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Zweites Buch
Hebe

7

Der Prinz Carignan, Königliche Hoheit, ältester Prinz aus dem Hause Savoyen, Generalleutnant, Generalinspekteur der Königlichen Akademie der Musik, hatte sein Lever beendet und war bei der Morgentoilette.

In einen wattierten Schlafrock von chinesischer Seide gehüllt, saß er in einem bequemen Sessel, ließ sich die Haare kräuseln und wickeln und sie hinten zu einem koketten Beutel zusammennehmen, lauschte zerstreut auf die Erzählungen seines Friseurs und nippte dann und wann an einer Tasse Schokolade, die ihm der Kammermohr auf einem silbernen Tablett darbot. Der Kammerdiener schnallte ihm dabei die Schuhe.

Durch die offenen Balkontüren flutete der Sonnenschein; die hohen Baumwipfel draußen bewegten sich leise, ein lauer Wind trug die Düfte des Rosenparterres herein – es war ein herrlicher, stiller Sommertag.

Im durchlauchtigsten Schädel brummte und summte es wie ein ganzer Bienenschwarm. Das gestrige Souper hatte lange gedauert. Man hatte deshalb den ganzen Morgen sorgfältig vermieden, Seiner Hoheit Anlaß zum Zorn zu geben, und jede Äußerung, die als Widerspruch hätte ausgelegt werden können, ängstlich unterlassen.

Niemand, der ein Anliegen vorzubringen hatte, war gemeldet worden, ehe der Retter in der Not, der Friseur, mit den Neuigkeiten des Tages erschienen war. Zum Glück hatte der Haarkünstler heute eine besonders leichte Hand gehabt. Er war auch von den interessantesten Anekdoten geschwollen. Die Stirn Seiner Hoheit erhellte sich sichtbar. Er hatte sogar geruht, wiederholt und huldvollst zu lächeln! Das fluchwürdige Verbrechen des Garderobiers, eine Rosette des linken Hosenbeins abzureißen, wurde gnädigst übersehen und das Annähen des illustren Gegenstandes in Geduld ertragen. Der Augenblick war günstig. Auf einen Wink des Kammerdieners wagte sich der Türsteher herein und meldete, daß unter den vielen Supplikanten draußen im Vorzimmer auch der berühmte Tänzer Signore Fossano warte, um die neue italienische Tänzerin Demoiselle Barberini vorzustellen.

»Sollen morgen wiederkommen!« antwortete der Prinz und wandte sich zum Friseur. »Weiter! Das interessiert mich sehr! Seine Majestät war also gestern wieder in La Muette?«

»Ja – zum zweitenmal in einer Woche!«

»Was?!« rief der Prinz. »Zweimal in einer Woche? Das ist gegen alle Gewohnheit! Das ist noch nicht dagewesen! Da ist sicher etwas Besonderes passiert! Hast du etwas erfahren?«

»Ja!«

»Schnell! Ich brenne vor Neugierde!«

»Beim ersten Besuch Seiner Majestät unseres allergnädigsten Königs in dieser Woche in La Muette« – begann der Friseur wieder und setzte mit Grazie seine Zange an, so daß ein leichtes Wölkchen verbrannter Pomade duftend emporwirbelte, wie um die Erzählung mit Weihrauch zu versüßen.

»Hoheit wollen gnädigst entschuldigen«, wagte der Türsteher mit wahrer Todesverachtung zum zweiten Male einzuwerfen, »aber der italienische Tänzer –«

»Er soll sich zum Teufel scheren!«

»Hoheit wollen gnädigst verzeihen – aber – damit droht er eben –«

»Das auch noch! Der Kerl droht? Man werfe ihn hinaus!«

»Zu Befehl!«

»Warten! Wie sagtest du? Womit drohte er?«

»Eben damit, sich hinauswerfen zu lassen!«

»Nicht schlecht!« lachte Se. Hoheit, »gar nicht übel! Da, nimm, du Spaßvogel!« – Er warf dem Türsteher ein Geldstück zu. »Was soll das aber heißen? Was meint er damit?«

»Er meint, daß er heute abreisen will, wenn er nicht empfangen wird!«

»Ich empfange, wann ich will und wen ich will!«

»Das habe ich ihm auch deutlich zu verstehen gegeben! Ich habe ihm gesagt, daß Hoheit mit Geschäften überladen sind – ich habe ihn gebeten, morgen wiederzukommen. Acht Tage hintereinander ist er auch wiedergekommen. Nun will er aber nicht mehr. Noch heute reist er nach London, sagte er. Und das glaubte ich Hoheit nicht vorenthalten zu dürfen – –«

»Hierbleiben soll er! Ich werde ihn arretieren lassen, sag ihm das von mir! Wenn er nur den Versuch macht, sich ohne Urlaub zu entfernen – acht Tage – – acht Tage antichambriert er nur? Das genügt noch lange nicht! Und du hast ihn nicht gemeldet? Du hast ihn ruhig gehen lassen? Das ist sehr gut – sehr brav von dir! Diese Künstler müssen kurz gehalten werden! Verwöhntes Volk! Muß sich ducken lernen! Geh jetzt, laß ihn noch warten – vielleicht empfange ich ihn später!«

Der Kammerdiener ging.

»Wo waren wir denn mit dem König stehengeblieben?«

»Ich wollte eben vom ersten Besuch Seiner Majestät in dieser Woche in La Muette erzählen – –«

»Ganz richtig! Was ist denn dabei geschehen?«

»Seine Majestät ritten, wie immer, durch das Bois nach Madrid zum gewohnten Besuch bei Mademoiselle, der Marquise du Charolais – –«

»Allwo er sehnsüchtigst von Madame du Mailly erwartet wurde – –«

»Zu Befehl! Und auch von ihrer Schwester, Madame de Vintimille – – und von der Gräfin von Toulouse – –«

»Wissen schon! – – Überspringen! – Der ganze ›kleine Rat‹ Seiner Majestät war, wie immer, versammelt! Das war aber sicher kein Grund für den König, sich, gegen alle Gewohnheit, zweimal in einer Woche hinzubemühen!«

»Sicher nicht! Aber unterwegs – im Bois – hatten Seine Majestät eine Begegnung –«

»Was du sagst!«

»Mitten im Walde, bei einer Kreuzung des Weges, sauste ein Phaëton dicht an das königliche Pferd heran! Majestät mußten anhalten – – und als das Gefährt vorbeiflog, haben Majestät geruht, noch allergnädigst zu grüßen –«

» Sacré nom de Dieu! Wer saß denn drin, in jenem Phaëton?«

»Eine Dame –«

»Eine –?«

»Eine sehr schöne Dame – in Blau und Rosa gekleidet! – – Sie kutschierte selbst! – Statt der Peitsche hatte sie eine silberne Lanze in der Hand – am Hut einen Halbmond von Brillanten!«

»Wohl Diana selbst, die auf Königshirsche pirschte?«

»Majestät schienen es wenigstens anzunehmen! Wie gebannt blieben Majestät auf demselben Flecke und starrten mit allerhöchst aufgerissenen Augen der Erscheinung nach, bis sie an der nächsten Biegung des Weges verschwand! Dann erst gaben Majestät dem Pferde die Zügel und galoppierten davon, so schnell, daß das Gefolge kaum mit konnte –«

»Diana scheint eine glückliche Jagd gemacht zu haben! Weiß man, wer sie war?«

»Man vermutet – –«

»Man vermutet nicht! Man hat zu wissen, wenn man was erzählt!«

»Zu Befehl – ich habe auch schon in Erfahrung gebracht –«

»Schnell – ich muß es wissen! Ihr Name?«

»Es war –«

Aber ehe der allwissende Haarkünstler den Namen ausgesprochen hatte, flog die Tür zu den inneren Zimmern auf, und der Intendant des Prinzen stürzte herein, mit verstörter Miene, eine Schatulle in der Hand.

»Hoheit verzeihen – aber – ich muß bitten – wollen Hoheit geruhen, jetzt gleich die Kasse selbst an sich zu nehmen?«

»Was ist denn?«

»Es ist höchste Eile! Bei mir ist sie nicht mehr sicher!«

Der Prinz stand mit Mühe auf und wankte nach dem Schreibtisch.

»Gib her!«

Er schloß ein Fach auf.

»Wieviel ist drin?«

»Der Kassenzettel liegt obenauf; es ist der ganze gestrige Erlös der Rouletten!«

Hoheit flog schnell den Zettel durch.

»Miserabel! Die Pariser sind undankbar! Ich selbst erweise ihnen die Gnade, ihr Spiel zu protegieren! Sie haben die Ehre, im Palais Soissons selbst – in meinen schönsten Räumen – ihr Geld zu verlieren und schätzen es so gering ein!«

Er klappte verächtlich den Deckel der Kassette zu.

»Der Pächter bestiehlt mich aber! Es ist nicht anders möglich! Die Räume sind ja stets gedrängt voll! – Der Mob wird doch nicht so frech sein, noch zu gewinnen! Er stiehlt also! Oder er taugt nichts – versteht seine Sache nicht! Wieviel hat er uns im vorigen Jahre abgeliefert?«

»Knappe hunderttausend Livres!«

»Sag ihm, ich werde ihm die Spielerlaubnis entziehen, wenn ich nicht in diesem Jahre auf mindestens zweihunderttausend komme!«

»Zu Befehl!«

»Hast du auch den Diamanten bekommen, den ich gestern für die Camargo aussuchte?«

»Melde gehorsamst: ja!«

Er reichte dem Prinzen ein Etui. Der prüfte den Inhalt mit Kennermiene.

»Sehr schön! Wirklich magnifik! Das Geld soll sich der Juwelier in der Oper holen.«

»Die Kassen der Oper sind leer! Die Gagen wurden gestern bezahlt und auch die Wechsel der Gebrüder Paris.«

»So soll er nach der Komödie gehen!«

»Ich habe ihn bereits hingeschickt!«

»Es ist gut!«

Der Prinz leerte den Inhalt der Schatulle in die Schublade seines Schreibtisches, schloß ab und steckte den Schlüssel zu sich.

»So! Und darf ich nun wissen, warum du mich so früh und in dieser höchst unmanierlichen Weise mit dem Gelde bemühst? Meines Wissens hatte ich dich noch nicht rufen lassen!«

Der Intendant hatte nicht Zeit, zu antworten.

Es klopfte an die Tür, und alles war starr.

Beim Prinzen von Carignan selbst, im eigenen Palais Seiner Königlichen Hoheit – im Palais Soissons, das von Bedienten, Lakaien und Türstehern wimmelte, hatte man die Keckheit, ohne weiteres und unangemeldet anzuklopfen! Und gar noch, sans façon, einzutreten!

Zwei Gestalten in richterlicher Kleidung, die Hüte auf den Köpfen, standen auf der Schwelle.

»Im Namen des Königs – –«

»Ridicule!« sagte der Prinz gelassen. »Seit wann tritt man so – legère bei mir ein? Ich bin allerdings auch Chef der Theater! Aber – ich muß sagen – – diese Komödie! Zum mindesten geschmacklos!«

»Im Namen des Königs«, sagte die eine Gestalt und reichte dem Prinzen ein Dokument mit anhängendem Siegel. »Laut Urteil des Parlaments sind wir auf Antrag des Bilderhändlers Gersaint bevollmächtigt und haben den Befehl, hier im Palais Eurer Hoheit alles Geld und alle Kostbarkeiten an uns zu nehmen und, sofern es nicht ausreicht, um die Forderung nebst Zinsen, Kosten und unserem Salär zu decken, die Meubles und den Schmuck zu versiegeln und zur öffentlichen Versteigerung zu bringen!«

»Ja, bin ich denn diesem Ehrenmann, diesem Gersaint, etwas schuldig –? Wann habe ich ihm überhaupt etwas abgekauft –? Es ist doch wenigstens zwei Jahre her –«

»Ganz richtig! Zwei Jahre sind es bereits, daß Eure Hoheit die gekauften Gemälde nicht bezahlt haben!«

»Das ist ein Irrtum! Das muß ein Irrtum sein! – – Und wenn sie nicht bezahlt sein sollten – mon Dieu! – warum hat man sich nicht das Geld von meinem Intendanten geholt? – Wie kann man sich denn beklagen?! – Ja, sagen Sie, meine Herren, für wen halten Sie mich denn! – Ich, der Prinz von Carignan, muß mich mit derartigen inferioren Dingen persönlich befassen! – Bin ich dazu von Seiner Majestät, unserem allergnädigsten König, zum Generalintendanten der Akademie ernannt, damit man mir meine Zeit mit den Angelegenheiten eines obskuren Bilderhändlers stiehlt?!«

Beim Nennen des Königs hatten die Gerichtsbeamten ihre Hüte gelüftet und wollten sie wieder aufsetzen.

»Behalten Sie die Hüte in der Hand!« schrie ihnen der Prinz mit Donnerstimme zu. »Und verlassen Sie das Haus!«

»Wir sind auf Befehl des Parlaments hier – –«

»Verlassen Sie das Haus, Messieurs, oder ich lasse Gewalt anwenden!«

»Dürften wir Hoheit auf die Folgen eines gewaltsamen Widerstandes gegen eine amtliche Handlung aufmerksam machen – –«

» Mais non! – Sie dürfen mich auf nichts aufmerksam machen! Sie dürfen in meiner Gegenwart den Mund nicht auftun! Man werfe sie hinaus! Geschwind! Man schaffe sie mir aus den Augen!«

Die Lakaien und Türhüter griffen zu und beförderten die unwillkommenen Gäste auf dem kürzesten Wege auf die Straße.

»Sapperment!« rief der Prinz, »wie werde ich hier bedient! Das ganze Haus habe ich gedrängt voll von Tagedieben, die nicht wissen, was sie tun sollen – die mich vor lauter Langeweile bestehlen – die mich kahl fressen, bis ich wie ein entlaubter Baum dastehe! Nicht mal so viel können sie tun, mir derartigen Besuch vom Leibe zu halten! Aber ehe ich befehle, rührt sich keiner! Ich muß mich selbst bemühen! Ich muß mich echauffieren! Ich muß mich, in höchsteigener Person, bis auf die Knochen blamiert fühlen! – Ich muß mir wie'n Gauner – wie'n Betrüger – weiß Gott, wie'n Strauchdieb vorkommen! Und ihr steht alle dumm da und gafft und laßt den Tort zu und – – wer weiß – lacht euch noch ins Fäustchen! – Ich werde euch mit Ruten streichen lassen! Ich werde euch allesamt in die Bastille werfen! – – Ah – ah! – Das überlebe ich nicht! – Das wird mein Tod! Ich fühle schon, wie mir die Galle zurücktritt! – Luft – Luft – –!«

Erschöpft sank er auf den Sessel nieder, der Friseur benutzte die Gelegenheit, ihm den Pudermantel umzuhängen und setzte seine Quaste mit einer Fermeté in Bewegung, daß der ganze Prinz in einer Wolke weißen Staubs verschwand – wischte dann schnell den Puder aus dem Gesicht – schwärzte die Augenbrauen, klebte zwei Mouchen auf ihre Plätze und hielt, als er fertig war, dem Prinzen ein silbernes Flakon mit Riechsalz unter die Nase.

Der halb Ohnmächtige sog gierig den scharfen Duft ein, seufzte leicht auf, geruhte dann kokett zu niesen, öffnete die Augen und flüsterte matt: »Darf ich nun endlich wissen, wer jene Dame war, die einen solchen Eindruck auf die Majestät, unseren allergnädigsten König, machte?«

»Madame le Normand d'Etioles«, flüsterte der allwissende Haarkünstler ihm ins Ohr, und der Prinz fuhr auf wie von einer Tarantel gestochen.

»Madame d'Etioles?! – Die kleine Poisson?! – Eine Diana bürgerlicher Extraktion?!«

»Ganz recht, Hoheit!«

» Sacré nom de Dieu! – Das ist keck! Und der König hatte die Gnade, sie zu bemerken?«

»Seine Majestät waren hingerissen! Seine Majestät haben von nichts anderem gesprochen die ganze Zeit! Und schon gestern sind Majestät dann, ganz unvermutet, wieder in La Muette eingetroffen!«

»Und gleich durch den Wald nach Madrid galoppiert?!«

»Ja!«

»Und er ist ihr wieder – –?«

» Nicht begegnet!«

Der Prinz lachte.

»Kann ich mir denken! Die kleine Poisson war auf einen so schnellen Erfolg ihres Wilderns nicht gefaßt! Sie wartet erst den gewöhnlichen Wochentag ab! – Nun, sie kann warten! Sie kann noch lange warten, ehe ihr das Taschentuch zugeworfen wird! Sie wird's kaum erreichen, die ehrgeizige, kleine Person! Ein süßer Racker ist sie aber! Ein ganz pikantes Kerlchen! – Witz, Geist, Charme und ein Exterieur! – Wenn ich sie am Ballett hätte, ich würde sie schon durchsetzen! Ich würde ihr schon die richtige höfische Pirouette beibringen, die bis ins königliche Bett reicht! Aber so sans façon – so draufgängerisch! Da macht sie die bürgerliche Extraktion nicht vergessen – und wenn sie den halben Landadel heiratet!«

»Unser allergnädigster Herr ist ja auch erst beim Hochadel angelangt!«

»Überhaupt bei der allerersten Liaison! Noch nicht aus der Schwärmerei heraus! Und die gute du Mailly hat noch Schwestern!«

»Man spricht schon von der zweiten!«

»Man spricht erst? Dann hat's gute Weile! Der König ist ordnungsliebend! Die Familie du Nestle ist groß! Wenn er da durch ist, dann –«

»Wollen Hoheit prophezeien?« flüsterte der Friseur neugierig.

»Nein, du Schelm! Nimm aber die Börse da! Steck ein! Ich bin mit dir zufrieden! Bediene mich stets so gut wie heute!«

Der Friseur nahm die ihm zugeworfene Börse, verbeugte sich tief und ging. Der Kammerdiener räumte den Sessel und die Toilettengegenstände fort, und der Prinz, dem der Garderobier inzwischen den goldgestickten, blausamtenen Rock mit den großen brillantenen Knöpfen und dem Stern angelegt hatte, nahm den ihm gereichten Hut, ließ sich den Degen anschnallen und befahl die Karosse, um nach Versailles zum Lever des Königs zu fahren. Er hatte noch nicht den Hut aufgesetzt, als der Kriegsminister d'Argenson gemeldet wurde.

Der Minister, als echter Militär und Kavalier, war ein großer Connaisseur des Balletts, dessen Evolutionen ihm oft vertrauter waren als die der königlichen Armee. – Er trat ein, den Hut unterm Arm, und wurde äußerst aimable begrüßt.

»Eure Exzellenz wollen die Ordre de Bataille der nächsten Zeit für das Corps de Ballet geben?« rief der Prinz aufgeräumt. »Es wäre mir ein Vergnügen, mit Ihnen zusammen gleich den Schlachtplan zu entwerfen! Sie sehen mich aber im Begriff, zu Hofe zu fahren. Ich darf heute beim Lever nicht fehlen!«

»Dann haben wir Zeit«, sagte d'Argenson und ließ sich in einen Sessel nieder. »Beim König wird es heute erst um vier Uhr Tag. Wegen später Heimkehr von La Muette ist das Lever erst um diese Stunde angesagt. Bei Ihnen doch auch bekanntgegeben?«

»Nein. Da sehen Sie eben, wie nötig meine Anwesenheit ist! Man benachrichtigt mich nicht mehr! Meine lange Absence fällt schon auf!«

»Beruhigen Sie sich, lieber Freund! Es gibt so viele andere Gründe zur Aufregung!«

»Sie bringen mir Neuigkeiten?! Was ist geschehen?«

»Sie wissen es noch nicht? Der Kardinal Fleury hat sich eine ganze Woche beim König entschuldigen lassen.«

»Seine Eminenz sind verstimmt?«

»Der Majestät des Königs gegenüber wird man nicht verstimmt, auch wenn man Kardinal Fleury ist und Frankreich regiert! Seine Eminenz bereiten sich nur, in stiller Zurückgezogenheit, auf eine schwere Entschließung vor. Er steht vor der Notwendigkeit, zu einer Staatsaktion ja und amen zu sagen, die mit den strengen Anschauungen, in denen er den König erzogen hat, wenig harmoniert! Er wird die Proklamierung der Madame du Mailly zur königlichen Mätresse, wenn nicht feierlich sanktionieren, so doch stillschweigend dulden müssen.«

»Also doch!«

»Ja – es ist gestern, anscheinend beim Besuch des Königs bei ›Mademoiselle‹ beschlossen worden, das Verhältnis, trotz der Verstimmung Fleurys, offiziell zu machen.«

»Ich bin neugierig, wie sich der alte Fuchs damit abfindet! Er läßt sonst in solchen Dingen nicht mit sich spaßen! Erinnern Sie sich noch, wie erzürnt er über den Empfang des Königs in Luneville war?«

»Wie sollte ich nicht! Der Begebenheit verdanke ich ja mein Amt!«

»Ja! Ihr Herr Vorgänger hat's schwer büßen müssen! Und doch war das eine sehr graziöse Idee von ihm! Das hätte eine bessere Belohnung verdient! Den vielgeliebten König von einer Eskadron berittener Stadtdamen empfangen und zu seinem Schwiegervater eskortieren zu lassen! Das war doch märchenhaft schön!«

»Ja. Hätte er nur nicht die Ungeschicklichkeit begangen, auch die Königin bei ihrem Einzug von denselben Berittenen eskortieren zu lassen, dann wäre er noch im Amt. Der Kardinal und die Königin sind ein Herz und eine Seele!«

»Deshalb schmollt er anstandshalber vierzehn Tage, ehe er die Sonne der heiligen Kirche wieder über die sündenvolle Welt scheinen läßt! Innerlich wird er mit der Erhebung der Gräfin du Mailly zufrieden sein! Er wird sich sagen – wenn eine Grande Dame, wie sie, sich öffentlich als Mätresse proklamieren läßt, dann hat sie's auch nötig!«

»Sie meinen – das wäre der Anfang vom Ende?«

»Sicher! Und so ist es auch! Sie teilt die Gunstbeziehungen des Königs bereits mit ihrer Schwester!«

»Mit Madame du Vintimille?«

»Ich habe es aus sicherer Quelle! – Mein Friseur –«

»Arme Königin!«

»Werden wir nicht sentimental! Ihre Majestät kann sich nicht beklagen, solange der König – wie's die Konvenienz gebietet – unter den Damen des hohen Adels seine Wahl trifft. Leider scheint er aber schon seine Augen auf eine Bürgerliche oder – was viel schlimmer ist – auf eine gewesene Bürgerliche geworfen zu haben! Das endet nie gut! Die sind zu ehrgeizig!«

»Sie regen sich doch nicht darüber auf?«

»O doch! Es kränkt mich sogar sehr! Wenn der König solche Allüren hat, und gar auf eigene Faust vorgeht, da ist der Staat in Gefahr! Da bedarf es mehr denn je der Führung Sachverständiger! Statt sich von gewissenlosen Strebern Mätressen aufschwatzen lassen – die eine dümmer als die andere – könnte er sich wirklich – –«

»Eurer Hoheit anvertrauen?«

»Ja – ich bitte Sie – wozu hat er mich? – Wozu hat er das Corps de Ballett? Ich würde ihm vortanzen lassen, daß ihm die Beine nur so um den Kopf schwirren!«

»Apropos!« sagte d'Argenson, der sich nicht zu weit auf das heikle Gebiet hinauswagen wollte! »Apropos – Hoheit wissen noch nicht, was alles draußen wartet! Der ganze Salon strahlt vor Jugend und Schönheit. Ich sah da unsere charmante Camargo. Die Sallé war auch da! Und dann etwas ganz Exquisites!«

»Exzellenz scheinen schon die Parade abgenommen zu haben! – Darf ich nach dem Gegenstand des hohen Entzückens fragen?«

»Es war ein ganz neues Gesicht! Eine Venus von Gestalt! Ein rassiger Kopf – schöne Augen – und ein Lächeln! – – Mein Kompliment, Hoheit! Sie wissen ihre Truppen zu rekrutieren!«

Der Prinz schüttelte den Kopf.

»Ich weiß nicht, wen Exzellenz meinen!«

»Ich leider auch nicht. Es war nicht in Erfahrung zu bringen!«

Der Prinz faßte sich an den Kopf.

»Ich hab's! Das wird die neue italienische Tänzerin sein! Etwas ganz Unbedeutendes! Ich versichere – eine ganz obskure Person, von der niemand etwas weiß! Fossano versucht sie mir aufzudrängen!«

»Ich sah ihn auch draußen!«

»Ja. Ich lasse ihn diesmal lange antichambrieren! Ich bin unzufrieden mit ihm!«

»Ein glänzender Tänzer!«

»Ja, aber ein störrischer Kopf! Es ist sehr unbescheiden von ihm, mir eine ganz Unbekannte, eine, die nicht den geringsten Namen hat, zu bringen! Ich erwarte eine Berühmtheit – und er bedient mich mit einer Demoiselle Barberini! – Haben Sie den Namen je gehört?«

»Nein. Ich muß gestehen –«

»Sehen Sie!«

»Wollen aber Hoheit nicht die Damen empfangen? Es wäre ja unrecht, sie meinetwegen warten zu lassen!«

»Sehr gütig! Wenn Exzellenz gestatten, bin ich dann so frei, sie Ihnen vorführen zu lassen. Auf welche belieben Eure Exzellenz zuerst die Augen zu werfen?«

»Ganz nach Ihrem Belieben, mein Prinz!«

»Auf einmal dürfen wir sie nicht besichtigen! – Sie sind spinnefeind miteinander! Eure Exzellenz lieben ja mehr den seriösen Tanz, nicht wahr?«

»Allerdings! Ich bewundere die Majestät der Sallé! Aber die schönen Augen der Camargo versöhnen mich auch mit ihrer ausgelassenen Tanzart!«

»Exzellenz gefallen sich in der Rolle des Paris?!«

»Ich gesteh's! Ich wüßte aber nicht, wem ich den Schönheitspreis zusprechen sollte! Ob Juno, ob Minerva –«

»Also der Reihe nach! Ich lasse Madame Sallé bitten!«

Der Türsteher ging hinaus und machte gleich nachher beide Flügeltüren auf.

»Madame Sallé!«

Herein schwebte in üppiger Majestät die Prima-Ballerina der Oper, die weiten Reifröcke graziös wiegend – die Spitzenmantille fest um den üppigen Busen zusammengenommen – die Mimik in einem spöttisch-ironischen Lächeln kulminierend – die Augen schmerzlich unter sanft zusammengezogenen Brauen blickend – die ganze Erscheinung voll ebenso verletzter wie unnahbarer Würde.

Sie segelte an dem sich galant verbeugenden d'Argenson vorbei, beantwortete seinen Gruß mit einer sanften Biegung des Kopfes und blieb vor dem Prinzen stehen, öffnete wiederholt die Lippen, um zu markieren, daß sie keine Worte finden könnte, und schlug mit ihrem Fächer ein paarmal ungeduldig in ihre linke Hand. Sie war anscheinend aufs höchste empört!

»Blicken Sie mich nicht so ungnädig an, Madame« – fing der Prinz an, ergriff ihre Hand und führte sie an die Lippen. »Sie sehen mich äußerst besorgt über die harte Notwendigkeit, die mich zwang, Sie warten zu lassen! Aber wir Großen der Erde sind geplagte Geschöpfe! – Die Wünsche unseres Herzens müssen wir leider den Forderungen der harten Pflicht hintansetzen. Ich hatte mit Seiner Exzellenz Staatsgeschäfte von größter Wichtigkeit zu besprechen!«

Sie blickte den Kriegsminister von oben herab erstaunt an, als wollte sie fragen, welche Staatsgeschäfte wohl wichtiger sein könnten als die Affären des königlichen Ballettkorps – dann öffnete sie die Lippen und fand jetzt Worte.

»Ich bedaure, in so hochwichtigen Geschäften gestört zu haben«, lispelte sie. »Ich werde aber Eure Hoheit nicht lange in Anspruch nehmen. Ich komme nur, um von Eurer Hoheit Gnade meine Entlassung zu erbitten.«

» Jamais! Jamais de la vie! Was denken Sie sich nur? Wo kämen wir ohne Sie hin! Wir müßten ja die Oper schließen! Ganz Paris würde Aufruhr machen!«

»Hoheit täuschen sich! Seitdem die Camargo ihre italienischen Tänze in Mode gebracht hat, kümmert sich ganz Paris nur um sie! Die hohe Kunst schleicht beschämt davon!«

»Die hohe Kunst, deren einzige Vertreterin Sie sind, Madame, wird nach wie vor in Ehren gehalten! Und sollten Sie anderer Ansicht sein, so wird Sie unser Freund, der Kriegsminister, der hervorragendste Kenner und Verehrer der hohen Schule, vom Gegenteil zu überzeugen wissen! Seine Exzellenz brennt vor Verlangen, heute bei Ihnen zu dejeunieren –«

Sie grüßte d'Argenson jetzt mit äußerster Liebenswürdigkeit, sie bemerkte die verstohlenen Zeichen nicht, die Carignan ihm hinter ihrem Rücken machte, und akzeptierte deshalb auch anstandslos die Deutung, die er der erschrockenen Miene des Ministers sogleich gab.

»Seine Exzellenz werden mir verzeihen«, lachte der Prinz, »daß ich Gefühle ausplaudere, die er Ihnen am liebsten selbst verraten hätte.«

»Ich werde mich glücklich schätzen«, stammelte d'Argenson.

»Nicht wahr – und Sie haben dann die Güte, mit Madame Sallé das Programm zu vereinbaren, das wir demnächst Ihrer Majestät der Königin vorführen werden! – Sie sehen, Madame, wir machen nichts ohne Sie – Sie sind uns ganz unentbehrlich – und Exzellenz, als persona grata bei der Königin, wird Ihnen da helfen, das Richtige zu finden. Tun Sie Ihr Bestes, Madame – und lassen Sie mir bald Ihre Befehle zugehen!«

Er küßte ihre Hand – die Audienz war zu Ende. Die Ballerina beantwortete äußerst aimable die tiefen Reverenzen der beiden Kavaliere und schwebte, jetzt jeder Zoll eine triumphierende Göttin, wieder an dem Kriegsminister vorbei. Sie flüsterte ihm dabei hold zu, daß sie sich ein Vergnügen daraus machen würde, ihn in einer Stunde bei einer trüffierten Ente wiederzusehen, und verschwand.

»Demoiselle Camargo!« meldete der Türsteher, die Flügeltüren wieder weit offenhaltend!! – Und über die Schwelle rauschte jetzt eine Erscheinung, deren Glanz den der Sonne gewiß verdunkelt hätte, wenn dieser von plebejischen Neigungen angekränkelte Lichtklumpen jemals seine Schuldigkeit täte!

Es war eine hohe, schlanke Gestalt, mit fülligem, etwas süßlichem Gesicht und einer Lässigkeit in der Art, sich zu geben, die ebensosehr von verhaltenem Feuer wie von Neigung zur Bequemlichkeit zeugte – ein Temperament, das bald lustig überschäumen, bald in Trübsinn hindämmern konnte – etwas Ungewisses, Unausgeglichenes – eine Persönlichkeit mit eigenem Gesicht und selbstbewußt, aber ohne Pose! Dem Prinzen war sie aber nur eine Frau unter den vielen, die man alle nicht ernst nehmen durfte! Sie beantwortete das Kompliment der beiden Kavaliere mit gemessener Würde und lächelte, aber nur so viel, wie die Konvenienz unbedingt erforderte.

»Monseigneur«, lispelte sie nonchalant, »wollen gütigst entschuldigen, daß ich wegen einer Kleinigkeit störe!«

»Ich freue mich immer, Sie zu sehen, Mademoiselle! Womit kann ich Ihnen gefällig sein?«

»Eure Hoheit sehen mich hier, um meinen Abschied zu verlangen!«

» Mon Dieu, Sie auch!« rief der Prinz mit komischer Verzweiflung. »Soeben teilte uns Madame Sallé ihre Demission mit – weil Ihre Schönheit und Ihre Kunst die ihrige verdunkelt! Nicht wahr, Exzellenz?««

»Ganz recht!« lächelte d'Argenson.

»Sehen Sie, Madame! Und jetzt wollen Sie auf Ihren Triumph verzichten?! Sie scherzen wohl?«

»Es ist mein Ernst, Hoheit!«

»Aber warum? Sie werden doch hier vergöttert! Ganz Paris liegt Ihnen zu Füßen! Alle Welt buhlt um ein Lächeln Ihrer holden Lippen –«

»Und Hoheit sehen sich trotzdem nach Ersatz um!«

»Madame, Sie wissen doch selbst am besten, wie unersetzlich Sie sind! – Brauche ich Ihnen wohl noch zu sagen, wie sehr ich das Glück schätze, Sie als Zierde der Oper bei uns zu wissen! Ich denke ja über nichts anderes nach, als wie ich Ihnen das recht deutlich zum Ausdruck bringen könnte! Gestern noch habe ich mich bei allen Juwelieren der Stadt bemüht! Nichts war mir schön genug; nichts, was mir Ihrer würdig erschienen wäre! Immerhin gestatten Sie wohl?«

Und er ergriff rasch ihre Hand, schob ihr mit Aplomb den bereit gehaltenen Brillantring an den Finger und besiegelte seine Wertschätzung mit einem Kuß auf ihre rosigen Fingerspitzen.

»Als Zeichen unwandelbarer Treue, Madame! – Hübsch, nicht wahr?« wandte er sich zu d'Argenson, auf den Solitär zeigend.

»Charmant! Ein seltenes Feuer!« antwortete der Krieger im Tone höchster Bewunderung – und blickte der Tänzerin in die Augen, um ihr anzudeuten, daß kein noch so funkelnder Diamant mit deren Glut wetteifern könnte.

Einen Augenblick war sie vom Glanz des selten schönen Steines geblendet. Dann richtete sie sich auf, streifte den Ring vom Finger und legte ihn auf den Tisch.

»Nein, Hoheit«, sagte sie, »so war es nicht gemeint! Verletzte Eitelkeit dürfen Sie mir nicht zutrauen! Ich kenne meinen Wert und weiß, daß ich hier als Künstlerin etwas gelte! Wenn ich aber die neue Tanzkunst eingeführt und ihr zum Sieg verholfen habe, so will ich auch die Ehren davon haben. Ich gebe mich nicht dazu her, für andere zu arbeiten, nur damit sie nachher bloß heranzuhüpfen brauchen, um mit lächelnder Miene die Frucht meiner Mühe für sich zu ernten! Ich will keine Brillanten für meine Person. Ich will die gebührende Anerkennung für meine Kunst – oder ich gehe!«

»Ich verstehe Sie nicht!«

»Hoheit verstehen mich nur zu gut!«

»Ich höre wohl, daß Sie sich beklagen. Aber ich sehe wirklich nicht den geringsten Anlaß!«

»Wäre es denn möglich, daß hier eine neue italienische Ballerina ohne Wissen Eurer Hoheit engagiert werden könnte?«

»Jetzt begreife ich! Sie meinen die, die da draußen wartet?! – Die macht Ihnen Kopfschmerzen? Aber meine Liebe! Das ist ja etwas ganz Obskures – etwas ganz Unbedeutendes – ein Nichts, das ich nicht einmal bemerkt habe! Wenn das zu Ihrer Beruhigung beitragen kann, so hören Sie: ich werde sie überhaupt nicht empfangen!«

»Hoheit werden sie empfangen!«

»Mein Ehrenwort, Madame – mein Ehrenwort als Kavalier, ich werde es nicht tun!«

»Ach, die Männer sind alle falsch! Hoheit werden sie empfangen! Hoheit werden sie auch tanzen lassen!«

» Mais non

»Warum auch nicht? Sie hat Geist – sie hat Genie! – Ich habe mit ihr geplaudert – sie führt eine glänzende Konversation! Und wenn meine liebe Landsmännin ebenso gut tanzt, wie sie schön ist – –«

»So braucht eine Camargo deswegen nicht besorgt zu sein! Oder wäre es möglich? – Die Camargo selbst fürchtet sich!«

»Ich fürchte mich nicht!«

»So bleiben Sie denn! Nehmen Sie den Kampf auf! Wenn Sie vor der Schlacht fliehen – dann allerdings – –«

Sie überlegte einen Augenblick.

»Wohlan denn! Ich bleibe! Ich nehme den Kampf auf!«

»Aber keine Feindseligkeiten! Ich bitte Sie – ich flehe Sie darum an! Sie wissen: ich verabscheue nichts so sehr wie Aufregungen im Theater!«

»Hoheit können unbesorgt sein! Ich kämpfe nur durch meine Leistungen!«

»Bravo!« rief d'Argenson.

»Sie werden siegen!« beteuerte Carignan und griff nach dem verschmähten Ring. »Gestatten Sie mir, im Vorgefühl Ihres gewissen Triumphes Ihnen dies kleine Angebinde nochmals zu offerieren? Sie lehnen es doch nicht ab? Sie tun mir den Schmerz nicht an?«

Er schob ihr nochmals den Ring an den Finger, und sie ließ es jetzt zu.

» Merci! Ich werde ihn als Zeichen guten Einverständnisses behalten«, sagte sie gnädigst. »Und jetzt will ich nicht länger aufhalten! Meine Nebenbuhlerin wartet!«

»Aber ich sagte Ihnen ja – – ich werde sie nicht –«

»Ich weiß! Hoheit gaben Ihr Ehrenwort, sie nicht zu empfangen! Dann ist es eben höchste Zeit, daß ich Platz mache! – Bon jour, messieurs! Ich wünsche gute Unterhaltung!«

Und hold lächelnd schwebte sie hinaus.

Die beiden Herren blickten sich an und lachten laut auf.

»Möchten Exzellenz nicht auch bei ihr frühstücken?«

»Es wird kaum noch not tun! Ich werde mir wohl bei der Sallé redlich den Appetit verderben! Sie haben ja bereits die Güte gehabt, Schicksal zu spielen – –«

»Ich glaubte der Neigung Eurer Exzellenz entgegenzukommen! Oder – wäre es noch zweifelhaft, welcher von den holden Göttinnen der Schönheitspreis gebührte?«

»Schön ist Minerva – – Juno verlockend – –«

»Nicht wahr?«

»Aber Venus –«

»Was Sie sagen? Ist sie denn wirklich so hübsch, die –?«

»Blendend schön!«

» Sacré nom de Dieu

»Wie schade, daß Hoheit Ihr Ehrenwort gaben!«

»Nun, wenn auch Sie mich daran erinnern, dann muß ich wohl jenes Ehrenwort schleunigst aus der Welt schaffen!«

»Bravo!«

»Ich werde sie also empfangen!«

Carignan setzte den Hut auf und gab dem Türsteher einen Befehl; dieser öffnete den einen Flügel der Tür, und herein traten Fossano und die Barberina.

»Nun, Signore?« fing der Prinz von oben herab an und ignorierte die Barberina gänzlich, »wir sind ungeduldig?«

»Ich kann es nicht leugnen, Hoheit – –«

»Ich höre es zu meinem Erstaunen! Ich hörte sogar von Drohungen?«

»Ich muß gestehen, Hoheit, ich war nicht darauf gefaßt – –«

»Weiß schon! Sie waren entrüstet! Der Prinz von Carignan, Königliche Hoheit, hätte Ihnen, dem berühmten Tänzer, wohl den Wagentritt halten – Sie, den Hut in der Hand, auf der Straße empfangen sollen – –«

»Sie hätten mich hier empfangen sollen, wie ich's wohl beanspruchen könnte! Einen Künstler meines Ranges läßt man nicht acht Tage hintereinander antichambrieren.«

Der Prinz maß ihn mit einem Blick grenzenloser Verachtung.

»Sie irren sich, Signore! Es interessiert uns keineswegs, zu wissen, warum Sie unzufrieden sind! Es interessiert uns nicht einmal, zu wissen, daß Sie sich mokieren! Es interessiert uns höchstens, was wir selbst Ihnen gegenüber empfinden! Und wir sind mit Ihnen sehr unzufrieden! Verstehen Sie? Sehr unzufrieden!«

»Dürfte ich fragen, warum?«

»Sie hatten von uns den bestimmten Auftrag bekommen, sich eine Partnerin auszusuchen! Die Camargo weigert sich ja, in Ihren Pantomimen aufzutreten! – Ich hatte Sie gebeten, eine Tänzerin ersten Ranges zu engagieren! Der Bequemlichkeit halber ließen wir im Vertrag den Platz für den Namen offen. – Und Sie mißbrauchen unser Vertrauen! Sie schreiben da einen Namen hinein, der kein Name ist – von dem kein Mensch etwas weiß – von dem kein Mensch je etwas gehört hat! Statt einer Künstlerin bringen Sie uns eine Anfängerin her.« – Auch jetzt würdigte Hoheit Barberina keines Blickes. »Ja, mein Lieber, wir sind kein italienischer Duodezstaat, wir sind Paris – wir sind am ersten Hofe der Welt! – Wir suchen uns unsere Leute unter den allerersten Berühmtheiten aus! Wir haben es nicht nötig, uns eine obskure Null oktroyieren zu lassen!«

»Ich bin durchaus der Ansicht Eurer Hoheit!«

»Sehr gnädig!«

»Ich wage sogar zu behaupten, daß ich den Befehl Eurer Hoheit nicht nur mit der größten Gewissenhaftigkeit ausgeführt, sondern noch weit übertroffen habe!«

»Diese Kühnheit! – Ich muß sagen – – da bin ich wirklich neugierig!«

Trotzdem aber würdigte er Barberina keines Blickes.

Fossano antwortete nicht. Er flüsterte Barberina nur schnell ein paar Worte zu, faßte sie bei der Hand, und im nächsten Augenblick wirbelte sie durchs Zimmer wie ein losgelassener Schmetterling und schloß ihr Extempore mit einem Luftsprung ab, wobei sie, ehe sie die Erde wieder berührte, die Füße wiederholt aneinanderschlug.

Der Prinz stand mit offenem Munde da.

» Achtmal«, sagte Fossano, »achtmal, Hoheit! – Das macht ihr in der ganzen Welt keine nach! Die Camargo bringt es nur fertig, die Füße im Schweben viermal aneinanderzuschlagen.«

»Nun, das wird wohl auch bloß viermal gewesen sein!«

»Vorwärts, Barberina!« rief Fossano, »noch einmal!«

Der Kriegsminister setzte sich, um besser zu sehen. Fossano faßte seine Schülerin wieder bei der Hand – noch einmal wirbelte sie durchs Zimmer – noch einmal machte sie den Sprung – aber jetzt absichtlich so nahe an dem Prinzen vorbei, daß sie ihm mit dem Fuße den Hut vom Kopfe schlug. Der Prinz wankte und sank in den Sessel und blieb da mit offenem Munde sitzen.

»Bravo!« rief d'Argenson begeistert. »Es war mindestens achtmal! Ich habe gezählt!«

»Das hohe C der Tanzkunst!« stammelte Carignan verblüfft. »Ich gestehe – ich bin konsterniert! Superb! – Ja, sagen Sie mal, mein Kind – wo haben Sie das gelernt?«

Fossano verbeugte sich, die Hand auf dem Herzen.

»Alle Achtung, Signore! Alle Achtung! Das macht Eurem Unterricht alle Ehre! Das kann noch etwas werden!«

»Das wird eine Sensation!« rief d'Argenson begeistert. »Man wird das Theater stürmen!«

»Warten wir es ab – warten wir ab! – Exzellenz sind immer sehr leicht begeistert! – Vergessen Sie nur nicht, bei wem Sie heute frühstücken!«

»So etwas macht einen alles andere vergessen! Das würde mich sogar der alten hohen Schule untreu machen können!«

»Da muß ich sagen! – Da muß ich wirklich gratulieren!« sagte Carignan, stand auf, nahm den Hut von dem sich verbeugenden Fossano in Empfang und ging auf Babara zu. »Da haben Sie einen großen Sieg über die Camargo gewonnen! Sie müssen wissen: nicht einmal die Camargo hat es vermocht, Seine Exzellenz den Kriegsminister zur neuen Tanzkunst zu bekehren! Er war bis jetzt der überzeugteste Verehrer der seriösen Schule! Und jetzt, auf einmal –! Ja – wenn Sie auf die Art gleich auch alle anderen Widerstände überwinden, dann wollen wir es mit Ihnen versuchen! – Wie heißen Sie?«

»Babara!«

»Demoiselle Barberini!« beeilte sich Fossano zu korrigieren.

»Sag mal, Babara«, sagte Carignan, nachdem er mit einem Blick Fossano seine Mißbilligung für die Einmischung ausgedrückt hatte, »sag mir, mein Kind, wo haben wir das – mit dem Hut – gelernt?«

Sie lächelte schalkhaft.

»Famos! – Wirklich exzellent!«

Er streichelte ihr gnädigst die Wange, und sie ließ es pflichtschuldigst zu.

»Und diese hübschen Augen – diese reizenden Grübchen!« – Er kniff ihr leicht die Wange, hochbefriedigt, nicht den leisesten Widerstand zu finden.

»Wirklich reizend! Sie werden meine Pariser bezaubern! Sie werden hier Ihr Glück machen!«

Endlich ließ er von ihr ab und ging ein paarmal durchs Zimmer, um die Fassung wiederzugewinnen. Dann blieb er vor Fossano stehen.

»Sie haben recht gehabt! Ich habe mich entschlossen, Ihre Schülerin anzunehmen! Sie wird sich hier machen. Wir werden gleich sehen, wie wir sie wirksam einführen!«

»Dürfte ich Eurer Hoheit vorschlagen, in meiner neuesten Pantomime –«

»Nein – nichts Neues! Noch nicht! – Die Oper von Rameau geht noch sehr gut! Wir sind dem Meister verpflichtet – wir müssen sie weiter geben! – Aber ich will mit ihm reden – noch heute werde ich ihn kommen lassen – er wird ein paar neue Tänze einfügen müssen – extra für unsere Akquisition hier etwas komponieren! Ich bringe ihn dazu! – Er wird entzückt sein! – Nachher konferieren Sie selbst mit ihm, Fossano!«

»Wie Eure Hoheit befehlen!«

»Und dann vergessen Sie die Presse nicht – sie muß vorbereitet sein! – Na, das verstehen Sie – Sie sind ja nicht zum ersten Male in Paris!«

»Ich weiß Bescheid!«

»Das muß eine Überraschung werden – eine sensationelle Überrumpelung!«

»Wie eine Bombe wird es einschlagen!« rief der Kriegsminister begeistert.

»Wie soeben hier, so muß es kommen! Man weiß nichts – man hat keine Ahnung – und plötzlich ist das Ereignis da! Und man ist entzückt! So muß es kommen!«

Er ging wieder auf sie zu und betrachtete sie mit Kennermiene.

»Wirklich eine ganz aparte Erscheinung – etwas ganz Seltenes! – Exzellenz haben recht gehabt! – Exzellenz sind Connaisseur!« lachte er. »Aber leider schon engagiert! – Nun, das wird sich auch finden! – Sie werden sich kaum wehren können! – Ja, sagen Sie einmal, mein Kind – haben Sie schon eine Equipage?«

»Nein!«

»Die müssen Sie haben! Wie wollen Sie in Paris vorwärtskommen? – Equipage ist nötig – Remisen, Stallungen, Pferde, Kutscher, Diener – ein eigenes Hotel! – Unumgänglich nötig! – Man muß empfangen können – kleine intime Diners geben – Komponisten, Dichter, Journalisten bewirten und, vor allem, in der Gesellschaft eine Rolle spielen! Die elegante Welt bei sich sehen – viel von sich reden machen! – Das ist zum mindesten ebenso nötig wie das Talent!«

Babara blickte ihn groß an. – Dann auf einmal platzte sie mit einem silberhellen Lachen heraus.

»Sie lachen? – Das ist recht! – So ist's gut! – Das alles wird sich ja bei Ihnen ohne Schwierigkeit einstellen! Das ist selbstverständlich! Wer so viel Liebreiz hat!« – Er kniff sie nochmals in die Wange. – »Da habe ich gar keine Angst! Treten wir erst auf – gewinnen wir erst den entscheidenden Sieg, zeigen wir, welch ein Juwel wir sind – nachher findet sich schon die geeignete Fassung! – Also morgen bei meinem Lever konferieren Sie hier mit Rameau, Fossano! Und Sie auch, Mademoiselle – äh –«

»Barberini«, soufflierte Fossano.

»Barberini«, wiederholte Carignan, sich jede Silbe einprägend. »Nun, hoffentlich wird der Name bald so berühmt, daß man sich ihn ohne weiteres merkt! – Au revoir denn, liebe Barberini – au revoir, Fossano! – Ich hab's eilig – ich muß zu Hofe – Sie müssen mich entschuldigen!«

Er streichelte ihr leicht die Wange, nickte ihr freundlich zu. Fossano ging und nahm seine Schülerin mit.

d'Argenson verabschiedete sich ebenfalls, und Carignan setzte sich noch hin, um seine, durch den Sprung Babaras etwas ramponierte Frisur vom Kammerdiener in ordnungsgemäßen Zustand bringen zu lassen.

Er wollte sich nach beendigter Reparatur wieder erheben, als sich plötzlich ein Paar weiche Hände vor seine Augen legten.

»Aber was soll das – wer erlaubt sich? – Kaum hat man Ordnung geschaffen, dann wird man wieder –«

»Ruhig Blut«, lachte eine silberhelle Stimme, »keine Aufregung, mein Ferkelchen! Ich frisiere dich nochmals, daß du mich nicht vergißt!«

»Marietta?« – rief er und machte die Hände los. »Was machst du hier? – Wie bist du hereingekommen?«

»Ich bin die ganze Zeit hiergewesen!«

»Wo denn?«

»Dort hinter der spanischen Wand! Ich habe alles gehört! Den sämtlichen Audienzen beigewohnt! Die große Sensation mitgemacht, die schnelle Wandlung in der allerdurchlauchtigsten Gesinnung bewundert. Mir machst du keine solchen Anerbietungen, Treuloser! Mir richtest du kein Hotel ein! Mir versprichst du keine Equipagen –«

»Aber erlaube mal«, rief Carignan, »wem hab' ich etwas versprochen? Ich habe diese junge Gans vom Lande über alles, was zur Karriere gehört, unterrichtet – weiter nichts!«

»Als ob man nicht hinter jedem Worte deine Lüsternheit gehört hätte! Du willst ihr ein Hotel einrichten, du selbst willst sie aushalten, leugne es nicht! Aber mich läßt du dir alles abbetteln! Tanze ich nicht ebensogut wie sie? Bin ich nicht die Mutter deiner Kinder?«

»Zum Tanzen bist du längst zu dick! Du warst einmal gut, das leugne ich nicht! Sonst wärst du nicht an der Oper! Und – was die Kinder betrifft, so ist es durchaus nicht sicher –«

»Willst du vielleicht behaupten –?«

»Ich will nichts behaupten! Ich sage nur: wenn ich von allen den Damen Kinder hätte, die angeblich welche von mir haben, dann wäre Frankreich zu klein, sie sämtlich zu beherbergen!«

»Du willst dich also deinen Verpflichtungen entziehen?«

»Gott, ich vergöttere sie ja! Das Mädchen ist allerliebst und die beiden Buben auch! Ich sorge für sie wie ein Vater! Mehr kannst du doch nicht verlangen! – Adoptieren kann ich sie aber nicht! Das würde meine Frau nicht erlauben!«

»Wenn du nur willst!«

»Ich bitte dich – die Tochter eines Königs, wie meine Frau – und – die Kinder einer Ballettdame adoptieren! Du darfst nicht unbescheiden werden, Marietta, sonst setze ich dich ab!«

» Ich und unbescheiden! – Für wen plünderst du die Theaterkassen? –Für mich wohl? Kaufst du meinetwegen der Camargo Solitäre? – Hab' ich dich gebeten, dem italienischen Fratz, der soeben hier war, zu versprechen, sie einzurichten, als ob sie eine Fürstin wäre?«

»Pst – nicht so laut! Staatsgeheimnisse!«

»Wieso Staatsgeheimnisse? – Du willst mir doch nicht einreden, du hättest den Auftrag –?«

»Solche Aufträge hat man nie! Als getreuer Untertan führt man sie eben aus! Man bemüht sich! Und wer da zur rechten Zeit die rechte Person zu präsentieren versteht, der ist ein gemachter Mann!«

»Und da meinst du, daß du – daß der König sich dir anvertrauen würde?«

»Wozu hätte er sonst wohl einen Prinzen von Geblüt zum Generalinspekteur des Corps de Ballett gemacht! – Nun eben, um sich mit ihm en camerade über alle einschlägigen Fragen unterhalten zu können! Er wird schon ungeduldig! Es ist Zeit, daß ich mich ein wenig eifriger zeige! – Und diese Italienerin – sie hat Rasse, sie hat Feuer – sie scheint eine kluge Person zu sein! – Eine draufgängerische Art, sich zu geben! – Zum Entzücken! – Sie wird nicht nur ganz Paris – sie wird auch Versailles in Aufruhr versetzen! – Du hast doch gesehen, mit welcher Fermeté sie mir den Hut vom Kopfe schlug?«

»Und nun, denkst du, wird sie dem König in derselben Weise die Krone vom Kopfe tanzen!«

» Mon Dieu, wie respektlos! Die Krone ist doch keine Nachtmütze! – Der König wird aber gnädig sein – sie wird Gnade vor seinen Augen finden, und wir auch! – Der Kardinal ist schon alt – der König muß einen neuen Staatsminister haben! Wer weiß, Marietta – wenn uns das Glück hold ist – vielleicht werde ich bald imstande sein, dir ein Marquisat zu besorgen!«

Er küßte ihre Stirn.

»Aber hübsch ruhig sein! – Mir nie mit Eifersucht kommen, so sehr ich auch für andere inkliniere! – Das geschieht alles nur wegen der Karriere! Laß mich meine Pläne verfolgen – kümmere du dich um meinen Hausstand und die Kinder, und du sollst sehen, ich kaufe dir ein Marquisat! Parole d'honneur, ich tu's! Und von deinen Söhnen kriegt jeder ein Regiment! Deine Tochter verheirate ich mit einem Grafen! Inzwischen nimm – nimm dies alles –«

Er zog das Fach seines Sekretärs auf, wo er den Erlös des gestrigen Spiels hineingetan hatte, und leerte den Inhalt in ihren Schoß.

»Nimm! Kauf dir alles, was du magst – verschwende – fühl dich reich, damit du einen Vorgeschmack bekommst! – Wenn du mir nur nicht in die Quere kommst – wenn du mir nur keine Szenen machst! – Dann wirst du's staunend erleben, wie der alte Glanz hier wieder heimisch wird! Dann mache ich all die Holzbaracken draußen um den Garten herum dem Erdboden gleich und mache es wieder gut, daß ich dem Schwindler Law gegen schnödes Geld erlaubte, sie zu errichten! Geld, das er mir noch schuldig ist! – Dann lasse ich die Gärten im alten Umfang und alter Herrlichkeit wieder auferstehen – wie sie einst waren, als Katharina von Medici nach den Mühen des Tages drinnen lustwandelte! – Dann jage ich die Spieler und Wucherer hinaus und fege das Pack in den Rinnstein! – Dann, Marietta – dann –! Aber jetzt gib mir einen Kuß! – Und nun: – still sein, lächeln – was auch geschehen mag! – Du verstehst? – Du bist doch brav! – Du wirst dich tapfer halten? – – Noch einen Kuß! – Aber die Zeit eilt! Ich muß fort! – Au revoir, ma chère! Au revoir!«

Er setzte kokett den Hut auf den Kopf und trippelte graziös auf seinen hohen Absätzen hinaus – zwischen zwei Reihen gekrümmter Lakaienrücken zur wartenden Staatskarosse, um nach Versailles zu fahren und dem König von seiner neuesten Akquisition vorzuschwärmen.

Marietta blieb allein. Von Zeit zu Zeit nahm sie eine Handvoll Gold auf, ließ es durch die Finger auf ihren Schoß niederrieseln und freute sich der Musik des klirrenden Metalls, das die Welt beherrscht.


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