Leopold von Ranke
Savonarola – Geschichte des Don Carlos – Die großen Mächte
Leopold von Ranke

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Fünftes Kapitel.

Republikanische Agitationen bis zum Frühjahr 1496.

Gewiß, die Autorität, die der Dominikanerbruder in Florenz besaß, war eine höchst außerordentliche, aber Herr und Meister der Stadt war er keineswegs. Auch konnte er es nicht sein, denn dazu hätte gehört, daß sich die Gesamtheit der Bürger den der Macht des Papsttums entgegengesetzten Tendenzen, zu denen er sich offen bekannte, angeschlossen hätte, was wohl das Ziel war, das er verfolgte, – ein Ziel jedoch, das sich nicht ohne die schwersten Kämpfe, vielleicht gar nicht erreichen ließ.

Vielleicht darf man überhaupt bezweifeln, ob ein vollkommen unabhängiges Staatswesen, sei es monarchisch oder republikanisch, sich mit der Verfassung der katholischen Kirche und der Allgewalt des Papsttums vereinigen läßt, denn diese schließt unzweifelhaft doch auch politische Berechtigungen in sich ein; die Bürger jeder Stadt, jedes Staates werden großenteils von ihr betroffen und geleitet. Wieviel mehr aber muß das der Fall sein, wenn in einem wesentlich katholischen Staate eine Tendenz aufkommt, die sich dem Papsttum, wie es eben besteht, entgegensetzt. Savonarola hätte Papst Alexander VI. mit Hilfe von Frankreich zu stürzen gewünscht, aber der König selbst war von diesem Unternehmen zurückgeschreckt; und man darf sich nicht wundern, wenn nun der römische Stuhl seine Disziplinargewalt auch über seine Gegner in Florenz wieder zur Geltung zu bringen unternahm. Anfangs ward das mit vieler Mäßigung versucht. Im Juli 1495 forderte der Papst den Frate auf, nach Rom zu kommen; denn er wolle sich mit ihm besprechen, wie es sein Amt eines Oberhirten erfordere; er deutete an, daß er die Erneuerung der Kirche selbst in die Hand zu nehmen gedenke. Savonarola, der in dem Breve keine Zitation, sondern nur eine Einladung zu einem religiösen Zwiegespräch erblickte, antwortete ablehnend, denn er könne in diesem Augenblicke Florenz nicht verlassen, und überdies auf der Reise würde er vor seinen Feinden seines Lebens nicht sicher sein. Der Papst wiederholte nicht allein seine Zitation, sondern er gab davon auch dem Franziskanerkonvent von Santa Croce Kunde, indem er zugleich Savonarola der Verbreitung falscher Lehren beschuldigte.

Ohne Wirkung nun auf die katholischgläubigen Einwohner der Stadt konnte dies nicht bleiben; die Weltgeistlichkeit zwar verhielt sich sehr ruhig, sie wurde dazu durch den Erzbischof von Florenz und dessen Vikar, welche sich dem Dominikanerbruder eher geneigt erwiesen, bestimmt. Aber daß eine andere religiöse Brüderschaft gegen die Brüder von San Marco Partei nahm, brachte doch in der Stadt eine starke Gärung der Gemüter hervor. Denn wenn, wie gesagt, es die Behauptung Savonarolas war, daß die von ihm eingeführte neue Verfassung ein Werk Gottes sei, so nahm er für diese Behauptung eine Art von Glauben in Anspruch, nicht viel anders, als wie man die Heilige Schrift erst für Gottes Wort halten müsse, ehe man sie verstehen wolle. So verlangte er auch eine Anerkennung seiner geistlichen Autorität, weniger noch ein inneres und bewußtes Einverständnis, als eine unbedingte Hingebung an seine Aussprüche. Noch nahm das Volk auch in dieser Beziehung für ihn Partei; die Signoria wurde aufgefordert, dem Papste zu erklären, das florentinische Volk, welches in dem Bruder Hieronimo seinen Beschützer sehe, würde ihn nicht ziehen lassen. Die Signoria war nicht so eifrig, wie man wünschte, für denselben; die Umstände lagen so, daß sie sich mit dem Papste nicht entzweien mochte. Sie gab dem Frate selbst zu bedenken, daß dazu keine Zeit sei, und bat ihn, seinen Eifer zu mäßigen. Es fehlte nicht an Leuten, welche die Entfernung desselben nicht ungern gesehen hätten; allein um so entschiedener zeigten sich seine Anhänger, weil das Volk von Florenz der alten Herrschaft verfallen würde, sobald er die Stadt verlasse. Die Frati von San Marco äußerten einmal den verzweifelten Gedanken, wenn man ihren Meister und sie selbst verjage, so würden sie das Kruzifix nehmen und in die Wälder gehen oder ihr Glück bei den Ungläubigen versuchen. Von Tag zu Tag gerieten die Parteien mehr in Aufregung und das Mißtrauen war allgemein. Noch kam es aber zu keinem offenen Bruche, da der Papst, der auch seinerseits aus politischen Gründen eine Entzweiung mit der Republik vermeiden wollte, die Sache zunächst nicht mit dem gewohnten Glaubenseifer der Kurie verfolgte; in der Stadt behauptete man, er habe seinen Frieden mit Savonarola gemacht und die kirchlichen Maßregeln aufgeschoben.

Nicht unmittelbar gefährdet, war Savonarola doch keineswegs ohne Besorgnis, wie eine Eröffnung zeigt, die er dem Herzog von Ferrara machte. Mit diesem Fürsten stand er allezeit in einem besonders nahen Verhältnis; er schickte ihm wohl seine Schriften, auf gutem Papier gedruckt, zu, ohne etwa eine Entschädigung dafür annehmen zu wollen; der Gesandte bemerkt, daß ihr Inhalt zum Heile der Seele diene. Der Herzog spricht dann die Billigung des Inhaltes aus und wünscht dem Dominikanerbruder Glück zu der Ehre, die er sich erwerbe, was auch zur Ehre seiner Vaterstadt gereiche; die von demselben gegebenen Anweisungen werde er möglichst befolgen. Auch in Ferrara wurde eine ähnliche kirchlich-moralische Reform, wie sie in Florenz vorging, begünstigt. Da das Gebiet des Herzogs von dem römischen Stuhl immer bedroht wurde, so bestand eine natürliche Bundesgenossenschaft zwischen Ferrara und Florenz. Mit dem Gesandten des Herzogs, der diese Verbindung vermittelte, stand Savonarola, der auch seinerseits immer eine gewisse Vorliebe für seine Vaterstadt und ihren Herzog an den Tag legte, in vertraulichem Verkehr. Gegen Ende Oktober 1495 setzte er diesem auseinander, daß er den Papst nicht ernstlich zu fürchten brauche; wenn man das Gerücht verbreitete, das Interdikt sei über ihn ausgesprochen, so sei das unbegründet; er werde vielmehr durch seine Freunde in Rom unterrichtet, daß der Papst auf die von ihm vorgelegte Rechtfertigung Rücksicht genommen habe; alle Tage erwarte er ein Breve der Suspension der gegen ihn in Gang gesetzten Prozeduren. Aber vollkommen sicher fühlte er sich doch nicht; er fügte hinzu, wenn der Papst weiter gehe und auf seine Rechtfertigung keine Rücksicht nehme, so sei er entschlossen, den Herzog um seine Unterstützung zu bitten, die ihm dieser, namentlich in einer so gerechten Sache, nicht versagen werde.

Ungefähr wie sich später Luther an Friedrich den Weisen von Sachsen gehalten. Aber an sich würde ein italienischer Fürst einer Abweichung vom Papsttum keineswegs einen ähnlichen Vorschub haben leisten können, wie ein deutscher Kurfürst. Und überdies, Savonarola war zunächst auf Florenz angewiesen, wo zwei Parteien, von denen die eine für, die andere gegen ihn war, um die öffentliche Gewalt buhlten. Daher erklären sich jene Schwankungen der Stimmungen, die wir eben hervorhoben. Um die folgenden Ereignisse zu verstehen, wird es gut sein, die Namen der Häupter der beiden Parteien hier zu verzeichnen. Gegen ihn waren Piero Capponi, Lorenzo di Pier Francesko de Medici, Messer Guidantonio Vespucci, Bernardo Rucellai mit einem nicht geringen Schweif von gleichgesinnten Anhängern, unter denen wir die Namen Canacci und Popoleschi finden; sie hielten sich mehr an die Franziskaner, also auch an den Papst. Es waren vornehmlich die Männer der alten aristokratischen Interessen und Sympathien. Ihnen gegenüber standen damals Francesko Valori, Paol Antonio Soderini, Giovan Batista Ridolfi; sowie in zweiter Reihe Jacopo Salviati, Lanfredino Lanfredini, Amerigo Corsini. Man rechnete zu ihnen auch Pier Filippo Pandolfini und Piero Guicciardini, aber Pieros Sohn, der Geschichtschreiber, versichert, daß diese beiden in einer neutralen Haltung verharrt und in allen Kontroversen zwischen beiden Parteien Mäßigung zu beobachten beflissen gewesen seien. Das Verhältnis der beiden Fraktionen war nun maßgebend für Savonarola; solange die zweite sich behauptete, konnte er bestehen; sobald aber die erste die Oberhand erlangte, war er verloren und mußte wenigstens die Stadt verlassen. Die Häupter der einen und der andern waren hochgebildete, energische, ehrgeizige Männer; sie liebten ihr Vaterland, aber wollten es zugleich beherrschen.

Wenn es aber doch zwischen ihnen noch nicht zu einem offenen Bruche kam, so rührte dies daher, daß sie beide einen gemeinsamen Feind zu bekämpfen hatten, der zuweilen sehr gefährlich wurde. Im Oktober 1495 war Piero Medici im Bunde mit den Orsini so weit gekommen, eine stattliche Mannschaft ins Feld zu stellen, um sich des Gebietes und womöglich der Stadt selbst zu bemächtigen. Man wußte nicht recht, wohin die bewaffnete Macht der Florentiner, die noch vor Pisa stand, sich wenden solle; die Armee, die sie im Felde hatten, war überhaupt ungenügend, aber sie nahmen ihre festen Plätze wahr. Den wichtigen Paß von Valiano an den Grenzen des sienesischen Gebietes versäumten sie nicht zu besetzen; in Arezzo und Kortona sorgten sie für gute Besatzungen und hinreichendes Geschütz; gerade auf den Abfall dieser Städte hatte Piero gerechnet. Da war nun Frate Hieronimo für den Widerstand, den beide Teile zu leisten beabsichtigten, unentbehrlich; durch seine Predigten hielt er den Widerwillen gegen Piero Medici, auf dessen Entfernung seine populären Reformen gegründet waren, aufrecht. Er versicherte mit der größten Zuversicht, ein jeder werde zugrunde gehen, der dazu herbeikomme, um diesen Staat zu verderben. »Ich habe gesagt und wiederhole es jetzt, daß ein solcher vernichtet werden wird mit allen denen, die sich ihm anschließen, und ihren Familien; sollte die Regierung der Stadt jemals sich entzweien, so wird Florenz zugrunde gehen, aber dieser Tag wird nicht kommen.« Die Signoria erneuerte die ersten gegen Piero ergangenen Beschlüsse und setzte einen Preis auf seinen Kopf. Die Einigkeit, die sich in der Hauptstadt und im ganzen Lande zeigte, und die zum Ziele treffenden Anstalten bewogen Piero Medici, zurückzuweichen, ohne irgend etwas erreicht zu haben.

Man hat allgemein angenommen, daß der römische Hof und seine italienischen Verbündeten an dem Versuche Pieros Anteil gehabt hätten. Da nun die Primaten, durch welche die Verjagung desselben geschehen war, von seiner Rückkehr ihren Untergang hätten besorgen müssen, so konnten sie den Frate nicht offen befehden; auch die geistliche Opposition, die er fand, konnte keine Wirkung ausüben; mit einer Art von innerer Notwendigkeit mußte das Ansehen des Mannes, dessen Wort bei der Verteidigung der Stadt so unendlich einflußreich gewesen war, nachdem diese gelungen, fortwährend steigen; seine Anhänger gewannen jetzt das Übergewicht in dem großen Rate; sie folgten der popularen Tendenz, die in der Gesetzgebung zur Geltung gekommen war, ohne weitere Rücksicht; die Primaten konnten nichts dagegen ausrichten. Bei einer Veränderung der Imborsationen, welche für die niedrigeren Ämter fortbestanden, bekamen jetzt diejenigen den Vorzug, welche sich ganz an die populäre Form anschlossen; zwischen den Bürgern aus alten und neuen Häusern wurde kein Unterschied gemacht, was die ersteren nicht wenig verletzte. Bei den Wahlen für die großen Ämter in dem Consiglio kamen jetzt auch neue Namen empor; die vornehmsten Geschlechter, wie Capponi und Nerli, sahen sich im Januar 1496 von dem Rate der Achtzig so gut wie ausgeschlossen, was denn wieder die Folge hatte, daß ihr Mißvergnügen wuchs. Und unter denen, welche emporkamen, bemerkte man nicht allein Leute von geringer Herkunft, sondern auch solche, welche dem früheren Staate des Piero angehört und gedient hatten. Savonarola besorgte nichts von ihnen, da ihre Sicherheit von den Gesetzen abhing, die durch seine Autorität eingeführt worden waren. Hätte man ihn angreifen wollen, so würde der bürgerliche Kampf zu seinem Vorteil ausgeschlagen sein, da er zwei Dritteile der Stadt auf seiner Seite hatte.

Die Parteigegensätze traten nicht allein in den geistlichen Sympathien und den Beziehungen zu dem Auslande hervor; sie hatten auch einen für die innere Verfassung entscheidenden Bestandteil. Die damalige Signoria, die eben selbst eine sehr veränderte war, faßte den Gedanken, den Aristokraten das Wiedergewinnen ihres alten Einflusses unmöglich zu machen; sie beschloß durch eine ansehnliche Vermehrung der stimmfähigen Bürger einer solchen Eventualität vorzubeugen. Der Weg, den sie zu diesem Zwecke einschlug, war für Florenz sehr außerordentlich; bisher hatten immer die, welche die Steuern nicht bezahlt und im Specchio, d. h. im Schuldbuch verzeichnet waren, ihr Wahlrecht nicht ausüben dürfen. Nicht ohne vielen Widerspruch, namentlich der untergeordneten Behörden, wurde doch endlich von der Signoria durchgesetzt, daß alle Berechtigten ohne Rücksicht auf das Schuldbuch in den großen Rat Zutritt haben und an den Wahlen teilnehmen sollten. Hierdurch unter manchen anderen begünstigenden Umständen geschah es wirklich, daß die Zahl der zum Consiglio Versammelten einmal bis über 1700 gestiegen ist. Es ist nicht deutlich, ob Savonarola unmittelbaren Anteil an dieser Veränderung hatte; aber sie entsprach seiner Idee von der allgemeinen Berechtigung und trug zugunsten seiner Anhänger bei, die damals unter dem Namen Frateschi oder auch Collitorti erscheinen; unter ihrem Einfluß wurden alle Wahlen vollzogen. Die Primaten, die doch nicht zu entschiedenem Widerstand schritten, hatten kein anderes Mittel, als sich unter diesem Popolo selbst eine Partei zu verschaffen, aber fast schien es, als seien ihre Gegner, die Bigi, gewandter in dem Geschäfte der Stimmenwerbung. In den ersten Monaten des Jahres 1496 gewannen diese offenkundig das Übergewicht. Savonarola erschien als das Oberhaupt: er allein, sagte man, vergebe die Ämter und mache die Signoren; er war entfernt davon, den römischen Hof zu fürchten, denn alle Nachrichten stimmten darin überein, daß König Karl VIII. auf seine Rückkehr nach Italien Bedacht nehme, und zwar in offenem Gegensatz gegen den Papst, den er zu stürzen entschlossen zu sein schien. Man erzählte in Florenz mit Bestimmtheit und glaubte daran, daß Alexander VI. seinen Sohn Cesar an Savonarola gesendet habe, um denselben um seine Vermittlung zwischen ihm und dem König von Frankreich zu ersuchen und die Mittel anzugeben, die dazu führen könnten; dieser soll geantwortet haben, er wisse kein anderes, als Gebet und Besserung des Lebens. Der Frate sprach von dem Papste, den er freilich nicht nannte, aber deutlich bezeichnete, als von dem schlechtesten Menschen der Welt und wiederholte seine Verkündigungen über die bevorstehende Erneuerung der Kirche; von alledem, was er vorausgesagt, werde kein Jota unerfüllt bleiben. Noch einmal traten Prediger auf, die sich ihm entgegensetzten. Als der vornehmste erschien nunmehr Gregorio da Perugia, der besonders die Heftigkeit, mit welcher Bruder Hieronimo gegen den Papst sprach, als Motiv benutzte, um ihn zu befehden. Er versuchte nicht eben das Verhalten des Papstes zu verteidigen; aber er behauptete, niemand dürfe das Oberhaupt der Kirche angreifen, ohne durch die Handlung selbst der Exkommunikation zu verfallen; er warnte die Florentiner, dem Frate zu folgen, was kein sicherer Weg für das Heil ihrer Seelen sei. Noch hatte aber Savonarola das städtische Regiment auf seiner Seite; von den Otto wurde Gregorio gewarnt und angewiesen, dem nicht widerstreben zu wollen, was der Sinn des florentinischen Volkes sei.

Der Karneval von 1496 ist ein Symptom dieser Gegensätze und des Übergewichtes, das Savonarola nunmehr in der Stadt besaß. Die lärmenden und verführerischen Festlichkeiten, mit denen man sich bisher vergnügt hatte, wurden unterlassen; an deren Stelle traten Almosensammlungen für die verschämten Armen in einer von Savonarola, der ein großer Kinderfreund war, ausgedachten Form. An allen Straßenecken waren kleine Altäre errichtet und Scharen von Kindern aufgestellt, welche die Vorübergehenden nicht ohne Ungestüm um eine Gabe ansprachen; niemand wurde vorbeigelassen ohne eine kleine Zahlung. Den andern Tag veranstaltete dann der Frate eine Prozession dieser Kinder, von denen zwischen sechs und vierzehn Jahren, so daß sie mehrere Tausend an Zahl durch die Hauptstraßen der Stadt, von Kirche zu Kirche, zogen, bis sie bei San Marco anlangten, wo sie das gesammelte Geld – es waren doch 300 Dukaten – für den neu zu eröffnenden Monte di Pieta darbrachten. Die Kinder sollten eine Art von kleiner Republik bilden; denn auf die Gewöhnung komme bei der Jugend alles an. Der frateske Einfluß ward damals so stark, daß wohlgeordnete Haushaltungen sich auflösten, indem sich Mann und Frau den klösterlichen Instituten anschlossen. Diese innere Bewegung, welche die Opposition verstärken und die Entzweiungen vermehren mußte, traf mit anderen Widerwärtigkeiten zusammen. Krankheiten waren in der Stadt ausgebrochen; der Verkehr stockte, unbeschäftigte Arbeiter durchzogen unter Kundgebungen des Mißvergnügens die Straßen; die Truppen, die man in Sold nahm, konnten nicht bezahlt werden. Eine Hilfsquelle bot die Wiederaufnahme der Juden dar, die man vertrieben hatte; eine größere Summe soll man von dem Monte di Pieta genommen haben unter der Beistimmung Savonarolas.

Aber alle diese Bedrängnisse machten auf Savonarola so gut wie keinen Eindruck. Eine seiner Prophezeiungen war es eben, daß sie eintreten müßten; sie könnten selbst noch größer werden und Florenz in die äußerste Gefahr geraten; die Stadt brauche sich nicht zu fürchten, denn sie sei von Gott dazu auserwählt, daß das neue Licht einer kirchlichen Reform sich von ihr aus über den Erdkreis verbreite.


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