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»Weil's gilt die Seel' und auch das Bluet,
So gib uns, Herr, ein' Heldenmuet,
Es mueß sein!«
Altes Fadingerlied.
Hei! Bursche, nun geht's an ein tollkühnes Wagen!
Beherzigt den Spruch, den im Banner wir tragen,
Das hoch unser bärtiger Graukopf erhebt;
O seht, wie es flattert, o seht, wie es schwebt!
Vor Peuerbach stehn wir im reisigen Haufen,
Wir wollen die Fahne mit Feindesblut taufen.
Graf Herberstorf will uns erschlagen im Feld,
Wo ist unser Hauptmann, wo ist unser Held?
Der Fadinger Stöffel, da kommt er geritten
Mit freudigem Mut und mit adligen Sitten,
Und ist doch nicht mehr als ein Bauer und Knecht;
Doch das Schwert, das ihn adelt, heißt Freiheit und Recht!
Drum laßt uns ihn grüßen mit Jauchzen und Schreien
Von Rotte zu Rotte, von Reihen zu Reihen,
Die Prügel, die Igel, die Spieße empor,
Es brause hinauf bis ans himmlische Tor:
»Der Fadinger lebe, der Beste im Landel!
Wir wünschen ihm Ehre und Glück ohne Wandel,
Wir sind sein getreu evangelisches Heer,
Der Tod ist nicht schlimm, doch das Leben ist schwer!«
Und jauchzendes Rufen erschallt in der Runde
Und braust ihm entgegen als freudige Kunde
Und grüßt ihn mit Macht aus dem reisigen Troß,
Da neigt er sich tief zu den Seinen vom Roß,
Da schüttelt er herzhaft viel derb rauhe Hände,
Zuletzt macht sein Knecht dem Getümmel ein Ende,
Er winkt und der Lagerwirt rührt sich geschwind,
Er füllt einen Krug aus dem besten Gebind;
Des Klosters Sankt Florian köstlichste Gabe,
Die reicht man aufs Roß dem Feldhauptmann zur Labe.
Aus Steingut geformt ist der bäurische Becher;
Da lüftet den Hut der gewaltige Zecher
Und spricht, während ringsum tiefheilige Ruh:
»Mein Volk und mein Gott, euch zwei trink' ich das zu!«
Mit
einem Zug stürzt er den Schwurwein hinunter,
Da wird's in der wehrhaften Bauernschaft munter,
Er schleudert den Steinkrug hoch auf in die Luft
Und sieht ihn am Boden zerschmettert und ruft:
»Kein Krug ist zu stark! – Seht, da liegt er in Scherben –
Und so soll der Bluthund, der Herberstorf, sterben!
Er will uns am heutigen Morgen hier suchen.
Schwenkt ab von der Straße, hinein in die Buchen,
Schwenkt ab in die Erlen, versteckt euch im Busch,
Trompeter, du blas einen freudigen Tusch!
Und kommt er geritten auf offener Straßen,
Und wäre sein Volk auch unzähliger Maßen,
Zum letztenmal hat er wohl heute geprahlt,
Ihr Bauern, mit uns ist des Herrgotts Gewalt!
Es muß sein!« So ruft er, da tönt's ihm entgegen:
»Es muß sein! es muß sein! Drauf los allerwegen!«
Zur Rechten und Linken zerteilt sich der Schwarm
Mit leuchtendem Blick und bewaffnetem Arm.
Die Werber, die Ordner, die Führer, sie alle
Sind dahin und dorthin geschäftig im Schwalle;
Die Menge bewegt sich, es löst sich der Troß,
Nur Fadinger sitzt unbeweglich zu Roß,
Bis alle die Männer und alle die Buben
Zerstreut übers Feld sind in Gräben und Gruben,
Hinter Baum, hinter Busch, hinter Dickicht und Dorn,
Dann erwacht er und gibt seinem Rappen den Sporn
Und geschwind wie der Wind und mit blitzendem Degen
Eilt er nach in den Wald und dem Schicksal entgegen.
Graf Herberstorf reitet auf schäumendem Schecken,
Die Bauern zu strafen, die Bauern zu schrecken;
Wallonen, Kroaten, ein wildes Gemeng
Zieht hinter ihm her, daß die Straße zu eng.
Ein wildes Gesindel, das vielsprachig stammelt,
Aus Welschland, aus Böhmen, aus Ungarn gesammelt.
Ein Volk, für die Stimme der Menschlichkeit taub,
Nur gierig nach Mord und nach Rache und Raub.
Ein böhmischer Leutnant mit' polnischer Mütze
Auf störrischem Gaul führt das schwere Geschütze,
Auf Rädern gerollt wie heißhungrige Drachen
Kartaunen von Erz mit geöffneten Rachen;
Feldschlangen von Eisen, gebauchte Haubitzen,
Die sollen wie Kröten ihr Feuergift spritzen
Aufs wehrhafte Volk, das der Fadinger führt,
Der Tod ist der Lohn, der den Bauern gebührt.
So wälzt sich der Heerwurm in endloser Länge
Mit wüstem Gejohl und mit wildem Gepränge,
Kraushaarige Köpfe mit braunem Gesicht –
Wo bleiben die Bauern? Sie zeigen sich nicht.
Sie sind wohl zu Peuerbach dort in der Schenke,
Nicht wert, daß ein tapferer Kriegsmann sie henke.
Verkrochen wohl gar hinter Tisch oder Bank, –
Wir räuchern sie aus mit des Pulvers Gestank!
Hallo! was ist das? Warum kommt ihr zum Stehen?
Es pifft und es pafft – was ist vorne geschehen?
Beiderseits von der Straße ist tiefdunkler Wald,
Ins Freie hinaus! Wer gebietet uns Halt?
Ja, fragen ist leichter, als Antwort zu geben,
Den Fürwitz zahlt mancher Soldat mit dem Leben,
Denn seht nur, es blitzt und es wettert und kracht,
Als wäre der Wald rings zum Leben erwacht,
Als würden die Stämme, die Zweige und Aeste
Gefährliche Nachbarn, bewaffnete Gäste,
Es raschelt im Busch und es duckt sich ins Moos,
Es nimmt uns aufs Korn und drückt todsicher los;
Aus der Grube steht's auf, springt herunter vom Hügel,
Mit Morgenstern schlägt's und mit Beil und mit Prügel,
Es rennt in den Leib uns den eisernen Schaft
Und will uns erwürgen mit wütender Kraft.
Und mitten im Kampf und im Zorn und im Grimme
Ertönt wie ein Donner des Fadinger Stimme,
Die lauter als Mordschrei und Büchsenknall spricht:
»Graf Herberstorf, heut ist dein jüngstes Gericht!« –
Sind's Geier? sind's Falken? Es saust aus den Tannen,
Habt Achtung! Geht vor zum Gefecht, alle Mannen!
Graf Herberstorf ordnet die wankenden Scharen:
»Trompeter, blas auf deine hellsten Fanfaren,
Soldaten, ich teile mit euch alle Not,
Seid tapfer, sonst finden wir Schande und Tod!« –
Und todfreudig knattern des Bauernvolks Schüsse,
Die Kugeln sind Fadingers sausende Grüße,
So werfen sich Wölfe auf zitternden Troß,
Der windet sich sterbend und wird sie nicht los.
Sie zielen, sie feuern, sie hauen, sie stechen, –
»Zum Statthalter laßt uns die Mordgasse brechen!
Heut wird mancher böhmische Schädel noch platt,
Schlagt tot den Wallonen, schlagt tot den Kroat!
Graf Herberstorf, der seinen Glauben verschworen,
Ist heute mit all seinen Ehren verloren,
Graf Herberstorf, der uns zertreten das Recht,
Ist heut unsers Herrgotts gezeichneter Knecht.
Von uns hängst du keinen, versorg' deinen Kragen,
Wir wollen dich über die Heide hinjagen,
Beschmutzt ist dein Glanz und befleckt ist dein Schmelz,
Wer heute dich tötet, dem zahlt man den Pelz!« –
Da rücken die Söldner verzweifelt zusammen,
Graf Herberstorf schürt ihrer Tigerwut Flammen,
Die Söldlinge kämpfen auf Leben und Tod,
Und heißer und heißer wird Jammer und Not.
Der böhmische Leutnant mit polnischer Mütze
Gebärdet wie rasend sich hinterm Geschütze,
Quer über die Straße reiht Rohr sich an Rohr
Und speit seinen donnernden Hagel hervor;
Die Erde erbebt wie vorm jüngsten Gericht –
Ihr Bauern, das Nachspiel gefällt euch wohl nicht?
»Das Nachspiel ist Spott, denn ihr feuert ins Blinde,«
Ruft Fadinger. »Buben, jetzt duckt euch geschwinde
Und lauft mir wie Katzen das Feldgeschütz an,
Es trifft wohl die Bäume, doch streift's keinen Mann!«
Und eh' sich die Rohre zum zweitenmal laden,
Erfahren die Söldner den Schimpf und den Schaden,
Daß wie aus dem Erdboden Michel und Matz
Emporspringt und hurra! ruft über den Platz.
Viktoria! antwortet's hinter den Bäumen, –
Ihr Söldner, nun ist es gefährlich, zu säumen,
Denn rudelweis springt's nun heran mit Gewalt,
Da ist kein Besinnen, kein Schutz und kein Halt;
Und wer nicht will kraftlos verblutend erbleichen,
Der muß in das Dunkel des Waldes entweichen.
Da sieht man in rasendem Laufe sich strecken
Zu eiliger Flucht Grafen Herberstorfs Schecken,
Laut knallen die Büchsen wohl hinter ihm drein,
Doch Tannen und Dunkelheit hüllen ihn ein;
Zerstreut und verweht ist, wie Herbstlaub im Winde,
Graf Herberstorf und sein zerschlagnes Gesinde.
Was lebt, das entflieht nach der Heide von Wels;
Der Sieger, der Fadinger, steht wie ein Fels,
Den Hut in der Hand, sich erhebend im Bügel,
Dann läßt er dem wiehernden Rosse die Zügel
Und kehrt unter Jauchzen und Waffengeschwenke
Nach Peuerbach in die Viktoriaschenke.