anfang zu einer Verwüstung der Stadt werden. Aber die Anhänger der neuen Verfassungsform, die ausgesprochenen Feinde der Medici und die Frateschi waren für die Verdammung. Francesko Valori, der in Bernardo del Nero seinen vornehmsten Antagonisten sah, wollte von keiner Ausnahme zugunsten desselben hören. Fast einmütig fiel der Beschluß dahin aus, daß die Angeklagten den Tod verwirkt hätten. Da jedoch die Sachverwalter derselben auf die Appellation an das große Consiglio antrugen, so wurde es nun die vornehmste Frage, ob dieser Appellation stattgegeben werden solle oder nicht. Dagegen führte man an, daß doch nicht der im Gesetz vorgesehene Fall vorliege, weil das Urteil nicht von dem gewöhnlichen, sondern von einem erweiterten Gerichtshof gefällt worden sei; und was solle daraus werden, wenn die geheimsten Sachen vor die Menge gebracht würden? Da diese die großen Geschlechter hasse, so würde sie wahrscheinlich diese Gelegenheit ergreifen, sie sämtlich in ihren Häusern zu vernichten; in Fällen dieser Art könne der Buchstabe des Gesetzes nicht binden. Die Appellation wurde verworfen. Zur Vollstreckung des Urteils gehörte aber noch die Genehmigung der Signoria; diese war jedoch keineswegs einmütig, nur vier Stimmen waren dafür, fünf dagegen; zu den letzten zählte die Stimme Piero Guicciardinis. Aber diese Zögerung erregte in der Versammlung eine große Aufregung; Francesko Valori erhob sich in wilder Energie und brach in die Worte aus, entweder er müsse sterben oder die Angeklagten; andere drohten, die zögernden Signoren aus den Fenstern zu werfen. Diese tumultuarische Bewegung vermochte dann, zwei von den fünf – Francesko Guicciardini versichert, sein Vater habe auch dann nicht zu diesen gehört –, zu den anderen überzugehen, so daß die Vollziehung der Strafe zum Beschluß erhoben ward. Unverzüglich wurden die fünf Männer enthauptet und ihre Familien bekamen nur ihre Leichname wieder, die sie in den Erbbegräbnissen beisetzten. Von Bernardo del Nero wird versichert, er sei in seinem Herzen nicht für Piero gewesen, sondern mehr für Lorenzo di Pier Francesko, welcher der jüngeren Linie angehörte und damals als das wahrscheinlich nächste Oberhaupt der Republik angesehen wurde; man dachte ihn an die Spitze einer oligarchischen Verfassung zu stellen. Dafür wäre Lodovico von Mailand gewesen, der mit dieser Linie in verwandtschaftliche Beziehung trat und überhaupt große Sympathie für die Angeklagten kund gab; er hatte sich für sie verwendet, aber gerade das diente zum Anlaß, sich ihrer zu entledigen, denn alle Freunde des Herzogs von Mailand erschienen der Oligarchie geneigt. Valori ist als der Kato gepriesen worden, der einer Art von katilinarischer Verschwörung entgegengetreten sei, wie der alte Heros. Valori erschien jetzt als Oberhaupt der Stadt. Aber ein anderer Erfolg war, daß er auch den Haß der großen Familien auf sich gezogen hatte. Ich finde nicht mit Bestimmtheit, was so oft behauptet worden, daß Savonarola an der Versagung der Appellation Anteil gehabt habe; aber er schwieg still dazu, wahrscheinlich auch deshalb, weil er bei dem vorigen Tumult die Freunde der Medici in Schutz genommen hatte; daß er es aber jetzt nicht tat, wurde ihm zum Verbrechen gemacht, da er ja die Appellation an das große Consiglio selbst durchgesetzt hatte. Später hat er es erleben müssen, daß die Anhänger des Papstes und die Freunde der Ermordeten gemeinsame Sache gegen ihn machten. In dem Augenblicke aber gereichte ihm das Ereignis zum Vorteil; selbst sein prophetisches Ansehen stieg dadurch. Die neue Signoria, die während des Tumultes gewählt wurde, bestand aus lauter Frateschen.

Man erinnerte sich einiger seiner Aussprüche aus den letzten Fastenpredigten, die durch die soeben eingetretenen Ereignisse wörtlich bestätigt seien; und wenn man von den Anschlägen Pieros und seiner Freunde das Nähere hörte, so meinte man, nur durch unmittelbare göttliche Hilfe der Gefahr entgangen zu sein; man sehe, Gott wolle die Stadt erhalten, wie er denn auch die Seuche allmählich aufhören lasse.

Francesko Valori schloß sich ganz dieser Partei an; es entging ihm nicht, daß die Persönlichkeiten, die in Rom gegen den Frate wirkten, auch seine Gegner waren, so daß die Entfernung des Frate oder gar dessen Untergang seinen Sturz herbeiführen mußte. Seinerseits war auch der Frate unter den unaufhörlichen Schwankungen der Gewalt innegeworden, daß er eines festen Rückhaltes bedürfe; er konnte nicht anders, als eine größere Stabilität in der florentinischen Regierung wünschen und verband sich auch deshalb mit Valori, weil dieser allein der geeignete Mann dazu war, eine solche zu bewirken. Wir berührten schon, daß sich manche andere der Partei anschlossen, wie es zu geschehen pflegt, die es mit der Religion so ernstlich nicht nahmen, sondern der gerade überwiegenden Mehrheit folgten, da sie auch ihrerseits von ihr befördert wurden.

San Marco wurde nun der Mittelpunkt und Sammelplatz einer politischen Partei. Valori vermied soviel wie möglich, daselbst gesehen zu werden; aber einer seiner Vertrauten, Andrea Cambini, kam täglich, um mit den Klosterbrüdern die laufenden Angelegenheiten zu besprechen.

Zur Verwaltung der Republik bediente sich nun, wie Parenti erzählt, Valori folgenden Verfahrens: ehe er eine Sache zu unternehmen gedachte, kam er vor allen Dingen mit Frate Hieronimo überein; dann versammelte er eine Anzahl von Freunden, um darüber zu beraten; die größere Zahl derselben bestand aus Anhängern des Frate, auf deren Bestimmung er unbedingt rechnen konnte, so daß auch von den anderen niemand wagte, ihm zu widersprechen. Nach dieser Vorbereitung erst wurde die Sache in die Ottanta und dann in das große Consiglio gebracht, wo die Anwesenden großenteils Anhänger des Frate waren und die vorangegangene Begutachtung einen maßgebenden Eindruck machte, so daß die Vorschläge immer durchgingen. Parenti bemerkt, auf diese Weise habe sich die populäre Regierung in ein Parteiregiment umgestaltet.


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