Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Elftes Blatt.

Der Schwur.

Seit dem Tanz bei Christoph Zeller
Weht ein andrer Wind hier oben,
Lauter lärmt die Soldateska,
Aber Haus und Wirt sind stumm.

Wein und Bier liegt frisch im Keller,
Aber keine Gäste kommen,
Meister Lenz mit seiner Zither
Findet keine Tänzer mehr.

Mitternächtlich, wenn die Schatten
Des Gewölks den Mond umschleiern,
Wenn des Schlummers Kraft betäubend
Ueber Tier und Menschen liegt,

Da bewegt sich's aus den Nebeln,
Leise schleicht sich's aus den Büschen,
Aus den Schluchten, aus den Tälern,
Aufwärts nach dem Minihof.

Wie ein Wächter steht der Altknecht
Auf dem Kreuzweg, wo die Schatten
Zu ihm treten; leise spricht er:
Alles gut, die Luft ist rein.

Wunderlich! Wenn sonst die Hunde
Einen späten Wandrer wittern,
Rasseln sie an ihrer Kette,
Springen hochauf mit Gebell.

»Bleibt mir ruhig,« spricht der Alte,
»Kusch dich, Sultan, kusch dich, Waldmann!
Gute Freunde sind's.« Die Hunde
Wedeln freundlich und sind stumm.

Eine Hintertür steht offen,
Eine Stiege führt zum Keller,
Und der Wirt begrüßt die Schatten:
»Alles sicher, tretet ein.«

Nieder steigen sie zum Keller,
Wo beim Schein gedämpfter Ampel
Im Gewand der schwarzen Bauern
Fadinger, der Hauptmann, sitzt.

David Spat steht ihm zur Linken,
Achaz Willinger zur Rechten,
Nimmervoll und Wurmb und Reuter
Und viel andre stehn im Kreis.

Fadinger erhebt sich schweigend.
Nimmt den schwarzen Filz vom Haupte,
Spricht mit tiefgedämpfter Stimme
Zu den Gästen dieses Wort:

»Kund ist euch, ihr Eidgenossen,
Daß wir ohne Gnad' und Recht sind,
Daß der Landsherr uns verpfändet,
Daß der Bayer uns verfolgt.

Darum heb' ich meine Rechte
Vor dem hochgelobten Kreuz hier,
Daß ich sein will euer Hauptmann
In dem evangelischen Heer.

Dieses Blatt mit meiner Handschrift
Send' ich aus nach den vier Winden,
Seid an eurem Platz, ihr Männer,
Wenn mein Feldschrei sich erhebt.

Auf Pfingstmontag sei's beschlossen,
Da steht auf in den vier Vierteln,
Kämpft, bis daß wir alle wieder
Gottes und des Kaisers sind.

Du, mein braver Christoph Zeller,
Steigst zu Schiff und eilst nach Landshag,
Schlägst im Mühlkreis los, sobald du
Hier mein Feuerzeichen siehst.«

Christoph neigt das Haupt zur Antwort
Freudig stolz, es glüht sein Auge,
Doch bevor er zögernd wegtritt,
Spricht er: »Steff, gewähr' mir eins.

Fester hämmert sich die Kette,
Stark geschlossen ist die Freundschaft,
Wenn ich freien darf vor Aufbruch,
Wenn du mir die Gretel gibst.«

»Nimm sie denn in Gottes Namen!«
Ruft der Steff und beide halten
Brust an Brust sich, alle rufen:
»Glück ins Haus und Sieg ins Land!«

Wieder steht der Knecht am Kreuzweg,
Grüßt zum letztenmal die Schatten,
Fällt aufs Knie und sieht die Sonne
Blutrot aufgehn übers Land.


 << zurück weiter >>