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Half das Weib bezwingt den Feuerriesen

Nach jener Schlacht ward Half vielgerühmt von den Männern, weil er Jarl Svan erschlagen und die Königsmannen in die Flucht gejagt hatte.

Er aber war sehr still und zeigte sich weder beim Frühjahrsthing noch beim Allthing, das um Mittsommer gehalten wird, weder bei Waffenspiel noch bei Pferdehatz. Er lag fast den ganzen Tag auf der Hallenbank und starrte in die Luft, während Grim schwatzte.

Aber Half nahm doch nicht an Kräften ab, nein, er wurde breit und der größten Männer einer, die man sehen konnte, und es war nichts vom Weibtum mehr an ihm zu finden, als daß sein Antlitz bartlos und glatt blieb, so lange er lebte, darob er manchen Spott von Atli und Hliot zu leiden hatte.

Nun gibt es im Süden von Engihlid eine Heide, Surtursheide genannt, da wird alljährlich Feuer aus zwei heiligen Steinen geschlagen, und dabei werden alte Runen gesungen, damit Surtur, der Feuerriese, kommen und das alte Gras verzehren möge, denn sonst gäbe es kein frisches Futter für die Schafherden.

Verloren auf der Heide stand eine winzige Erdhütte, in der Aukko, die Finnin, allein wohnte, nachdem ihr Vater von den Wölfen zerrissen worden war. Aukko hatte, wie alljahrs ihr Vater, die Steine geschlagen und das Gras in Brand gesetzt. Nun aber faßte Surtur, da sie ihn mit heiligen Runen rief, große Liebe zu dem Mädchen, denn Aukko war nicht unschön von Angesicht und sehr schmal und zart. Dies aber lieben die Riesen. So drang er in ihre Hütte ein und versuchte, sie zu bewältigen.

An jenem Abend ritten Half und Grim über Land und freuten sich, als sie fernhin die Heide so schön in Flammen sahen. Aber da hörten sie wilde Schreie, und als sie über die noch heiße Asche dahinsprengten, sahen sie bald die Hütte, deren Dach lohte, und das bedrängte Weib schrie laut darin.

Half hieß Grim bei den Pferden bleiben, die bäumten, als witterten sie Wölfe. Aber das schien Grim eine Schmach, so brach er mit Half in die Hütte ein. Da war der Feuerriese. Sein Haupt hatte das Dach durchstoßen, daß seine roten Haare droben hervorflatterten. Er spie ihnen Funken und Rauch in die Augen, und Grim wars, als schmelze das Mark in seinen Knochenröhren. Half sprang zu, riß das Weib empor, das wie tot am Boden lag, und warf es Grim in die Arme. Als Grim mit seiner Last schon bis zur Türe gekommen war, hörte er ein Krachen und wandte sich. Da sah er, wie der Riese mit beiden Händen an einem großen Deckenbalken riß, ihn auf die Flüchtenden zu werfen. Half aber stemmte sich mit all seiner Kraft dagegen, um den Balken am Fallen zu verhindern.

Grim kam mit dem Weibe glücklich aus der Hütte. Da scholl ein Brüllen drinnen wie von einem Stier. Das Flammenhaupt sank zurück, und die Hütte brach mit einem einzigen Krachen in sich zusammen.

Aber als Grim glaubte, daß Half unter lohenden Trümmern begraben sei, da stand er vor ihm, schwarz wie ein Rauchschinken, doch sonst ganz heil, und hob stumm Aukko aufs eigene Roß. Es gab ihr Grim seinen Mantel, denn sie war fast nackend.

So ritten sie eilig dahin, Grim immer in Angst vor des Riesen Verfolgung. Aukko aber war eine von den Finninnen, die Zauber und Ränke kennen, und sie band geheim einen Liebesknoten in Grims Mantel.

Sprach Grim, nachdem sie lange schweigend geritten waren:

»Du allein zwar hast den Riesen besiegt, und ich werde nichts als Unehre davontragen und Spott wegen meiner versengten Haare. Und doch will ich dich bitten um den Siegespreis dieser Nacht!« Sagte Half rasch und froh: »Mit Freuden will ich berichten, daß du allein Surtur gewürgt hast, und will's bezeugen vor allen Männern, daß es mein Werk nicht war!«

Aber Grim schüttelte den Kopf.

»Gib mir sie!« murmelte er, und mit Staunen ließ Half es geschehen, daß Grim die Finnin zu sich hinüber in den Sattel zog.

 


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