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Wie Half zur Heimfahrt rüstete

Bis zum Mondwechsel lebten die Halfsmannen an Adelstans Hof herrlich und in hoher Ehre.

Seine Skalden ließ der König kommen, wenn Glum sang, die auf Ton und Wort achten sollten, ihn noch mit dem Liede zu erfreuen, wenn die Gäste gegangen waren.

Die Skalden lernten die Lieder und vererbten sie ihren Söhnen, daher kommt es, daß das Sigrdryfa-Lied und jenes vom Rosenhain sowie andre noch in aller Wanderskalden Mund sind.

In all der Zeit war Gyridh, die Königin, nicht zu sehen, und es hieß, sie läge krank im Frauenturm darnieder.

Adelstan wollte die Helden nicht ziehen lassen, er meinte, daß sie nun im Herbste schlechte Heimfahrt haben würden und bat sie, nach seinem Herzen zu tun und hier zu Lundres zu überwintern. Als er aber sah, daß Half sich nicht länger verweilen mochte, dem die üble Kunde von Eiriks Eislandsfahrt in den Ohren klang, da ließ der König seine Schiffsbauer kommen und »Meerschwan« seetüchtig machen, der manch böses Leck erlitten hatte.

Der König zählte der Halfsmänner dreiundzwanzig und sagte, er vermöchte es sich nicht anders zu denken, als daß einer dem andern am Schoße säße, da das Schiff nur sechzehn Männern Raum biete.

Da erzählte ihm Half, daß ihr zweites Schiff Skidbladnir steuerlos zwischen den Klippen von Piktland schwämme, beladen mit Schätzen, deren geringerer Teil nur auf dem schwächern Schiff geborgen gewesen sei. Und obgleich des Goldes auf Skidbladnir genug sei, um Königsreiche damit zu erwerben, gebe es doch keinen unter seinen Männern, der willig wäre, es zu holen. Darauf führte Half den König hinab und zeigte ihm, wie das Gold in Barren, in Stangen und in Linnensäcken unter den Schlafbänken lag.

Er schenkte dem Staunenden vier Tierzähne, die dem König bis zur Brust reichten, und des Goldes viel von allen drei Arten. Da bot der König ihm Langschiffe dafür, Knechte und Mannen, aber Half bat um nichts, als um sichere Heimfahrt für Sighvat und die andern Iren. Das sagte Adelstan freudig zu. Er ließ Half Reisevorrat reichen, als sende er seine eigene Tochter mit »Meerschwan« auf Brautfahrt.

Half rief Sighvat heran und sagte ihm, daß er für ihn und die andern Iren Heimfahrt ausgewirkt habe und es nun ans Scheiden gehen müsse.

Fuhr Sighvat unwirsch auf und sagte, es sei ganz nach Halfs Art, eigenes Muß auf andre zu schieben, und es würde den Iren niemals in den Sinn kommen, ohne ihn zu Lundres zurückzubleiben, denn sei er einmal fort, so sei Königswort wie der Wind und die Iren könnten sehen, wie sie zu Fuß übers Meer nach Eireann kämen.

Sprach Half staunend zu dem hitzigen Knaben: »Für dich nur meint' ichs getan, aber wahr ist das Wort, daß man eher dreier Weiber Wünsche erfüllen mag als die eines Iren! So will ich sehen, ob ich andre Überfahrt für euch finde!« –

Am Vorabend jenes Tages, für den die Ausfahrt bestimmt war, sahen Half und Glum überall an Bord nach dem Rechten.

Da kam ein kleines Boot heraus, in dem saß ein Jüngling allein mit zwei Ruderknechten. Es sprang der Jüngling leichtfüßig zu Half, und er sagte, er trage Botschaft von Gyridh, der Königin.

Half nahm schweigend, mit gerunzelter Stirn, ein Kästchen entgegen, das aus schwarzem Holz gefügt war und bedeckt mit blauen und roten Steinen. Er sah den Jüngling an, der im Schatten stand, den Hut tief ins Antlitz gezogen. Nie hatte er ihn an Adelstans Hof gesehen; und doch war ihm, als kenne er die Augen. Dieweil dem Boten der Gasttrunk gereicht ward, wollte Half das Kästchen öffnen, doch hob der Jüngling hastig dawider die Hand. »Es bittet dich Gyridh bei deinem Heldentum, du mögest dies Kästchen nicht auftun, ehe ich das Schiff verlassen habe. Allzu gering ist die Gabe, und meine Herrin verlangt nicht nach Dank.«

Half schwieg und stellte das Kästlein zur Seite. Der Jüngling ließ seine Augen auf dem Schiffe umherwandern und in zierlich gesetzten Worten bat er, ob es ihm verstattet sei, es sich ein wenig näher zu besehen. Doch achtete er wenig auf des guten Schiffes Bau, als man ihn umherführte. Glum und Half folgten ihm, da er die Holzleiter zum Schlafraum hinabstieg, und Glum sah dabei wohl des Jünglings schmalen Fuß und schlanke, schwache Hand. Sogleich entdeckte der Königin Bote die Schätze, die unter den Schlafbänken verstaut waren, und sagte schnell: »Sicherlich stammt das Gold und Elfenbein aus Muhmad Alis Beute?!«

Fragte Glum sogleich: »Woher weißt du dies und woher kennst du des Räubers Namen?«

Sprach der Jüngling lachend: »Wird denn nicht Half, Dein Held, zu Lundres gerühmt bei Tag und Nacht? Jedes Kind kennt seine Taten! Sagt mir jedoch, wo ist Halfs Schlafplatz?«

Er ging zur Bank, die man ihm bedeutete, und warf die Decken zurück.

Schaukelnd saß er da und sagte: »Viele Frauen haben wohl hier gesessen, die schöner waren als Gyridh, die Königin.« Und er dehnte sich.

Sprach Half: »Nur eine Frau war uns je Gefährte, die aber schien mehr ein guter Geist denn Fleisch und Blut. Kein andres Weib betrat dies Schiff, solange wir fahren.« Da lachte der Jüngling: »Kannst du das beschwören?« und lachte mehr noch, als Half bejahte. Er legte sich zurück und fragte: »Was sagtest du wohl, Half, wenn Gyridh an meiner Statt hier läge?«

Sprach Half ruhig: »Ich würde die Königin mit aller Ehrfurcht, die ich des Königs Schnur schulde, bitten, sich erheben und dies Schiff verlassen zu wollen, auf dem Weiblosigkeit Gesetz ist!« Da fuhr der Jüngling auf und brachte mit schnellem Schwung die Beine zu Boden.

»Es ist spät, und meine Herrin wartet!« sagte er, und Half und Glum hielten ihn nicht länger.

Als aber der seltsame Bote schon in der Nußschale drunten zwischen den beiden Knechten saß, die ihn hierher geführt hatten, da erhob er sich noch einmal und rief: »Half! Half!« – bis droben das falbe Haupt sich zeigte.

»Was willst du mir noch?« sprach unwillig der Held.

»Ich will dir sagen, daß du einen Meineid schworst, denn wohl lag ein Weib, du Weibloser, auf deiner Bettstatt. Dich aber gebar die Mutter maulwurfsblind und taub, wie die Steine taub sind! Und wahrlich, dieser scheint mir ein weiser Mann, der dich Half »Das Weib« nannte! – So gehab dich wohl, und möge die einzige Kunde, die von dir zu mir kommt, deines Todes Kunde sein!«

Und als Gyridh dies gesagt hatte, da fuhr sie mit den Ruderknechten von dannen und lachte laut ihr böses Lachen.

Über »Meerschwans« Bord aber fiel ein schwankes Ding und klatschte auf, auf die Wellen. Es war ein armer, fremder Vogel, er schien wie aus roten und grünen Lappen gemacht. Nun war er, erwürgt an einer Locke schwarzen Haars, in einem kostbaren Schrein gelegen. Einer Königin Angebind für einen, der des Vogels rufendes Wort nicht verstanden hatte.

 


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