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21. Kapitel.

Die Provinz Coahuila ist außerordentlich waldig, und es gibt Gegenden, wo nur an den Flüssen für größere Scharen ein Fortkommen möglich ist.

Von der Stadt bis zum Sabinafluß ist es ungefähr einen Breitengrad weit. Direkt bis an die Vereinigung der beiden Wasserläufe, wo Lindsay ankern wollte, breiten sich Wälder aus, während gerade nach Osten hin Präriestreifen sich zwischen den tausendjährigen Forsten hinziehen, die dann ihre Richtung nach Norden nehmen.

Daher war es geraten, diese Prärien zu benutzen, und zwar einen scheinbaren Umweg einzuschlagen, der die Reiter aber nichtsdestoweniger viel schneller an das Ziel brachte, als die direkte Richtung durch die Wälder.

Fast die ganze Gesellschaft hatte frische Pferde unter sich, und da man in den Gegenden gewohnt ist, Galopp zu reiten, so schwanden die Entfernungen förmlich unter den Hufen der dahinsausenden Tiere.

Man war am frühen Morgen aufgebrochen, und jetzt begann die Sonne bereits wieder zu sinken. An der Spitze ritten die beiden Apachenhäuptlinge mit Büffelstirn, während Sternau mit Juarez und Mariano folgte. Diese drei letzteren waren in ein angelegentliches Gespräch vertieft, das sie aber schnell einstellten, als Bärenherz plötzlich sein Pferd anhielt und aus dem Sattel sprang, um den Boden genau zu betrachten.

»Halt! Nicht weiter!« rief Sternau den ihm folgenden Mexikanern zu. »Es handelt sich hier um eine Fährte, die wir nicht zerstören dürfen!«

Er ritt langsam zu den Häuptlingen heran und stieg auch vom Pferd.

»Sieht mein weißer Bruder diese Spur?« fragte ihn Bärenherz und zeigte auf eine außerordentlich breite Fährte. – »Ja«, antwortete Sternau. »Man kann sie ja von weitem sehen.« – »Sie ist so breit, wie sie nur die weißen Männer hinterlassen.«

Bärenauge hatte die Breite abgemessen. Er entgegnete:

»Es sind über zehnmal vier Reiter gewesen.« – »Sie kamen von Süd nach Nord«, fügte Büffelstirn hinzu. »Sie haben unseren Weg und werden den Engländer treffen. Wer mögen sie sein?«

Jetzt betrachtete auch Sternau die Hufspuren genauer.

»Sehen meine roten Brüder«, sagte er, »daß nur eine kurze Zeit vergangen ist, seit diese Leute hier vorüberkamen?« – »Ja«, antwortete Bärenauge. »Es ist höchstens die Hälfte der Zeit vergangen, die die Bleichgesichter eine Stunde nennen.« – »Richtig. Wir hätten uns erst später nach Norden gewandt; aber wir dürfen diese Reiter nicht unbeachtet lassen, sondern müssen ihnen folgen.«

Der Ritt wurde von neuem begonnen, ging aber jetzt nach Norden, statt wie früher nach Osten. Nach und nach wurden die Spuren immer frischer, das war ein sicherer Beweis, daß die Truppe schneller ritt als die Verfolgten.

Sternau beugte sich im Galopp vom Pferd herab und betrachtete die Eindrücke sehr aufmerksam.

»Sie sind jetzt höchstens zehn Minuten voraus«, sagte er zu Juarez, »und ich glaube gar, daß sie im Schritt geritten sind.«

Es verging wieder etwa eine Viertelstunde. Die Sonne hatte sich hinter dem Horizont niedergesenkt, und in kurzer Zeit mußte die Nacht hereinbrechen. Da erhob sich Bärenherz im Sattel, deutete nach vorn und rief:

»Uff! Das sind sie!« – »Wollen wir sie schnell einholen?« fragte Juarez. – »Nein«, antwortete der Gefragte. – »Warum nicht?« – »Wir müssen sie belauschen, um zu erfahren, was sie vorhaben. Ich werde dies übernehmen.«

Damit gab er seinem Pferd die Sporen.

Die anderen teilten sich und folgten ihm in einzelnen Abständen so, wie Sternau es angedeutet hatte. In dieser Weise war es unmöglich, zu sehen, daß sie eine Überzahl von Reitern hinter sich hatten.

So ging der Ritt noch einige Zeit fort. Da hielt Bärenherz sein Pferd an, ließ die anderen herankommen und sagte:

»Sind weg.«

Sternau blickte nach vorn, konnte aber, so sehr er sein Auge auch anstrengte, die Reitertruppe nicht mehr sehen.

»Wohin?« fragte er. – »In den Wald hinein.« – »Wurden sie verscheucht?« – »Nein. Sie werden sich ein Lager suchen.« – »So dürfen wir nicht weiter. Lassen Sie uns absteigen, Señor Juarez.« – »Hier? Mitten in der Prärie?« – »Ja. Es bringt uns keine Gefahr. Während Sie hier zurückbleiben, werde ich mit Bärenauge fortgehen, um zu sehen, wo die Leute sind.« – »Señor, das ist eine Unvorsichtigkeit. Nehmen Sie mehr Leute mit.« – »Sie irren. Je weniger, desto besser.«

Damit warf Sternau Helmers den Zügel seines Pferdes hin und schritt fort. Bärenauge, der auch abgestiegen war, folgte ihm.

Die Prärie war hier nicht breit; sie bildete nur einen schmalen Streifen, dessen linker Rand sehr nahe lag und von Unterholz gebildet wurde, das zwischen den Stämmen riesiger Bäume wucherte. Darin waren die Verfolgten verschwunden.

Sternau schritt auf den Rand zu und schlich denselben entlang, den Apachenhäuptling hart hinter sich. Es war hier unter den Bäumen beinahe vollständig dunkel, und da in jenen Gegenden die Dämmerung äußerst kurz ist, so brach nach einigen Minuten die Nacht herein.

»Uff«, sagte der Häuptling, Sternau mit der Hand berührend. – »Was?« flüsterte dieser. – »Man hat gesprochen.«

Sternau hatte nichts gehört. Er blieb stehen und horchte.

»Wo?« fragte er. – »Da vorn.« – »Weit von uns?« – »Nein.«

Die beiden Männer horchten schweigend in das Dunkel hinein, und bald darauf hörten sie allerdings in ziemlicher Nähe eine Stimme, die rief:

»Alfredo, komm. Wir haben Holz genug. Die Feuer brennen schon.«

Von jetzt an war es wieder still. Die beiden warteten eine Weile und schlichen sich dann wieder vorwärts. Nach kurzer Zeit hörte Sternau, daß Bärenauge die Luft prüfend durch die Nase zog. Auch er bemerkte einen brenzlichen Geruch.

»Riecht mein weißer Bruder etwas?« fragte der Apache. – »Rauch«, antwortete Sternau. – »Die Feuer brennen. Gehen wir dem Geruch nach.«

Indem sie dies taten, bemerkten sie bald gerade vor sich einen hellen Schein, der zwischen den Bäumen bei jedem Schritt sichtbar wurde.

»Dort ist es«, sagte der Häuptling. – »Trennen wir uns, so geht es schneller.« – »Wo treffen wir uns?« – »Unter dem Baum, an dem wir jetzt stehen, wenn wir uns nicht vorher jenseits begegnen.« – »Wie gehen wir?« – »Du rechts und ich links. Suchen wir vor allen Dingen zu erfahren, wo die Pferde stehen. Ihr Schnauben kann uns verraten.«

Einen Augenblick später war der Apache verschwunden.

Sternau pirschte sich jetzt allein vorwärts. Von Baum zu Baum huschend, horchte er, ob das Lager noch in Bewegung sei oder ob man sich bereits niedergelassen habe. Es schien das letztere der Fall zu sein.

So kam er näher und näher, bis er alles deutlich vor sich liegen sah.

Er zählte fünfzig Männer, die sich in einem Kreis gelagert und zwei Feuer zwischen sich hatten, über denen Fleisch gebraten wurde. Sie waren in die Tracht des Landes gekleidet, schienen aber aus verschiedenen Provinzen zusammengewürfelt zu sein.

Jetzt legte er sich auf die Erde nieder und schob sich kriechend fort, bis er so weit an sie herangekommen war, daß nur noch einige Bäume zwischen ihm und ihnen standen und er jedes Wort hören konnte.

Zwei, die nicht weit von ihm saßen, sprachen sehr laut miteinander.

»Und ich sage dir, daß wir uns verirrt haben«, meinte der eine. – »Wo denkst du hin«, antwortete der andere. »Wir sind sehr weit rechts von Candela.« – »Und ich behaupte, daß wir uns zu weit westlich befinden. Vielleicht hatten wir schon Naria zur Rechten. Wir müßten den Rio San Juano längst erreicht haben.« – »Unsinn! Ich war einmal bereits in dieser Gegend und kenne sie.« – »Dennoch wäre es besser, wenn wir uns erkundigt und nicht allein auf dich verlassen hätten. Was soll Señor Cortejo sagen!«

Sternau zuckte beinahe erschrocken zusammen, als er diesen Namen hörte. Gab es hier einen Cortejo? Und wer war denn dieser Mann?

»Cortejo? Pah!« antwortete der andere ziemlich verächtlich. – »Oder was soll seine Tochter sagen, Señorita Josefa, die Holde.«

Es ging Sternau wie ein Stich durch das Herz. Sie hatten Cortejo genannt und seine Tochter Josefa.

»Was mache ich mir aus ihr«, hörte er den anderen sagen. – »Ich denke, du bist verliebt in sie?« erklang es lachend. – »Dann müßte ich verrückt sein.« – »Du trägst aber doch ihre Fotografie bei dir.« – »So, wie ihr alle, um mich als seinen Anhänger ausweisen zu können.« – »Ja, und Minister zu werden, sobald er Präsident von Mexiko geworden ist.« – »Scherze nicht. Ich bin auch nicht dümmer als andere, und zu Ministern werden gewöhnlich nicht die Klügsten ausgewählt. Übrigens ist es gar nicht unmöglich, daß er etwas erreicht. Warum ist er nach dem Norden gekommen?« – »Doch zunächst, um diesem Engländer sein Geld abzunehmen.« – »Und die Gewehre.« – »Welche für Juarez bestimmt sind, hahahah. Der Zapoteke wird sich ganz verteufelt ärgern, wenn er erfährt, daß ihm sein Rivale zuvorgekommen ist. Aber, alle Teufel, es war mir, als ob ich dort hinter dem dritten Baum ein Paar Augen hätte leuchten sehen.«

Er erhob sich, griff zu seinem Messer und kam herbei.

Sternau hatte im ungeheuren Interesse für das, was er hörte, den Kopf etwas zu weit hervorgeschoben; er war bemerkt worden. Sobald er sah, daß der Mann auf ihn zuschritt, glitt er blitzschnell rückwärts, erhob sich vom Boden und entfernte sich schleunigst eine Strecke. Ein Glück, daß er sich im Dunkeln befand.

»Hm«, brummte der Mann. »Ich dachte, die Augen deutlich gesehen zu haben.« – »Wem sollten sie gehören?« fragte sein Kamerad. »Welcher Mensch sollte sich gerade hierher verlaufen. Du hast dich geirrt« – »Möglich. Aber besser ist besser.«

Er ging zurück, zog einen brennenden Ast aus dem Feuer und kam wieder, um die Stelle zu untersuchen. Sternau hatte jedenfalls eine Spur zurückgelassen; wurde diese gefunden, so war seine Anwesenheit verraten.

Zum Glück schien der Mann nicht zu den Scharfsinnigen zu gehören oder keine Erfahrung zu besitzen. Er fuhr mit dem Brand einige Zeit zwischen den Bäumen herum, ohne dem Boden die nötige Aufmerksamkeit zu schenken, und sagte dann:

»Es ist niemand hier.« – »O doch«, lachte der andere. – »Nun, wer denn?« – »Du doch selbst.« – »Albernheit. Die Augen habe ich gesehen. Vielleicht ist der Kerl, dem sie gehören, ausgerissen, als ich kam. Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich werde jetzt besser aufpassen.«

Nach diesen Worten kehrte er an seinen Platz zurück.

Sternau hatte einstweilen genug gehört, um zu wissen, woran er war. Er wollte sich nicht unnötig einer weiteren Gefahr aussetzen, und darum begab er sich nach dem Baum, unter dem er den Apachen treffen wollte.

Für einen anderen wäre es schwierig gewesen, in der Finsternis diesen Baum zu finden; aber man glaubt gar nicht, welche Fertigkeit ein tüchtiger Jäger in dieser Beziehung besitzt. Er wird von einem gewissen Instinkt geleitet, der in vielen Fällen dem Scharfsinn trefflich zu Hilfe kommt.

Er brauchte nicht lange zu warten, so kam Bärenauge.

»Mein Bruder mag kommen«, flüsterte dieser.

Sie schlichen sich aus dem Wald hinaus auf die Prärie, wo sich unterdessen auch die Finsternis der Nacht eingestellt hatte.

»Fünfmal zehn Männer«, sagte der Apache. – »Ich habe ebenso viele gezählt«, antwortete Sternau. »Und die Pferde?« – »Sie sind schlecht. Kein einziges hat geschnauft.« – »Mein Bruder war bei ihnen.« – »Ja, es sind lauter Haziendapferde.« – »Wo befinden sie sich?« – »Sie sind angebunden zweimal zehnmal zehn Schritte vom Feuer weg in den Wald hinein.« – »Hat mein Bruder die Leute belauscht?« – »Ja.« – »Hat er etwas Wichtiges gehört?« – »Der eine sprach von einem Haziendero, der gepeitscht worden ist.« – »Das scheint nichts Wichtiges!« – »Er sagte, daß er das Gesicht des Gepeitschten immer sehe.« – »Der Mann ist jedenfalls ein Schurke, der eine Missetat begangen hat und nun von seinem Gewissen gefoltert wird. Hörte mein Bruder sonst etwas?« – »Nein. Ich mußte die Pferde suchen und kam dann wieder zu dir.« – »So wollen wir schnell die Unsrigen aufsuchen.« – »Hat mein weißer Bruder mehr vernommen, als sein roter Freund?« fragte der Apache, indem sie weiterschritten. – »Ja, viel mehr. Ich werde es Juarez berichten, so wird mein Bruder es auch hören.«

Damit gab Bärenauge sich zufrieden.

Sie stießen nach kurzer Zeit zu ihren Leuten, von denen sie bereits mit Ungeduld erwartet wurden.

»Haben Sie die Leute entdeckt?« fragte Juarez. – »Ja, sehr leicht. Sie sprachen so laut im Wald, daß man sie bereits von weitem hörte«, antwortete Sternau. – »Für was halten Sie dieselben, oder bleiben Sie darüber im unklaren?« – »Nein. Ich weiß, wer sie sind. Wenn Sie es erfahren, so werden Sie sich wundern oder vielleicht gar erschrecken.« – »Ah! Sprechen Sie! Schnell!« – »Es sind Anhänger von Cortejo.« – »Meinen Sie Pablo Cortejo, meinen lächerlichen Nebenbuhler?« – »Ja.« – »Wie kämen diese Leute hierher? Ich denke, Cortejo befindet sich im Süden!« – »O nein. Er ist nach dem Norden gekommen.« – »Welcher Wahnsinn!« – »Nach dem, was ich erlauscht habe, ist das, was er vorhat, nicht so sehr wahnsinnig.« – »Was könnte dies sein? Konkurrenz will er mir machen. Er gleicht dem Frosch in der Fabel, der so groß sein wollte, wie ein Ochse, dabei aber zerplatzte.« – »Oh, Señor, es ist sehr ernst. Dieser Cortejo weiß nämlich, daß Sir Lindsay kommt, um Ihnen Geld und anderes zu bringen.« – »Alle Teufel!« rief Juarez jetzt erschrocken. – »Er hat diese Truppe abgesandt, um sich des Engländers zu bemächtigen.« – »Unglaublich!« – »Ich habe es deutlich gehört. Zwei sprachen davon.« – »Dann müssen wir uns unbedingt dieser Leute bemächtigen.« – »Natürlich. Wie gut also, daß wir darauf verzichteten, sie in der Prärie einzuholen und nach ihren Absichten zu fragen. Wir hätten nichts erfahren. Übrigens scheint es, als ob sie sich verirrt haben.« – »Wohin wollten sie?« – »Nach dem Rio San Juano.« – »Ah, dort haben sie dem Engländer auflauern wollen. Aber sie wären doch zu spät gekommen, denn er ist längst an der Mündung des Flusses vorüber, da er uns bereits am Sabina erwartet.« – »Dies ist noch nicht ganz sicher. Cortejo muß nicht ohne eine ziemliche Anzahl von Anhängern sein, da er fünfzig Mann detachieren kann.« – »Das ist eine Dummheit von ihm. Diese Leute haben ja gar keine Transportmittel mit, um gelungenenfalls ihren Raub in Sicherheit zu bringen.« – »Das ist wahr. Etwas abenteuerlich unternommen scheint mir dieser Zug zu sein, doch ist immer abzuwarten, ob sich noch etwas Weiteres herausstellt.« – »Sie werden uns beichten müssen.« – »Das werden sie. Wann wünschen Sie, daß wir sie festnehmen?« – »So bald wie möglich. Wir dürfen keine Zeit verlieren, denn eigentlich sollte unser Zusammentreffen mit Sir Lindsay noch diesen Abend stattfinden.« – »So bitte ich um Ihre Befehle.« – »Meine Befehle? Ich bin kein Kriegsmann und noch weniger ein Jäger. Ich werde wieder Ihnen das ganze Arrangement überlassen.« – »Dann bitte ich, daß die Pferde hier zurückbleiben dürfen.« – »Warum?« – »Sie finden hier besseres Futter. Im Wald, wo sie nichts zu fressen haben, könnten sie uns verraten.« – »Das ist richtig.« – »Wir pflöcken sie an und lassen zehn Mann bei ihnen, das genügt. Wir anderen teilen uns. Die Hälfte wird von mir und die andere von Bärenauge angeführt, da wir beide das Lager genau kennen. Wir umzingeln dasselbe, und dann wird sich das übrige von selbst ergeben.« – »Wenn die Kerls klug sind, so lassen sie es gar nicht zum Kampf kommen. Ich möchte nicht gern Blut vergießen, besonders deshalb nicht, weil wir von den Toten nichts erfahren könnten.« – »Dann will ich einen Vorschlag machen, Señor. Einer oder zwei von uns begeben sich nach dem Lager und geben sich für Jäger aus. Ich glaube nicht, daß sie irgendwelche Gefahr laufen. Dann ahme ich den Ruf der Eule nach; das ist das Zeichen, daß die Umzingelung gelungen ist. Die beiden geben sich darauf zu erkennen und fordern, daß die Truppe sich ergibt. Auf diese Weise umgehen wir eine Überrumpelung, die viel Blut kosten würde.« – »Sie mögen recht haben, Señor. Aber die Rolle dieser beiden ist doch eine höchst gefährliche. Wer würde sich zu einer solchen hergeben!« – »Ich!« rief es aus vieler Munde. – »Sie sehen, daß wir genug mutige Leute besitzen«, sagte Sternau. – »So treffen Sie selbst die Wahl«, entgegnete Juarez. – »Das ist schwierig, da ich keinen beleidigen will. Indianer sind natürlich ausgeschlossen. Ich selbst möchte zwar gern dabeisein, aber ich habe ja meine Truppen anzuführen. Ich glaube, daß es am besten sein würde, unseren Mariano mit Donnerpfeil zu schicken.«

Die beiden erklärten sich mit Freuden bereit dazu.

»Gut! So können Sie aufbrechen.« – »Zu Pferde?« fragte Mariano. – »Natürlich«, antwortete Sternau. »Überlasse dich nur der Leitung deines Gefährten. Er ist in solchen Dingen erfahrener als du.« – »Wo ungefähr befindet sich das Lager?« fragte Helmers. – »Dreiviertel englische Meilen von hier, nur einige Schritte in den Wald hinein. Ich glaube, man muß das Feuer von der Prärie aus sehen können.« – »Das ist höchst unvorsichtig von diesen Leuten, aber sehr gut für uns, denn es wird unser Erscheinen so ziemlich legitimieren. Kommen Sie, Señor Mariano!«

Die beiden pflöckten ihre Pferde los, stiegen auf und ritten davon.

»Für was geben wir uns denn aus?« fragte Mariano während des kurzen Rittes. – »Für Jäger natürlich«, antwortete Helmers. – »Allerdings. Aber welcher Nationalität?« – »Nun, ich bin ein Deutscher; und dabei bleibe ich.« – »Und ich bin ein französischer Fallensteller.« – »Und merken Sie sich, ich heiße Helmers; ich verändere dieser Kerls wegen meinen Namen um keinen einzigen Buchstaben.« – »Und ich, ich heiße Lautreville, ich bin ja bereits früher so genannt worden. Aber woher kommen wir und wohin wollen wir?« – »Das müssen wir uns allerdings überlegen. Ich bin früher, als ich mit Bärenherz jagte, einmal hier im Presidio gewesen und weiß also glücklicherweise ein wenig Bescheid. Es ist am besten, wir geben eine andere Richtung an, als sie verfolgen.« – »So kommen wir aus Texas herüber.« – »Ja, gut. Wir sind in Laredo über den Rio del Norte gesetzt und wollen hierauf nach – nach, ah, wir wollen zu den Franzosen, um gegen diesen verfluchten Juarez zu kämpfen.« – »Vortrefflich«, lachte Mariano. »Also vorwärts jetzt!«


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