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Wie der Winter des Wartens anbrach

Am fünften Tage stand ein klirrender Ost auf, ein Widerwind, und Reif hing an Masten und Raaen.

Sprach Hliot: »Viel gescholten wird unser Land, das sie Eisland nennen. Und doch war es wärmer an seinen Küsten als nun, da wir südwärts segeln.«

Sprach Glum: »Wenige wissen noch die alte Mär, wie Loki und Baldur übers Wasser fuhren. Knaben waren beide, aber Loki der stärkere, denn er war einer Riesin Sohn. Er stieß Baldur wie von ungefähr hinab, daß er zu Ran versänke, aber die Wogen trugen den jungen Gott sanft dahin, und noch heute friert dort, wo sein Leib die Wellen wärmte, das Meer nie zu, und die Küsten sind reich und fruchtbar, an die der Baldursstrom, der Südstrom, spült.«

Der Sturm wehte die ganze Nacht, und am Morgen des sechsten Tages war das Meer mit dünnem Eis bedeckt, und sie sahen, wie vor ihnen her ein Sprung, gleich einem schwarzen Blitz, über die glitzernde Fläche ging, wenn ihr Kiel das Eis anlaufend sprengte. Da hob sich Glum und sang die Stäbe, die man kennt, soweit Skaldenkunst geehrt wird:

Ȁste Feind, der Ostwind
ewig pfeift vorm Steven, –
aufwühlt Ägirs Wellen!
Stets um »Meerschwans« Steuer
frostige Stürme tosen!
Brandend flog um Bugspriet
brüllende See in Fülle – – –«

Die Männer nahmen die neue Weise auf, und nach Liedes Klang knarrten die Ruder. Nur Half hielt die Hände an die Ohren und kehrte sich schweigend ab, – er, der Skaldenlust verschworen hatte.

 


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