Georg Freiherr von Ompteda
Maria da Caza
Georg Freiherr von Ompteda

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XIV.

Stassingk war es ganz eigen zu Sinn, daß er nun wirklich den entscheidenden Schritt getan hatte, aber er bereute ihn nicht. Maria da Caza war doch die schönste Frau, die es gab. Es kam ihr keine gleich. Nur wollte er nicht sofort die Folgerungen seines Handelns ziehen, denn, wenn sie ihren Mann verließ, was er auch als einziges Mittel erkannte, so durfte er sie nicht sehen, bis sie sich heiraten konnten. Das brachte er nicht übers Herz. Das Leichte, Tändelnde in seiner Natur sträubte sich immer dagegen, eine Entscheidung zu treffen. Er fürchtete, sie möchte verlangen, das Nötige sollte sofort getan werden. Als sie ihm nun selbst erzählte, was sie mit Selbottens besprochen, die ihr geraten hätten, irgend eine günstige Gelegenheit abzuwarten, griff er sofort zu und fand das sehr richtig.

Nun begann dasselbe Leben von neuem, wie in den letzten Wochen. Stassingk ritt mit Maria da Caza, aber sie nahmen jetzt, um den Schein zu meiden, Rittmeister Hendrich mit oder Leutnant von Remer und Graf Selbotten, soweit diese keinen Dienst hatten. Dann kam er zum Diner in die Villa, aber auf Betreiben der kleinen Gräfin waren immer Damen anwesend, so daß Stassingk nie mit ihr allein blieb.

Maria da Caza hatte Geduld. Sie empfand dieses Dasein nicht schmerzlich, denn sie sah ihn jeden Tag. Herr da Caza forderte selbst dazu auf, weil er es ein wenig als Verlegenheit empfand, in dieser Zeit fast gar nicht zu Hause zu sein. Die Eröffnung der Rennsaison stand vor der Tür, damit eine Fülle von Arbeit und Beschäftigung für ihn. Er hatte seinen Hindernisstall durch verschiedene Ankäufe noch vermehrt und plante die weitere Erwerbung einiger französischer Steepler. Jeden Tag fuhr er zur Morgenarbeit der Pferde nach Karlshorst hinaus. Auch nachmittags hatte er öfters dort zu tun. Dann kam er vor abends nicht nach Hause, und wenn er erschien, ging er sofort in sein Zimmer, um mit ein paar Stunden Schlummer auf dem Diwan die versäumte Nachtruhe nachzuholen, die durch die Gesellschaft oder Vergnügungen abends und durch zeitiges Fortfahren morgens arg beschnitten ward.

Stassingk aber wäre es jetzt am liebsten gewesen, die Entscheidung hätte sich ganz verzögert. Er bangte vor der langen Zeit der Trennung, die ihnen bevorstand, und dann begann er sich wieder leise und unbestimmt, aber immer mehr vor der Fessel zu grauen, die ihm auferlegt werden würde.

Einmal, als er eben zur Villa da Caza gehen wollte, ward er in der Bellevuestraße von einem Viererzuge überholt. Er sah sich flüchtig in Gedanken die Pferde an, ohne auf den Lenker des Gespannes zu achten. Da rief ihn eine Stimme, während das Gefährt den Gang verlangsamte und endlich hielt:

– Graf Stassingk! Kommen Sie mit?

Es war der Herzog von Ortenburg. Stassingk trat an den Wagen heran:

– Verzeihung, Durchlaucht, ich war zerstreut!

Die Herzogin, die neben Prinzessin Löwengaard saß, sprach lächelnd:

– Allerdings! Sie schienen uns gar nicht zu sehen. Begleiten Sie uns ein bißchen. Sie haben doch gewiß nichts zu versäumen.

Einen Augenblick zögerte der junge Diplomat, aber als der Herzog eine scherzhafte Bemerkung machte über die Arbeitsüberhäufung, die ihn seit Wochen von ihrem Hause ferngehalten, und Ritter Boljèn von Boljena, der bei den Damen saß, erklärte, die europäische Lage sei ohne jedes Bedenken, wie er aus seiner Kanzlei wisse, und das Auswärtige Amt bedürfe gewiß in diesem Augenblick nicht seiner Dienste, da stieg er ein. Die Damen hatten so bittende Gesichter gemacht, daß er gefürchtet hätte, sie zu erzürnen, wenn er nicht mitgekommen wäre.

Er hatte ganz vergessen, daß ihn Maria da Caza erwartete. Der beginnende Frühling fächelte so mild, die Luft war so würzig und duftig, daß er sich freute, draußen zu sein, das Wetter war wie geschaffen, um in den Tiergarten zu fahren, der sich eben mit den ersten Knospen zu schmücken begann. Dann reizte es ihn, mit der Prinzessin zu sprechen. Das arme Ding war doch zu verliebt.

Wie sie in die Tiergartenstraße einbogen, fiel ihm erst ein, daß Maria ihn ja erwarte. Nun schlug ihm plötzlich das Gewissen. Aber Maria konnte nicht eifersüchtig auf das gute dickliche Mädchen sein, die ihm wirklich gänzlich gleichgültig war, ihm nur Spaß bereitete mit ihrer unverhüllten, schwärmerischen, fast kindlichen Neigung.

Aber als sie nun ganz nahe waren, beschlich ihn doch ein unangenehmes Gefühl, und er unterhielt sich so eifrig als möglich mit den Damen. Er warf emen flüchtigen Blick zum Hause hinauf und erblickte Maria da Caza auf dem Balkon. Er fürchtete, sie möchte seiner gewahr werden, doch es schien noch glücklich vorüberzugehen, denn sie verschwand in der Tür.

Stassingk war errötet. Er verdammte die unglückselige Eigenschaft, bei jeder Gelegenheit das Blut unter die Haut zu bekommen. Ein Zufall half ihm darüber hinweg: der Herzogin entglitt ihr Schirm und rutschte auf den Boden des Wagens. Stassingk bückte sich sofort ihn aufzuheben, und konnte nun die Anstrengung des Herunterbiegens vorschützen.

Maria da Caza hatte ihn gesehen.

Als sie auf den Balkon trat, um zu spähen, ob er noch nicht käme, entdeckte sie ihn sofort im Wagen des Herzogs. Im ersten Augenblick dachte sie daran, Ortenburgs kämen zu ihr, um ihr einen Besuch zu machen oder die Prinzessin Löwengaard zu bringen, die trotz ihres Versprechens, sich von ihrer Mutter zu Maria da Caza begleiten zu lassen, noch nicht erschienen war. Aber das wies sie sofort wieder von sich. Der Herzog und die Herzogin von Ortenburg hatten keine Veranlassung, sie aufzusuchen. Da bemerkte sie noch den österreichischen Attaché im Wagen und fühlte aus Stassingks Wesen, Sitz, Haltung, seine Verlegenheit heraus, und daß er so tun wollte, als hätte er sie nicht gesehen.

Sofort eilte sie in das Zimmer zurück. Er verleugnete sie? Immer noch begriff sie nicht, wie das möglich sein konnte, was es bedeutete. Aber ein bitteres hartes Gefühl blieb in ihr, und es wollte ihr nicht aus dem Sinn, daß er gerade mit Ortenburgs gefahren.

Sie sah dem davonrollenden Viererzuge nach. Es schien ihr, als spräche Stassingk hauptsächlich mit der Prinzessin. Da krampfte ihr Herz zusammen, und sie riß am Store, den sie, um hinauszuschauen, zur Seite gebogen. Dann lief sie unruhig auf und ab. All ihre Zuversicht, ihre sonnige Stimmung waren dahin. Wann würde er nun kommen? Er hatte es doch versprochen und nun hatte er keine Zeit für sie, die ihn in heißer Liebe erwartete, seit Tagen zum erstenmal ohne Anwesenheit eines Dritten, die ihn vielleicht nicht mehr lange würde sehen können, da sie sich auf lange, lange trennen mußten.

Sie wartete, wartete stundenlang. Er kam nicht.

Auch zum Diner fehlte er.

– Wo ist denn Stassingk? – fragte erstaunt Herr da Caza. Sie mußte alle Kraft aufbieten, um ruhig zu antworten:

– Er kann wahrscheinlich nicht!

Während des Diners quälte sie unausgesetzt die Frage, wo er sein möchte. Sie dachte daran, zu ihm zu schicken, ob er krank wäre, oder ihm zu schreiben, doch sie verwarf diesen Gedanken wieder.

Endlich am anderen Morgen erschien er zu Pferde, um mit ihr auszureiten. Herr da Caza, der ausnahmsweise nicht nach Carlshorst gefahren war, schloß sich mit Mister Easby an. Sie hatten Rennangelegenheiten miteinander zu besprechen und blieben ein Stück hinter dem Paare zurück. Wie immer in der Oeffentlichkeit nannte ihn Maria da Caza Sie, als sie fragte:

– Warum sind Sie gestern nicht gekommen?

– Ich hatte es nicht bestimmt zugesagt! – entgegnete Stassingk. Sie wiederholte ihre Frage:

– Warum sind Sie nicht gekommen?

– Ich konnte unmöglich.

– Warum nicht?

Ihr Ton ärgerte ihn. Er war sich nichts böses bewüßt, denn er hatte sich von Ortenburgs mehr überreden lassen aus Gedankenlosigkeit und Bummelei, und weil er glaubte, wie nun einmal seine Anlage war, den Bitten der Damen nicht widerstehen zu können und zu dürfen. Da entgegnete er ein wenig brummig, so daß man ihn kaum wiedererkannte:

– Weil ich eben nicht konnte!

Di« Antwort schmerzte Maria da Caza. Sie schaute ihn traurig an:

– Hast Du kein Vertrauen mehr zu mir?

Diesen Blick konnte er nicht ertragen. Sein Trotz zerrann, er sah nur noch ihre Schönheit, doppelt, bezwingend durch die Trauer in ihrem Ausdruck. Seine Züge wurden wieder weich, seine blauen Augen lachten und leuchteten und er sagte glühend:

– Maria, ich liebe Dich ja! Ist das nicht genug?

Da hatte sie alles wieder vergessen. Sie bewunderte wieder seine geschmeidige Gestalt zu Pferde, seine Augen, seine Stimme. Er erzählte ihr von seinen Reisen und Erlebnissen in fremden Ländern, in fremden Städten, an ftemden Höfen.

Abends zum Diner hatte Herr da Caza Selbottens, Lindstedts, Charriers, Horns und ein paar Herren eingeladen. Das Hauptgespräch bildete die Eröffnun der Hindernissaison in Carlshorst, die am folgenden Tage stattfinden sollte. Dabei war in fast jeder Nummer des Programms der Cazasche Stall mit mehreren Nennungen vertreten.

Rittmeister Hendrich stand nach Tisch mit Maria da Caza in einer Ecke des Salons und erzählte ihr vom Rennen, nach dem sie ihn gefragt, obwohl es ihr gänzlich gleichgültig war, nur um nicht wieder die ganze Zeit mit Stassingk zu sprechen:

– Ihr Herr Gemahl wird wohl wieder, wie er die vorige Saison mit lauter Siegen schloß, die diesjährige mit lauter Siegen eröffnen!

– Glauben Sie? – entgegnete sie zerstreut.

– Ganz gewiß, denn seine Pferde sind viel besser in Kondition als die anderen.

– So, wirklich?

– Sicher!

Da Herr da Caza gerade mit den Zigarren vorüberging, rief er ihn an:

– Wollen wir auf fünf erste Plätze wetten für morgen, Caza?

Der Herr des Hauses blieb stehen:

– Fünf? Glaube ich kaum.

Rittmeister Hendrich, der schon ein paar Wetten auf den Cazaschen Stall abgeschlossen hatte, erwiderte seiner Sache sicher:

– Na, drei bestimmt. Wenns nicht drei sind, lade ich Sie ein, nach dem Rennen bei Hiller zu einem Diner erster Klasse.

Herr da Caza zuckte die Achseln:

– Das tut mir leid, aber da bin ich nicht mehr da. Ich fahre nach dem zweiten Rennen schon fort. Aber im übrigen für ein andermal gern. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Er wandte sich erklärend zu seiner Frau:

– Ich habe Dir noch nichts davon gesagt. Ich will morgen nachmittag nach Paris fahren. Es hat sich erst heute entschieden. Einer der größten Rennstallbesitzer Frankreichs, Monsieur Guérignard, ist gestorben, und die Erben lösen sofort den Stall auf. Da will ich versuchen, vor der Versteigerung freihändig etwas zu erwerben. Easby geht mit. Wir habens heute beim Reiten ausgemacht. Wir bleiben je nachdem acht bis zehn Tage fort ...

Er blickte Maria da Caza fragend an, als erwarte er ihre Zustimmung. Sie sagte nur:

– So ... gut.

Aber sie mußte sich beherrschen, um ihre Erregung nicht zu zeigen: jetzt war die Gelegenheit gekommen. Es stand bei ihr sofort fest, daß sie diese Abwesenheit ihres Mannes benutzen mußte, um das Haus auf immer zu verlassen. Sobald es irgendwie möglich war, wollte sie es Stassingk und Selbottens mitteilen.

Stassingk saß im kleinen Salon mit den übrigen Damen. Er lachte und scherzte. Maria da Cazas Eintritt bemerkte er nicht, sondern fuhr fort, mit dem älteren Fräulein Charrier zu sprechen, deren Hand er in der seinen hielt, um ihr aus den Linien zu weissagen:

– Dieser kurze Strich, gnädiges Fräulein, ist die Herzenhlinie. Sie haben leider nicht viel Herz.

Sie widersprach, doch er lächelte verschmitzt und fuhr fort:

– Uebrigens findet man bei den Damen die Herzenslinie selten sehr ausgebildet. Die meisten Damen haben eben nicht viel Herz – leider ...

Ein Sturm der Entrüstung überfiel ihn von allen Seiten, und lauter Hände streckten sich ihm entgegen, die beweisen wollten, daß sie eine lange Herzenslinie besäßen. Frau Hörn rief überlaut:

– Meine geht über die ganze Hand!

– Und meine läuft von oben bis unten! – behauptete Fräulein Charrier die Jüngere. Sie stand Stassingk zunächst, so prüfte er ihre »Herzenslinie« zuerst, runzelte die Stirn und sagte ganz unschuldig:

– Wer sie ist fortwährend unterbrochen und fängt dann von neuem an. Soll ich Ihnen sagen, was das bedeutet?

– Nein! Nein! Sie dürfen nichts sagen! Ich wills gar nicht wissen! – jammerte ganz verzweifelt das junge Mädchen unter allgemeinem Gelächter.

Die Aufmerksamkeit der Damen hatte sich so gänzlich Stassingk zugewendet, daß niemand bemerkte, wie Maria da Caza eingetreten war. Ihr tat die laute Fröhlichkeit weh. Sie war ernst, ganz mit ihrer Zukunft beschäftigt. Unwillkürlich meinte sie, Stassingk müsse es ebenso gehen. Nun fühlte sie sich verstimmt, daß er die Damen mit allerlei kindischen Scherzen unterhielt. Sie verließ den Salon und eilte in ihr kleines, weißes Boudoir, wo sich niemand befand. Dort blieb sie mit klopfendem Herzen stehen. Ihre Brust hob sich stürmisch. Sie fühlte erst jetzt, wie die kurze Szene ihr Blut in Wallung gebracht.

Sie blickte in einen Spiegel und sah, daß sie röter war als sonst. Vergeblich zwang sie sich, ruhig zu sein, sie konnte es nicht verwinden, daß er jetzt nicht hier im Zimmer mit ihr stand, um die Entscheidung ihres Schicksals zu besprechen.

Es schien ihr zum Ersticken heiß zu sein: sie riß das Fenster auf. Sie dachte nicht daran, daß man sie vermissen könnte. Alles war ihr vollständig gleichgültig. Sie dachte nur an Stassingk, immer wieder an Stassingk. Und sie wurde gerechter: es war wohl nur ein Mißverständnis, er hatte nicht gewußt, daß sie kam, er hatte sie nicht gesehen und gehört, denn wenn er sie gesehen hätte, wäre er aufgestanden und zu ihr gekommen. Es konnte ja gar nicht anders sein, denn er liebte sie ja.

Aber in diesem Augenblick hatte sie das Bewußtsein, als liebe sie ihn doch mehr, als er sie.

Sie verstand nicht, wie sie darauf kam, doch sie ward das Gefühl nicht los: sie liebte ihn heißer, als er sie. So wie sie liebte, konnte ein Mann vielleicht überhaupt nicht lieben. Das blieb doch immer der Unterschied zwischen Mann und Frau.

Während sie noch ihren Gedanken nachhing, vernahm sie das Rascheln eines Kleides. Sie wandte sich um. Es war Gräfin Selbotten:

– Du hier? – fragte sie erstaunt, und als sie nicht gleich eine Antwort bekam:

– Was machst Du denn hier?

Maria du Caza entgegnete:

– Unser Schicksal hat sich entschieden.

Sie ezählte, wie ihr Mann acht bis zehn Tage verreisen werde und sie diese Gelegenheit benutzen wolle, um das Haus zu verlassen.

– Weiß er es schon? – fragte die kleine Gräfin.

– Nein.

– Du mußt es ihm aber doch gleich sagen! Soll ich ihn herschicken?

Ohne eine Antwort abzuwarten, war sie davon. Eine Minute darauf trat Stassingk ein. Er war ein wenig ärgerlich, weil ihn Gräfin Selbotten mitten aus seinem Wahrsagen gerissen.

– Was soll ich? –- fragte er verstört. Sie bemerkte seinen Ton und erwiderte mit einem Anfluge leiser Trauer:

– Du sollst gar nichts!

– Bist Du nicht wohl, Maria? – sagte er da, etwas teilnehmender, denn er fand, daß sie blaß aussehe. Maria da Caza freute sich über den Klang in seiner Stimme und entgegnete, auch weicher und etwas freudiger:

– Du bist besorgt um mich?

Er nahm ihre Hand, und seine blauen Augen hatten den seelenvollen, zärtlichen, warmen Ausdruck, den sie liebte.

– Verzeih, Maria, daß ich noch nicht zu Dir gekommen war, aber es ist so schwer, das richtige Maß innezuhalten, denn ich darf doch nicht zu viel bei Dir sein! Wenn die anderen da sind, habe ich immer das Gefühl, daß jedes Wort, das wir miteinander wechseln, auf die Goldwage gelegt und von allen Seiten protokolliert wird. Es ist wirklich ein Unglück: wenn ich die gleichgültigsten Dinge rede, denken die Leute immer, ich machte den Hof.

– Du hast ihn eben zu viel gemacht! – sprach sie mit ganz leiser Wehmut. Er ward nicht böse, denn er war gewohnt, diesen Vorwurf wie eine Schmeichelei zu empfinden, sondern fragte lächelnd:

– Bist Du eifersüchtig, Maria?

Maria da Caza zögerte doch ein wenig, bis sie antwortete:

– Nein, eifersüchtig nicht, denn Du liebst mich doch nur.

– Das ist schön, daß Du das sagst!

– Liebst Du mich denn? Sage mirs noch einmal! Ich kann es immer hören!

Sie sah blendend schön aus in ihrem weißen, ausgeschnittenen Dinerkleide, in dem hellen Raum, in dem einzig Körper, Hals, Arme und Nacken, Antlitz und Haar sich in anderer Färbung abhoben. Er fühlte sich wieder überwältigt von ihrem Anblick und gestand ihr von neuem in glühenden Worten seine Liebe.

– Wirst Du mich denn immer lieben, Ernst?

– Immer!

– Wirklich, immer? Bis wir sterben! Beide?

– Bis wir sterben. Aber wir wollen nicht sterben. Wir wollen leben zusammen und glücklich sein! Ich will mit Dir glücklich sein, Maria! Habe ich Dich nicht deshalb auch gefragt, ob Du meine Frau werden willst, wenn Du frei bist?

Nun war alles an Verstimmung und Zweifel, das in ihr geruht, weggelöscht mit diesem einen Worte. Sie sprach glücklich über alle Maßen, hastig die Nachricht verkündend, die sie ihrem Ziele näher brachte:

– Morgen tue ich den ersten Schritt dazu. Ich bin morgen vom Rennen ab allein, da werde ich das Haus verlassen!

– Morgen? – fragte Stassingk gedehnt. Die Nachricht kam ihm so unerwartet, aber in diesem Augenblick begehrte er nur eines, dereinst mit Maria da Caza vereinigt zu sein, und er sprach ehrlich, als er sagte, indem er sie glühend an sich preßte:

– Gut – also morgen. Dann gehörst Du schon im Gedanken mir. Die lange Prüfungszeit, die wir getrennt sein müssen, wird auch vorübergehen. Alles geht vorbei. Und dann wollen wir glücklich sein, Maria.

Maria da Caza lehnte sich mit zitterndem Herzen an ihn und stammelte vom Gefühl überwältigt:

– Ich bin so glücklich ... so glücklich!


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