Alain René Lesage
Der hinkende Teufel
Alain René Lesage

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Fünfzehntes Kapitel.

Fortsetzung und Schluß der Macht der Freundschaft.

Wenn die Diener Donna Theodoras auch ihre Entführung nicht hatten verhindern können, hatten sie sich doch wenigstens muthig gewehrt, und ihr Widerstand war einigen von Don Alvaros Leuten theuer zu stehen gekommen. Unter andern war einer von ihnen so gefährlich verwundet, daß seine Wunden es ihm nicht erlaubt hatten, seinen Kameraden zu folgen, und er leblos auf dem Sande ausgestreckt zurückblieb.

Man erkannte in diesem Unglücklichen einen Diener Don Alvaros, und da man wahrnahm, daß er noch athmete, schaffte man ihn aufs Schloß und sparte keine Mühe, ihn wieder ins Leben zurückzurufen. Es gelang, obgleich der starke Blutverlust ihn aufs Aeußerste entkräftet hatte. Um ihn zum Geständniß zu bringen, versprach man ihm, ihn zu pflegen und ihn der Strenge der Justiz nicht zu überliefern, vorausgesetzt, daß er bekenne, wohin sein Herr Donna Theodora gebracht habe.

Dieses Versprechen war für ihn sehr verlockend, obgleich er in dem traurigen Zustande, worin er sich befand, nur geringe Hoffnung hatte, davon Gebrauch machen zu können. Er bot seine letzten Kräfte auf und bestätigte mit schwacher Stimme die Nachricht, welche Don Fedrigo erhalten hatte. Er fügte hinzu, daß Don Alvaro die Absicht habe, die Wittwe des Cifuentes nach Sassari auf der Insel Sardinien zu bringen, wo er einen Verwandten hatte, dessen Schutz und Ansehen ihm einen sichern Zufluchtsort verhießen.

Diese Aussage milderte die Verzweiflung Mendozas und des Toledaners; sie ließen den Verwundeten im Schlosse zurück, wo er nach einigen Stunden starb, und kehrten nach Valencia zurück. Nach langem Ueberlegen, was sie nun beginnen sollten, beschlossen sie, ihren gemeinschaftlichen Feind in seinem Versteck aufzusuchen, und schifften sich alsbald beide ohne Gefolge in Denia ein, um von dort nach Port Mahon weiterzureisen, wo, wie sie nicht zweifelten, sich bald eine Gelegenheit nach der Insel Sardinien finden würde. In der That waren sie kaum in Port Mahon eingetroffen, als sie erfuhren, daß ein befrachtetes Schiff nach Cagliari abfahren und unverzüglich unter Segel gehen werde. Sie benutzten diese Gelegenheit.

Das Schiff lichtete mit dem günstigsten Winde die Anker, aber fünf bis sechs Stunden nach der Abfahrt trat Windstille ein, und da in der Nacht der Wind ihnen entgegen blies, waren sie genöthigt zu laviren bis eine Aenderung eintrete. Auf diese Art trieben sie sich drei Tage lang auf dem Meere umher; am vierten gegen zwei Uhr Nachmittags gewahrten sie ein Schiff, welches mit vollen Segeln grade auf sie zufuhr. Sie hielten es anfänglich für ein Kauffahrteischiff, aber als sie sahen, daß es fast bis auf Schußweite vorrückte ohne eine Flagge aufzuhissen, zweifelten sie nicht länger, daß es ein Corsar sei.

Sie täuschten sich nicht, es war ein Pirat von Tunis, welcher glaubte, daß die Christen sich ohne Widerstand ergeben würden; als er aber sah, daß diese ihre Segel einzogen, und ihre Kanonen in Bereitschaft setzten, schien ihm die Sache doch ernstlicher zu werden, als er gedacht hatte; er hielt deshalb an, zog ebenfalls die Segel ein, und rüstete sich zum Kampfe.

Sie begannen nun beiderseits zu feuern, und die Christen schienen im Vortheil zu sein, als plötzlich mitten im Treffen ein algierischer Seeräuber mit einem Schiffe, welches größer und besser bewaffnet war, als die beiden andern, herannahte, und sich auf die Seite des Piraten von Tunis schlug. Es kam mit vollen Segeln auf das spanische Schiff zu, und setzte es zwischen zwei Feuer.

Bei diesem Anblick verloren die Christen den Muth und gaben das Schießen auf, da sie einen Kampf nicht fortsetzen wollten, der so ungleich wurde. Darauf erschien auf dem Hintertheil des algierischen Schiffes ein Sklave, der der Mannschaft des christlichen Schiffes auf Spanisch zurief, daß sie sich an Algier zu ergeben hätten, wenn sie wollten, daß man ihnen Pardon gewähre. Nach dieser Botschaft ließ ein Türke eine Flagge von grüner Seide mit verschlungen silbernen Halbmonden besäet in der Luft flattern. Als die Christen einsahen, daß all ihr Widerstand nur fruchtlos sein würde, dachten sie nicht daran, sich noch länger zu vertheidigen, und überließen sich ganz dem Schmerz, den der Gedanke an Sklaverei in freien Menschen erwecken muß. Der Kapitän, welcher fürchtete, daß ein längeres Zögern die barbarischen Sieger aufbringen möchte, bestieg mit einigen Matrosen ein Boot, um sich zu dem algierischen Corsaren zu begeben. Der Pirat schickte einen Theil seiner Mannschaft ab, um das spanische Schiff zu durchsuchen, d. h. es vollständig auszuplündern. Der Corsar von Tunis gab seinerseits einigen seiner Leute denselben Befehl, so daß sämmtliche Passagiere dieses unglücklichen Schiffes in einem Augenblicke entwaffnet und durchsucht waren. Hierauf brachte man sie auf das algierische Schiff, wo die beiden Piraten sie in gleiche Theile theilten, und das Loos über sie entscheiden ließen.

Es wäre für Mendoza und seinen Freund wenigstens ein Trost gewesen, wenn sie beide demselben Corsaren zugefallen wären; sie würden ihre Fesseln minder drückend gefühlt haben, wenn sie dieselben hätten vereint tragen können, aber da sie nun einmal das Schicksal in seiner ganzen Unerbittlichkeit empfinden sollten, so fiel Don Fedrigo dem Corsaren von Tunis und Don Juan dem von Algier zu. Denkt Euch die Verzweiflung dieser Freunde, als sie sich verlassen sollten; sie warfen sich den Piraten zu Füßen und beschworen sie, sie nicht zu trennen, doch diese Räuber, deren Unmenschlichkeit jeder Regung des Mitleidens widerstand, ließen sich nicht erweichen; im Gegentheil, da sie vermutheten, daß diese beiden Gefangenen vornehme Personen seien, und ein beträchtliches Lösegeld zahlen könnten, beschlossen sie dieselben zu theilen.

Als Mendoza und Zarate sahen, daß sie es mit unerbittlichen Menschen zu thun hatten, betrachteten sie einander, und ihre Blicke drückten die Tiefe ihres Kummers aus. Als man aber mit der Theilung der Beute zu Ende gekommen war, und der Pirat von Tunis mit den ihm zugefallenen Sklaven an Bord seines Schiffes gehen wollte, glaubten die beiden Freunde vor Schmerz zu vergehen. Mendoza näherte sich dem Toledaner, preßte ihn an sein Herz und rief: So müssen wir denn scheiden? Welch ein furchtbares Schicksal! Ist es nicht genug, daß die Kühnheit eines Räubers ungestraft bleibt, wird es uns auch noch verwehrt, vereint darüber zu klagen und zu trauern? Ach, Don Juan, was haben wir verbrochen, daß uns der Himmel seinen Zorn so schwer fühlen läßt? Sucht die Ursache unsres Mißgeschickes nur in mir, antwortete Don Juan, ich allein bin schuld daran. Wenn auch der Tod der beiden Personen, die ich meiner Rache geopfert habe, vor den Augen der Menschen Entschuldigung findet, so hat er doch ohne Zweifel den Himmel gereizt, und er straft nun auch Euch, weil Ihr für einen Elenden Freundschaft gefaßt habt, den seine Gerechtigkeit verfolgt.

Indem sie also sprachen, vergossen beide heiße Thränen, und stießen so tiefe Seufzer aus, daß die andern Sklaven nicht weniger davon ergriffen waren, als von ihrem eignen herben Geschick. Als aber Mendoza zögerte, das Schiff zu verlassen, rissen ihn die Piraten von Tunis, die noch grausamer waren als ihr Herr, auf die roheste Art aus den Armen des Toledaners, mißhandelten ihn, und schleppten ihn mit sich fort. Lebt wohl, theurer Freund, rief er, ich werde Euch nicht wiedersehen: Donna Theodora ist noch nicht gerächt, und so wird mir die grausame Behandlung dieser Barbaren nur das geringste Leiden meiner Sklaverei sein.

Don Juan konnte auf diese Worte nichts erwiedern; die Mißhandlung, die er seinen Freund erleiden sah, hatte ihn so erschüttert, daß er sprachlos dastand. Da übrigens der Verlauf dieser Erzählung verlangt, daß wir dem Toledaner folgen, so lassen wir Don Fedrigo auf dem tunesischen Schiffe zurück. – Der algierische Corsar kehrte in seinen Hafen zurück, wo er nach seiner Ankunft die neuen Sklaven zum Pascha führte; von dort brachte er sie auf den Markt, wo man sie gewöhnlich verkaufte. Ein Offizier des Dey Mezomorto erstand Don Juan für seinen Gebieter, der ihn zu Arbeiten in den Gärten des Harems benutzte. Diese Beschäftigung, so peinlich sie einem Edelmann auch sein mußte, wurde ihm bald angenehm der Einsamkeit wegen, die sie ihm gewährte. In der Lage, worin er sich befand, konnte ihm nichts erwünschter sein, als ungestört seinen trüben Gedanken nachhängen zu können. Dies that er auch unaufhörlich, und statt die traurigen Bilder, die vor seinem Geiste schwebten, zu verscheuchen, fand er vielmehr einen Genuß darin, sich dieselben stets von neuem auszumalen.

Eines Tages sang er bei der Arbeit ein trauriges Lied, ohne den Dey zu bemerken, der im Garten spazieren ging. Mezomorto blieb stehen, um ihm zuzuhören; er fand seine Stimme sehr angenehm, näherte sich ihm neugierig und fragte nach seinem Namen. Der Toledaner antwortete ihm, daß er Alvaro heiße. Er hatte für gut gefunden, wie dies übrigens die Gewohnheit der Sklaven ist, seinen Namen zu wechseln, und diesen genannt, da ihm die Entführung Donna Theodoras durch Alvaro Ponce beständig im Sinne lag, und ihm daher dieser Name eher auf die Lippen gekommen war als jeder andere. Mezomorto, der ziemlich gut Spanisch verstand, richtete mehrere Fragen über spanische Sitten an ihn, und namentlich über das Benehmen der Männer gegen die Frauen, deren Gunst sie zu gewinnen wünschen. Don Juan antwortete hierauf in einer Weise, die den Dey sehr befriedigte. Alvaro, sprach er zu ihm, du scheinst mir ein kluger Kopf zu sein, und ich glaube nicht, daß du von gemeiner Herkunft bist; doch wer du auch seiest, du hast das Glück, mir zu gefallen, und ich will dich mit meinem Vertrauen beehren. Bei diesen Worten fiel Don Juan dem Dey zu Füßen, und erhob sich erst wieder, als er den Saum seines Kleides an seinen Mund, seine Augen, und dann an seine Stirn geführt hatte. Um damit anzufangen, dir einen Beweis meines Vertrauens zu geben, fuhr Mezomorto fort, will ich dir sagen, daß ich in meinem Serail die schönsten Frauen Europas habe. Unter andern besitze ich eine, deren Schönheit unvergleichlich ist, und ich glaube nicht, daß der Sultan selbst ein so vollkommenes Geschöpf aufzuweisen hat, obgleich ihm seine Schiffe täglich aus allen Welttheilen schöne Weiber zuführen. Ihr Gesicht scheint die zurückgestrahlte Sonne zu sein, ihr Wuchs gleicht dem Stengel einer Rose im Garten Eram. Du stehst, ich bin entzückt von ihr.

Dieses Wunder der Natur mit einer so seltenen Schönheit ist leider von einer tiefen Schwermuth befangen, welche weder die Zeit noch meine Liebe zu bannen vermögen. Obgleich das Schicksal sie ganz meinen Wünschen anheimgegeben hat, so habe ich diese doch bisher bezähmt, statt sie zu befriedigen, und ganz wider das gewöhnliche Verfahren der Leute meines Gleichen, die nur auf den Genuß der Sinne bedacht sind, habe ich mich bemüht, ihr Herz durch eine Zuvorkommenheit und Ehrerbietigkeit zu gewinnen, deren sich der letzte der Muselmänner gegen eine christliche Sklavin schämen würde.

Doch allen meinen Bemühungen zum Trotz nimmt ihre Melancholie immer mehr zu, und ihre Hartnäckigkeit fängt nachgerade an, mich zu verdrießen. Der Gedanke an ihre Sklaverei ist keiner von den andern Frauen so tief eingeprägt, daß meine Gunstbezeigungen ihn nicht bald verwischten. Dieser anhaltende Schmerz erschöpft meine Geduld. Bevor ich jedoch meiner Leidenschaft folge, will ich noch einen Versuch machen, ich will mich deiner Vermittelung bedienen. Da die Sklavin eine Christin ist, und sogar eine Landsmännin von dir, so wird sie bald Vertrauen zu dir fassen, und du wirst sie leichter überreden können, als jeder Andere. Rühme ihr meinen Rang und meinen Reichthum, stelle ihr vor, daß ich sie vor allen meinen Sklavinnen auszeichnen würde, daß sie sogar auf die Ehre hoffen dürfe, eines Tages die Gemahlin Mezomortos zu werden, und daß ich ihr mehr Hochachtung bezeigen wolle, als einer Sultanin, deren Hand mir Se. Hoheit selbst antrüge.

Don Juan beugte sich nochmals vor dem Dey zur Erde nieder, und obgleich ihm dieser Auftrag wenig behagte, versicherte er doch, daß er sein Möglichstes thun werde, ihn gut auszuführen. Wohl denn, erwiederte Mezomorto, laß die Arbeit liegen und folge mir; ich werde dich gegen unsre Gebräuche mit dieser schönen Sklavin im Geheimen reden lassen. Aber hüte dich, mein Vertrauen zu mißbrauchen. Deine Verwegenheit würde mit Martern bestraft werden, die selbst einem Türken unbekannt sind. Suche ihren Trübsinn zu verscheuchen, und bedenke, daß deine Freiheit von dem Ende meiner Qual abhängt. Don Juan verließ seine Arbeit, und folgte dem Dey, der vorausging, um die betrübte Gefangene zu benachrichtigen, daß sie seinen Abgesandten zu empfangen habe.

Zwei alte Sklavinnen befanden sich bei ihr, zogen sich jedoch sofort zurück, als sie Mezomorto erscheinen sahen. Die schöne Sklavin grüßte ihn mit großer Ehrerbietung, doch konnte sie sich eines Schauders nicht erwehren, der sie jedesmal ergriff, so oft sie ihn erblickte. Es entging ihm nicht, und um sie zu beruhigen, sagte er: Liebenswürdige Gefangene, ich komme nur hieher, um Euch zu melden, daß unter meinen Sklaven ein Spanier ist, den Ihr vielleicht gern sprechen möchtet; wenn Ihr ihn zu sehen wünscht, so werde ich ihm die Erlaubniß gewähren, mit Euch zu reden, selbst ohne Zeugen.

Die schöne Sklavin erklärte, daß sie damit zufrieden sei. Ich werde ihn Euch schicken, sagte der Dey, möchte es ihm gelingen, Euch durch seine Unterhaltung aus eurer trüben Stimmung zu befreien! Nach diesen Worten verließ er das Gemach, und als er dem Toledaner, der eben ankam, begegnete, sagte er ihm mit leiser Stimme: Du kannst jetzt eintreten; nach Beendigung deiner Unterredung mit der Gefangenen komme zu mir, und theile mir den Inhalt eures Gespräches mit.

Zarate ging sogleich in das Zimmer, schloß die Thür hinter sich, und grüßte die Sklavin, ohne seine Augen auf sie zu richten, und sie empfing seinen Gruß, ohne ihn anzusehen. Doch plötzlich begegneten sich ihre Blicke, und Beide stießen einen Schrei der Ueberraschung und der Freude aus. O Himmel, rief der Toledaner, ist es ein Trugbild, welches mich täuscht, oder ist es wirklich Donna Theodora, die ich vor mir sehe? Ach, Don Juan, rief die schöne Sklavin, seid Ihr es, der zu mir redet? Ja, Senhora, antwortete er, indem er zärtlich ihre Hand küßte, ich bin es selbst. Erkennet mich an diesen Thränen, die ich in der Freude Euch wiederzusehen nicht unterdrücken kann, an dem Entzücken, welches eure Nähe allein hervorzurufen vermag. Jetzt murre ich nicht mehr gegen das Schicksal, da es Euch meinen Wünschen zurückgiebt . . . . . . . Doch wohin reißt mich meine übermäßige Freude? Ich vergesse, daß Ihr Fesseln tragt. Durch welche neue Laune des Schicksals seid Ihr in Gefangenschaft gerathen? Wie habt Ihr Euch den verwegenen Nachstellungen des Don Alvaro entziehen können? Ach, welche Qualen habe ich dadurch erduldet, und ich fürchte von Euch zu vernehmen, daß der Himmel eure Tugend nicht genug beschützt habe!

Der Himmel, sagte Donna Theodora, hat mich an Alvaro Ponce gerächt. Wenn ich Zeit hätte, Euch zu erzählen . . . . Ihr habt Muße genug dazu, unterbrach sie Don Juan, der Dey hat mir erlaubt, Euch zu besuchen, und Euch ohne Zeugen zu sprechen, welches Euch gewiß nicht wenig befremden wird. Benutzen wir diese glücklichen Augenblicke, theilt mir Alles mit, was Euch seit eurer Entführung bis zum heutigen Tage begegnet ist. Und wer hat Euch gesagt, fragte sie, daß es Don Alvaro war, der mich entführt hat? Ich weiß es nur zu gut, antwortete Don Juan. Darauf erzählte er ihr in gedrängter Kürze, auf welche Art er es erfahren, und wie Mendoza und er sich eingeschifft hätten, um ihrem Entführer nachzuforschen, und dann von den Corsaren gefangen worden seien. Sobald er seine Erzählung beendet hatte, begann Donna Theodora die ihrige mit folgenden Worten:

Es ist wohl unnöthig, Euch zu sagen, wie entsetzt ich war, mich von einer Bande vermummter Leute ergriffen zu sehen; ich wurde ohnmächtig in den Armen desjenigen, der mich davon trug, und als ich aus meiner Ohnmacht erwachte, welche ohne Zweifel lange gewährt hatte, fand ich mich allein mit Ines, einer meiner Kammerfrauen, auf offnem Meere, in der Kajüte eines Schiffes, welches mit aufgeblähten Segeln dahinfuhr. Die unglückliche Ines fing an, mich zur Geduld zu ermahnen, und ich hatte alle Ursache, aus ihren Reden zu schließen, daß sie mit meinem Entführer im Einverständnis war. Er selbst hatte die Kühnheit, vor mir zu erscheinen, und sich mir zu Füßen zu werfen. Senhora, sagte er, verzeihet Don Alvaro das Mittel, dessen er sich bedient hat, Euch zu besitzen; Ihr wißt, wie viele Aufmerksamkeit ich für Euch gehabt habe, und mit welcher Beharrlichkeit ich euer Herz Don Fedrigo streitig gemacht habe, bis zu dem Tage, wo Ihr ihm den Vorzug gabt.

Wenn ich für Euch nur eine gewöhnliche Neigung empfunden hätte, würde ich sie längst besiegt, und mich über mein Unglück getröstet haben, aber es ist nun einmal mein Schicksal, eure Reize anbeten zu müssen, und so sehr Ihr mich auch verachtet, ich kann mich doch von ihrer Macht nicht befreien. Fürchtet indessen nichts von der Heftigkeit meiner Liebe, ich habe Euch eurer Freiheit nicht beraubt, um eure Tugend auf unwürdige Art zu beängstigen, und ich hoffe, daß in dem einsamen Orte, wohin ich Euch führen werde, ein ewiges und heiliges Band unsre Herzen vereinige.

Er sprach sonst noch Manches zu mir, dessen ich mich nicht mehr genau erinnere, doch wenn man ihn hörte, hätte man glauben sollen, daß er mir nichts Uebles zufüge, indem er mich zwinge, ihn zu heirathen, und daß ich ihn nicht als einen frechen Entführer, sondern als einen leidenschaftlichen Liebhaber anzusehen habe. Während er sprach, weinte ich unablässig und gab mich meiner Verzweiflung hin, deshalb verließ er mich ohne mit weitern Versuchen der Ueberredung die Zeit zu verlieren. Beim Fortgehen aber machte er Ines ein Zeichen, und ich verstand wohl, daß es eine Aufforderung an sie war, die Gründe, womit er mich bestechen wollte, geschickt zu unterstützen.

Sie unterließ dies auch nicht; sie stellte mir vor, daß nach dem Aufsehen, welches eine Entführung mache, ich nicht umhin könne, die Hand Don Alvaro Ponces anzunehmen, wie groß auch meine Abneigung gegen ihn sei, und daß mein guter Ruf dieses Opfer von meinem Herzen fordere. Daß sie mir die Notwendigkeit dieser verabscheuten Heirath vorhielt, war freilich kein geeignetes Mittel, meine Thränen zu trocknen, und so war ich auch untröstlich. Ines wußte nicht, was sie noch weiter sagen sollte, als wir plötzlich vom Verdeck her einen großen Lärm hörten, der unsre ganze Aufmerksamkeit auf sich zog.

Diesen Lärm machten die Leute Don Alvaros, da sie ein großes Schiff erblickten, welches mit vollen Segeln auf uns zusteuerte. Da unser Schiff kein so guter Segler war, als jenes, war es unmöglich, ihm zu entgehen. Es kam uns näher und bald vernahmen wir den Ruf: Kommt an! Kommt an! Doch Alvaro Ponce und seine Leute wollten lieber sterben als sich ergeben, und waren kühn genug, einen Kampf einzugehen. Das Gefecht war heiß, ich will es Euch nicht ausführlich schildern, genug, daß ich Euch sage, daß Don Alvaro und seine ganze Mannschaft ihren Tod fanden, nachdem sie sich wie Verzweifelte gewehrt hatten. Was uns angeht, so führte man uns auf das große Schiff, welches Mezomorto gehörte und von Aby Aly Osman befehligt wurde. Aby Aly betrachtete mich lange Zeit mit unverkennbarem Erstaunen, und da er an meiner Tracht sah, daß ich eine Spanierin sei, sagte er zu mir auf castilianisch: Mäßigt eure Betrübniß, tröstet Euch, in Sklaverei gerathen zu sein. Dieses Mißgeschick war für Euch unvermeidlich, doch was sage ich? dieses Mißgeschick? Es ist ein Vortheil, worüber Ihr Euch glücklich schätzen solltet. Ihr seid zu schön, um Euch mit der Huldigung der Christen zu begnügen. Der Himmel hat Euch nicht für diese elenden Sterblichen geschaffen, Ihr verdient die Verehrung der besten Menschen dieser Welt, die Muselmänner allein sind würdig, Euch zu besitzen. Ich gehe jetzt, fügte er hinzu, nach Algier zurück, und obgleich ich keine andre Beute gemacht, bin ich doch überzeugt, daß der Dey, mein Herr, mit meiner Fahrt zufrieden sein wird. Ich brauche wohl nicht zu befürchten, daß er mich tadelt wegen der Ungeduld, die mich treibt, ihm eine Schönheit zuzuführen, die sein Glück ausmachen und seinem Serail zur Zierde gereichen wird.

Bei diesen Worten, die mich erkennen ließen, was mir bevorstand, brach ich wiederum in Thränen aus. Aby Aly, welcher die Ursache meines Schreckens mit ganz andern Augen betrachtete, lachte nur darüber, und steuerte nach Algier, während ich mich grenzenlos abhärmte. Bald richtete ich meine Seufzer zum Himmel und flehte um seine Hülfe, bald wünschte ich, daß uns christliche Schiffe angreifen, oder die Wellen uns verschlingen möchten, endlich wünschte ich, daß meine Thränen und mein Schmerz mich so häßlich machen möchten, daß sich der Dey bei meinem Anblick entsetzen müsse. Doch waren alle diese Wünsche meiner geängstigten Tugend vergeblich. Wir langten im Hafen an, man führte mich in diesen Palast, und ich mußte vor Mezomorto erscheinen.

Ich weiß nicht, was Aby Aly seinem Gebieter sagte, als er mich ihm vorstellte, eben so wenig, was dieser ihm antwortete, denn sie sprachen türkisch miteinander, aber ich schloß aus den Geberden und Blicken des Dey, daß ich das Unglück hatte, ihm zu gefallen, und was er mir darauf in spanischer Sprache sagte, brachte mich vollends in Verzweiflung, denn es bestätigte meine Vermuthung.

Vergebens warf ich mich ihm zu Füßen, und bot ihm jedes beliebige Lösegeld, ich suchte seine Geldgier durch das Anerbieten meines ganzen Vermögens zu reizen; er sagte mir, ich habe mehr Werth für ihn als alle Reichthümer der Welt. Er ließ mir diese Gemächer, die prächtigsten seines Palastes, einrichten, und sparte seitdem keine Mühe, die Traurigkeit, von der er mich niedergebeugt sieht, zu zerstreuen. Er läßt die Sklaven und Sklavinnen, die zu singen oder irgend ein Instrument zu spielen verstehen, hierher kommen, um mich durch Musik zu erheitern. Er hat Ines aus meiner Nähe entfernt, weil er glaubt, daß sie nur meine Schwermuth nähre, und läßt mich jetzt von zwei alten Sklavinnen bedienen, die mich beständig von der Liebe ihres Herrn, und den Freuden, die meiner harren, unterhalten. Aber Alles, was man aufbietet, mich zu zerstreuen, ruft nur die entgegengesetzte Wirkung hervor; nichts kann mich trösten. Ich bin gefangen in diesem abscheulichen Palast, der täglich von dem Klaggeschrei der unterdrückten Unschuld widerhallt, und doch leide ich weniger durch den Verlust meiner Freiheit, als durch das Grauen, welches mir die verhaßte Zärtlichkeit des Dey einflößt. Obgleich er mir bisher nur als ein gefälliger und ehrerbietiger Liebhaber genaht ist, zittere ich doch vor ihm, und fürchte, daß er, einer Zurückhaltung müde, die ihm vielleicht schon lästig ist, endlich seine Macht über mich mißbrauchen werde. Dieser entsetzliche Gedanke verfolgt mich unaufhörlich, und macht mir jeden Augenblick meines Lebens zu einer neuen Qual.

Donna Theodora konnte diese Worte nicht vollenden, ohne in Thränen auszubrechen. Don Juan war davon tief erschüttert. Senhora, sagt er, nicht ohne Grund entwerft Ihr Euch von der Zukunft ein so schreckliches Bild, mir bangt vor ihr eben so sehr, wie Euch. Der Dey wird vielleicht schon eher sein bisheriges Benehmen ändern als Ihr erwartet; ich weiß es nur zu gut, daß dieser unterwürfige Liebhaber bald seine erheuchelte Sanftmuth ablegen wird, und ich sehe alle Gefahren voraus, die Euch bedrohen.

Aber, fuhr er in verändertem Tone fort, ich werde kein müßiger Zeuge dabei sein. Obgleich ich nur ein Sklave bin, ist doch meine Verzweiflung zu fürchten und ehe Mezomorto Euch beschimpft, will ich meinen Dolch in seine Brust . . . Ach, Don Juan, unterbrach ihn die Wittwe des Cifuentes, welch einen Entschluß wagt Ihr zu fassen? Hütet Euch wohl, ihn auszuführen. Welche schreckliche Folgen würde dieser Mord haben! Würden die Türken nicht die furchtbarste Rache nehmen? Die größten Martern . . . Ich kann nicht daran denken, ohne zu schaudern. Und warum wollt Ihr Euch unnöthig einer solchen Gefahr aussetzen? Gebt Ihr mir die Freiheit zurück, wenn Ihr dem Dey das Leben nehmt? Ach, ich würde alsdann an irgend einen Elenden verkauft werden, der weniger Schonung für mich hätte als Mezomorto. O Himmel, zeige deine Gerechtigkeit! Du kennst die brutalen Absichten des Dey, du verbietest mir Dolch und Gift, so verhüte denn ein Verbrechen, welches dich beleidigt.

Ja, Senhora, erwiederte Zarate, der Himmel wird es verhüten, ich fühle bereits, daß er mich begeistert und was mir in diesem Augenblicke in den Sinn kommt, ist ohne Zweifel ein geheimer Wink, den er mir giebt. Der Dey hat mir nur deshalb gestattet, Euch zu besuchen, daß ich Euch geneigt mache, seine Wünsche zu erhören. Ich soll ihm von unsrer Unterhaltung Rechenschaft ablegen; wir müssen ihn täuschen. Ich werde ihm sagen, daß ich Euch keineswegs untröstlich gefunden, daß das Benehmen, welches er gegen Euch beobachte, anfange euren Kummer zu besänftigen, und daß er Alles hoffen dürfe, wenn er so fortfahre. Ihr müßt mich darin unterstützen. Bei seinem nächsten Besuche muß er Euch weniger niedergeschlagen als gewöhnlich finden; stellt Euch, als gewähre Euch seine Unterhaltung einiges Vergnügen.

Welch eine Qual! unterbrach ihn Donna Theodora, wie könnte sich eine offne und ehrliche Seele so sehr verleugnen? Der Dey, erwiederte Don Juan, wird sich zu dieser Veränderung Glück wünschen, und Euch durch sein rücksichtsvolles Benehmen vollends zu gewinnen suchen, unterdessen will ich an eurer Befreiung arbeiten. Ich gestehe, daß das Unternehmen schwierig ist, doch ich kenne einen gewandten Sklaven, dessen Hülfe uns, wie ich hoffe, nicht fehlen wird.

Ich verlasse Euch jetzt, fuhr er fort, die Angelegenheit erheischt ein rasches Handeln, wir werden uns wiedersehen. Ich gehe nunmehr zum Dey, und werde ihm ersonnene Geschichten erzählen, die seiner ungestümen Liebesglut behagen. Ihr, Senhora, bereitet Euch vor, ihn zu empfangen, verstellt Euch, nehmt Euch zusammen. Wenn seine Gegenwart Euch auch peinlich ist, so laßt doch eure Blicke weder Haß noch Strenge verrathen, sprecht freundlich mit ihm, statt wie bisher euren Mund nur zu Klagen über euer Unglück zu öffnen, fürchtet nicht, zu liebenswürdig gegen ihn zu sein, Ihr müßt Alles versprechen, um nichts zu gewähren. Gut denn, versetzte Theodora, ich werde thun, was Ihr mir vorschreibt, da die Gefahr, die mir bevorsteht, mir diese grausame Notwendigkeit auferlegt. Geht, Don Juan, setzt Alles in Bewegung, meiner Sklaverei ein Ende zu machen, wenn ich meine Freiheit aus eurer Hand empfange, wird sie mir als ein um so größeres Glück erscheinen. Der Toledaner begab sich hierauf, seinem Befehle gemäß, zu Mezomorto. Nun, Alvaro, fragte ihn der Dey in großer Erregung, was für Nachrichten bringst du mir von der schönen Sklavin? Hast du sie zu meinen Gunsten gestimmt? Wenn du mir sagst, daß ich mir nicht schmeicheln dürfe, ihre hartnäckige Sprödigkeit je zu besiegen, so schwöre ich beim Haupte des Großherrn, meines Gebieters, daß ich noch heute durch Gewalt erlangen will, was man mir in der Güte verweigert. Herr, versetzte Don Juan, es bedarf dieses feierlichen Eidschwures nicht, Ihr werdet nicht nöthig haben, Gewalt zu gebrauchen, um eure Liebe zu befriedigen. Die Sklavin ist ein junges Mädchen, welches noch nie geliebt hat, sie ist so stolz, daß sie die Bewerbungen der vornehmsten Herren Spaniens zurückgewiesen hat. Sie lebte in ihrem Vaterlande als unumschränkte Herrin, sie ist hier eine Gefangene; eine stolze Seele fühlt tief und lange einen solchen Wechsel des Glückes. Indessen wird die hochmüthige Spanierin sich wie alle Andern an die Sklaverei gewöhnen; ich darf Euch sagen, daß sie ihre Fesseln schon minder schwer findet. Diese achtungsvolle Zurückhaltung, welche Ihr gegen sie beobachtet, diese zarte Aufmerksamkeit, welche sie nicht von Euch erwartete, besänftigen ihren Kummer und werden allmählich ihren Stolz besiegen. Sucht sie in dieser günstigen Gemüthsstimmung zu erhalten, bemüht Euch ferner durch neue Beweise eurer Achtung, die schöne Sklavin für Euch einzunehmen, und Ihr werdet sehen, daß sie bald, eure Wünsche erhörend, in euren Armen die Liebe zur Freiheit verlieren wird.

Was du mir sagst, entzückt mich, rief der Dey. Die Hoffnung, die du mir giebst, vermag Alles über mich. Ja, ich will mein ungestümes Verlangen bezähmen, um es desto besser zu stillen, aber täuschest du mich auch nicht, oder täuschest du dich wohl gar selbst? Ich werde sofort zu der Sklavin gehn, ich will sehen, ob ich die süßen Hoffnungen, die du in mir erweckst, in ihren Augen lesen kann. Nach diesen Worten begab er sich zu Theodora, und der Toledaner kehrte in den Garten zurück, wo er dem Gärtner begegnete, eben jenem gewandten Sklaven, dessen er sich bei der Befreiung der Wittwe des Cifuentes aus der Sklaverei bedienen wollte. Der Gärtner hieß Franzisco und war aus Navarra. Er kannte Algier sehr genau, da er dort schon mehreren Herrn gedient hatte, ehe er das Eigenthum des Dey wurde. Freund Franzisco, sagte Don Juan zu ihm, ich bin sehr traurig. In diesem Palaste befindet sich eine der vornehmsten jungen Damen aus Valencia, sie hat Mezomorto gebeten, ihr Lösegeld selbst zu bestimmen, aber er will nicht, daß man sie loskaufe, weil er in sie verliebt ist. Und warum betrübt Euch das so sehr? fragte Franzisco. Weil ich aus derselben Stadt bin, ihre Eltern und die meinigen sind warme Freunde, es giebt nichts in der Welt, was ich nicht zu thun wagte, um zu ihrer Befreiung beizutragen.

Obwohl dies eben keine leichte Sache ist, erwiederte Franzisco, glaube ich doch Euch versichern zu können, daß ich sie glücklich ausführen werde, vorausgesetzt, daß die Eltern der Dame sich geneigt zeigen, diesen Dienst gut zu bezahlen. Zweifelt nicht daran, versetzte Don Juan, ich bürge Euch für ihre Erkenntlichkeit, und namentlich für die der Dame selbst. Sie heißt Donna Theodora, und ist die Wittwe eines Mannes, der ihr ein großes Vermögen hinterlassen hat; sie ist ebenso freigebig als reich, kurz, ich bin ein Spanier und ein Edelmann, mein Wort muß Euch genügen. Nun wohl, versetzte der Gärtner, im Vertrauen auf euer Versprechen werde ich mich zu einem catalonischen Renegaten, den ich kenne, begeben und ihm vorschlagen . . . . Was sagt ihr, unterbrach ihn der Toledaner ganz erstaunt, Ihr wolltet Euch einem Elenden anvertrauen, der die Unwürdigkeit begangen, seiner Religion zu entsagen, um . . . . Obgleich ein Renegat, fiel jetzt Franzisco ein, ist er doch ein ehrlicher Mann, er scheint mir eher Mitleiden, als Haß zu verdienen, und ich würde ihn entschuldigen, wenn überhaupt ein Verbrechen zu entschuldigen wäre. Ich will Euch seine Geschichte mit wenigen Worten erzählen.

Er ist aus Barcelona gebürtig und seines Zeichens ein Chirurg. Da er in seiner Vaterstadt sein Fortkommen nicht fand, beschloß er, sich in Carthagena niederzulassen, in der Hoffnung, daß ihm an einem neuen Wohnort auch neues Glück blühen werde. Er schiffte sich also mit seiner Mutter nach Carthagena ein, doch wurden sie unterwegs von einem algierischen Piraten angegriffen, gefangen genommen und darauf hierher gebracht. Sie wurden Beide verkauft, seine Mutter an einen Mauren, und er an einen Türken, welcher ihn derartig mißhandelte, daß er zum muhamedanischen Glauben überging, einestheils, um seiner grausamen Sklaverei ein Ende zu machen, und anderntheils, um seine Mutter zu befreien, die, wie er wußte, von dem Mauren, ihrem Herrn, sehr hart behandelt wurde. Er begab sich in den Sold des Paschas, machte mehrere Streifzüge mit, und erbeutete vierhundert Piaster, wovon er einen Theil benutzte, um seine Mutter loszukaufen, und den Rest, um sich in den Stand zu setzen, auf eigne Rechnung Seeräuberei treiben zu können.

Er kaufte ein kleines Fahrzeug, welches er selbst befehligte und mit einigen türkischen Soldaten, die sich ihm gern anschlossen, kreuzte er zwischen Alicante und Carthagena, und kehrte mit Beute beladen zurück. Er trieb dieses längere Zeit, und seine Unternehmen hatten stets einen so glücklichen Ausgang, daß er endlich im Stande war, ein bedeutendes Schiff ausrüsten zu können, mit welchem er beträchtliche Prisen machte. Doch endlich wandte sich das Glück. Eines Tages griff er eine französische Fregatte an, die ihm sein Schiff so erbärmlich zurichtete, daß er alle Mühe hatte, den Hafen von Algier wieder zu erreichen. Da hier zu Lande das Ansehen eines Piraten nur von dem Erfolge seiner Unternehmungen abhängt, so sank der Renegat wegen seines Mißgeschicks bald in der Achtung der Türken. Das verursachte ihm Verdruß und Kummer; er verkaufte sein Schiff und zog sich in ein Haus außerhalb der Stadt zurück, wo er seit jener Zeit von dem Reste seines Vermögens mit seiner Mutter und einigen Sklaven lebt.

Ich besuche ihn oft, wir haben früher bei dem nämlichen Herrn gedient, und sind gute Freunde. Er vertraut mir seine geheimsten Gedanken an. Es sind kaum drei Tage, daß er mir mit Thränen im Auge sagte, daß er seine Ruhe verloren, seit er von seinem Glauben abgefallen sei, und daß er, um den Gewissensbissen, die ihn ohne Unterlaß quälten, zu entgehen, oft in Versuchung gerathe, den Turban mit Füßen zu treten, und selbst auf die Gefahr hin, lebendig verbrannt zu werden, durch ein öffentliches Bekenntniß das Aergerniß wieder gut zu machen, das er den Christen gegeben.

Das ist der Renegat, an den ich mich wenden will, fuhr Franzisco fort, ein solcher Mann kann Euch doch nicht verdächtig scheinen. Ich will unter dem Vorwande, das Bagno besuchen zu wollen, ausgehen, ich werde mich dann zu ihm begeben, und ihm vorstellen, daß er, statt sich vor Gram um seinen Abfall von der christlichen Kirche aufzureiben, vielmehr auf Mittel sinnen solle, wieder in ihren Schooß zurückzukehren; und daß er zu diesem Zweck nur ein Schiff auszurüsten habe, als ob er, des müßigen Lebens müde, einmal wieder auf Kaperei ausziehen wolle, und mit diesem Schiffe können wir alsdann die Küste von Valencia erreichen, wo Donna Theodora ihm geben wird, was er zu einem angenehmen Leben für den Rest seiner Tage bedarf.

Ja, mein lieber Franzisco, rief Don Juan, überglücklich in der Hoffnung, die ihm der Sklave machte, Ihr mögt diesem Renegaten Alles versprechen, Ihr könnt Beide darauf rechnen, reich belohnt zu werden. Aber glaubt Ihr, daß der Plan auf die von Euch ausgedachte Weise auszuführen sei? Es können sich freilich noch Schwierigkeiten finden, versetzte Franzisco, aber der Renegat und ich werden sie schon beseitigen. Alvaro, setzte er Abschied nehmend hinzu, ich hoffe Gutes von unserm Vorhaben, und glaube Euch bei meiner Rückkunft erwünschte Nachrichten mittheilen zu können.

Nicht ohne Unruhe erwartete der Toledaner Franzisco, welcher nach drei oder vier Stunden zurückkam und zu ihm sagte: Ich habe mit dem Renegaten gesprochen und ihn mit unserm Plan bekannt gemacht. Nach langer Berathung sind wir dahin übereingekommen, daß er ein kleines vollständig ausgerüstetes Fahrzeug kaufen soll und, da es erlaubt ist, Sklaven als Matrosen zu verwenden, so will er die seinigen dazu nehmen. Um jedem Argwohne vorzubeugen, wirbt er ein Dutzend türkischer Soldaten, als ob er wirklich beabsichtige, die Kaperei wieder zu beginnen. Aber zwei Tage vor der Zeit, die er ihnen zur Abfahrt bestimmt, schifft er sich Nachts mit seinen Sklaven ein, lichtet in aller Stille die Anker und holt uns an einem kleinen Thor dieses Gartens, der nicht weit vom Meere entfernt ist, in seinem Boote ab. Das ist der Plan unsres Unternehmens. Ihr könnt die gefangene Dame davon unterrichten, und ihr die Versicherung geben, daß sie sich in spätestens vierzehn Tagen außer Haft befinden werde.

Welche Freude für Zarate, Donna Theodora eine so erfreuliche Nachricht bringen zu können! Um sich die Erlaubniß auszuwirken, sie besuchen zu dürfen, suchte er Mezomorto zu treffen, und als er ihm folgenden Tages begegnete, sagte er zu ihm: Verzeiht, Herr, wenn ich Euch zu fragen wage, wie Ihr die schöne Sklavin gefunden, und ob Ihr jetzt zufriedener seid? Ich bin entzückt von ihr, unterbrach ihn der Dey, ihre Augen sind gestern meinen zärtlichsten Blicken nicht ausgewichen, ihre Reden, die bisher nur aus ewigen Betrachtungen über ihre traurige Lage bestanden, waren mit keiner Klage vermischt, sie schien meinen Worten eine artige Aufmerksamkeit zu schenken.

Deinen Bemühungen, Alvaro, verdanke ich diese Veränderung, ich sehe, daß du die Frauen deines Landes genau kennst, und um zu vollenden, was du so glücklich begonnen hast, sollst du noch einmal mit ihr reden. Wende all deine Klugheit und Gewandtheit auf, um mein Glück schnell herbeizuführen, ich werde dir sofort die Fesseln lösen, und schwöre dir beim Barte unsres großen Propheten, daß ich dich so reich mit Geschenken beladen in dein Vaterland zurückschicken werde, daß die Christen, wenn sie dich wiedersehen, nicht glauben sollen, daß du aus der Sklaverei kommst.

Der Toledaner verfehlte nicht, Mezomorto in seinem Irrthum zu bestärken; er stellte sich tief gerührt von seinen Versprechungen, und unter dem Vorwande, die Erfüllung derselben zu beschleunigen, eilte er zu der schönen Sklavin. Er fand sie allein in ihrem Gemach, da ihre beiden alten Dienerinnen anderswo beschäftigt waren. Er theilte ihr mit, was der Navarrese und der Renegat in Aussicht auf die ihnen verheißene Belohnung zu thun beschlossen hatten.

Es war ein großer Trost für die Dame zu hören, daß man so gute Maßregeln zu ihrer Befreiung getroffen hatte. Ist es möglich, rief sie im Uebermaß ihrer Freude, daß es mir vergönnt sein sollte, Valencia, meine theure Vaterstadt, noch einmal wiederzusehen? Welch ein Glück, nach so vielen Gefahren, so vieler Noth dort in Ruhe mit Euch zu leben! Ach, Don Juan, wie beglückt mich dieser Gedanke! Aber theilt Ihr auch meine Freude? Bedenkt Ihr wohl, daß es euer eignes Weib ist, was Ihr dem Dey entführt?

Ach! erwiederte Zarate tief seufzend, wie würden mich diese süßen Worte entzücken, wenn die Erinnerung an einen unglücklichen Freund nicht eine Bitterkeit hineinmischte, die alle Freude vergällt! Verzeiht mir, Senhora, dieses Gefühl, gestehet selbst, daß Mendoza eures Mitleidens werth ist. Um Euch hat er Valencia verlassen und seine Freiheit verloren, und ich zweifle nicht daran, daß ihm zu Tunis die Last seiner Ketten weniger drückend ist, als der verzweiflungsvolle Gedanke, Euch nicht gerächt zu haben. Er hätte gewiß ein besseres Loos verdient, sagte Donna Theodora, und der Himmel ist mein Zeuge, daß ich von dem, was er für mich gethan hat, durchdrungen bin. Ich fühle lebhaft den Schmerz, den ich ihm zugefügt habe, allein sein Unstern will, daß mein Herz nie der Lohn seiner treuen Aufopferung sein kann.

Diese Unterredung wurde durch die Ankunft der beiden alten Dienerinnen unterbrochen. Don Juan gab nun dem Gespräch eine andere Wendung, und fing an die Rolle eines Vertrauten des Dey zu spielen. Ja, reizende Sklavin, sagte er zu Theodora, Ihr habt den gefesselt, der Euch gefangen hält. Mezomorto, euer Gebieter und der meine, der zärtlichste und der liebenswürdigste aller Türken, ist mit Euch zufrieden. Fahret fort, ihm so freundlich zu begegnen, und Ihr werdet bald alles Leid überwunden haben. Bei diesen Worten, deren wahrer Sinn nur für die Dame verständlich war, entfernte er sich.

So standen die Dinge im Palaste des Deys während acht Tagen. Der catalonische Renegat hatte unterdessen ein kleines beinah vollständig ausgerüstetes Fahrzeug gekauft, und war mit den Vorbereitungen zur Abreise beschäftigt. Allein sechs Tage bevor er in See stechen konnte, wurde Don Juan in neue Unruhe versetzt.

Mezomorto ließ ihn zu sich rufen, führte ihn in sein Cabinet und sagte zu ihm: Alvaro, du bist frei, du kannst abreisen, wann du willst, um dich nach Spanien zurückzubegeben, die dir versprochenen Geschenke liegen bereit. Ich habe heute die schöne Sklavin gesehen, wie kam sie mir so verschieden von dem Wesen vor, dessen Traurigkeit mir so viel Kummer machte! Das Bewußtsein ihrer Gefangenschaft mindert sich täglich in ihr, und ich habe sie so reizend gefunden, daß ich eben den Entschluß gefaßt habe, sie zu heirathen. In zwei Tagen wird sie meine Gemahlin sein.

Bei diesen Worten entfärbte sich Don Juan und was er auch aufbot, sich zu fassen, konnte er doch seine Bestürzung und Ueberraschung nicht verbergen, so daß der Dey nach der Ursache derselben fragte. Senhor, erwiederte der Toledaner in seiner Verwirrung, ich bin in der That sehr erstaunt, daß einer der hervorragendsten Männer des ottomanischen Reiches sich so tief herablassen will, eine Sklavin zu heirathen. Ich weiß wohl, daß dies bei Euch nicht ohne Beispiel ist, aber der erlauchte Mezomorto, der auf die Töchter der ersten Beamten der Pforte Anspruch machen darf . . . . . Das ist freilich wahr, unterbrach ihn der Dey, ich dürfte sogar um die Tochter des Großveziers werben, und mich der Hoffnung hingeben, meinem Schwiegervater in seinem Amte nachzufolgen, aber ich besitze unermeßliche Reichthümer und wenig Ehrgeiz. Ich ziehe die Ruhe und das Behagen, welches ich hier genieße, dem Vezierat vor, dieser gefährlichen Stellung, die wir kaum erlangt haben, und uns schon wieder durch die Furcht der Sultane oder die Eifersucht der Neidischen in ihrer Umgebung gestürzt sehen. Außerdem liebe ich meine Sklavin, und ihre Schönheit macht sie des Ranges würdig, zu dem meine Zärtlichkeit sie erhebt.

Aber es ist erforderlich, setzte er hinzu, daß sie noch heute ihre Religion wechsele, um die Ehre, die ich ihr erweisen will, zu verdienen. Glaubst du, daß lächerliche Vorurtheile sie davon zurückhalten könnten? Nein, Senhor, erwiederte Don Juan, ich bin überzeugt, daß sie einem so hohen Range alles zum Opfer bringen wird. Erlaubt mir indessen Euch zu warnen, eure Verbindung so plötzlich zu vollziehen, übereilt nichts. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß der Gedanke, einer Religion zu entsagen, in der sie aufgewachsen ist, sie anfänglich empören wird. Gewährt ihr Zeit zu überlegen. Wenn sie sich vorstellt, daß Ihr, statt sie zu entehren, oder sie unter den übrigen eurer Sklavinnen dahinwelken zu lassen, sie durch das geheiligte Band der Ehe an Euch fesseln und sie dadurch zum höchsten Ansehen erheben wollt, dann müssen Dankbarkeit und Eitelkeit nach und nach ihre Gewissensskrupel besiegen. Verschiebt nur noch acht Tage die Ausführung eures Planes.

Der Dey blieb einige Augenblicke in Nachdenken versunken; der Aufschub, den sein Vertrauter ihm vorschlug, war ganz und gar nicht nach seinem Sinn; nichtsdestoweniger schien ihm der Rath sehr vernünftig zu sein. Ich gebe deinen Gründen nach, Alvaro, sagte er; wie ungeduldig ich auch nach dem Besitze der Sklavin verlange, werde ich doch noch acht Tage warten. Gehe sofort zu ihr und bestimme sie, meine Wünsche bis dahin zu erfüllen. Ich will, daß derselbe Alvaro, der mir bei ihr so gut gedient hat, auch die Ehre habe, ihr meine Hand anzutragen.

Don Juan eilte zu den Gemächern Donna Theodoras und erzählte ihr, was er eben mit Mezomorto verhandelt, damit sie ihr Benehmen darnach einrichten könne. Er theilte ihr zugleich mit, daß das Schiff des Renegaten in sechs Tagen bereit sein würde, und weil sie eine große Besorgniß äußerte über die Art, wie sie aus ihren Gemächern entkommen könne, da alle Thüren der Zimmer, durch die sie gehen müßte, um auf die Treppe zu gelangen, wohl verschlossen gehalten würden, sagte er ihr: Das darf Euch nicht beunruhigen, Senhora, ein Fenster eures Cabinets befindet sich an der Gartenseite, durch dieses könnt Ihr auf einer Leiter, die ich besorgen werde, hinabsteigen.

In der That, als die sechs Tage verflossen waren, meldete Franzisco dem Toledaner, daß der Renegat sich rüste, die kommende Nacht aufzubrechen. Ihr könnt Euch denken, daß sie mit großer Ungeduld erwartet wurde. Endlich trat sie ein und war glücklicherweise sehr finster. Sobald der Augenblick gekommen, die Flucht auszuführen, legte Don Juan die Leiter unter dem Fenster des Cabinets der schönen Sklavin an, welche ihn gewahrte, und sofort in großer Eile und Aufregung herabstieg. Sie stützte sich alsdann auf den Toledaner und ließ sich von ihm nach der kleinen zum Meere führenden Gartenthür geleiten.

Sie eilten Beide mit raschem Schritt dahin und genossen schon im Voraus das Glück, der Gefangenschaft entronnen zu sein, doch waren diese Liebenden mit ihrem Schicksale wohl noch nicht völlig ausgesöhnt, denn es verhängte jetzt das grausamste Unglück über sie, welches sie je getroffen, und welches sie am wenigsten befürchtet. Sie waren schon außerhalb des Gartens und näherten sich dem Ufer, um das ihrer harrende Boot zu besteigen, als ein Mann, den sie für einen Gefährten ihrer Flucht hielten, und gegen den sie nicht den mindesten Verdacht hegten, plötzlich mit gezogenem Degen auf Don Juan losstürzte und ihm denselben in die Brust stieß mit den Worten: Verrätherischer Alvaro Ponce, also muß Don Fedrigo de Mendoza einen feigen Räuber bestrafen; du verdienst nicht, daß man dich wie einen tapfern Ritter zum Kampfe fordere.

Der Toledaner konnte diesem heftigen Angriff nicht widerstehen und sank zu Boden, und in demselben Augenblicke fiel Donna Theodora vor Schmerz und Entsetzen ohnmächtig nieder. Ach! Mendoza, sagte Don Juan, was habt Ihr gethan? Es ist euer Freund, den Ihr durchbohrt habt. Gerechter Himmel! rief Don Fedrigo, wäre es möglich, daß ich meuchlerischer Weise . . . . Ich verzeihe Euch meinen Tod, unterbrach ihn Zarate, das Schicksal allein trägt die Schuld, oder vielmehr, es hat auf diese Art unserm Mißgeschick ein Ende machen wollen. Ja, mein theurer Mendoza, ich sterbe zufrieden, da ich Donna Theodora euren Händen übergeben kann; sie wird Euch versichern, daß meine Freundschaft für Euch sich niemals verleugnet hat. O mein edler Freund, rief Don Fedrigo, außer sich vor Verzweiflung, Ihr sollt nicht allein sterben, dasselbe Eisen, welches Euch durchbohrt hat, soll auch eure Meuchelmörder tödten. Wenn mein Verbrechen auch Entschuldigung verdient, da mich ein Irrthum dazu brachte, so würde ich mich selbst doch nie darüber trösten können. Bei diesen Worten richtete er die Spitze seines Degens gegen die eigne Brust, stieß ihn bis ans Heft hinein, und fiel dann über Don Juan hin, welcher die Besinnung verlor, doch weniger durch Blutverlust entkräftet als vor Entsetzen über die Raserei seines Freundes. Franzisco und der Renegat, die zehn Schritte davon standen, hatten ihre Gründe gehabt, dem Sklaven Alvaro nicht beizuspringen, waren aber äußerst betroffen, als sie Don Fedrigos letzte Worte vernahmen und Zeugen seiner furchtbaren That wurden. Sie begriffen bald, daß hier ein Irrthum obwalte und daß die Verwundeten keineswegs Todfeinde, wie sie anfänglich geglaubt, sondern Freunde seien. Sie beeiferten sich, nun ihnen Hülfe zu leisten, da sie aber beide bewußtlos fanden und Donna Theodora noch immer in Ohnmacht lag, wußten sie nicht, was sie thun sollten. Franzisco war der Meinung, man solle die Cavaliere am Strande liegen lassen, wo sie allem Anschein nach bald sterben würden, wenn sie nicht schon todt seien. Der Renegat aber war nicht damit einverstanden; er sagte, daß man die Verwundeten, deren Wunden vielleicht nicht einmal tödtlich seien, nicht verlassen dürfe, und daß er sie auf seinem Schiffe verbinden wolle, wo er alle Instrumente seines früheren Gewerbes habe, welches ihm keineswegs fremd geworden sei. Franzisco fügte sich dieser bessern Einsicht.

Da sie wußten, wie nothwendig es war, ihre Abreise zu beschleunigen, schafften der Renegat und der Navarrese mit Hülfe einiger Sklaven die unglückliche Wittwe des Cifuentes und ihre beiden noch unglücklicheren Liebhaber eiligst in das Boot. Sie erreichten in wenigen Augenblicken ihr Schiff, und als Alle an Bord waren, und ein Theil der Mannschaft sich mit dem Ausspannen der Segel beschäftigte, flehten die Uebrigen auf dem Verdeck kniend den Himmel unter den inbrünstigsten Gebeten um Schutz gegen die Verfolgungen Mezomortos an.

Nachdem der Renegat das Steuerruder einem französischen Sklaven übergeben hatte, der es ausgezeichnet zu führen verstand, widmete er zunächst Donna Theodora seine ganze Sorgfalt. Er rief sie bald wieder ins Leben, und brachte darauf auch Don Fedrigo und den Toledaner durch geeignete Mittel wieder zur Besinnung. Donna Theodora, welche ohnmächtig geworden war, als sie Don Juan hatte niedersinken sehen, war sehr erstaunt, Mendoza hier zu finden, und wenn sie auch bei seinem Anblick zur Ueberzeugung kommen mußte, daß er nur aus Verzweiflung, seinen Freund verwundet zu haben, sich selbst in diesen traurigen Zustand gebracht hatte, so konnte sie ihn doch nur als den Mörder des Mannes, den sie liebte, betrachten.

Nichts konnte ergreifender sein, als diese drei Personen zu sehen, nachdem sie wieder zu sich gekommen waren. Die Bewußtlosigkeit, aus der man sie eben befreit hatte, war, obgleich dem Tode ähnlich, doch nicht so beklagenswerth. Die Blicke, welche Donna Theodora auf Don Juan richtete, drückten den Schmerz und die Verzweiflung aus, die ihre Seele empfand, und die beiden Freunde hefteten, tiefe Seufzer ausstoßend, ihre brechenden Augen auf sie. Nachdem sie lange ein finstres Schweigen beobachtet hatten, wandte sich endlich Don Fedrigo an die Wittwe des Cifuentes mit den Worten: Senhora, bevor ich sterbe, habe ich die Freude, Euch aus der Sklaverei gerettet zu sehen. Wollte der Himmel, daß Ihr mir eure Freiheit zu verdanken hättet, aber er hat es gefügt, daß Ihr dieses Glück von dem Manne, der Euch theuer ist, empfangen solltet. Ich liebe diesen Nebenbuhler zu sehr, als daß ich darüber klagen könnte, und ich wünsche, daß der Stoß, den ich ihm zu versetzen das Unglück hatte, ihm nicht hinderlich sein möge, sich eurer Dankbarkeit zu erfreuen. Die Dame antwortete nicht auf diese Worte. Weit entfernt, sich in diesem Augenblicke Don Fedrigos trauriges Loos zu Herzen zu nehmen, fühlte sie vielmehr einen wahren Abscheu vor ihm, den ihr der verhängnißvolle Zustand des Toledaners einflößte.

Unterdessen schickte sich der Chirurg an, die Wunden zu untersuchen. Er begann mit der des Zarate und fand sie nicht gefährlich, da der Stoß in der linken Seite ausgeglitten war und keine der edlen Theile getroffen hatte. Dieser Bericht des Chirurgen minderte die ängstliche Sorge Theodoras und erfüllte Don Fedrigo mit großer Freude. Er wandte seinen Kopf nach der Dame und sagte: Ich bin beruhigt, ich scheide ohne Klage aus diesem Leben, da ich meinen Freund außer Gefahr weiß; ich werde nicht mit eurem Hasse beladen sterben.

Er sprach diese Worte in einem so rührenden Tone, daß die Wittwe des Cifuentes tief davon erschüttert war. Da sie jetzt nicht mehr für Don Juan zu fürchten brauchte, hörte sie auf, Don Fedrigo zu hassen, und sah in ihm nur noch einen Unglücklichen, der ihr innigstes Mitleiden verdiente. Ach, Mendoza, rief sie, hingerissen von einem edelmüthigen Gefühle, laßt Euch eure Wunde verbinden, sie ist vielleicht nicht gefährlicher wie die eures Freundes. Weiset die Sorgfalt, die man auf die Erhaltung eures Lebens verwenden will, nicht zurück, lebt noch lange, und wenn ich Euch nicht glücklich machen kann, so werde ich wenigstens auch nicht das Glück eines Andern machen. Aus Mitleid und Freundschaft für Euch werde ich die Hand, die ich Don Juan reichen wollte, zurücknehmen, ich werde Euch dasselbe Opfer bringen, welches er Euch gebracht hat.

Don Fedrigo wollte antworten, allein der Chirurg, welcher fürchtete, das Sprechen möchte sein Uebel verschlimmern, gebot ihm Schweigen, und untersuchte seine Wunde. Sie schien ihm tödtlich zu sein, da der Degen in den obern Theil der Lunge eingedrungen war; er schloß dieses aus einem Blutverlust, der die schlimmsten Folgen haben konnte. Sobald er den ersten Verband angelegt hatte, ließ er die beiden Cavaliere nebeneinander auf zwei kleine Betten in der Hinterkajüte legen, und führte Donna Theodora in einen andern Raum, da er ihre Anwesenheit für die Kranken nachtheilig fand.

Ungeachtet aller Vorsicht stellte sich bei Mendoza das Fieber ein, und gegen Abend wurde der Blutverlust wieder stärker. Der Chirurg erklärte alsbald seinen Zustand für hoffnungslos, und machte ihn darauf aufmerksam, daß er keine Zeit zu verlieren habe, wenn er seinem Freunde oder Donna Theodora noch etwas sagen wolle. Diese Nachricht versetzte den Toledaner in die schmerzlichste Bestürzung, Don Fedrigo hingegen nahm sie mit großer Ruhe auf. Er ließ die Wittwe des Cifuentes rufen, die sich in einem Zustande zu ihm begab, der eher zu begreifen als zu schildern ist. Ihr Gesicht war mit Thränen bedeckt, und sie schluchzte so heftig, daß Mendoza davon tief bewegt ward.

Senhora, sagte er zu ihr, ich bin der kostbaren Thränen, die Ihr vergießet, nicht werth. Ich bitte Euch, hört auf zu weinen, und schenkt mir einen Augenblick Gehör. Ich richte an Euch, mein theurer Zarate, dieselbe Bitte, fügte er hinzu, da er bemerkte, daß sein Freund den heftigsten Schmerz an den Tag legte. Ich weiß wohl, daß Euch diese Trennung sehr hart erscheint, ich kenne eure Freundschaft für mich zu gut, als daß ich daran zweifeln könnte, aber wartet Beide bis die Stunde meines Todes schlägt, um ihn mit diesen Beweisen eurer Zärtlichkeit und Theilnahme zu ehren.

Bis dahin unterdrückt euren Kummer, er ist mir bitterer als der Verlust meines Lebens. Vernehmt, auf welchen Wegen das Schicksal, welches mir zürnt, mich diese Nacht an die unselige Meeresküste geführt hat, die ich mit dem Blute meines Freundes gefärbt habe. Ihr werdet gewiß erfahren wollen, wie ich Don Juan für Don Alvaro halten konnte und ich will es euch erzählen, wenn die Zeit, die mir noch zu leben vergönnt ist, mir gestattet, euch diesen traurigen Aufschluß zu geben.

Einige Stunden, nachdem die Schiffe, die Don Juan und mich als Gefangene entführten, einander verlassen hatten, begegneten wir einem französischen Corsaren, der uns angriff; er bemächtigte sich des tunesischen Schiffes und setzte uns in der Nähe von Alicante ans Land. Kaum war ich wieder in Freiheit, als ich daran dachte, meinen Freund loszukaufen. In dieser Absicht begab ich mich nach Valencia, wo ich mich mit baarem Gelde versah, und darauf nach Barcelona, da ich erfahren hatte, daß sich dort einige Redemptoristenbrüder zur Reise nach Algier rüsteten. Bevor ich jedoch Valencia verließ, bat ich den Gouverneur Don Franzisco de Mendoza, meinen Onkel, seinen ganzen Einfluß am spanischen Hofe geltend zu machen, um die Begnadigung Zarates zu erwirken, da ich hoffte, ihn aufzufinden, zurückzuführen, und ihn wieder in den Besitz seiner Güter einzusetzen, die seit dem Tode des Herzogs von Raxera mit Beschlag belegt worden waren.

Sobald wir in Algier eingetroffen waren, besuchte ich alle die Orte, wohin die Sklaven gewöhnlich kommen, allein trotz der eifrigsten Nachforschungen fand ich nicht, was ich suchte. Ich begegnete dem catalonischen Renegaten, dem dieses Schiff gehört, und erkannte in ihm einen ehemaligen Diener meines Onkels. Ich machte ihn mit dem Zweck meiner Reise bekannt, und ersuchte ihn, mir beim Aufsuchen meines Freundes behülflich zu sein. Es thut mir leid, antwortete er, Euch nicht dienen zu können, ich muß diese Nacht mit einer Dame aus Valencia, einer Sklavin des Dey von Algier, abreisen. Und wie heißt diese Dame? fragte ich ihn. Sie heißt Donna Theodora, war die Antwort.

Das Erstaunen, welches ich bei dieser Nachricht zeigte, verrieth dem Renegaten sofort, daß ich mich für diese Dame interessire. Er entdeckte mir den Plan, den er zu ihrer Befreiung aus der Sklaverei entworfen hatte, und da er in seiner Erzählung mehrmals des Sklaven Alvaro erwähnte, zweifelte ich nicht daran, daß dieser Alvaro Ponce selber sei. Verschafft mir Genugthuung, sagte ich in großer Erregung zum Renegaten, gebt mir die Mittel an die Hand, mich an meinem Feinde zu rächen! Dazu wird sich bald Gelegenheit bieten, antwortete er, doch laßt mich zuvor die Ursache eures Grolles gegen diesen Alvaro wissen. Ich erzählte ihm nun unsre ganze Geschichte, und als ich damit zu Ende war, sagte er: Genug, Ihr dürft mich nur diese Nacht begleiten, man wird Euch euren Nebenbuhler zeigen, und wenn Ihr ihn bestraft habt, so nehmt seinen Platz ein, und führt mit uns Donna Theodora nach Valencia zurück.

Trotz meiner Ungeduld vergaß ich doch Don Juan nicht, ich legte die zu seinem Lösegeld nöthige Summe in die Hände eines zu Algier wohnenden italienischen Kaufmannes, Namens Franzisco Capati, der ihn loszukaufen versprach, sobald er ihn ausfindig gemacht habe. Endlich brach die Nacht herein, ich begab mich zu dem Renegaten, der mich an den Strand des Meeres führte. Wir blieben vor einer kleinen Thüre stehen, aus der ein Mann kam, der grade auf uns zutrat, und uns zwei Personen, die ihm auf dem Fuße folgten, zeigte, mit den Worten: Das ist Alvaro und Donna Theodora.

Bei diesem Anblick gerieth ich in Wuth, ich griff nach dem Degen, stürzte mich auf den unglücklichen Alvaro, und in der Meinung, einen verhaßten Nebenbuhler zu treffen, stoße ich diesen treuen Freund nieder, den zu suchen ich gekommen war. Doch dem Himmel sei Dank, mein Irrthum wird weder ihm das Leben, noch Donna Theodora ewige Thränen kosten.

Ach, Mendoza, unterbrach ihn die Dame, glaubt doch an die Aufrichtigkeit meines Schmerzes um Euch; ich werde mich niemals über euren Verlust trösten, und sollte ich je euren Freund heirathen, so geschähe es nur, um vereint über Euch trauern zu können. Eure Liebe, eure Ergebenheit, euer Unglück würden den alleinigen Gegenstand unsrer Gespräche bilden. Das wäre zuviel, Senhora, erwiederte Don Fedrigo, ich verdiene nicht, daß Ihr mich so lange betrauert. Ich beschwöre Euch, Zarate zu heirathen, sobald er Euch an Alvaro Ponce gerächt haben wird. Don Alvaro ist nicht mehr, sagte die Wittwe des Cifuentes, er wurde an dem nämlichen Tage, wo er mich entführte, durch den Corsaren, der mich gefangen nahm, getödtet.

Senhora, entgegnete Mendoza, diese Nachricht erfüllt mich mit großer Befriedigung, mein Freund wird nun um so eher glücklich werden. Folgt also eurer gegenseitigen Neigung ohne Bedenken. Ich sehe mit Freuden dem Augenblicke entgegen, der auch das Hinderniß hinwegräumt, welches euer Mitleid und seine Großmuth eurem gemeinschaftlichen Glücke in den Weg legten. Möge euer Leben in seliger Ruhe dahinfließen, in einer Harmonie, welche selbst die Eifersucht des Schicksals nicht zu trüben wagt! Lebt wohl, Senhora, lebt wohl, Don Juan. Erinnert euch bisweilen eines Mannes, der nichts auf der Welt so sehr geliebt hat, als euch Beide.

Da die Dame und der Toledaner statt zu antworten nur um so heftiger weinten, fuhr Don Fedrigo, der es bemerkte und sich bereits sehr schwach fühlte, also fort: Ich darf mich nicht zu sehr erweichen lassen; schon umgiebt mich die Nacht des Todes und ich denke nicht daran, die göttliche Barmherzigkeit um Verzeihung anzuflehen, daß ich selbst Hand an mein Leben gelegt habe, über das nur der Himmel bestimmen durfte!

Nach diesen Worten richtete er die Augen mit allen Zeichen einer aufrichtigen Reue zum Himmel, und bald trat ein Blutsturz ein, der ein Ersticken zur Folge hatte und seinem Leben ein Ende machte.

Bei diesem Anblick greift Don Juan, wahnsinnig vor Schmerz, nach seiner Wunde, um den Verband abzureißen und sie unheilbar zu machen, allein Franzisco und der Renegat werfen sich über ihn, und widersetzen sich seinem rasenden Beginnen. Theodora ist entsetzt über diesen Ausbruch seiner Verzweiflung, und vereinigt ihre Bitten mit denen des Renegaten und des Navarresen, um Don Juan von seinem Vorhaben abzubringen. Sie redet ihm in so rührendem Tone zu, daß er sich ermannt; er läßt sich seine Wunde wieder verbinden und die Gefühle des Liebenden beruhigen nach und nach die Verzweiflung des Freundes. Wenn er jedoch der Vernunft wieder Gehör schenkte, so geschah es nur, um die unsinnigen Ausbrüche seines Schmerzes zu unterdrücken, nicht aber, um seinen Empfindungen Zwang anzuthun.

Der Renegat, welcher unter andern Dingen, die er nach Spanien ausführen wollte, auch einen vortrefflichen arabischen Balsam und kostbare Wohlgerüche bei sich hatte, balsamirte auf Theodoras und Don Juans Wunsch den Leichnam Mendozas ein, da sie ihn in Valencia feierlich beerdigen lassen wollten. Während der ganzen Seereise hörten Beide nicht auf zu seufzen und zu wehklagen. Die Schiffsmannschaft hingegen war in der besten Stimmung, und da der Wind fortdauernd günstig war, so währte es nicht lange, bis sie die Küste Spaniens erblickten.

Bei diesem Anblicke überließen sich sämmtliche Sklaven einer unbändigen Freude, und als das Schiff glücklich in den Hafen von Denia eingelaufen war, faßte ein Jeder seinen Entschluß.

Die Wittwe des Cifuentes und der Toledaner schickten einen Eilboten mit Briefen an den Gouverneur und die Familie Donna Theodoras nach Valencia. Die Nachricht von der Rückkehr dieser Dame wurde von allen ihren Verwandten mit Freuden begrüßt. Für Don Franzisco de Mendoza war es dagegen ein großes Herzeleid, den Tod seines Neffen zu vernehmen, und er bekundete dieses dadurch, daß er sich sofort in Begleitung der Angehörigen Theodoras nach Denia begab, die Leiche des unglücklichen Don Fedrigo zu sehen verlangte, sie mit seinen Thränen benetzte, und in ein so herzzerreißendes Jammern ausbrach, daß alle Umstehenden tief davon ergriffen wurden. Er fragte endlich, durch welche Begebenheit sein Neffe den Tod gefunden habe. Ich werde sie Euch erzählen, Senhor, antwortete Don Juan. Weit entfernt, sie aus meinem Gedächtnisse auslöschen zu wollen, finde ich vielmehr ein wehmüthiges Vergnügen darin, sie mir beständig zu vergegenwärtigen, und meinen Schmerz zu nähren. Hierauf erzählte er ihm den Hergang der unseligen Geschichte, und die Thränen, die er dabei vergoß, vereinigten sich mit denen des armen Greises. Theodora wurde unterdessen von ihren Verwandten willkommen geheißen, und über ihre wunderbare Befreiung aus der Tyrannei Mezomortos beglückwünscht. Nach vollständigen Mittheilungen aller Erlebnisse trug man die Leiche Don Fedrigos in einen Wagen, und brachte ihn nach Valencia, wo er indessen nicht beerdigt wurde, da Don Franzisco im Begriff stand, seine Stelle als Gouverneur niederzulegen, und sich nach Madrid zurückzubegeben, und beschloß, den Leichnam seines Neffen gleichfalls dahin bringen zu lassen.

Während man die Vorbereitungen zu der Beerdigung traf, überschüttete die Wittwe des Cifuentes den Renegaten und Franzisco mit Wohlthaten. Der Navarrese begab sich nach seiner heimathlichen Provinz und der Renegat kehrte mit seiner Mutter nach Barcelona zurück, wo er sich wieder zum Christenthum bekannte, und noch heute in behaglichem Wohlstande lebt. Bald darauf erhielt Don Franzisco ein Schreiben vom spanischen Hofe, welches die Begnadigung Don Juans enthielt; der König hatte trotz seiner Rücksichten gegen das Haus Naxera den vereinten Bitten der Familie Mendozas nicht widerstehen können. Diese Nachricht war dem Toledaner um so erfreulicher, als sie ihm erlaubte, der Bestattung seines Freundes beizuwohnen, welches er sonst nicht gewagt hätte.

Sobald der Trauerzug, von einer großen Anzahl vornehmer Personen gefolgt, in Madrid eintraf, wurde die sterbliche Hülle Don Fedrigos in einer Kirche beigesetzt, wo Zarate und Theodora mit Genehmigung der Familie Mendoza ihm ein prächtiges Denkmal errichten ließen. Doch schien ihnen dieses nicht zu genügen, ihren Schmerz um den Verlorenen zu bethätigen, sie legten auch seinetwegen auf ein ganzes Jahr Trauerkleider an.

Nachdem sie so viele untrügliche Beweise ihrer Freundschaft für Mendoza abgelegt hatten, heiratheten sie sich, allein durch eine unglaubliche Wirkung der Macht der Freundschaft ruhte auf Don Juan eine lange Zeit eine tiefe Schwermuth, die nichts zu verscheuchen vermochte. Don Fedrigo, sein geliebter Fedrigo, war sein einziger Gedanke, er sah ihn allnächtlich im Traume, und am öftersten in dem Augenblicke, wo er seinen letzten Seufzer aushauchte. Allmählich befreite er sich jedoch von diesen traurigen Bildern; die Zärtlichkeit Theodoras, die er noch immer mit gleicher Innigkeit liebte, siegte nach und nach über eine so unheilvolle Erinnerung. Endlich begann für Don Juan ein glückliches, zufriedenes Leben. Doch vor wenigen Tagen stürzte er auf der Jagd vom Pferde und verletzte sich am Kopfe, in Folge dessen sich ein Geschwür bildete. Die Aerzte konnten ihn nicht retten, und er ist eben verschieden. Die Dame, die Ihr in den Armen ihrer beiden Kammerfrauen seht, welche sie vergebens zu beruhigen suchen, ist Donna Theodora. Sie wird wohl bald ihrem Gatten ins Grab folgen.



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