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Königin Gunhilt

Beim ersten Schein der Frühe kamen König Eirik, der Bischof und die Königin hinaus, nach dem toten Mann zu sehen. Aber noch lebte Half, der die Kraft von zwölf Männern besaß.

Es war Mutter Thorodd vorgetreten, so weit es die Wachen gestattet hatten.

Sie stand auf den Lavablöcken, zwischen denen das Kreuz sich einst erhoben hatte. Der Wind breitete ihren Mantel aus, und sie hielt die Linke über die Augen, da sie unter Tränen hinaufrief: »Half! Half! kennst du mich?«

Da tat Half die Augen auf und grüßte sie mit dem Blick.

Fragte Thorodd weinend: »Dürstet es dich?« Und Half antwortete klar und laut:

»Mich dürstet nicht. Ich bin trunken!«

Eirik war mit den Seinen weit hinausgeritten, und Gunhilts wilde Augen hingen an dem Manne.

Der Wachen Führer trat an des Königs Rappen heran und meldete das Geschehen dieser Nacht.

Eirik aber winkte ab: »Es ist nichts mehr auf Eisland zu fürchten nach dieses Mannes Tod!«

Sprach Olaus, der bleich war, als habe er wenig geruht in dieser Nacht: » Ich, Herr König, fürchte diesen Mann im Tode mehr als im Leben!«

Eirik aber hörte nicht. Er faßte Gunhilt, die Königin, hart am Handgelenk. »Und was denkst du, daß du ihn immerfort ansiehst?«

Sagte Gunhilt und schlug auf ihren gesegneten Leib mit beiden Händen:

»Ich denke, daß mein Sohn werden möge wie dieser Mann, Eirik! Und wird er das, so gilt mir gleichviel, ob Christ oder Heide!« Als Eirik dieses Wort gehört hatte, wandte er sich und befahl laut den Wachen, alles Volk hinwegzujagen, und legte Todesbann und »Brenna« auf den, der sich am Strande würde blicken lassen, ehe er dieses Gebot aufhebe! –

Da begann großes Flüchten vor Speeren und Pferdehufen, und es blieb niemand zurück als die unbestatteten Toten. König Eirik hielt immer noch hart Gunhilts Hand, als sie hinterdreinritten. –

 


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