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Vorwort zur zweiten Auflage

Dieses Buch ist in den Jahren 1859 und 1860 geschrieben und im Jahre 1861 zum erstenmal gedruckt worden. Und nun, da ich es im Jahre 1891 behufs einer zweiten Auflage durchblättere, da kann es mir wohl zumute sein wie einem Alten, der in einem vergessenen Wandschrank, im hintersten, dunkelsten Winkel, ein Gerät, ein Spielwerk – sagen wir ein Steckenpferd! – aus seiner Jugendzeit wiedergefunden hat.

Der Graubart steigt heute nicht mehr auf den närrischen, buntfarbigen Gaul mit dem drolligen, nach Urväter-Kinderkunst geschnitzten Märchenkopf und dem langen Holzstecken, der dort herauswächst, wo dem Herrn von Münchhausen bei der Erstürmung von Oczakow das Hinterteil seines »feurigen Lithauers« unterm Leibe abhanden kam. Er verbirgt ihn aber auch nicht wieder im Schrank und wirft den Schlüssel zu dem letztern verdrießlich aus dem Fenster. Im Gegenteil! Ihm ist sehr sonderbar, sehr wehmütig-vergnüglich und vor allem sehr mitteilungssüchtig zumute:

»O du schöne Zeit, als man noch so zu Pferde saß und als solch ein Ding Schwingen ausbreitete, wie je ein Flügelroß, das einen geweihten Sänger in das ewige Blau emportrug!«

Und damit trägt der alte Herr seine alte Merkwürdigkeit zu den jetzt jungen Leuten:

»Seht einmal hier! Was der Mensch doch nach dreißig Jahren von sich wiederfinden kann!« –

Darin liegt etwas, was mir erst in diesem Augenblicke ganz deutlich wird; nämlich, daß jeder Autor so schreiben soll, daß er sich ein Menschenalter später nicht vor seinem Geschriebenen zu fürchten braucht. Über sich und sein Geschreibsel lachen oder sich ärgern darf er ruhig; aber mit dem Sichfürchten ist es eine andere Sache. Das bringt zu viel Unruhe in das Blut!

Und noch etwas liegt drin. Nämlich daß ein wenig Kinderromantik zu allem gehört, was dem Menschen auf dieser Erde hilft, ihm weiterhilft, wenn auch nur etwas behaglicher bis in den nächsten Tag hinein.

Braunschweig, im Februar 1891

Raabe


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