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Zwölftes Blatt.

Die Hochzeit von St. Agatha.

Pfingstsonntag kommt so licht und blau
Vom Himmel hoch gefahren,
So frisch sind Feld und Wald und Au,
Wie lang nicht mehr seit Jahren.

Auf Laub und Gras liegt Duft und Glanz,
Es blüht in allen Räumen,
Es wirbelt weißer Flockentanz
Herunter von den Bäumen.

Ein Lerchlein ruft: Der Mai ist da!
O freudig süße Kunde!
Die Glocken von St. Agatha
Verkünden's in der Runde.

Die Glocken klingen voll und hell,
Und das soll Glück bedeuten,
Denn heute tut ein Junggesell
Ein bildschön's Mädel freiten.

Gar hold und herzig ist die Dirn,
Milchweiß mit roten Backen,
Ein Rosenkränzlein ziert die Stirn,
Goldkettlein ziert den Nacken.

Gar lieb und herzig ist die Braut
In erster Jugend Prangen,
Aus ihren blauen Augen schaut
Glückseliges Verlangen.

Der Pfarrer spricht den schönsten Spruch
Vom Binden und vom Lösen,
Von reiner Tugend Wohlgeruch
Und von der Macht des Bösen.

Die ganze Freundschaft groß und klein
Steht in der Kirche prächtig,
Die »Kranzeljungfern« schmuck und fein,
Die »Beiständ« hübsch bedächtig.

Der Pfarrer teilt den Segen aus,
Und die Trompeten schmettern,
Gar lustig geht's zum Hochzeitsschmaus
Mit Basen und mit Vettern.

Der Hochzeitsbitter kommt zu Pferd
Dem Zug vorangeritten,
Trägt einen Strauß und trägt ein Schwert
Nach Väterbrauch und Sitten.

Der Neuvermählte sprengt herbei
Auf buntgeschmückter Mähre,
Er jauchzt, als ob der Jubelschrei
Sein ganzes Leben wäre.

Der Hochzeitswagen rasselt laut.
Geführt von fetten Hengsten,
Beim Spinnrad oben sitzt die Braut
Und lacht in tausend Aengsten.

Die ganze Freundschaft groß und klein
Mit Basen und mit Vettern
Kommt angerasselt hinterdrein,
Und die Trompeten schmettern.

Hallo! man ist an Ort und Stell'.
Ihr Beiständ, springt vom Wagen,
Ihr Kranzeljungfern, rührt euch schnell,
Die Braut ins Haus zu tragen!

Wie seid ihr steif, daß Gott erbarm'! –
Was macht ihr Wink' und Worte?
Der Zeller hat sie schon im Arm,
Er trägt sie durch die Pforte.

Er stellt sie mitten in das Haus
Auf ihre leichten Füßlein,
Er übt das schönste Zwangsrecht aus,
Raubt ihr ein herzhaft Küßlein.

Dann ruft er: »Liebe Nachbarsleut',
Beiständ, Gevattern, Buben,
Versagt mir nicht die Ehre heut,
Das Mahl steht in der Stuben.«

Man setzt sich gern zum vollen Tisch,
Dem Miniwirt zu Ehren,
Es sprudelt mancher Trinkspruch frisch
Beim Zechen und beim Zehren.

Ein Gugelhupf steht hoch zur Schau
Mit Zuckerwerk und Zapfen,
Es lacht das Herz der jungen Frau,
So prächtig sind die Krapfen.

Das Bier ist über jeden Wunsch,
Der Wein ist fein und teuer,
Als heißer Tröster kommt der Punsch
Und setzt das Blut in Feuer.

Kreuzfröhlich geht das Mahl vorbei;
Bald rücken Dirn und Buben
An Tisch und Stuhl. Juchhei! Juchhei!
Räumt aus zum Tanz die Stuben!

Im Kreise stellt sich alt und jung,
Zu eng wird fast das Plätzel,
Der Zeller hat den ersten Sprung
Mit seinem blonden Schätzel.

Ihr Musikanten, spielt mit Glanz,
Spielt auf die schönsten Weisen!
Beim Landlertanz, beim Landlertanz
Verjüngen sich die Greisen.

Wer aber steht so schweigsam dort
Im tollen Freudenlager?
Er kreuzt die Arme, spricht kein Wort,
Das ist der Steff, der Schwager.

Wie's rings um ihn auch jauchzen tut.
Er blickt nach keiner Dirne,
Er drückt den schwarzen Jodelhut
Sich tiefer in die Stirne.

Er sieht verglühn der Kerzen Glanz,
Die Sterne matt erbleichen, –
Er denkt an einen andern Tanz,
Ein blutrot Feuerzeichen.

Und plötzlich ruft er aus mit Macht:
»Genug! es graut der Morgen!
Pfingstsonntag hat sein Werk vollbracht.
Jetzt laßt den Montag sorgen!«


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