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Einundzwanzigstes Blatt.

Die letzte Ehre.

Wie ein Herold geht die Kunde
Durch das Land voll Schmerz und Not,
Ausgeblutet hat die Wunde,
Stefan Fadinger ist tot.

Von den Bergen tönt's hernieder
Brausend in das tiefste Tal,
Alle Glocken klingen's wider
Mit erschütternd lautem Schall:

»Stellt euch ein zur ernsten Feier,
Schwarze Bauern, Mann für Mann,
Euer Retter und Befreier
Tritt die letzte Reise an.«

Und ein ungeheurer Jammer
Treibt das arme Volk umher.
In der Hütte, in der Kammer
Bleibt kein Auge tränenleer.

Wilder Klageschrei erschüttert
Ebelsberg, das alte Schloß,
Glanz von Leichenfackeln zittert,
Und es donnert das Geschoß.

Ohne Priesterspruch und Segen,
Marmorstumm und marmorbleich
Liegt im Sarg der tote Degen –
Aber Gott ist gnadenreich.

Sarg und Leichnam wird gehoben
Auf ein dunkelschwarz Gespann,
Und viel heiße Tränen loben
Den geliebten, treuen Mann.

Schön geschmückt mit grünen Zweigen
Wird des Helden letztes Haus,
Und der alte Bauernreigen
Klingt noch einmal weit hinaus.

Trommelwirbel wird geschlagen
Zu des Niebesiegten Preis,
Und es folgt dem Trauerwagen
Mann und Weib und Kind und Greis.

Haupt an Haupt auf Weg und Straßen
Steht das Volk mit nacktem Fuß,
Sucht das Bahrtuch zu erfassen,
Weint und winkt zum letzten Gruß.

In den Klang erhabner Lieder
Mischt der Schmerz sich wild und laut.
Und zur Erde wirft sich nieder,
Wer den Zug noch einmal schaut.

Kriegsfanfaren, trotzige Weisen
Klingen aus dem düstern Troß,
Und ein Reiter, ganz in Eisen,
Sitzt auf des Gefallnen Roß.

Freiheitskämpfer, unerschrocken,
Sind des Zuges reisige Wacht,
Und ein Greis mit weißen Locken
Trägt das Banner wie zur Schlacht.

Unaufhaltsam wandelt weiter
Das Gefolg; aus tiefem Tal
Grüßt herauf zum ersten Reiter
Efferding im Abendstrahl.

Mächtiger tönen auf die Lieder,
Greller klingt der Glockenklang,
Und die Wallfahrt steigt hernieder,
Lenkt zum Kirchhof ihren Gang.

Jetzt verstummen Lied und Klänge,
Und man hebt den Sarg herab;
Wie ein Heerbann steht die Menge
Um des Helden offnes Grab.

Aus des Kirchhofs heiliger Halle
Tritt kein Priester, der da spricht:
»Ob der Leib zu Staub zerfalle,
Seele, du bist ewiges Licht.«

Blind verflucht vom heiligen Wahne,
Ruht der Held am letzten Ort,
Nur der Alte mit der Fahne
Hebt das Haupt und spricht das Wort:

»Kommt herbei, ihr Schmerzenskinder,
Legt auf diesen Sarg die Hand!
Der hier ruht, der arme Sünder,
War der beste Hort im Land.

Aus des Volkes Mark entsprossen,
Trug er in der Brust ein Herz,
Das sein bestes Blut vergossen
Uns zum Heil und ihm zum Schmerz.

Wenn er fehlging auf dem Pfade,
Menschlich stieß an manchen Stein,
Gott ist herrlich reich an Gnade,
Wird ein milder Richter sein.

Brüder, laßt den Sarg uns senken;
Weh dem, der dies Grab entweiht!
Ehre seinem Angedenken!
Ruh' in alle Ewigkeit!«


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