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Wie die Weißröcke um ihre Freude kamen

Hjörleif sah nicht nach seinem Weibe, er sah immer wieder auf sein Kind, und es war, als könne er nicht glauben, daß ihm der Bund gebrochen worden sei.

Er ließ den Spinnerinnen reichen Lohn und nahm Gjöld und das Kind mit sich heim ohne Wort.

Er ritt weit voraus und ließ Gjöld nachtraben. Die ganze Zeit, die sie so mit dem Kinde hinter ihm herritt, schwieg auch sie, aber es schien keineswegs, als sei sie traurig oder niedergeschlagen. Und dies war es, was zu Hjörleifs Gram noch Erbitterung fügte.

Als sie aus dem Moorbereich kamen, da lag ein Lavablock am Weg, kaum geringer an Umfang als der Thorrstein.

Hjörleif sprang vom Roß und begann zögernd, den Block zu rücken, und als er ihn zu heben vermochte, da atmete er auf, denn er hatte gefürchtet, daß auch von ihm die Gaben genommen seien. Da legte Gjöld die Hand auf seinen Arm und redete zum erstenmal.

»Es ist nicht an dem, Hjörleif, daß ich schlecht geboren hätte!« Und als sie ihm erzählte, was schon von der Geburt berichtet worden ist, da schwieg Hjörleif lange.

Endlich zog er sein Schwert Sippeknauf, und damit waren seit Halfs Tagen alle neugeborenen Knaben gemessen worden, und sie hatten alle solches Maß, daß die Runenschrift, die über Sippeknaufs Klinge lief, ihnen just vom Scheitel bis zu den Zehlein reichte. Hjörleif sah jedoch mit Staunen, daß das Mädchen, das Gjöld geboren hatte, um eine halbe Spanne hinauswuchs über die Schrift der Runen. Sagte Hjörleif: »Gjöld, was immer auch kommen möge: ich zeugte dies Kind, und du gebarst es!« Und er küßte es zum erstenmal.

Und Gjöld sprach: »Vielleicht ist es ein hoher Eidam, den sie uns zubringt. Denn ward ihr nicht Ruhm verheißen? Und wie könnte einem Weibe Ruhm verheißen sein?« Aber dies fragte sie listig und lachte stolz wie zu einem Scherz.

Als sie heimkamen nach Engihlid, Hjörleifs Hof, da hielten Reiter vor dem Tor, und Olaus selbst war mit ihnen. Von weitem schon rief er sie an: »So früh schon mit den Pferden aus, Hjörleif? Wie schlank du geworden bist, Gjöld! Zeige doch, was trägst du da Schönes unterm Mantel?«

Gjöld sah ihn an wie einen schlechten Knecht und schlug den Mantel auseinander über dem Kinde, das ruhig schlief.

Wie ein Geier aufs Aas stieß Olaus zu und hakte schon die Lederflasche vom Gurt. Lachte Gjöld ihm ins Gesicht: »Ihr habt niemals ein schöneres und stärkeres Mädchen gesehen als dies, Herr Mönch!«

»Wähnst du, mich zu täuschen?« schrie Olaus und riß die Tücher auf. Er warf einen Blick auf das Kind, das zappelnd und schreiend sich reckte, und die Miene war sauer genug, die er zog.

»Wenig erwartet kommt uns dies, daß ein Held wie Hjörleif, Weiber im Weibe zeugte. Doch da Gott es so fügt, wollen wir deinem Kinde die Ehre tun und es Maria taufen nach der Jungfrau, die das Heil der Welt gebar.«

Sprach Hjörleif dawider:

»Hoho, Herr Mönch! Nur nach Speeren ging König Haralds Gebot, bei Spindeln entscheidet frei der Wille. Mein Wille aber ist, daß ihr nun reitet und euch nicht wieder blicken lasset zu Engihlid.«

Da sah Olaus, daß seine Hoffnung dahin war.

Gjöld aber nahm ihr Kind aus seinem Arm und rief: »Gebe Heimdall, der Gott der Wege, euch gut Geleit nach Hegranäs, Herr Mönch!« und sie lachte schallend den Gästen nach, da sie vom Hofe ritten.

 


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